Entscheidungsdatum
09.01.2020Norm
BEinstG §14Spruch
L515 2223395-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX vom 13.03.2019, OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013
idgF iVm §§ 2, 3 und 14 BEinstG, BGBl. I Nr. 22/1970 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
I.1. Am im Akt ersichtlichen Datum beantragte die beschwerdeführende Partei (nachfolgend auch: "bP") unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Neufestsetzung des Grades der Behinderung.
I.2. Mit Gutachten eines medizinischen Sachverständigen (Arzt für Allgemeinmedizin) vom 04.11.2018, vidiert am 10.11.2018, wurde hinsichtlich der bP ein Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt.
I.3. Seitens der bB wurden der bP die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Am 30.11.2018 langte eine Stellungnahme ein.
I.4. Mit Schreiben vom 06.12.2018 ersuchte die bB um Übermittlung aktueller Befunde über die in der Stellungnahme vom 30.11.2018 angeführten Gesundheitsschädigung (Bandscheibe). Unterlagen langten nicht ein.
I.4.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.03.2019 wurde der Antrag der bP vom 24.07.2018 auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten abgewiesen. Der Grad der Behinderung betrage 30 von Hundert.
I.5. Mit einem bei der bB eingelangten Schreiben am 16.04.2019 erhob die bP gegen diesen Bescheid Beschwerde und übermittelte neue Befunde und Untersuchungsergebnisse.
I.6. Ein weiteres - im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung eingeholtes - Sachverständigengutachten (Fachärztin für Allgemeinmedizin) vom 09.09.2019 ergab wiederum einen Grad der Behinderung von 30 v.H.
I.7. Da das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit erledigt werden konnte, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 13.09.2019 zur Entscheidung vorgelegt. Das betreffende Schreiben langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.8. Im Rahmen einer nicht öffentlichen Beratung am 16.12.2019 beschloss der erkennende Senat die Beschwerde abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Das am 04.11.2018 von einem ärztlichen Sachverständigen (Arzt für Allgemeinmedizin) erstellte Gutachten kam zu einem Gdb von 30 v. H., wobei das Anfallsartige Vorhofflattern als führende Funktionseinschränkung mit 30 % festgestellt wurde.
1.2. In der Stellungnahme vom 28.11.2018 monierte die bP die Nichtberücksichtigung der Einschränkung durch die Bandscheiben-OP; in der Beschwerde vom 12.04.2019 moniert die bP die ihrer Ansicht nach zu geringe Einschätzung und übermittelte aktuelle Befunde.
1.3. Das am 09.09.2019 - im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - von einer ärztlichen Sachverständigen (Allgemeinmedizin) erstellte Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"...
Derzeitige Beschwerden:
Beim letzten Gutachten seien die Bandscheiben nicht mehr beachtet worden, außerdem sei die damalige Einschätzung ja dauerhaft gewesen, das verstehe er nun nicht, dass er konkret bei der Wirbelsäule herabgesetzt worden sei.
Schwindelanfälle werden in der Hitze jetzt stärker, deshalb sei er mehrmals im Spital gewesen. Zucker gut eingestellt, Blutdruck wisse er nicht, weil Gerät kaputt. Die Wirbelsäule sei nach der OP eine Zeit besser gewesen, der Schlaf sei nun schwer wegen der Schmerzen in Wirbelsäule, Rücken, Schultern. Morgendliche Anlaufschwierigkeiten.
[...]
" Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) Paroxysmales/anfallsartiges Vorhofflattern
Aktuell klinisch unauffällig, keine Insuffizienzzeichen, keine Entwässerungstherapie erforderlich. Echokardiographisch erhaltene LV-Pumpfunktion, Z.n. elektrischer Kardioversion und Dauertherapie mit Rytmonorma. Weiterhin episodisches Auftreten.
Pos.Nr. 05.02.01, Gdb 30 %
2) Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus
Mit Mehrfachtherapie und diätetischen Maßnahmen zufriedenstellend eingestellt.
Pos.Nr. 09.02.01, Gdb 20 %
3) Hypertonie
Mehrfachtherapie.
Pos.Nr. 05.01.02, Gdb 20 %
4) Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
Z.n. Bandscheiben-OP L5/S1 2009, geringe bis mäßige Bewegungseinschränkungen, keine neurologischen Defizite, auch diesmal keine neuen fachspezifischen Befunde vorgelegt, daher nicht höher beurteilbar.
Pos.Nr. 02.01.01, Gdb 20 %
5) Abnützung an rechter Schulter.
Aktuell sehr geringe Funktionseinschränkung rechts. Radiologisch (07/18) Z.n. mild aktivierter Arthrose des rechten AC-Gelenkes, Tendinose der Rotatorenmanschette mit subtotaler Rissbildung der Subscapularis-Sehne, Ursprungstendinose der langen Bizepssehne.
Pos.Nr. 02.06.01, Gdb 10 %
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Führend ist Pos 1.
Die übrigen Positionen geringfügig und daher nicht stufenerhöhend.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Z. n. chronischem Nikotinabusus; Hyperplastische Colonpolypen; Sigmadivertikulose; Noduli hamorrhoidalis; Z.n erosiver Helicobacter pylori positiver Antrumgastritis mit Bulbitis duodeni/Chron. Gastritis - keine Medikation, keine neueren fachspezifischen Befunde/Gastroskopie, keine Angaben.
Ausgeprägte Steatosis hepatis mit Nonsteatosearealen
Familiare colorektale Karzinombelastung
Adipositas, Hyperuricämie
chronische Achillodynie - kein aktueller Fachbefund, keine Beschwerdeangaben, klinisch keine Funktionseinschränkung erfassbar
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Keine Änderungen zum Vorgutachten 09/2018. Für die beeinspruchten, weil laut Patient damals nicht ausreichend gewürdigten Wirbelsäulenbeschwerden sind auch diesmal keine neueren fachspezifischen Befunde vorgelegt worden, die Einschätzung erfolgte daher nach der aktuellen Klinik.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Unverändert zum Vorgutachten mit 30% (siehe voriger Punkt).
Dauerzustand
..."
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und der zusätzlichen Beweisaufnahme durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrundelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen das Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von der belangten Behörde im Rahmen der in Aussicht genommenen Beschwerdevorentscheidung (BVE) eingeholte Sachverständigengutachten vom 09.09.2019 ausführlich begründet, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die vorgelegten Beweismittel/Befunde stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens, vielmehr wurden sie seitens der Sachverständigen eingesehen und in die Einschätzung miteinbezogen. Die im Rahmen des Parteiengehörs monierte Nichtberücksichtigung des Zustandes durch die Bandscheiben-OP wurde im gegenständlichen Gutachten berücksichtigt. Die "degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Z.n. Bandscheiben-OP L5/S1 2009 ergeben das Vorhandensein geringer bis mäßiger Bewegungseinschränkungen ohne neurologischen Defizite" wurden innerhalb des Rahmensatzes der Pos. Nr. 02.01.01 nachvollziehbar eingeschätzt, zumal die Gutachterin mangels neuer fachspezifischen Befunde keine höhere Einschätzung vornehmen konnte. Diesbezüglich ist auch anzumerken, dass die bP mit Schreiben vom 06.12.2018 aufgefordert wurde, aktuelle Befunde über die in der Stellungnahme vom 30.11.2018 angeführten Gesundheitsschädigung (Bandscheibe) vorzulegen, was sie jedoch unterlassen hat.
Wenn die bP in ihrer Stellungnahme vom 28.11.2018 einwendet, dass der Zustand nach Bandscheibenentfernung L5/S1 bereits 2010 eine 30%ige Behinderung durch die Bandscheiben-OP als Dauerzustand festgestellt wurde, ist festzuhalten, dass dort sichtlich auch keine andere Diagnose gestellt wurde, als sie dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten zu Grunde liegt. Der ärztliche Sachverständige bezog sich in seinen Ausführungen auf die Position nach der Richtsatzverordnung. Hierbei handelt es sich jedoch um einen anderen Rechtsbegriff als beim GdB gem. dem BEinstG bzw. dem BBG, weshalb aus den Ausführungen des damaligen ärztlichen Sachverständigen nicht abgeleitet werden kann, dass es mit dem seitens der belangten Behörde eingeholten Gutachten im Widerspruch steht. Zunächst ist anzumerken, dass bei einem Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach dem 31. August 2013 die Einschätzung des Grades der Behinderung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung zu erfolgen hat. Die Richtsatzverordnung hat hinsichtlich der Wirbelsäulenbeschwerden nur zwei Beschwerdegrade "Veränderungen (Pos. 190, 20-30%)" oder "Versteifungen oder höhergradige Veränderungen (Pos.191, 40-100%)" ausgewiesen, während die Einschätzungsverordnung zwischen Funktionseinschränkungen geringen Grades (10 - 20 %), mittleren Grades (30 - 40 %) bzw. schweren Grades (50 - 80 %) unterscheidet, also wesentlich genauer ausgestaltet ist und dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht bzw. die Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes adäquat abbildet. Beim Gutachten vom 04.03.2010 schätzte der Gutachter den Zustand nach Bandscheibenentfernung L5/S1 mit einem zufriedenstellenden Erfolg, guter Beweglichkeit, keine Radikulopathie unter die Pos. 190 der Richtsatzverordnung mit dem obersten Rahmensatz mit 30% ein. Im gegenständlichen Gutachten wurden die Wirbelsäulenbeschwerden gemäß der Einstufungsverordnung unter 02.01.01 mit einem Gdb von 20 % eingeschätzt und damit der oberste Rahmensatz herangezogen. Die ärztliche Sachverständige hat dies mit nur geringen bis mäßigen Defizite und mangels Vorlage neuer fachspezifischer Befunde begründet.
Auch war dem Vorbringen und vorgelegten Beweismitteln der bP kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.
Im Gutachten wurden auch alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. So erfolgte im erstellten Gutachten der Sachverständigen eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit den von der bP beigebrachten und findet sich unter der Rubrik "Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe)" auf Seite 2 des Gutachtens eine solche Zusammenfassung eben dieser Befunde. Daraus geht hervor, dass sowohl der Befund des Dr. H., FA f. Innere Medizin von 3/2019 sowie der Arztbrief vom KH B. von 1/19 und der Arztbrief der CDK S. im Gutachten berücksichtigt wurde. Die vorhin genannten ärztlichen Befunde treten schließlich den beiden medizinischen Sachverständigengutachten hinsichtlich der Bewertung im Hinblick auf Positionsnummer und jeweiligem GdB nicht entgegen (weil sie dazu keine Aussagen treffen), sind also auch inhaltlich nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Zudem bedingt das Beschwerdevorbringen im Hinblick auf das im Rahmen der beabsichtigen BVE eingeholte Gutachten keine weitere Beweisaufnahme.
Hinsichtlich der Heranziehung der Einschätzungsverordnung wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.
Da das Sachverständigengutachten auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch steht, wird es in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Gemäß dem angeführten Gutachten vom 09.09.2019 ist folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. auszugehen.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Behinderteneinstellungsgesetz BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG idgF entscheidet in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten der §§ 8, 9, 9a und 14 Abs. 2 das Bundesverwaltungsgericht durch den Senat.
Gemäß § 19b Abs. 3 BEinstG idgF sind die Vertreterinnen oder Vertreter der Arbeitgeber bei Senatsentscheidungen nach Abs. 2 von der Wirtschaftskammer Österreich zu entsenden. Die Vertreterin oder der Vertreter der Arbeitnehmer wird von der Bundesarbeitskammer entsandt. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gemäß § 19b Abs. 6 BEinstG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Abs. 3 dritter und vierter Satz sind anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gemäß § 19b Abs. 7 BEinstG haben die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) in Verfahren nach Abs. 2, 4 und 6 für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozial- und Arbeitsrechts) aufzuweisen.
In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 19b Abs. 1 BEinstG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet.
Bedingt durch den Umstand, dass im § 19b Abs. 1 BEinstG eine Senatszuständigkeit in Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 BEinstG normiert ist, fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung des § 19b Abs. 3 BEinstG in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Schlussfolgernd ist das angeführte Gericht durch Senatsrichterentscheidung in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1 im Generellen und in den Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 2 Abs 1 BEinstG sind begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH.
Gemäß § 3 BEinstG ist Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 7 Abs. 2 Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 ist der Grad der Behinderung nach der Richtsatzverordnung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150/1965, einzuschätzen.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG idF BGBl. I Nr. 81/2010)
Auszug aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (770 der Beilagen XXIV. GP) - BGBl. I Nr. 81/2010:
"Nach der geltenden Rechtslage erfolgt die Einschätzung des Grades der Behinderung sowohl im Bereich des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) als auch des Bundesbehindertengesetzes (BBG) durch ärztliche Sachverständige unter Zugrundelegung der gemäß §§ 7 und 9 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 erlassenen Richtsatzverordnung, BGBl. Nr. 150/1965.
Zweck der Richtsatzverordnung ist die Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit von Kriegsopfern, wobei im Gegensatz zur Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem BEinstG bzw. BBG nur jene Gesundheitsschädigungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung (Dienstbeschädigung) stehen, zu berücksichtigen sind. Hinzu kommt, dass die Richtsatzverordnung schon vor mehr als 40 Jahren in Kraft getreten ist und bei Weitem nicht mehr dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht bzw. die Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes nicht mehr adäquat abbildet.
Gemäß § 14 Abs. 3 BEinstG ist der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen; der Bundesminister macht nun-mehr von dieser Ermächtigung Gebrauch. [...] Die Einschätzungsverordnung soll - wie auch die vorliegenden Gesetzesänderungen - mit 1. September 2010 in Kraft treten.
Mit den gegenständlichen Gesetzesentwürfen soll festgelegt werden, dass bei Anträgen auf Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten bzw. auf Ausstellung von Behindertenpässen gemäß § 40ff des Bundesbehindertengesetzes, die ab dem 1. September 2010 beim Bundessozialamt eingebracht werden, die Einschätzung des Grades der Behinderung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der neuen Einschätzungsverordnung zu erfolgen hat. Um einen reibungslosen Übergang zur neuen Rechtslage zu gewährleisten, soll die Einschätzungsverordnung im Falle eines Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in Fällen, in welchen bereits ein Grad der Behinderung rechtskräftig nach dem Behinderteneinstellungs- oder dem Bundesbehindertengesetz festgestellt wurde, innerhalb der ersten 3 Jahre nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (bis 31. August 2013) nicht zur Anwendung kommen. In diesem Zusammenhang ist ein ausgestellter Behindertenpass einem mittels Bescheid rechtskräftig festgestellten Grad der Behinderung gleichzuhalten.
Gleiches soll bei Nachuntersuchungen gelten, sofern keine objektivierte Änderung des Gesundheitszustandes eingetreten ist."
Wird daher ein Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach dem 31. August 2013 gestellt, so hat gemäß § 55 Abs. 5 BBG die Einschätzung des Grades der Behinderung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung zu erfolgen. Die bP hat im Juli 2018 einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten sowie auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gestellt. Es kommt sohin die Einschätzungsverordnung und der auf der Einstufungsverordnung basierende GdB von 30 vH zur Anwendung.
Gemäß § 14 Abs 1 BEinstG gilt als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH.
a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002;
b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;
c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;
d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).
Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Bescheides bzw. Urteiles folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen.
Nach § 14 Abs. 2 BEinstG hat, wenn ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vorliegt, auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.
Gemäß § 14 Abs. 3 BeinstG ist der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen. Diese Bestimmungen haben die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf das allgemeine Erwerbsleben zu berücksichtigen und auf den Stand der medizinischen Wissenschaft Bedacht zu nehmen.
Gemäß § 1 ist unter Behinderung im Sinne der Einschätzungsverordnung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs. 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs. 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
Gemäß § 2 Abs. 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs. 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs. 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs. 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbe-einträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs. 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs. 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs. 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs. 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032).
Das Sachverständigengutachten vom 09.09.2019 wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das Gutachten erfüllt sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
Die von der ärztlichen Sachverständigen erfolgte Bewertung auf Grund der vorgelegten Befunde entspricht der Einschätzungsverordnung sowohl hinsichtlich Position, als auch Prozentsatz. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet. Gemäß diesem Gutachten vom 09.09.2019 ist bei der bP folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. auszugehen; die Beschwerde gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice war folglich abzuweisen.
3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).
Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte - auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - zuletzt erstellte Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10, Ra 2017/11/0288-3, 19.12.2017):
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Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
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Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.
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In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot (hier gem. § 19 (1) BEinstG) verstößt.
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Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.
3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde. Darüber hinaus lag der wesentliche Schwerpunkt des gegenständlichen Erkenntnisses im Rahmen der Beweiswürdigung und hier insbesondere im Rahmen der Frage der Beweiskraft eines schlüssigen Gutachtens. Zu dieser Frage liegt umfangreiche und einheitliche Judikatur des VwGH vor. Die grundsätzliche Bestimmung betreffend der Einstufung bzw. der Feststellung des Grades der Behinderung erfuhr keine substanzielle Änderung. Im Rahmen der Frage des Umfanges der Ausnahme von der Verhandlungspflicht orientierte sich das ho. Gericht ebenfalls an der Judikatur des VwGH.
Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren somit nicht gegeben.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L515.2223395.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020