TE Vfgh Erkenntnis 2004/12/14 B514/04

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Veröffentlicht am 14.12.2004
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Index

66 Sozialversicherung
66/03 Sonstiges

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1 Z11
B-VG Art13 Abs1
B-VG Art102 Abs1, Abs3
ASVG §5 Abs1 Z2, §5 Abs2, §53a
DienstgeberabgabeG
F-VG 1948 §6 Abs1 Z1, §7 Abs1, §11 Abs1, §11 Abs4
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Regelungen des Dienstgeberabgabegesetzes betreffend eine pauschalierte Dienstgeberabgabe für geringfügig Beschäftigte; Zuordnung zum Kompetenztatbestand "Abgabenwesen"; Vorliegen einer ausschließlichen Bundesabgabe iSd F-VG 1948; Zulässigkeit der vorgesehenen Einhebung der Abgabe durch die Krankenversicherungsträger im übertragenen Wirkungsbereich; Unbedenklichkeit der vorgesehenen Zweckwidmung; kein "verfassungswidriges Sonderopfer" angesichts der entschädigungslosen Einhebungsverpflichtung der Krankenversicherungsträger; keine "unsachliche Sonderbelastung" der Dienstgeber

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft hatte im Jahr 2003 mehrere Personen geringfügig beschäftigt. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 16. März 2004 wurde die beschwerdeführende Partei verpflichtet, für diese Personen eine pauschalierte Abgabe (Dienstgeberabgabe) in Höhe von EUR 10.962,61 zu entrichten.

Gegen diesen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden - Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, worin die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG) und auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten. Die am Verfahren beteiligte Vorarlberger Gebietskrankenkasse hat eine als "Gegenschrift" bezeichnete Äußerung erstattet, worin sie die gesetzliche Grundlage des angefochtenen Bescheides verteidigt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes hat weiters das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst eine Stellungnahme erstattet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Gemäß §5 Abs1 Z2 ASVG idF der 54. Novelle zum ASVG (Art7 des Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1997 - ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139/1997) sind Dienstnehmer von der Vollversicherung ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen gebührende Entgelt den sich aus §5 Abs2 ASVG iVm der für das betreffende Jahr maßgebenden Anpassungsverordnung (siehe zuletzt die Kundmachung BGBl. II Nr. 611/2003) ergebenden Betrag (im Jahr 2004: EUR 316,19) nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen). Diese Personen sind lediglich in der Unfallversicherung teilversichert (§7 Z3 lita ASVG); in der Kranken- und Pensionsversicherung können sie sich selbstversichern (§19a ASVG).

Gemäß §53a Abs1 Z2 ASVG idF der 55. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 138/1998, hatten Dienstgeber für alle bei ihnen geringfügig beschäftigten Personen - seit 1. Jänner 1998 - einen Pauschalbeitrag (auch) zur Kranken- und Pensionsversicherung zu leisten; die genannte Bestimmung lautete auszugsweise samt Überschrift:

"Beiträge für Versicherte, die in geringfügigen

Beschäftigungsverhältnissen stehen

§53a. (1) Der Dienstgeber hat für alle bei ihm gemäß §5 Abs2 beschäftigten Personen zu leisten:

1. einen Beitrag zur Unfallversicherung in der Höhe von 1,4 % der allgemeinen Beitragsgrundlage und,

2. sofern die Summe der monatlichen allgemeinen Beitragsgrundlagen (Entgelt ohne Sonderzahlungen) dieser Personen das Eineinhalbfache des Betrages gemäß §5 Abs2 übersteigt, einen Pauschalbeitrag in der Höhe von 16,4 % der Beitragsgrundlage gemäß Abs2; davon entfallen

a) auf die Krankenversicherung als allgemeiner Beitrag 3,6 % und als Zusatzbeitrag 0,25 %,

b) auf die Pensionsversicherung als allgemeiner Beitrag 9,25 % und als Zusatzbeitrag 3,3 %.

(2) Grundlage für die Bemessung des Pauschalbeitrages gemäß Abs1 Z2 ist die Summe der Entgelte (einschließlich der Sonderzahlungen), die der Dienstgeber jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs1 genannten Personen zu zahlen hat.

(3) - (4) ...

(5) Die gemäß Abs1 Z2 und gemäß Abs3 auf die Pensionsversicherung entfallenden Beiträge sind an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g) zu überweisen."

Mit dem hg. Erkenntnis VfSlg. 16.474/2002 wurden die den Pauschalbeitrag zur Kranken- und Pensionsversicherung betreffenden Teile des §53a ASVG, insbesondere dessen Abs1 Z2 und Abs2, unter Fristsetzung bis 31. März 2003 als verfassungswidrig aufgehoben (vgl. BGBl. I Nr. 74/2002).

Begründend wurde dazu Folgendes ausgeführt:

"Die Normierung einer Beitragspflicht des Dienstgebers ohne gleichzeitiges Entstehen eines Sozialversicherungsverhältnisses, di. das Versicherthalten des Dienstnehmers gegen den Eintritt bestimmter Versicherungsfälle, kann ... nicht als (intrasystematische) Fortentwicklung des Rechts innerhalb des Begriffsinhaltes des Kompetenztatbestandes 'Sozialversicherungswesen' verstanden werden. Dazu wäre es nämlich erforderlich, daß die Neuregelung nach ihrem (wesentlichen) Inhalt systematisch weiter dem Kompetenzgrund angehört (zB VfSlg. 15.552/1999, Pkt. III.B.1.3.4., mwN). Diese Voraussetzung ist hier jedoch nicht gegeben, weil es nicht im Wesen eines Pflichtversicherungsverhältnisses liegt, daß es erst mit dem Willensentschluß des Dienstnehmers, sich gem. §19a ASVG selbst zu versichern, zustande kommt.

Die in Prüfung genommene Gesetzesbestimmung des §53a Abs1 und 2 ASVG vermag sich jedoch auch nicht auf den Kompetenztatbestand 'Abgabenwesen' iS des Art13 Abs1 B-VG bzw. iS des F-VG 1948 zu stützen:

Die den Dienstgebern von geringfügig Beschäftigten gem. §53a Abs1 Z2 ASVG auferlegten Beiträge fließen nämlich nicht einer Gebietskörperschaft - wie es für eine 'öffentliche Abgabe' iS des F-VG 1948 begriffswesentlich ist (s. zuletzt VfGH 28.2.2002, B1408/01, mwN) -, sondern den Sozialversicherungsträgern zu. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung nach §80 Abs1 ASVG mit dem Betrag festgelegt ist, um den 'die Aufwendungen die Erträge übersteigen'. Die gem. §53a Abs1 Z2 ASVG erhobenen Einnahmen aus den Dienstgeberbeiträgen zur Pensionsversicherung vermindern zwar unmittelbar den Beitrag des Bundes, doch gilt zum einen §80 ASVG nur für die Pensionsversicherung (wogegen der den Dienstgebern geringfügig Beschäftigter auferlegte Pauschalbeitrag gem. §53a Abs1 Z2 ASVG auch für die Krankenversicherung bestimmt ist, wie sich aus §53a Abs1 Z2 lita ASVG ergibt) und sind zum anderen die Beiträge für die Pensionsversicherung gem. §53a Abs5 ASVG an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger iS des §447g ASVG zu überweisen (vgl. schon VfSlg. 10.451/1985, Pkt. III.1., wo ausgesprochen wurde, daß die der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter durch die 11. und 12. Novelle zum B-KUVG auferlegten Zahlungen an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger mangels Zufließens an eine Gebietskörperschaft nicht als öffentliche Abgaben iS des F-VG 1948 anzusehen seien).

Die Dienstgeberbeiträge gem. §53a Abs1 Z2 ASVG entziehen sich daher - jedenfalls in ihrer derzeitigen Ausgestaltung - einer Qualifikation als öffentliche Abgaben iS des F-VG 1948.

§53a ASVG erweist sich somit - in seinem als präjudiziell erkannten Umfang - als kompetenz- und damit als verfassungswidrig."

2. Das im vorliegenden Fall maßgebende - mit 1. Juni 2003 in Kraft getretene - Bundesgesetz über eine pauschalierte Abgabe von Dienstgebern geringfügig beschäftigter Personen (Dienstgeberabgabegesetz - DAG), BGBl. I Nr. 28/2003, lautet auszugsweise samt Überschriften:

"Dienstgeberabgabe

§1. (1) Die Dienstgeber haben für alle bei ihnen nach §5 Abs2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, beschäftigten Personen eine pauschalierte Abgabe in der Höhe von 16,4 % der Beitragsgrundlage nach Abs3 zu entrichten (Dienstgeberabgabe), sofern die Summe der monatlichen allgemeinen Beitragsgrundlagen (Entgelt ohne Sonderzahlungen) dieser Personen das Eineinhalbfache des Betrages nach §5 Abs2 ASVG übersteigt.

(2) Die Dienstgeberabgabe ist eine ausschließliche Bundesabgabe, die von den Krankenversicherungsträgern im übertragenen Wirkungsbereich einzuheben ist. Diese haben dabei die für Verwaltungssachen geltenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen des ASVG (Siebenter Teil) anzuwenden.

(3) Grundlage für die Bemessung der Dienstgeberabgabe ist die Summe der Entgelte (einschließlich der Sonderzahlungen) nach §49 ASVG, die der Dienstgeber jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs1 genannten Personen zu zahlen hat.

Entrichtung

§2. (1) Die Dienstgeberabgabe ist jeweils für ein Kalenderjahr im Nachhinein bis zum 15. Jänner des Folgejahres zu entrichten. Auf die Entrichtung sind die §§58, 59 und 64 bis 69 ASVG so anzuwenden, dass an die Stelle der Beiträge die Dienstgeberabgabe und an die Stelle des Beitragsschuldners der Dienstgeberabgabepflichtige tritt.

(2) Die Dienstgeberabgabe ist an jenen Krankenversicherungsträger zu entrichten, bei dem die Meldung der in der Unfallversicherung pflichtversicherten geringfügig Beschäftigten nach §33 Abs2 ASVG zu erstatten ist.

(3) Dienstgeberabgabepflichtigen, die den Meldepflichten nach §33 Abs2 ASVG nicht rechtzeitig nachkommen, kann der Krankenversicherungsträger einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Dienstgeberabgabe auferlegen (Verspätungszuschlag), wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Zweckwidmung

§3. 23,5 % der Erträge aus der Dienstgeberabgabe dienen der Finanzierung der Krankenversicherung der geringfügig beschäftigten Personen und sind vom einhebenden Krankenversicherungsträger an den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger (§447a ASVG) zu überweisen; 76,5 % der Erträge aus der Dienstgeberabgabe dienen der Finanzierung der Pensionsversicherung und sind vom einhebenden Krankenversicherungsträger an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g ASVG) zu überweisen.

§§4 - 6. ..."

Das DAG geht auf einen Selbständigen Antrag zurück (siehe auch AB 63 BlgNR XXII. GP), dessen Begründung wie folgt lautet:

"Mit Erkenntnis vom 7. März 2002, G219/01, hat der Verfassungsgerichtshof Teile des §53a ASVG in der Fassung der 55. Novelle mit Wirkung vom 1. April 2003 als verfassungswidrig aufgehoben. Diese bestimmen, dass Dienstgeber für die bei ihnen geringfügig beschäftigten Personen Pauschalbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pensionsversicherung zu leisten haben, sofern die Summe der an diese Personen ausgezahlten Entgelte das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze (Wert 2003: 464,07 €) übersteigt.

Im zitierten Erkenntnis führt der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des §53a Abs1 und 2 ASVG zwar an den Arbeitsverdienst des geringfügig Beschäftigten angeknüpft habe, die Beitragspflicht des Dienstgebers jedoch unabhängig vom Entstehen eines sozialversicherungsrechtlichen Versicherungsverhältnisses bestehe; mangels Entstehens eines Versicherungsverhältnisses sei es daher ausgeschlossen, die dem Dienstgeber auferlegte Beitragspflicht dem Kompetenztatbestand 'Sozialversicherungswesen' zuzuordnen. ...

Mit Erkenntnis B1408/01, das nur wenige Tage vor dem Erkenntnis G219/01 ergangen ist, kam der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass es sich beim Kabelrundfunkbeitrag nach dem Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981, BGBl. Nr. 573, nicht um einen Sozialversicherungsbeitrag, sondern um eine Abgabe handelt, wobei weder der Umstand, dass mit der Einhebung des Beitrages der Künstler-Sozialversicherungsfonds betraut ist, noch seine gesetzlich verfügte Zweckbindung dieser Qualifikation entgegensteht. Der Verfassungsgerichtshof führt in diesem Erkenntnis unter anderem Folgendes aus:

'Der Verfassungsgerichtshof leitet aus den Materialien ab, dass der Gesetzgeber mit dem Kabelrundfunkbeitrag die Einführung einer (zusätzlichen) Abgabe erreichen wollte, deren Ertrag ausschließlich dem Bund zustehen soll, wobei der Bund von seiner Ertragshoheit (§6 F-VG 1948) durch eine gesetzliche Zweckwidmung (Finanzierung von Zuschüssen des KSVF zur Künstler-Sozialversicherung) Gebrauch gemacht hat. Dieses Ziel ist mit den eingangs erwähnten Gesetzen auch erreicht worden. Daran ändert der Umstand nichts, dass mit der Einhebung der Beiträge der KSVF betraut ist, weil der Fonds in dieser Funktion als beliehenes Unternehmen tätig wird, die fraglichen Beiträge somit für den Bund und nicht von vornherein für fremde Rechnung eingehoben werden (vgl. VfSlg. 3961/1961), mag über den vereinnahmten Ertrag auch (bereits) im Wege einer Zweckbindung verfügt worden sein. Dass der Kabelrundfunkbeitrag (in §3 Abs1 KFBG 1981) als 'Bundesabgabe' bezeichnet wird, ohne dass eine nähere Qualifizierung als ausschließliche oder gemeinschaftliche Bundesabgabe vorgenommen wird (eine solche ist auch nicht im FAG zu finden), erscheint im gegebenen Zusammenhang deswegen unproblematisch, weil sich bereits aus der Zweckwidmung, aber auch aus dem Fehlen jeglicher Aufteilungsregel ergibt, dass es sich nur um eine ausschließliche Bundesabgabe handeln kann.

Dass aber eine gesetzliche Zweckwidmung für die rechtliche Qualität einer Geldleistung ohne Bedeutung ist, hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont: So hat er bereits im Erkenntnis VfSlg. 3159/1957 (im Zusammenhang mit der Zweckbindung des sog. Kulturgroschens) festgehalten, dass die Erklärung des Gesetzgebers, über eine Einnahme nur in einer bestimmten Weise zu verfügen, für den rechtlichen Charakter der Einnahme selbst nicht von Bedeutung sein könne. 'Für die Abgrenzung des Begriffes der öffentlichen Abgaben von anderen Erscheinungen kommt es ausschließlich auf die rechtliche Art der Einnahmenbeschaffung an und nicht auf die Art der Einnahmenverwendung.' Der Gerichtshof hat daher in der Folge wiederholt festgehalten, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich sei, wenn der Gesetzgeber anlässlich der Regelung einer Abgabe deren Widmung in das Gesetz aufnehme; weder das F-VG 1948 noch eine andere verfassungsgesetzliche Bestimmung stünden einer solchen Vorgangsweise entgegen (z.B. VfSlg. 3742/1960, 3961/1961, 6755/1972; vgl. auch schon VfSlg. 3033/1956). Daraus folgt aber auch, dass die Widmung einer Geldleistung für einen bestimmten Zweck nicht dazu führt, dass die Regelung der Geldleistungsverpflichtung nunmehr kompetenzrechtlich dem aus der Zweckwidmung abzuleitenden Materienbereich zuzurechnen ist.

Der Gerichtshof hält es daher auch nur für eine missverständliche Wortwahl, wenn in den Materialien davon die Rede ist, dass für den Bund Einnahmen nicht zu erwarten seien, weil es sich um Einnahmen des KSVF handle. Damit wird offenbar nur der Effekt der gesetzlich verfügten Zweckbindung beschrieben, nicht aber eine Aussage über die rechtliche Natur der Geldleistung getroffen.

Ebenso wenig hat der Gerichtshof bisher die Auffassung vertreten, dass bei einer zweckgebundenen Abgabe die Sachlichkeit der Abgabe - und damit ihre gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit - stets an Hand der Zweckbindung beurteilt werden müsste. Zwar ist es möglich, aus der Zweckwidmung einer Abgabe im Einzelfall die Sachlichkeit und somit die gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit einer Abgabe zu begründen (so etwa, wenn die Abgabenbelastung eben jenen auferlegt wird, die zugleich von der Verwendung der Abgabe profitieren; vgl. z.B. die bereits zitierte Entscheidung VfSlg. 3961/1961). Nichts spricht jedoch dafür, dass - umgekehrt - die sachliche Rechtfertigung einer zweckgebundenen Abgabe nur über die Zweckbindung erfolgen könnte. So hat der Gerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 4265/1962 betont, die (zweckgebundenen) Beiträge der Dienstgeber zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe seien nicht deswegen bedenklich, weil sie nur vom Dienstgeber zu leisten seien; dem Gesetzgeber stehe es frei, auch nur bestimmte Gruppen der Bevölkerung mit einer Abgabe zu belasten (im Ergebnis ebenso schon VfSlg. 4058/1961 zur entsprechenden Beitragspflicht der Eigentümer von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bzw. Grundstücken). Dieser Standpunkt wird im Erkenntnis VfSlg. 6755/1972 zur Wiener Dienstgeberabgabe, deren Ertrag für den Bau der Wiener U-Bahn zweckgebunden ist, bestätigt: Besteuerungsgegenstand sei nicht der Vorteil aus dem U-Bahn-Bau, sondern das Bestehen eines Dienstverhältnisses in Wien; unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes sei es daher belanglos, ob die Vorteile der U-Bahn auch anderen Personen als den steuerpflichtigen Dienstgebern zugute kämen.

Nun kann der Gerichtshof nicht finden, dass gegen den Kunstförderungsbeitrag in seiner ursprünglichen Form Bedenken unter dem Aspekt des aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebotes bestünden: Der Gesetzgeber überschreitet (zumindest beim bisherigen Belastungsausmaß) den ihm bei steuerpolitischen Belastungsentscheidungen eingeräumten Spielraum nicht, wenn er den Inhabern einer Rundfunk-Hauptbewilligung eine Abgabe auferlegt und damit im Ergebnis den Aufwand für die Möglichkeit des Konsums von Rundfunksendungen im Wege einer selektiven Abgabe besteuert, die wirtschaftlich den Charakter einer Verbrauch- oder Aufwandsteuer trägt. Ebenso wenig kann es dann aber auf Bedenken stoßen, wenn der Gesetzgeber als Ergänzung zu diesem ursprünglichen Beitrag, der von jedem Rundfunkteilnehmer zu entrichten ist, einen (zusätzlichen) Beitrag vom Empfangsberechtigten bei Kabelrundfunkanlagen vorsieht, da letztere jedenfalls einen zusätzlichen Konsum von Rundfunksendungen erlauben und die Empfangsberechtigung auch nur deswegen angestrebt wird, um diese zusätzliche Konsummöglichkeit zu erlangen. Dass als Abgabenschuldner dieser (zusätzlichen) Beiträge nicht der Empfangsberechtigte selbst, sondern der gewerbliche Betreiber der Kabelrundfunkanlage herangezogen wird, kennzeichnet den Beitrag lediglich als indirekte Abgabe, begegnet aber an sich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da der Gesetzgeber bei einer Durchschnittsbetrachtung davon ausgehen kann, dass dieser Beitrag auf die Empfangsberechtigten überwälzbar ist.

Der Verfassungsgerichtshof kann somit die gegen den Beitrag nach §1 Abs1 Z2 KFBG 1981, idF BGBl. I 132/2000, vorgebrachten gleichheitsrechtlichen Bedenken nicht teilen.

Handelt es sich aber bei dem in Rede stehenden Beitrag um eine Abgabe, die der Gesetzgeber aus den geschilderten Gründen in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise auferlegen durfte, dann ist es für das Schicksal der Beschwerde nicht (mehr) von Bedeutung, ob es - wie die beschwerdeführende Gesellschaft rügt - durch die geschilderten Regelungen im Ergebnis zu einer Verletzung der das österreichische Sozialversicherungssystem beherrschenden Finanzierungsprinzipien kommt. Der Gerichtshof kann es daher dahingestellt sein lassen, ob eine solche Verletzung überhaupt vorliegt.'

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung soll nunmehr der bisherige pauschalierte Dienstgeberbeitrag für geringfügig Beschäftigte in verfassungskonformer Weise als Bundesabgabe gestaltet werden, die von den Gebietskrankenkassen im übertragenen Wirkungsbereich (d.h. für den Bund) eingehoben wird. Die Erträgnisse aus dieser Abgabe werden zur Finanzierung der Kranken- und Pensionsversicherung zweckgewidmet. Wie bisher der Dienstgeberbeitrag soll auch die Abgabe nur dann eingehoben werden, wenn ein Dienstgeber mehr als eine Person geringfügig beschäftigt. Es handelt sich bei dieser Gesetzesinitiative also um eine verfassungskonforme (bloße) Fortschreibung einer bewährten Rechtsmaterie, wobei es zu keinerlei zusätzlichen Belastungen (weder der Dienstgeber noch der Finanzverwaltung noch der Versicherungsträger) kommt.

Zur wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeit einer solchen Abgabe ist Folgendes zu sagen:

In den 90er-Jahren ist es zu einer zunehmenden Verbreitung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gekommen, wodurch dem Versicherungssystem Beiträge entzogen wurden und die betroffenen Arbeitnehmer, insbesondere Frauen, aus der Versichertengemeinschaft ausgeschlossen waren. Es lag auf der Hand, dass dieser Entwicklung entgegengetreten werden musste, um die Stabilität des Gesamtsystems nicht zu gefährden und künftige soziale Probleme aufgrund nicht erworbener oder nur sehr geringer Pensionsansprüche zu verhindern.

Der Nationalrat hatte daher die Bundesregierung mit Entschließung aufgefordert, entsprechende Regelungsmodelle zu entwickeln, die alle noch nicht in die Sozialversicherung einbezogenen Erwerbseinkommen berücksichtigen sollten.

Der Gesetzgeber stand somit vor der schwierigen Aufgabe, einerseits (mehrfach) geringfügig beschäftigte Personen in die Kranken- und Pensionsversicherung einzubeziehen und insbesondere das missbräuchliche Eingehen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse mit dem Ziel der Umgehung der Beitragspflicht einzudämmen, gleichzeitig jedoch jenen Arbeitnehmern, die insgesamt ein Einkommen beziehen, das unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt, die Möglichkeit zu geben, nur auf ihren Wunsch dem System der sozialen Sicherheit beizutreten:

Es erscheint nämlich sozialpolitisch nicht sinnvoll, kleine und kleinste Einkommen der Beitragspflicht zu unterwerfen. Dies hätte zu - für die Betroffenen schmerzlichen - Beitragsleistungen, jedoch in der Pensionsversicherung zu kaum realisierbaren Anwartschaften und in der Krankenversicherung zu einer Sachleistungsberechtigung ohne angemessene Beitragsleistung geführt.

Aus sozialpolitischen Gründen wurde den betroffenen Personen daher die Möglichkeit eingeräumt, nach §19a ASVG in die Vollversicherung zu optieren, wobei als Beitragsgrundlage die Geringfügigkeitsgrenze angewendet wird und lediglich die auf den Dienstnehmer entfallenden Beiträge entrichtet werden müssen. Es handelt sich daher um eine begünstigende Selbstversicherung.

Es erschien angemessen, die Dienstgeber von geringfügig beschäftigten Personen, deren Tätigkeit ebenso zum wirtschaftlichen Erfolg ihrer Dienstgeber beiträgt wie die Tätigkeit von vollbeschäftigten Personen, zur Finanzierung des sozialen Schutzes ihrer Dienstnehmer heranzuziehen. Gleichzeitig wollte man Wettbewerbsvorteile von Dienstgebern mit geringfügig Beschäftigten gegenüber Dienstgebern mit pflichtversicherten Beschäftigten beseitigen und so die Neigung der Dienstgeber, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse einzugehen, um die Beitragspflicht zu umgehen, eindämmen.

Im Bewusstsein, ein neues Regelungsmodell in der Sozialversicherung zur Anwendung zu bringen, entschied sich der Gesetzgeber schließlich nach langen und schwierigen Verhandlungen der Sozialpartner zu der im §53a Abs1 Z2 ASVG getroffenen teilweisen Abkoppelung des Dienstgeberbeitrages von der Vollversicherung seiner Dienstnehmer dahingehend, dass der Arbeitgeber aus der Lohnsumme der bei ihm geringfügig beschäftigten Dienstnehmer einen pauschalierten Dienstgeberbeitrag an die Kranken- und die Pensionsversicherung zu leisten hat, auch wenn sich im Einzelfall die Versicherung eines Dienstnehmers nicht realisiert, weil dessen Gesamteinkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt und er auch nicht von der Möglichkeit der begünstigenden Selbstversicherung nach §19a ASVG Gebrauch macht.

Gleichzeitig war es aber sozialpolitisch nicht wünschenswert, Dienstgeber mit nur sehr geringen Lohnzahlungen an geringfügig Beschäftigte, dh in der Regel mit nur einem geringfügig Beschäftigten, mit zusätzlichen Lohnnebenkosten zu belasten. Gedacht wurde insbesondere an Beschäftigungsverhältnisse im privaten Bereich, wie Haushaltshilfen und Ähnliches. Das Abstellen auf die eineinhalbfache Geringfügigkeitsgrenze erschien daher als Grenzziehung zwischen dem rein privaten und dem darüber hinaus gehenden geschäftlichen Bereich ein sachlich angemessenes Kriterium, wobei es nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bei Grenzziehungen auf eine Durchschnittsbetrachtung ankommt und nicht auf die Auswirkungen im Einzelfall.

Es ist somit festzuhalten, dass die Regelung des §53a ASVG eine Innovation im Rahmen der Sozialversicherung darstellte, welche allerdings nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes im Kompetenztatbestand 'Sozialversicherungswesen' keine Deckung findet.

Das vom Gesetzgeber ursprünglich gewählte Modell eines pauschalierten Dienstgeberbeitrages soll daher nunmehr - wie vom Verfassungsgerichtshof vorgezeichnet - durch das Modell einer entsprechenden Bundesabgabe ersetzt werden. Dies ermöglicht die Beibehaltung einer für alle Betroffenen angemessenen und sozialpolitisch sinnvollen Lösung, bei der einerseits der Dienstgeber für die bei ihm geringfügig Beschäftigten eine Abgabe zu leisten hat, die sich nach der Summe der Entgelte bemisst, und bei der andererseits - durch Zweckwidmung dieser Abgabe - die Finanzierung einer begünstigenden freiwilligen Selbstversicherung für geringfügig beschäftigte Dienstnehmer sicher[ge]stellt wird."

3. Nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei habe der Gesetzgeber des DAG lediglich das Wort "Dienstgeberbeitrag" in "Dienstgeberabgabe" geändert; im Übrigen seien keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen, sondern die ursprünglichen Bestimmungen des ASVG, insbesondere hinsichtlich Bemessungsgrundlage, Berechnung, Einhebung, Fälligkeit und Verfahren, unverändert übernommen worden. Die Dienstgeberabgabe sei daher - entgegen ihrer Bezeichnung - aus kompetenzrechtlicher Sicht nicht als Abgabe zu werten und somit denselben Bedenken ausgesetzt wie der - mit Erkenntnis VfSlg. 16.474/2002 als verfassungswidrig aufgehobene - pauschalierte Dienstgeberbeitrag gemäß §53a Abs1 Z2 ASVG.

3.1. Zu diesen Bedenken ist der beschwerdeführenden Partei vorweg zu entgegnen, dass - wie auch die im Erkenntnis VfSlg. 16.474/2002 enthaltenen Erwägungen und Hinweise auf die Rechtsprechung zu dieser Frage zeigen - die Verfassungsmäßigkeit einer öffentlich-rechtlichen Beitragsleistung (wie sie die Dienstgeberabgabe darstellt), je nachdem, ob es sich um einen "Sozialversicherungsbeitrag" im Sinne des Kompetenztatbestandes "Sozialversicherungswesen" (Art10 Abs1 Z11 B-VG) oder aber um eine "Abgabe" im Sinne des "Abgabenwesens" (Art13 Abs1 B-VG iVm §§5 ff F-VG 1948) handelt, nur davon abhängt, ob die Beitragsleistung den jeweils unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Kriterien entspricht. Wenn daher die angegriffene Neuregelung des DAG eine Änderung der inhaltlichen Kriterien der nunmehr vom Gesetzgeber intentional als Abgabe gestalteten Beitragsleistung nicht vorsieht und auch die wirtschaftliche Belastung für die Arbeitgeber geringfügig Beschäftigter ganz dieselbe geblieben ist, so könnte dies solange zu keiner Verfassungswidrigkeit des DAG führen, als die aus der Finanzverfassung und den sonstigen, für Abgaben bedeutsamen verfassungsrechtlichen Vorschriften sich ergebenden Anforderungen erfüllt sind.

3.2. Dies ist aber im Ergebnis aus nachstehenden Gründen zu bejahen:

3.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind unter öffentlichen Abgaben iS des F-VG 1948 Geldleistungen zu verstehen, die von Gebietskörperschaften kraft öffentlichen Rechts zur Deckung ihres Finanzbedarfes erhoben werden (so schon VfSlg. 1465/1932, 3670/1960, 3919/1961).

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 16.454/2002 [Kabelrundfunkbeitrag nach dem Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981] unter Hinweis auf die einschlägige Vorjudikatur ausführlich dargelegt hat, kommt es für den Abgabencharakter einer Geldleistung in erster Linie darauf an, ob die Ertragshoheit, dh. die primäre Verfügungsberechtigung über den Ertrag der Geldleistung, bei einer Gebietskörperschaft liegt. Diese primäre Verfügungsberechtigung könne auch in einer (vom Träger der Ertragshoheit vorgenommenen) generellen Vorausverfügung, insbesondere einer gesetzlichen Zweckbindung, zum Ausdruck kommen. Die die weitere Mittelverwendung regelnden Vorschriften seien nicht mehr entscheidend. Zumindest in Grenzfällen könne für die Qualifizierung als Abgabe auch eine entsprechende, explizite Einordnung durch den Gesetzgeber, somit die erschließbare Absicht des Gesetzgebers, eine Abgabe regeln zu wollen, maßgebend sein.

3.2.2. Gemessen an diesen Kriterien, überwiegen (auch) bei der im vorliegenden Fall zu beurteilenden "Abgabe" letztlich die Elemente, die für das Vorliegen einer Abgabe iS des F-VG 1948 sprechen:

a) Zunächst bringt das DAG unmissverständlich die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, mit der dort geregelten Geldleistung eine Abgabe zu erheben. Die Dienstgeberabgabe wird in §1 Abs2 DAG als "ausschließliche Bundesabgabe" bezeichnet, die allerdings nicht durch die Abgabenbehörden des Bundes, sondern (zulässigerweise: §11 Abs1 F-VG 1948) von den Krankenversicherungsträgern im übertragenen Wirkungsbereich einzuheben ist. Den Krankenversicherungsträgern werden durch §2 Abs1 DAG jene Befugnisse eingeräumt, die für eine ordnungsgemäße Einhebung der Abgabe erforderlich sind; insbesondere ist ihnen zur Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Abgaben die Einbringung im Verwaltungsweg gewährt (§2 Abs1 DAG iVm §64 Abs1 ASVG).

b) Der Gesetzgeber wollte mit der Dienstgeberabgabe somit eine Abgabe schaffen; auch ist die Ertragshoheit des Bundes (§6 Abs1 Z1 F-VG 1948) zu bejahen: Der Bund hat sie im vorliegenden Fall - zulässigerweise (vgl. wieder VfSlg. 16.454/2002) - in der Weise ausgeübt, dass er - durch Gesetz (siehe §3 DAG) - selbst jene Zwecke festgelegt hat, für die der Ertrag der Abgabe zu verwenden ist.

3.2.3. Das DAG ist aber auch nicht aus einem der anderen in der Beschwerde angeführten Gründe verfassungswidrig:

a) So verschlägt der Umstand nichts, dass mit der Einhebung der Dienstgeberabgabe die Krankenversicherungsträger betraut sind: In dieser Funktion sind die genannten Versicherungsträger nämlich in einem - vom Bund - übertragenen Wirkungsbereich (§1 Abs2 DAG) tätig und daher den zuständigen staatlichen Behörden, dh. - wie sich aus §1 Abs2 zweiter Satz DAG und Art102 Abs3 iVm Abs1 zweiter Satz B-VG ergibt (vgl. VfSlg. 4591/1963) - dem Landeshauptmann des betreffenden Landes gegenüber weisungsgebunden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt schon VfSlg. 2500/1953 [S 119 unten] und VwSlg. 9953 A/1979 zu Organen der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, sowie VwSlg. 4270 A/1957 zu Organen der Ärztekammer; siehe auch VfSlg. 16.454/2002 - Einhebung des Kabelrundfunkbeitrages durch den vom Verfassungsgerichtshof als Beliehenen qualifizierten, durch die gesetzliche Zweckwidmung begünstigten Fonds).

b) Auch ist es unbedenklich, dass über den Ertrag der Dienstgeberabgabe bereits im Wege einer Zweckwidmung verfügt worden ist: Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich schon wiederholt ausgesprochen (siehe zuletzt das in den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zum DAG ausführlich zitierte Erkenntnis VfSlg. 16.454/2002 mwN), dass die gesetzliche Zweckwidmung für die rechtliche Qualität einer Geldleistung ohne Bedeutung ist; die Widmung einer Geldleistung für einen bestimmten Zweck kann allein nicht dazu führen, dass die gesetzliche Regelung der Geldleistungspflicht dem aus der Zweckwidmung abzuleitenden Kompetenzbereich zuzuordnen wäre.

3.2.4. Das DAG ist somit - dem Beschwerdevorbringen zuwider - dem Abgabenwesen iS des Art13 Abs1 B-VG zuzuordnen; die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Gesetzes ergibt sich aus §7 Abs1 F-VG 1948.

4. Die Beschwerde beanstandet - unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes - weiters, dass den Krankenversicherungsträgern für die Einhebung der Dienstgeberabgabe keine Vergütung zusteht; sie bezeichnet diese "entschädigungslose Einhebungsverpflichtung" als "verfassungswidriges Sonderopfer".

4.1. Gemäß §11 Abs4 F-VG 1948 werden "Vergütungen für die Mitwirkung fremder Organe" bei der Abgabeneinhebung gesetzlich geregelt. Es bleibt somit dem Abgabengesetzgeber überlassen, den Rechtsträgern mitwirkender Organe einen Vergütungsanspruch zuzuerkennen (vgl. Ruppe, §11 F-VG Rz 15, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht); eine Beschränkung dieses rechtspolitischen Spielraumes könnte sich nur aus anderen Verfassungsbestimmungen ergeben, insbesondere aus dem Gleichheitssatz und dem diesem innewohnenden Sachlichkeitsgebot.

4.2. Dem Verfassungsgerichtshof ist nun keine Verfassungsnorm erkennbar, die es im vorliegenden Fall geböte, den die Dienstgeberabgabe einhebenden Krankenversicherungsträgern einen Vergütungsanspruch (gegenüber dem Bund) einzuräumen; dies zumal etwa ein Viertel des Abgabenertrages an den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger (§447a ASVG) zu überweisen ist (vgl. §3 DAG), sodass die Einhebung dieser Abgabe (auch) im Interesse der damit betrauten Träger der sozialen Krankenversicherung liegt. Ein "Sonderopfer" der Gebietskrankenkassen liegt daher schon deshalb nicht vor.

5. Die Beschwerde kritisiert die Dienstgeberabgabe - auch angesichts des ihrer Meinung nach "extrem hohen" Pauschalsatzes - schließlich als "unsachliche Sonderbelastung"; sachlich nicht gerechtfertigt sei es auch, Dienstgeber von der Abgabepflicht auszunehmen, sofern das von ihnen geringfügig beschäftigten Personen gebührende Entgelt in Summe das 1,5-fache des sich aus §5 Abs2 ASVG ergebenden Betrages nicht übersteigt.

Auch diese Bedenken sind unbegründet:

5.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt zunächst keine Zweifel am Zutreffen der dem DAG zugrunde liegenden Annahmen des Gesetzgebers, dass eine in bestimmten Wirtschaftszweigen zu verzeichnende Tendenz zum Ersatz vollversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse durch geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse geeignet ist, die finanzielle Leistungskraft eines auf dem Umlageprinzip beruhenden Systems der sozialen Kranken- und Pensionsversicherung zu schwächen, darüber hinaus die soziale Absicherung der von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen betroffenen Dienstnehmer gefährdet und überdies wettbewerbsverzerrende Effekte hat, die hintanzuhalten ein auch im Sozialversicherungsrecht zulässiger Regelungszweck ist (vgl. VfSlg. 14.802/1997, S 421).

Das Vorbringen, die einzelnen Erwerbszweige seien durch das DAG verschieden stark betroffen, ist in diesem Zusammenhang nicht geeignet, die in Rede stehende Regelung als verfassungswidrig zu erweisen, weil gerade das DAG bewirkt, dass die Beschäftigung von Dienstnehmern nicht zu ungleichen Lohnkosten führt, je nachdem, ob es sich um Unternehmen mit vielen geringfügig Beschäftigten oder solchen mit wenigen oder keinen geringfügig Beschäftigten handelt. Auch kann - beim derzeitigen Inhalt des DAG - nicht gesagt werden, dass die Dienstgeberabgabe einer "Erdrosselungssteuer" gleichkomme, dh. einer Abgabe, "die zum Versiegen der Steuerquelle führen soll und wird" (VfSlg. 10.403/1985, S 356; vgl. auch VfSlg. 16.378/2001).

5.2. Der vermehrte Einsatz geringfügig entlohnter, von der Vollversicherung ausgenommener Beschäftigter durch größere Unternehmen in bestimmten Branchen führt - wie die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien schlüssig aufzeigen - nicht nur zu Wettbewerbsverzerrungen, sondern die erwähnten Wettbewerbsvorteile werden um den Preis erzielt, dass entweder immer größere Teile der Erwerbsbevölkerung der Kranken- und Pensionsversicherung zu entraten bzw. als sozial besonders schwache Bevölkerungsgruppe im Wege freiwilliger Versicherung die gesamte Beitragslast aus eigenem zu tragen hätten oder die öffentliche Hand diese Nachteile auf andere Weise aus allgemeinen Steuermitteln ausgleichen müsste.

Die Eignung der mit dem DAG getroffenen Maßnahme, dieser Entwicklung nach dem Verursacherprinzip in wettbewerbs- wie auch sozialpolitisch adäquater Weise zu steuern, wird in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.

5.3. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, dass die Regelung unverhältnismäßig wäre, entspricht doch die Höhe der Dienstgeberabgabe (16,4 vH des Entgeltes) in etwa dem auf den Dienstgeber eines vollversichert Beschäftigten entfallenden Beitragsteil (dieser beträgt seit 1. Jänner 2004 bei Angestellten 16,25 vH des Arbeitsverdienstes, bei Arbeitern 16,05 vH). Das DAG stellt insofern sicher, dass die Dienstgeber geringfügig beschäftigter Personen in etwa so viel an Dienstgeberabgabe zu entrichten haben, wie sie bei Bestehen eines vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses - gleich hohe Lohnsumme vorausgesetzt - an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pensionsversicherung zu leisten hätten.

5.4. Schließlich macht auch der Umstand, dass ein Dienstgeber erst dann zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet ist, wenn die Lohnsumme der bei ihm geringfügig beschäftigten Personen die "Freigrenze" des 1,5-fachen des sich aus §5 Abs2 ASVG ergebenden Betrages übersteigt, das DAG - anders als die Beschwerde meint - nicht etwa gleichheitswidrig, sondern unterstreicht vielmehr die Absicht des Gesetzgebers, eine den oben genannten Zielen dienende, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende, pauschalierende und für die betroffenen Dienstgeber einfach administrierbare Regelung zu schaffen.

5.5. Die Beschwerde sieht es auch als bedenklich an, dass gemäß §3 DAG der auf die Krankenversicherung entfallende Anteil am Ertrag der Dienstgeberabgabe der "Finanzierung der Krankenversicherung der geringfügig beschäftigten Personen" dient, während für den auf die Pensionsversicherung entfallenden Anteil keine gleichartige, ausdrücklich auf "geringfügig beschäftigte Personen" abstellende Zweckwidmung vorgesehen ist.

Auch die Beschwerde zieht in diesem Zusammenhang aber nicht in Zweifel, dass die gesetzlich vorgesehene Zweckwidmung die Finanzkraft der Pensionsversicherung in jenem Umfang, in dem Pensionsversicherungszeiten durch geringfügige Beschäftigung erworben werden können, erhöht. Im Übrigen übersieht die beschwerdeführende Partei, dass bei Bemessung einer Abgabe die Regelung über deren Zweckwidmung von der Behörde nicht anzuwenden ist (vgl. VfSlg. 16.546/2002, S 795; siehe auch VfSlg. 9335/1982, S 83 unten) und daher auch bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht angewendet wurde. Sie wäre daher auch vom Verfassungsgerichtshof bei Behandlung der vorliegenden Beschwerde nicht anzuwenden.

Es kann daher dahinstehen, ob es zutrifft, wie in der Beschwerde behauptet wird, dass hinsichtlich des für die Pensionsversicherung gewidmeten Teils der Dienstgeberabgabe eine Zweckwidmung der Verwendung "für geringfügig Beschäftigte" (gemeint wäre dann wohl: für Personen, deren für die Pensionsbemessung relevanter Versicherungsverlauf wegen geringfügiger Beschäftigung Lücken aufweist) nicht vorgesehen ist (wofür der Wortlaut der Norm zu sprechen scheint) oder ob es sich dabei bloß um ein "Redaktionsversehen" handelt, wie die Vorarlberger Gebietskrankenkasse in ihrer Äußerung vorgetragen hat.

6. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte dieser das durch Art6 Abs1 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung - nach Lage des Falles - nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 10.413/1985). Ein solcher Fehler ist der Behörde aber nicht anzulasten, sodass auch nicht untersucht werden muss, ob der angefochtene Bescheid überhaupt in das genannte Recht eingreift.

7. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen somit nicht vor. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass der angefochtene Bescheid die beschwerdeführende Partei in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt hätte.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

8. Der beteiligten Gebietskrankenkasse waren für den nicht abverlangten Schriftsatz Kosten nicht zuzusprechen (VfSlg. 13.355/1993, 13.847/1994, 14.976/1997; zuletzt etwa VfSlg. 16.499/2002).

9. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).

Schlagworte

Dienstgeberabgabe, Abgabenbegriff, Finanzverfassung, Abgabenwesen, Sozialversicherung, Beitragspflicht, Pflichtversicherung, Erwerbsausübungsfreiheit, Kompetenz Bund - Länder Sozialversicherung, Sozialpolitik, Verwaltungsökonomie, Bundesverwaltung mittelbare

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B514.2004

Dokumentnummer

JFT_09958786_04B00514_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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