TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/13 W122 2220274-1

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Veröffentlicht am 13.09.2019
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Entscheidungsdatum

13.09.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
ZDG §13 Abs1 Z1
ZDG §13 Abs1 Z2
ZDG §7

Spruch

W122 2220274-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch KÖRBER-RISAK Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Canovagasse 7/1/7 gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 15.05.2019, Zl. 273725/26/ZD/0519, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 19.12.2003 wurde die Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers festgestellt. Mit Bescheid vom 12.12.2018 wurde der Beschwerdeführer für den Zeitraum XXXX bis

XXXX einer genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen.

2. Mit Antrag vom 14.02.2019 - zur Post gebracht am 15.02.2019 - ersuchte der Beschwerdeführer um Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes. Unter einem beantragte der Beschwerdeführer, "dieser Eingabe insofern aufschiebende Wirkung zu zuerkennen, als der Antragsteller bis zur Erlassung des Bescheides über den Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes befreit wird."

Begründend führte der Beschwerdeführer an, dass er kurz vor der Beendigung des XXXX . Lebensjahres stünde, ein bekannter österreichischer Journalist bei einer Mediengruppe und Chefredakteur einer Tageszeitung sowie eines online Medienportals und eines Fernsehsenders wäre. Der Beschwerdeführer würde auch die Geschäftsführerposition in diversen Konzerngesellschaften ausüben. Es wurden 15 Gesellschaften aufgelistet, denen der Beschwerdeführer in der Geschäftsführung angehören würde. Der Beschwerdeführer hätte am Aufbau des Konzerns mitgewirkt und sei als Nachfolger aufgebaut worden. Er würde eine Diskussionssendung moderieren. Als Geschäftsführer wäre er auch für den Anzeigenverkauf zuständig.

Der Beschwerdeführer wäre verheiratet und hätte einen zweijährigen Sohn. Die Ehegattin des Beschwerdeführers wäre nicht berufstätig und der Beschwerdeführer müsse für den gesamten Familienunterhalt aufkommen. Der Beschwerdeführer würde pro Monat einen fünfstelligen Eurobetrag einnehmen und einen vierstelligen Eurobetrag an Kreditrückzahlungen leisten müssen.

Zum öffentlichen Interesse an der Befreiung führte der Beschwerdeführer aus, dass den Medien gerade in Zeiten politischer Umwälzungen herausragende demokratiepolitische Bedeutung zukomme. Medien würden nicht umsonst als vierte Gewalt im Staat bezeichnet werden. Es bestünde ein öffentliches Interesse an der Funktionstüchtigkeit des Medienwesens als Ganzes und wichtiger Akteure desselben.

Der Konzern wäre stark beeinträchtigt, wenn man ihm für die Dauer von neun Monaten seinen für sämtliche Kanäle zuständigen Chefredakteur entziehen würde. Dies würde organisatorische Probleme verursachen und hätte auch negative Auswirkungen auf die Qualität der Medienberichterstattung. Der Beschwerdeführer könnte nicht mehr die Rolle eines "Anchorman" in einem TV Format übernehmen. Es bestünde ein öffentliches Interesse daran, dass der Beschwerdeführer seine Funktion als Chefredakteur ununterbrochen ausübe und als solcher das politische Geschehen weiterhin analysiere und kommentiere. Auf diese Art diene der Beschwerdeführer dem österreichischen Staat mehr als durch die Ausübung des ordentlichen Zivildienstes.

Als wirtschaftliche und familiäre Gründe führte der Beschwerdeführer an, dass diese in zweifacher Hinsicht beeinträchtigt werden würden. Der Beschwerdeführer wäre verheiratet und hätte einen zweijährigen Sohn. Die Ehegattin des Beschwerdeführers wäre nicht berufstätig und der Beschwerdeführer hätte für den gesamten Familienunterhalt aufzukommen. Eine Aufgabe seines Jobs hätte zur Folge, dass der Beschwerdeführer und seine Familie monatliche Ausgaben in der Höhe von rund Euro XXXX nicht mehr bewältigen könnte. Die finanziellen Einbußen könnten mit den staatlichen Leistungen nicht aufgewogen werden. Die Entziehung des Chefredakteurs hätte nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen für den Konzern. Der Beschwerdeführer wäre das Gehirn des Unternehmens, bei dem der wesentliche Teil des Wissens des Unternehmens gebündelt wäre. Darüber hinaus obliege ihm die Leitung der gesamten Redaktion und damit der zielgerichtete Einsatz der Redakteure. Der Beschwerdeführer sei als Verantwortlicher für den Anzeigenverkauf an einem wesentlichen Umsatzteil in der Höhe von über € XXXX maßgeblich beteiligt. Die Zuweisung des Beschwerdeführers hätte weitreichende Umsatzeinbußen zufolge. Persönliche Beziehungen würden beim Anzeigenverkauf eine entscheidende Rolle spielen.

Dem Beschwerdeführer könne keine Verletzung der Harmonisierungspflicht vorgeworfen werden, da für den Beschwerdeführer eine Heranziehung zur Zivildienstleistung im XXXX (Übernahme der Gesamtredaktion) keineswegs mehr zu erwarten gewesen wäre. Zivildienstpflichtige würden in jungen Jahren zum Zivildienst herangezogen werden. Im Zeitpunkt der Erlassung des Zuweisungsbescheides wäre der Beschwerdeführer schon im XXXX . Lebensjahr gewesen. Angesichts seines fortgeschrittenen Lebensalters und des Umstandes, dass er nie den Versuch unternommen hätte, sich in irgendeiner Weise der Zivildienstpflicht zu entziehen hätte der Beschwerdeführer nicht mehr mit einer Zuweisung rechnen müssen.

3. Mit Schreiben vom 20.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Sachverhalt geprüft werde. Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz wäre der Zivildienstpflichtige auf seinen Antrag, gleichgültig ob er bereits Zivildienst leistet oder noch nicht, von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes befreien, wenn und solange es besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche, familiäre oder aufgrund einer eingetragenen Partnerschaft bestehende Interessen des Zivildienstpflichtigen erfordern.

Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, Nachweise vorzulegen über das Einkommen der letzten sechs Monate, einen Meldenachweis zu allen an der Adresse des Beschwerdeführers gemeldeten Personen, finanzielle Verbindlichkeiten, Versicherungsdatenauszug, Dienstvertrag, Nachweise über die Bekanntgabe der Rückverlegung des Auslandsaufenthaltes in das Inland, Nachweise über die nicht zielführenden Vorkehrungen im Sinne der Harmonisierungsverpflichtung Zivildienstpflichtiger. Eine Rückmeldung des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde läge nach seinem Auslandsaufenthalt nicht vor.

Dem Beschwerdeführer wurde mit einem weiteren Schreiben vom 20.02.2019 mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für eine amtswegige Befreiung von der Leistung des ordentlichen Zivildienstes nicht vorliegen würden.

4. Mit Bescheid vom 26.02.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 15.02.2019 auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung des Antrags auf Befreiung von der Leistung des Zivildienstes als unzulässig zurückgewiesen. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass § 13 Zivildienstgesetz keine Möglichkeit einer aufschiebenden Wirkung des Antrags auf Befreiung bis zur Entscheidung über eben diesen vorsehen würde. Mangels gesetzlicher Grundlage wäre der Antrag zurückzuweisen gewesen. Ergänzend wurde angemerkt, dass es eines solchen Antrags auf aufschiebende Wirkung nicht gebraucht hätte, hätte der Beschwerdeführer den Antrag gemäß § 13 Zivildienstgesetz zeitnah nach Erhalt des Zuweisungsbescheides am 14.12.2018 gestellt. Die Behörde hätte dann vor dem festgelegten Dienstantrittstermin über den Antrag abgesprochen.

5. Mit Schreiben vom 07.03.2019 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde Einkommensnachweise eine Honoraraufstellung, Meldenachweise, Nachweise über finanzielle Verbindlichkeiten, einen Versicherungsdatenauszug und einen Dienstvertrag.

6. Mit dem bekämpften Bescheid vom 15.05.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 15.02.2019 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz abgewiesen.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und des Sachverhaltes sowie der Rechtslage und der wesentlichen Rechtssätze führte die belangte Behörde im Wesentlichen an, dass bestehende finanzielle Verpflichtungen nur dann als besonders rücksichtswürdige Interessen beachtet werden könnten, wenn dem Antragsteller im Zeitpunkt des Eingehens dieser Verpflichtungen nicht bekannt gewesen wäre, dass er mit einer Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu rechnen hätte. Die Aufnahme finanzieller Verbindlichkeiten könnte im Fall des Beschwerdeführers zu keiner befristeten Befreiung führen, da der Kredit in Verletzung der Harmonisierungspflicht aufgenommen worden wäre. Der Beschwerdeführer hätte wissen müssen, dass eine neuerliche Zuweisung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes möglich sei. In diesem Wissen hätte der Beschwerdeführer keine finanzielle Verpflichtung eingehen dürfen, deren Rückzahlung während der Leistung des ordentlichen Zivildienstes erschwert sein würde.

Eine Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers bis Bescheiderlassung wäre nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer hätte die Möglichkeit einen Termin für eine Zuweisung zu vereinbaren nicht genutzt.

Jeder Zivildienstpflichtige hätte die Möglichkeit, sich eigenständig um eine rasche Zuweisung zu bemühen. Die entsprechenden Informationen stünden dem Zivildienstpflichtigen zur Verfügung. Nimmt er diese Möglichkeit nicht in Anspruch, werde er amtswegig zu einem ihm möglicherweise nicht genehmen Zeitpunkt zugewiesen. Der Beschwerdeführer hätte nach Feststellung seiner Zivildienstpflicht ebenso wie Wehrpflichtige nach der Stellung bei der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse auf die vor ihm liegende Dienstleistung Bedacht zu nehmen.

7. Mit Beschwerde vom 14.06.2019 beantragte der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht, in der Sache selbst zu erkennen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Zivildienstgesetz stattgegeben werde in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückzuverweisen.

Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche und familiäre Interessen beeinträchtigt werden würden. Eine Verletzung der Harmonisierungspflicht läge nicht vor. Die belangte Behörde hätte sich unzureichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und wäre aus diesem Grund zu einem rechtlich falschen Ergebnis gelangt. Der Beschwerdeführer hätte ein Vorbringen erstattet, welches von der belangten Behörde ignoriert worden wäre. Für den Beschwerdeführer wäre eine Heranziehung zur Zivildienstleistung im XXXX - im Zeitpunkt der Übernahme der Gesamt-Chefredaktion nicht mehr zu erwarten gewesen. Im Allgemeinen würden Zivildienstpflichtige in jungen Jahren zur Leistung des Zivildienstes herangezogen werden. Angesichts seines fortgeschrittenen Alters und des Umstandes, dass er sich dem Zivildienst nicht entzogen hätte, hätte er nicht mehr mit einer Zuweisung rechnen müssen.

Es hätte nicht in die Beurteilung des Sachverhaltes durch die belangte Behörde mit einfließen dürfen, dass der Beschwerdeführer sich selbst zu einem angenehmeren Zeitpunkt um einen Zivildienstplatz kümmern hätte können.

Die belangte Behörde hätte verabsäumt, welche beruflichen Dispositionen der Beschwerdeführer getroffen hätte, die zur Verletzung der Harmonisierungspflicht geführt hätten.

In der Folge wiederholte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die oben angeführten Begründungen aus seinem Antrag vom 15.02.2019. Die belangte Behörde hätte sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Ehefrau und der Sohn des Beschwerdeführers vom Einkommen des Beschwerdeführers abhängig wären. Die finanziellen Verpflichtungen des Beschwerdeführers seien nicht hinreichend berücksichtigt worden.

8. Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme einer beurlaubten Assistentin zum Beweis dazu, dass besonders berücksichtigungswürdige familiäre Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden würden, insbesondere zur faktischen Funktion des Beschwerdeführers im Unternehmen, den Betriebsabläufen, seinen Einsatzzeiten und seiner Rolle beim Anzeigenverkauf. Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben. Der Beschwerdeführer gab zu Protokoll, dass er Geschäftsführer von zwölf oder 13 Firmen wäre, über das Anzeigewesen und die Gesamtredaktion maßgeblich am Konzernerfolg beteiligt wäre und eine Vertretungsmöglichkeit schwierig bzw. in kleineren Unternehmungen an denen er beteiligt ist, nicht möglich wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der taugliche Beschwerdeführer wurde am XXXX geboren, ist somit jünger als 35 Jahre und wurde zur Leistung des Zivildienstes verpflichtet. Die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers ist durch Grundbesitz und mehrere Beteiligungen an verschiedenen erfolgreichen Gesellschaften abgesichert. Der Beschwerdeführer hat pro Monat rund Euro XXXX an Kreditrückzahlungen zu leisten. Der Kredit des Beschwerdeführers ist hypothekarisch besichert. Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer und Gesellschafter mehrerer Unternehmungen im Konzern seiner Familie und kann nach Ableistung des Zivildienstes damit rechnen, seine Anstellung im Familienkonzern wieder fortzusetzen.

Im Zeitpunkt der Aufnahme des Kredites ( XXXX ) und im Zeitpunkt der Übernahme der hervorgehobenen Führungsposition im Konzern ( XXXX ) war der Beschwerdeführer nicht von der Ableistung des Zivildienstes befreit. Abgesehen von seinem Alter und der längeren von ihm durch Auslandsaufenthalt mitverursachten Nichtzuweisung zum Zivildienst lag kein Grund vor, daran zu zweifeln, dass der Beschwerdeführer zivildienstpflichtig war. Der Beschwerdeführer ist nicht durch ein plötzliches unvorhergesehenes Ereignis mit seiner Führungsfunktion im Familienunternehmen konfrontiert worden, sondern er hat sich länger darauf vorbereitet. Die Anwesenheit des Beschwerdeführers im Familienunternehmen ist zwar von wirtschaftlicher Bedeutung, nicht jedoch unumgänglich notwendig. Der Beschwerdeführer kann im Großteil seiner Aufgabenbereiche durch unterschiedliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertreten werden. Bei der Bearbeitung von Werbeanzeigen kann der Beschwerdeführer das bei ihm gebündelte Wissen sowohl vor als auch nach - sowie in geringerem Umfang auch während -Zuweisung zum Zivildienst, welchen der Beschwerdeführer in seinem Heimatort ausüben kann, in das Unternehmen einbringen.

Die Ableistung des Zivildienstes würde den Beschwerdeführer nicht an der Betreuung eines pflegebedürftigen Familienangehörigen hindern.

2. Beweiswürdigung:

Die Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers ergibt sich aus dessen Erklärung vom 17.11.2003 und dem darauf basierenden Bescheid vom 19.12.2003. Die Feststellungen hinsichtlich des Zeitpunktes des Eingehens der wirtschaftlichen Verpflichtungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Schriftsätzen, Beilagen und Aussagen vor dem Bundesveraltungsgericht. Die Tauglichkeit des Beschwerdeführers wurde mit Beschluss der Stellungskommission des Militärkommandos Wien vom 19.09.2003 festgestellt. Die Aufnahme des Kredites ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vertrag vom 10.09.2018.

Dem Antrag zur Einvernahme der Assistentin des Beschwerdeführers zum Beweis dazu, dass besonders berücksichtigungswürdige familiäre Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden würden, insbesondere zur faktischen Funktion des Beschwerdeführers im Unternehmen, dem Betriebsabläufen, seinen Einsatzzeiten und seiner Rolle beim Anzeigenverkauf war nicht stattzugeben, da der oben angeführte maßgebliche Sachverhalt auch ohne eine derartige Einvernahme festgestellt werden konnte. Es blieb unbestritten, dass der Beschwerdeführer eine bedeutende Rolle im Konzern einnimmt, ebenso unbestritten blieb jedoch auch, dass die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers durch eine Zuweisung zum Zivildienst zwar verändert aber nicht gefährdet wird.

Die Feststellung wonach sich der Beschwerdeführer auf seine Führungsaufgaben vorbereitet hat, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer bereits bei seiner Ausbildung, in seinen ersten Jahren im Unternehmen, aufgrund seiner Familiensituation und des Bestandes des Familienkonzerns damit rechnen konnte und seinen Karriereweg dahingehend gestaltete.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht an der Betreuung eines pflegebedürftigen Familienangehörigen gehindert wäre, ergibt sich dadurch, dass das Kleinkind des Beschwerdeführers durch dessen Frau gepflegt wird und der Beschwerdeführer selbst keine weiteren zu pflegenden Angehörigen ins Treffen brachte. Die Vertretungsmöglichkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der hohen Anzahl an ihm zugewiesenen Mitarbeitern.

Auch wenn die Existenz einzelner kleinerer Unternehmen, an denen der Beschwerdeführer beteiligt ist, gefährdet wird, kann aufgrund seiner sonstigen wirtschaftlichen Erfolge, Beteiligungen und Grundbesitz nicht von einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Beschwerdeführers ausgegangen werden. Die Aufstellung der Haushaltsrechnung des Beschwerdeführers konnte dahingestellt bleiben, da die einzelnen Positionen für den Beschwerdeführer disponibel sind und ihn nicht in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährden. Insoweit der Beschwerdeführer angab, Zivildienstpflichtige würden primär in jungen Jahren zugewiesen werden, konnte er damit nicht glaubhaft darlegen, dass er nicht mehr damit zu rechnen hatte, da er die Altersgrenze von 35 Jahren noch nicht überschritten hatte. Auch wenn er tatsächlich nicht damit rechnete, zugewiesen zu werden, hatte er jedoch damit zu rechnen.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender Regelung im Materiengesetz Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

2. Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 - ZDG, idF BGBl. I Nr. 146/2015, von Bedeutung:

"§ 13 (1) Die Zivildienstserviceagentur hat den Zivildienstpflichtigen - gleichgültig ob er bereits Zivildienst leistet oder noch nicht - von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es Belange des Zivildienstes oder sonstige öffentliche Interessen - insbesondere gesamtwirtschaftliche, familienpolitische oder Interessen der Entwicklungshilfe - erfordern,

2. auf Antrag des Zivildienstpflichtigen, wenn und solange es besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche, familiäre oder auf Grund einer eingetragenen Partnerschaft bestehende Interessen erfordern.

...

Ordentlicher Zivildienst

§ 7 (1) Zum ordentlichen Zivildienst sind alle Zivildienstpflichtigen verpflichtet, die das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Zivildienstpflichtige, bei denen sich die Dauer des ordentlichen Zivildienstes vom Tag der Zuweisung an über die Vollendung des 35. Lebensjahres hinaus erstreckt, sind verpflichtet, diesen Zivildienst noch zur Gänze zu leisten.

..."

3. Im gegenständlichen Fall ist zu prüfen, ob besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche, familiäre oder auf Grund einer eingetragenen Partnerschaft bestehende Interessen vorliegen, die gemäß § 13 Abs. 1 Z 2 ZDG eine Befreiung des Beschwerdeführers von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes erforderlich machen.

Der Beschwerdeführer macht in seinem Antrag sowohl besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche als auch familiäre Interessen geltend und legt dazu entsprechende Unterlagen vor.

Hinsichtlich der geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen ist Folgendes auszuführen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Zivildienstpflichtige - ebenso wie Wehrpflichtige - gehalten, ihre wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall der Zuweisung bzw. Einberufung zur Ableistung des Dienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es der Betreffende, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der von ihm zu erwartenden Dienstleistungsverpflichtung zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Dienstes regelnden Bestimmungen angesehen werden. Sind wirtschaftliche Schwierigkeiten die Folge der Verletzung dieser sogenannten "Harmonisierungspflicht", können sie als Grundlage für die Befreiung nicht herangezogen werden (vgl. VwGH 17.07.2009, Zl. 2008/11/0145; 24.07.2013, Zl. 2010/11/0140, mwN).

Finanzielle Verpflichtungen könnten nur dann als besonders rücksichtswürdige Interessen Beachtung finden, wenn dem Zivildienstpflichtigen im Zeitpunkt des Eingehens dieser Verpflichtungen nicht bekannt gewesen wäre, dass er weiterhin mit einer Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu rechnen habe (VwGH 18.12.1990, Zl. 90/11/0104).

Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.11.1994, 94/11/0110 ist abzuleiten, dass die Mitarbeit im Betrieb unumgänglich notwendig sein müsste, dass diese Mitarbeit durch ein unvorhergesehenes Ereignis erforderlich geworden ist, dass keine Vertretung in Anspruch genommen werden könnte und dass die wirtschaftliche Existenz des Zivildienstpflichtigen bedroht wäre.

4. Im gegenständlichen Fall des Beschwerdeführers ist weder die Mitarbeiter im Familienbetrieb unumgänglich noch ist diese durch ein unvorhergesehenes Ereignis erforderlich geworden, es könnten - wenn auch mit erhöhten Aufwendungen und qualitativen Einbußen - Vertretungen in den verschiedenen Aufgabengebieten des Beschwerdeführers in Anspruch genommen werden und darüber hinaus ist die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers zu keinem Zeitpunkt ernstlich in Gefahr.

Insoweit der Beschwerdeführer vermeint, aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr mit einer Zuweisung rechnen zu müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass das Alter des Beschwerdeführers noch unter dem gesetzlich vorgesehenen Alter zur Ableistung des Zivildienstes liegt. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer von der belangten Behörde längere Zeit nicht zur Leistung des Zivildienstes herangezogen wurde, ändert nichts daran, dass der Beschwerdeführer zur Leistung des Zivildienstes nach wie vor verpflichtet war. Das Zuwarten mit dem Zuweisungsbescheid konnte die belangte Behörde nachvollziehbar erklären, da der Beschwerdeführer das Ende seines Auslandsaufenthaltes der belangten Behörde nicht anzeigte.

Mit der Argumentationslinie des Beschwerdeführers, die Medienvielfalt hätte eine demokratiepolitische besondere Bedeutung, versucht der Beschwerdeführer dahingehend zu argumentieren, dass öffentliche Interessen gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 Zivildienstgesetz gegen seine Zuweisung zum Zivildienst sprechen würden. Dabei konnte der Beschwerdeführer jedoch nicht darlegen, dass seine Zuweisung zum Zivildienst die österreichische Medienlandschaft insgesamt in allgemein wahrnehmbarer Art und Weise verändern würde, auch wenn einzelne Sendungen und redaktionelle Beiträge des Beschwerdeführers für die Zeit von neun Monaten entfallen bzw. verändert werden würden. Wie die belangte Behörde hierzu bereits in ihrer Mitteilung vom 20.02.2019 richtig ausführte, hat der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch auf eine Befreiung aus diesem Titel, da es sich dabei um einen amtswegig aufzugreifenden Befreiungsgrund handelt. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Einfluss des Beschwerdeführers auf die österreichische Medienvielfalt konnte daher dahingestellt bleiben.

Wenn der Beschwerdeführer moniert, dass die staatlichen Leistungen für den Zivildienstpflichtigen nicht einmal ansatzweise seine finanziellen Einbußen aufwiegen würden, ist diesem entgegenzuhalten, dass seine wirtschaftliche Existenz dennoch nicht gefährdet ist und er beim Eingehen seiner Verpflichtungen damit zu rechnen hatte, dass er zum Zivildienst zuzuweisen war. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer aus seiner subjektiven Sicht nicht mehr damit gerechnet hatte, zum Zivildienst zugewiesen zu werden, ändert daran nichts.

Der Beschwerdeführer hätte daher in Kenntnis seiner Zivildienstpflicht auf die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes Bedacht zu nehmen gehabt.

Da es sich bei den vom Beschwerdeführer geltend gemachten finanziellen Verpflichtungen rein um solche handelt, die nach seiner Tauglichkeitsfeststellung im Jahre XXXX eingegangen wurden (wie insbesondere die Übernahme der Gesamtredaktion im XXXX ) können diese fallbezogen nicht als besonders rücksichtswürdige Interessen Beachtung finden und somit nicht zur Gewährung einer Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes führen.

Zu den vorgebrachten familiären Interessen ist auszuführen, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte wirtschaftliche Verantwortlichkeit für seine Frau und für sein Kleinkind auch mit der reduzierten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Zivildienstpflichtigen zu bewältigen wäre. Familiäre Pflegeverpflichtungen waren dem Beschwerdeführer nicht auferlegt.

Da der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes von der belangten Behörde im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde, war der Beschwerde keine Folge zu geben.

Insoweit der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragte, ist darauf hinzuweisen, dass vom Bundesverwaltungsgericht lediglich die Wirkung eines bekämpften Bescheides aufgeschoben werden kann, nicht jedoch das durch den bekämpften Bescheid verwehrte Recht im Zuge der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zugesprochen werden könnte. Die Aufschiebung der Wirkung eines Bescheides mit dem ein Recht nicht zuerkannt wurde bedeutet nicht die Zuerkennung dieses Rechtes. Aufgrund der unmittelbaren Entscheidung in der Sache war von einem separaten Spruchpunkt über die aufschiebende Wirkung Abstand zu nehmen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die oben zitierten Entscheidungen zur Harmonisierungspflicht und zur drohenden Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Zivildienstpflichtigen haben die gegenständliche Rechtsfrage der Voraussetzungen für eine Befreiung von der Leistung des Zivildienstes hinreichend geklärt. Auch die Bedeutung der Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung dahingehend, dass lediglich eine Bescheidwirkung aufgeschoben wird, ist geklärt.

Schlagworte

Befreiungsantrag, Familienbetrieb, finanzielle und wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit, Harmonisierungspflicht, ordentlicher Zivildienst

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W122.2220274.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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