TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/22 94/11/0110

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Veröffentlicht am 22.11.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
VwRallg;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des B in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. März 1994, Zl. 164.822/6-IV/10/94, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. August 1992 wurde die Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers festgestellt. Über seinen Antrag vom 14. August 1992 schob die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. Oktober 1992 gemäß § 14 Z. 2 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) den Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis 15. August 1997 auf, um dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, das Studium der Wirtschaftspädagogik zu betreiben und abzuschließen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht er Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf dessen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von der Zivildienstpflicht und brachte vor, daß er nach dem Tod seines Vaters am 6. Oktober 1993 dessen Unternehmen übernommen habe. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1993 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer darauf hin, daß die im § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG erwähnte Interessenlage dann als gegeben anzusehen sei, wenn ein Zivildienstpflichtiger durch unabwendbare oder unvorhersehbare Ereignisse bei Leistung des ordentlichen Zivildienstes außerordentliche Nachteile zu gewärtigen hätte. Sie gab ihm Gelegenheit, seine Eingabe vom 1. Dezember 1993 in diesem Sinne zu präzisieren und geeignet erscheinende Bescheinigungsmittel vorzulegen. Daraufhin führte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14. Februar 1994 aus, daß der Gewerbeschein als ruhend gemeldet sei und außer der Sterbeurkunde bzw. der Anmeldung der Mitarbeiter bei der Sozialversicherung die geforderten Unterlagen nicht beigebracht werden könnten. Außerdem würde er sein Hochschulstudium fortsetzen. Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß auf Grund der vorgelegten Bescheinigungsmittel weder seine handelsrechtliche Verantwortung für das Betriebsgeschehen noch seine Unabkömmlichkeit vom Unternehmen als erwiesen anzusehen sei, und wies seinen Befreiungsantrag ab.

Der Beschwerdeführer wendet dem gegenüber ein, daß der Tod seines Vaters vollkommen überraschend gewesen sei, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, irgendwelche Dispositionen im Hinblick darauf zu treffen. Die Ableistung des Zivildienstes würde nicht nur eine unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung bedeuten, sondern auf Grund der notwendigen Schließung des Unternehmens auch seine zukünftige Lebensführung sowie die seiner zehn Mitarbeiter und deren Familien in unzumutbarer Weise erschweren. Da es erforderlich sei, das Unternehmen auch während der Verlassenschaftsabhandlung fortzuführen, und er die einzige Person mit der nötigen fachlichen Qualifikation und der Rechtsnachfolger des Verstorbenen sei, führe er das Unternehmen "in logischer Konsequenz" weiter. Die belangte Behörde hätte sich durch Einsichtnahme in den Verlassenschaftsakt vom Vorliegen der genannten Tatsachen überzeugen können.

Dieses Vorbringen vermag dem Beschwerdeführer jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen: Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er außer der Sterbeurkunde und der Anmeldung von Mitarbeitern bei der Sozialversicherung keine weiteren Urkunden und Unterlagen vorlegen habe können. Dem aus § 45 Abs. 2 AVG erfließenden Grundsatz, daß die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat, korrespondiert eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes. Dies gilt insbesondere dann, wenn der das Verfahren beendende Verwaltungsakt im rechtlichen oder wirtschaftlichen Interesse der Partei gelegen ist (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf Seiten 302 f angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Insbesondere bei der Ermittlung der Grundlagen für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage einer Partei bzw. eines Unternehmens bedarf es notwendigerweise eines entsprechend konkreten Vorbringens und Beweisanbotes der Partei. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer mit ihrem Schreiben vom 10. Dezember 1993 Gelegenheit gegeben, konkretes Vorbringen zu erstatten und hiefür Unterlagen vorzulegen, die sie in die Lage versetzt hätten, zu prüfen, ob der Befreiungsantrag des Beschwerdeführers im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG gerechtfertigt ist oder nicht. Die Anmeldung von Mitarbeitern bei der Sozialversicherung und die Sterbeurkunde des Vaters des Beschwerdeführers reichten hiezu nicht aus, weil hieraus nicht nachvollzogen werden kann, ob der Tod des Vaters tatsächlich unvorhergesehen war, ob die Mitarbeit des Beschwerdeführers im Betrieb unumgänglich notwendig ist, ob nicht - auch kurzfristig - eine Vertretung in Anspruch genommen werden könnte, und ob für den Fall, daß der Beschwerdeführer den Zivildienst abzuleisten hat, die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers bedroht wäre. Der Beschwerdeführer zeigt auch nicht auf, welche konkreten Feststellungen die belangte Behörde auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse unterlassen habe, vor allem ergibt sich auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht, daß sämtliche für die Beurteilung des Tatbestands gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG erforderlichen Elemente, vor allem auch was die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers selbst anlangt, aus dem Verlassenschaftsakt abzuleiten seien. Da der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren somit nicht die besondere Rücksichtswürdigkeit seiner Interessen dargetan hat, ist es nicht als rechtswidrig anzusehen, wenn die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid seinen Antrag auf Befreiung abgelehnt hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der am 7. Juni 1994 kundgemachten Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens.

Schlagworte

Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Beweismittel Urkunden Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994110110.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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