TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/9 LVwG-362-4/2019-R8

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.03.2020

Norm

BAO §1 Abs1
LSicherheitsG Vlbg 1987 §5 Abs3

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Ellensohn über die Beschwerde des G L, H, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde H vom 15.05.2019, betreffend die Vorschreibung der Pflegekosten für die Unterbringung der Hündin „B B“ im Zeitraum 11.02.2019 - 26.04.2019 weiblich, Marke Nr XX, Rasse American Bulldog, zu Recht erkannt:

Gemäß § 279 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Mit „Rechnung“ des Gemeindeamtes H vom 15.05.2019 wurde dem Beschwerdeführer für die Unterbringung der Hündin „B“ ein Betrag in der Höhe von 1.480 Euro vorgeschrieben und dieser aufgefordert, die ausgewiesene Gesamtsumme einzuzahlen. Dieser „Rechnung“ lag die Rechnung der Vorarlberger T GmbH vom 26.04.2019 über die angefallenen Pflegekosten für den Hund B in der Zeit vom 11.02.2019 bis 26.04.2019 bei.

2.1. Dagegen hat der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten durch die Reiterer Ulmer Rechtsanwälte (GbR), Rechtsanwaltskanzlei in B, das Rechtsmittel der Berufung (gemeint wohl Beschwerde) sowie einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO eingebracht.

In der Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon ausgehe, dass die Hündin der Rasse American Bulldog, mit dem Rufnamen „B B“ rechtmäßig durch den Bürgermeister abgenommen worden sei. Allerdings sei die Abnahme der Hündin nur dann gerechtfertigt, wenn vom Hund eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen ausgehe. Die Maßnahme müsste erforderlich und stets das gelindeste eingesetzte Mittel sein. Die Unterbringung der Hündin im Tierschutzheim sei willkürlich erfolgt, da keine Gefahr von diesem Hund ausgehe und die Maßnahme sohin weder erforderlich noch das gelindeste Mittel gewesen sei. Daraus lasse sich schließen, dass eine nicht rechtmäßig zustande gekommene Anordnung keine Vorschreibung von Gebühren rechtfertigen könne. Die Vorschreibung sei rechnerisch nicht nachvollziehbar. Für welchen Zeitraum hier eine Gebühr vorgeschrieben werde, sei darüber hinaus unklar. Der Bescheid sei inhaltlich in Form einer einfachen Rechnung ausgestaltet. Der Bescheid enthalte keine nachvollziehbare Begründung und verstoße dadurch gegen das Willkürverbot. Weiters werde eingewendet, dass nach Ansicht des Beschwerdeführers kein Bescheid vorliege. Die vorliegende „Rechnung“ erfülle weder die materiellen noch formellen Kriterien eines wirksamen Bescheides. Auch wenn der „Rechnung“ eine Rechtsmittelbelehrung beigelegt worden sei, verleihe diese der Rechnung keine Bescheidqualität.

2.2. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.07.2019 hat der Bürgermeister der Gemeinde H wie folgt ausgesprochen:

„Gemäß §§ 261 und 262 BAO, BGBl Nr 194/1961 idgF wird der Beschwerde (bezeichnet als Berufung) von G L, H, vertreten durch die Reiterer Rechtsanwälte (GbR), B, vom 04.06.2019, keine Folge gegeben, der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO zurück- und die Beschwerde (bezeichnet als Berufung) abgewiesen.“

2.3. Mit Vorlageantrag vom 29.08.2019 hat der Beschwerdeführer vertreten durch die Reiterer Ulmer Rechtsanwälte (GbR), Rechtsanwaltskanzlei in B, den Antrag gestellt, die „Beschwerdevorentscheidung“ vom 30.07.2019 wolle dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden.

3.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde H vom 23.10.2018 wurde gemäß § 5 Abs 2 des Landes-Sicherheitsgesetzes iVm § 57 Abs 1 AVG der Hund der Rasse American Bulldog, Geschlecht weiblich, mit dem Rufnamen „B B“, registriert bei der Gemeinde H unter der Hundemarke Nr XX, mit sofortiger Wirkung durch den Bürgermeister abgenommen.

Mit Bescheid vom 29.04.2019 hat der Bürgermeister der Gemeinde H über die Vorstellung gegen den oa Mandatsbescheid vom 23.10.2018 wie folgt abgesprochen:

„Gemäß § 5 Abs 1 des Landes-Sicherheitsgesetzes, LGBl Nr 1/1987 idgF, iVm § 57 AVG, BGBl 1991/51 idgF, wird der Vorstellung von G L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Martin Ulmer, B, keine Folge gegeben und der Hund der Rasse American Bulldog, weiblich, mit dem Rufnamen B B, registriert bei der Gemeinde H unter der Hundemarke Nr XX für verfallen erklärt.“

Mit „Rechnung“ vom 15.05.2019 hat das Gemeindeamt H gegenüber dem Beschwerdeführer für die Unterbringung der Hündin „B“ einen Betrag in der Höhe von 1.480 Euro vorgeschrieben. Gezeichnet wurde diese Rechnung vom „Bürgermeister: H S“. Diese „Rechnung“ wurde nicht als Bescheid bezeichnet und führt keinerlei Gesetzesgrundlagen an.

4.   Dieser Sachverhalt wird aufgrund der Aktenlage als erwiesen angenommen. Eine mündliche Verhandlung wurde von Seiten des Beschwerdeführers beantragt. Die Durchführung einer solchen war allerdings auf Grund des vorliegenden Verfahrensergebnisses nicht erforderlich.

5.1. Gemäß § 264 Abs 1 BAO, BGBl Nr 194/1961, idF BGBl I Nr 117/2016, kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Der rechtzeitig und zulässige Vorlageantrag führt dazu, dass die Bescheidbeschwerde wieder als unerledigt gilt, wobei die Beschwerdevorentscheidung bis zur abschließenden Erledigung im Rechtsbestand bleibt. Gegenstand des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht ist die Bescheidbeschwerde, die durch die Ausführungen im Vorlageantrag ergänzt werden können.

5.2. Die maßgebliche Bestimmung der Bundesabgabenordnung, zuletzt geändert durch , lautet wie folgt:

„Anwendungsbereich des Gesetzes

§ 1

(1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten überdies in Angelegenheiten der Beiträge an öffentliche Fonds oder an Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht Gebietskörperschaften sind, soweit diese Beiträge durch Abgabenbehörden des Bundes zu erheben sind.“

Die maßgebliche Bestimmung des Landes-Sicherheitsgesetzes, LGBl Nr 1/1987 idF 61/2013, lautet wie folgt:

㤠5
Anordnungen

(1) In Fällen der Tierhaltung, die nicht der Bewilligungspflicht gemäß § 4 unterliegt, kann die Behörde zur Vermeidung von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit der Menschen, für die Unversehrtheit von Sachen oder von unzumutbaren Belästigungen durch Tiere dem Tierhalter mit Bescheid angemessene Maßnahmen auftragen. Belästigungen, die von den im Lande üblichen Formen der Haltung von Tieren im Sinne des Tierzuchtgesetzes ausgehen, gelten nicht als unzumutbar.

(2) Im Falle unmittelbar drohender Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren die zur Abwehr der Gefahr erforderlichen Maßnahmen treffen. Gegen Tiere, deren Halter unbekannt ist, oder die offensichtlich ohne Halter sind, ist die Behörde auch zu Maßnahmen berechtigt, die zur Abwehr von Gefahren für die Unversehrtheit von Sachen oder unzumutbarer Belästigungen erforderlich sind.

(3) Die Kosten der Maßnahmen gemäß Abs. 2 sowie der Verwertung oder Beseitigung des Tierkadavers sind der Behörde vom Tierhalter zu ersetzen.“

5.3. Die Behörde geht davon aus, dass die gegenständliche Vorschreibung für die Unterbringung einer Hündin unter den Anwendungsbereich der BAO fällt (vgl ua nachträglich vorgelegte Rechtsmittelbelehrung zur Rechnung vom 15.05.2019, Anwendung der §§ 261 und 262 BAO in der Beschwerdevorentscheidung).

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das AbgVRefG, 38 BlgNR 24. GP, 5, wird zu § 1 BAO diesem Zusammenhang ua ausgeführt:

„Abgaben im finanzverfassungsrechtlichen Sinn sind nur öffentlich rechtliche Geldleistungen, die Gebietskörperschaften kraft öffentlichen Rechts zur Deckung ihres Finanzbedarfes erheben (zB VfGH 14. 12. 2004, B 514/04 (17414)). Hiebei kommt es in erster Linie darauf an, ob die Ertragshoheit, das heißt die primäre Verfügungsberechtigung über den Ertrag der Geldleistung, bei einer Gebietskörperschaft liegt. Eine solche Verfügungsberechtigung kann auch in einer (vom Träger der Ertragshoheit vorgenommenen) generellen Vorausverfügung, insbesondere einer gesetzlichen Zweckbindung, zum Ausdruck kommen (zB VfGH 28. 2. 2002, B 1408/01 (16454))…“

Bei der Weiterverrechnung von der einer Gemeinde in Rechnung gestellten Pflegekosten für die Unterbringung einer Hündin in einem Tierschutzheim an den Tierhalter handelt es sich nicht um eine Abgabe (im finanzverfassungsrechtlicher Sicht). Insbesondere handelt es sich dabei um keine Gemeindeabgabe, die der Regelung der BAO unterliegt.

Bereits aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

6.   Die Gemeinde H hat mit Bescheid vom 30.07.2019 einerseits als Beschwerdevorentscheidung über die Berufung (gemeint Beschwerde) vom 04.06.2019 abgesprochen und andererseits im selben Spruchpunkt erstmalig über den Antrag auf Aussetzung entschieden. Dies stellt eine systemwidrige Vorgehensweise dar, die für Verwirrung sorgt.

Im gegenständlichen Fall besteht kein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden (vgl § 288 BAO). Insofern ist gemäß § 262 Abs 1 BAO von der Abgabenbehörde auch über den Antrag auf Aussetzung zwingend eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, zumal offensichtlich die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmungen der Abs 2 bis 4 leg cit nicht vorliegen. Dass die Abgabenbehörde über ein dagegen erhobenes Rechtsmittel entschieden hätte, ist dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Insofern liegt diesbezüglich eine Unzuständigkeit zur Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht vor.

Es wird darauf hingewiesen, dass im Zuge der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung insbesondere die Beschwerdevoraussetzungen nach § 250 BAO zu überprüfen sind. Sofern Mängel vorliegen, wären diese gegebenenfalls gemäß § 85 BAO zu verbessern und erforderlichenfalls auch ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchzuführen.

7.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Kosten Verwahrung Hund, keine öffentliche Abgabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.362.4.2019.R8

Zuletzt aktualisiert am

17.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten