TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/13 97/01/0500

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Veröffentlicht am 13.05.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA;
FlKonv Art1 AbschnC Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der M in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Huber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Hegelgasse 6/4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Dezember 1996, Zl. 4.338.622/11-III/13/96, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, die am 11. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 13. April 1992 die Gewährung von Asyl. Sie wurde am 15. April 1992 niederschriftlich einvernommen.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark stellte mit Bescheid vom 6. Mai 1992 (zugestellt am 22. Juni 1992) fest, daß die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention auf die Beschwerdeführerin nicht zuträfen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 13. Juli 1993. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welcher den Bescheid mit dem Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 94/19/0246, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob. Denn die belangte Behörde hatte unrichtigerweise das AsylG 1991 in der hinsichtlich des Wortes "offenkundig" in § 20 AsylG 1991 noch unbereinigten Fassung angewendet.

Im fortgesetzten Verfahren ließ die belangte Behörde eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durchführen. Unter anderem ließ sie der Beschwerdeführerin vorhalten, daß sie am 13. April 1994 ihren nigerianischen Reisepaß bei der Botschaft ihres Heimatlandes habe verlängern lassen. Der Vorhalt erfolgte durch das Bundesasylamt anläßlich der ergänzenden niederschriftlichen Einvernahme der Beschwerdeführerin am 15. Oktober 1996, bei welcher mehrfache Widersprüche der Beschwerdeführerin zu früheren Angaben auftraten. Die Verlängerung des Reisepasses betreffend wurde der Beschwerdeführerin vorgehalten, die Ausstellung und auch die Verlängerung eines Reisepasses durch die Heimatbehörden bzw. die Vertretungsbehörden im Ausland, welche ein freiwilliges und angstfreies Interagieren mit den Heimatbehörden voraussetze, müsse in der Regel als eine Form angesehen werden, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewähre. Die Beschwerdeführerin gab hiezu an, daß man ihr in der nigerianischen Botschaft in Wien nichts antun könne; sie habe hingehen müssen, weil sie ansonsten nicht hätte heiraten können. Auf Befragen, wie lange sie ihren österreichischen Ehegatten vor der Eheschließung gekannt habe, gab sie einen Zeitraum von sechs Monaten an. Auf den folgenden Vorhalt, daß die Verlängerung des Reisepasses am 13. April 1994 erfolgt sei, die Eheschließung jedoch erst am "13. April 1996" (richtig laut Heiratsurkunde 11. Juni 1996), sodaß ihr Motiv für die angestrebte Verlängerung des Reisepasses nicht stimme, korrigierte die Beschwerdeführerin, sie habe die Verlängerung durchführen lassen, "weil die Gültigkeitsdauer im Ablaufen war. Es ist so üblich, die Gültigkeit ca. 6 Monate vorher verlängern zu lassen" (Anm.: die Gültigkeitsdauer des 1989 in Nigeria ausgestellten Reisepasses hätte am 27. November 1994 geendet).

Mit dem Bescheid vom 17. Dezember 1996 wies die belangte Behörde die Berufung neuerlich ab. Sie begründete den Bescheid nach Aufzeigen mehrfacher von der Beschwerdeführerin trotz Vorhalten nicht ausreichend geklärter Widersprüche in ihren Darstellungen auch damit, daß sich die Beschwerdeführerin durch die Verlängerung ihres Reisepasses durch die nigerianische Botschaft in Wien, betreffend der sie "offensichtlich freiwillig und völlig angstfrei mit der Vertretungsbehörde ihres Heimatlandes interagiert" habe, sich wieder unter den Schtuz ihres Heimatlandes im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention gestellt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin setzt der oben ausgeführten Erwägung der belangte Behörde nichts entgegen. Der Hinweis auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren Gründen, Nigeria zu verlassen, geht hiebei ins Leere. Ebenso versagen die - inhaltsleeren - Behauptungen von Mängeln des Ermittlungsverfahrens und der Begründung des angefochtenen Bescheides, da sie sich ausschließlich auf die Situation der Christen in Nigeria beziehen.

Die belangte Behörde durfte sich zurecht auf die ständige Rechtsprechung berufen, daß die Verlängerung des Reisepasses durch die Botschaft des Heimatlandes im Aufenthaltsland als eine der Formen anzusehen ist, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewährt. Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung, daß die freiwillige Inanspruchnahme dieses Schutzes den Tatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z. 1 Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/20/0466, und vom 12. September 1996, Zl. 96/20/0531). Umstände, welche die Freiwilligkeit im konkreten Fall anzuzweifeln geeignet wären, sind nicht hervorgekommen, da die Beschwerdeführerin als einzigen - glaubwürdigen - Grund nur den Umstand, daß es üblich sei, den Reisepaß ca. sechs Monate vor Ablauf seiner Gültigkeitsdauer verlängern zu lassen, zu nennen imstande war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Befassung mit der darüber hinausgehenden Begründung des angefochtenen Bescheides (Glaubwürdigkeit, innerstaatliche Fluchtalternative) sowie mit dem hiegegen erstatteten Beschwerdevorbringen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997010500.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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