TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/26 W208 2215882-1

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Veröffentlicht am 26.09.2019
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Entscheidungsdatum

26.09.2019

Norm

BDG 1979 §126 Abs2
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §92 Abs1 Z2
BDG 1979 §93 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2215882-1/9E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 12.09.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES!

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde des Kontrollinspektor XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Wolfgang KOFLER, 9020 KLAGENFURT, Bahnhofstraße 51/DG gegen den Bescheid/das Disziplinarerkenntnis der DISZIPLINARKOMMISSION - SENAT 3 IM BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES vom 07.02.2019, GZ: 44109/4-DK/3/18 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet

abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten hat:

"Der Polizeibeamte KI XXXX ist gemäß § 126 Abs 2 BDG schuldig, während seines wegen einer Oberschenkelverletzung und psychischer Probleme von 04.09. bis 14.09.2018 dauernden Krankenstandes, ohne vorherige medizinische Klärung, ob dies positive oder negative Auswirkungen auf die Wiederherstellung seines Gesundheitszustandes hat, am 12.09.2018 im Garten seines Hauses drei ca. 2,5m hohe Thujen (ca. 15 cm Stammdurchmesser; Wurzelballen ca 1/2 Meter) gefällt und anschließend unter Einsatz eines Krampens und einer Heckenschere den Wurzelstock ausgegraben zu haben.

Er hat damit seine Dienstpflichten nach § 43 Abs 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf zu achten, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben erhalten bleibt, gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt.

Gemäß § 92 Abs 1 Z 2 BDG wird die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 500,-- (fünfhundert) verhängt."

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschuldigte/Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Polizist im Außendienst.

2. Am 20.09.2018 erstattete die Dienstbehörde Disziplinaranzeige gegen den Beschuldigten an die im Spruch genannte Disziplinarkommission (DK), nachdem am 19.09.2018 bei ihr eine Anzeige des Vorgesetzten (Stadtpolizeikommandanten) einlangte.

3. Am 17.10.2018 fasste die DK einen Einleitungsbeschluss dem sie den ua Sachverhalt zu Grunde legte und damit den Verdacht von Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs 2 BDG begründet sah.

Der Beschuldigte sei verdächtig, während seines Krankenstandes (04.09.-14.09.2018), am 12.09.2018, nachmittags, schwere körperliche Gartenarbeiten bei seinem Wohnhaus in P. verrichtet zu haben.

4. Am 04.02.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der DK statt, bei der neben dem BF sein Vorgesetzter, der ihn bei der oa Gartenarbeit betreten hatte, einvernommen wurde.

5. Mit bei dieser Verhandlung mündlich verkündeten und am 07.02.2019 schriftlich ausgefertigten Disziplinarerkenntnis wurde der BF schuldig gesprochen. Der Spruch lautet:

"Der [BF] ist gemäß § 126 Abs. 2 BDG schuldig: Er hat während seines Krankenstandes (04.09. - 14.09.2018), am 12. September 2018, nachmittags, schwere körperliche Gartenarbeiten (Fällen einer ca 2,5 m hohen Thuje, samt Ausgrabung des Wurzelstocks) bei seinem Wohnhaus in [P] verrichtet.

Der Beamte hat seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf zu achten, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben erhalten bleibt, gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt.

Gemäß § 92 Abs. 1 Ziffer 2 BDG wird die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 500.-- (fünfhundert) verhängt. Verfahrenskosten werden nicht auferlegt; die eigenen Kosten hat er selbst zu tragen."

6. Mit Schriftsatz vom 08.03.2019 brachte der BF gegen das am 12.02.2019 zugestellte Disziplinarerkenntnis, innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Schuld- und Strafausspruch ein.

7. Mit Schreiben vom 08.03.2019 (eingelangt beim BVwG am 13.03.2019) wurde die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - von der DK dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt.

8. Am 12.09.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt, bei der der BF und zwei Zeugen gehört und am Ende das vorliegende Erkenntnis verkündet wurde. Die anwesende Disziplinaranwaltschaft hat auf ein Rechtsmittel verzichtet, der DK wurde die VHS zugestellt und hat sich diese dazu nicht geäußert.

9. Am 20.09.2019 langte ein Antrag auf Ausfertigung gemäß § 29 Abs 4 VwGVG des BF ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der BF ist seit 01.02.1988 im Polizeidienst. Am 01.06.1994 ist er Dienstführender geworden. Zum Tatzeitpunkt war er zweiter stellvertretender Kommandant der Polizeiinspektion (PI) XXXX , dienstzugeteilt an seine vorherige Dienststelle die PI XXXX , wo er 21 Jahre Dienst versehen hat und ebenso zweiter stellvertretender Kommandant war. Versetzen hat er sich lassen, weil er sich von seiner Vorgesetzten Inspektorin XXXX (B), die die Dienststelle seit 4 Jahren mit strenger Hand führte, gemobbt gefühlt hat. Immer dann, wenn es ihm subjektiv zu viel wurde, hat er auf alte Dienstverletzungen (Knie, Schulter) zurückgegriffen und sich von seinem Hausarzt Dr. XXXX (H) im nahen Therapiezentrum Dr. XXXX physikalische Therapien und Krankenstände verschreiben lassen, um B auszuweichen (VHS BVwG, 9, 10).

Von seiner Rückzuteilung an seine alte Dienststelle hat er im Urlaub erfahren (VHS BVwG, 5) und seinen Dienst dort nach seinem Krankenstand am 15.09.2018 angetreten.

Er hat in den letzten Jahren sechs Belobigungen erhalten und keine Vorstrafen.

Der BF bezog zum Tatzeitpunkt ein Bruttomonatsgehalt von € 3.357,10. Weitere Einkünfte hat er nicht.

Der BF war Leistungssportler (Volleyball bis 2004), ist 1,95 groß und 104 kg schwer (VHS BVwG, 21). Er kennt daher seinen Körper und ist nach wie vor sportlich (VHS BVwG, 6).

Er ist verheiratet (Ehefrau arbeitet halbtags im Kindergarten), hat zwei erwachsene Kinder, wovon er für eine Tochter die studiert noch sorgepflichtig ist.

Verbindlichkeiten hat er nur mehr aufgrund der Rückzahlung von Raten für sein Haus und die laufenden Kosten (VHS BVwG, 4).

1.2. Zum Sachverhalt

Der BF hat am 03.09.2018 in seiner Freizeit Holzspaltarbeiten verrichtet und sich dabei am linken Oberschenkel verletzt (ausgedehntes Hämatom und konsekutiv ausgeprägte dolente Bewegungseinschränkung). Am nächsten Tag suchte er, da er trotz Einnahme von Tabletten vor Schmerzen nicht schlafen konnte, seinen Hausarzt Dr. H (einen Allgemeinmediziner) auf, erzählte diesem aber nichts von seiner Beinverletzung, sondern das erste Mal überhaupt, von seinen psychischen Problemen aufgrund einer von ihm subjektiv wahrgenommenen Mobbingsituation am Arbeitsplatz, insbesondere seitens seiner Vorgesetzten B.

H, schrieb ihn - weil er über zwei Zusatzausbildung "psychosomatische und psychosoziale Medizin" verfügte - von 04.09. bis 14.09.2018 "dienstunfähig" (VHS BVwG 16, 18), um ihm die Gelegenheit zu geben, evtl eine Therapie zu nutzen und eine Eskalation zu vermeiden (VHS BVwG, 16).

H hat dem BF bei seinem Besuch, keine konkreten Maßnahmen empfohlen und anlässlich der Krankschreibung insbesondere auch keine Empfehlung gegeben sich im Garten körperlich zu betätigen und sich dadurch abzulenken. Es wurde lediglich der Krankenstand festgelegt (VHS BVwG 16, 18). Der BF hat im Zeitraum nach diesem Besuch bis zum 12.09.2018 weder den Hausarzt noch den ua Facharzt für Psychiatrie Dr. XXXX (O) konsultiert und nur eine physikalische Therapie gemacht (VHS BVwG, 9).

Der BF hat am 12.09.2018 und den zwei Tagen davor während seines von 04.09. bis 14.09.2018 dauernden Krankenstandes - der wegen einer Verletzung am linken Oberschenkel lt. Polizeiarzt, gerechtfertigt war - im Garten seines Hauses drei ca. 2,5m hohe Thujen (ca. 15 cm Stammdurchmesser, 1/2 Meter Wurzelstockdurchmesser) gefällt und anschließend unter Einsatz eines Krampens und einer Heckenschere die Wurzelstöcke (Aussage: Zeuge J und der BF selbst [BVwG,VHS, 6, 12]) ausgegraben. Die ausgegrabenen Wurzelstöcke hat er mit Hilfe einer Scheibtruhe auf einen vor dem Haus abgestellten Autoanhänger verbracht, wo der Zeuge J bei seinem Eintreffen bereits einen vorfand.

Nachdem der BF am 12.09.2018 von seinem Vorgesetzten Oberst XXXX (J) bei dieser Tätigkeit betreten wurde, rechtfertigte sich der BF damit, dass er das für sein "seelische Verfassung" brauche bzw. die Arbeit brauche um seinen seelischen Genesungsprozess zu beschleunigen (Aussage BF am 17.09.2018 und BVwG, VHS, 13).

Er suchte am 23.10.2018 zum ersten Mal den Allgemeinmediziner und Facharzt für Psychiatrie Dr. O auf, der ihm eine Bestätigung (datiert mit 23.10.2018) ausstellte, wonach er bei ihm wegen "längergehender massiver Belastung am Arbeitsplatz und in der Folge Entwicklung einer Erschöpfungsdepression mit massivem Grübelzwang und ausgedehnter Schlafstörung", in Behandlung sei. Aus fachärztlicher Sicht stelle eine leichte Beschäftigung im Garten (leichte körperliche Aktivität), um den Kopf frei zu bekommen, als Form der Selbstbehandlung, durchaus eine sinnvolle Umgangsmöglichkeit dar, die das psychiatrische Zustandsbild lindern könne.

2. Beweiswürdigung:

Zunächst ist auf die in Klammern bei den jeweiligen Feststellungen angeführten Beweismitteln (Aussagen) zu verweisen. Die vom Hausarzt Dr. H vorgelegte Ordinationsdokumentation besteht nur aus drei Stichworten: "Arbeitsunfähigkeit, Arbeitsplatzbelastungsstörung, Mobbing", wobei H einräumte, das Letztere sei von ihm nicht als Diagnose gemeint (Beilage 1 / VHS BVwG und Seite 17).

Die Aussage des Zeugen H., hat glaubhaft bestätigt, dass der BF nicht wegen seiner Oberschenkelverletzung, sondern wegen seiner psychischen Probleme aufgrund der empfundenen Mobbingsituation bei ihm war.

Angesprochen auf eine konkrete Empfehlung an den BF, verneinte er diese zuerst (VHS BVwG, 16), um nach Konfrontation mit den Aussage des Zeugen nur sehr allgemein auf ein standardisiertes Vorgehen (VHS, 18) zu verweisen, genau erinnern konnte er sich nicht. Bestimmt gab er jedoch an, dass es keine konkrete Empfehlung zur Gartenarbeit gegeben habe. Das BVwG geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass es keine Empfehlung gab und der H den BF, so wie er ihm auch jederzeit Therapien verschrieb, diesmal den Krankenstand gewährte ohne eine konkrete Diagnose zu stellen, wozu er aufgrund seiner Ausbildung - trotz seiner Zusatzausbildungen - auch gar nicht in der Lage gewesen wäre und dies auch bestätigte (VHS BVwG, 17, 18).

Die Angabe des BF vor dem Polizeiarzt, dass der "Hausarzt" einen Erschöpfungszustand diagnostiziert habe, ist daher unrichtig. Der BF hat erst am 23.10.2019 einen Facharzt für Psychiatrie aufgesucht, der eine Erschöpfungsdepression mit massivem Grübelzwang und ausgedehnter Schlafstörung bestätigte (Schreiben vom 23.10.2019). Der Befund des Polizeiarztes vom 13.09.2018 enthält darüber hinaus keine Hinweise auf eine psychische Einschränkung des BF.

Die Beweisanträge auf Vernehmung von Zeugen zur subjektiv empfundenen Mobbingsituation und der psychischen Drucksituation für den BF werden abgewiesen, weil diese unbestritten ist. Der BF hat die Situation an seinem Arbeitsplatz so empfunden und kommt es im Hinblick auf die ihm konkret vorgeworfene Dienstpflichtverletzung nicht darauf an, ob diese tatsächlich vorgelegen ist.

Der BF hat zum Tatzeitpunkt über keine konkrete Diagnose und vor allem über keine konkrete Therapieempfehlung seines Hausarztes oder eines Facharztes verfügt, sondern sich durch das Ausgraben der Thujen selbst therapiert.

Er hat auch eingeräumt an dem Nachmittag, alle drei Thujen umgeschnitten zu haben (VHS BVwG, 6) und hat der Zeuge J ausgesagt, er hätte bereits einen Wurzelstock mit zwei Stämmen auf dem Anhänger gesehen und weiter beobachtet, wie sich der BF beim Ausgraben eines weiteren ca 10-15 Minuten mit Krampe und Heckenschere beschäftigt habe (VHS BVwG, 12). Beim Einsatz einer Krampe, um das Erdreich bei trockenem Wetter zu lockern (VHS BVwG, 5) und dieser Zeitdauer, kann bei objektiver Betrachtung nicht mehr von leichter körperlichen Betätigung gesprochen werden, wenn gleich es sich beim BF um einen großen, kräftigen Mann handelt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 135a BDG ist im vorliegenden Fall - Beschwerde (nur) des Beschuldigten gegen eine Geldbuße - keine Senatsentscheidung vorgesehen. Es besteht daher Einzelrichterzuständigkeit.

Sofern der BF vorbringt, dass Anklagefaktum laut Einleitungsbeschluss stimme nicht mit dem Urteilsfaktum überein, ist er darauf hinzuweisen, dass im Stadium der Einleitung des Verfahrens noch nicht alle Fakten ermittelt sein müssen und eine spätere Präzisierung im Spruch des Disziplinarerkenntnisses, nach Vorliegen aller Ermittlungsergebnisse nicht ausgeschlossen ist, sofern dies innerhalb des vom Einleitungsbeschluss umgrenzten Rahmen bleibt (VwGH 18.12.2012, 2011/09/0124). Im vorliegenden Fall wird dieser Rahmen (schwere körperliche Gartenarbeit im Krankenstand entgegen § 43 Abs 2 BDG) nicht verlassen und wird der Spruch auch durch das vorliegende Erkenntnis präzisiert.

Zu A)

3.2. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.2.1. Zur Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung

Der BF vermeint im Wesentlichen, dass keine Dienstpflichtverletzung vorliege, weil er in seinem zum größten Teil uneinsichtigen privaten Garten, außerhalb der Dienstzeit und ohne dass allfälliger Anrainer gewusst hätten, dass er sich im Krankenstand befinde, gearbeitet habe. Für ihn als kräftigen Mann, sei diese Arbeit nicht schwer gewesen. Zudem habe er aufgrund einer Empfehlung seines Hausarztes gehandelt (Selbsttherapie seiner psychischen Probleme aufgrund von Mobbing), sodass eine Schuldhaftigkeit seines Verhaltens nicht vorliege.

Der BF befand sich wegen einer Beinverletzung (Polizeiarzt) und seiner vor dem Hausarzt angeführten psychischen Probleme aufgrund der von ihm subjektiv wahrgenommenen Drucksituation am Arbeitsplatz im Krankenstand bzw. war arbeitsunfähig geschrieben und ist daher ein klarer Dienstbezug gegeben.

Nach § 43 Abs 2 BDG hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Der VwGH (vgl 22.05.2019, Ro 2019/09/0005) hat jüngst in einem vergleichbaren Fall zu einem Lehrer der im diagnostizierten Zustandes rascher "Erschöpfbarkeit [Erschöpftheit]" im Krankenstand an einer Duathlon-Veranstaltung teilgenommen hat, sinngemäß das Folgende festgestellt:

"Der in § 43 Abs 2 BDG geregelte - das dienstliche wie das außerdienstliche Verhalten betreffende - Maßstab weist auf die allgemeine Wertschätzung hin, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll. Das zu schützende Rechtsgut liegt dabei in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft. Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 43 Abs. 2 BDG kommt es (auch) nur darauf an, ob das vorgeworfene Verhalten seinem objektiven Inhalt nach geeignet ist, dass Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beamten in Frage zu stellen (vgl. VwGH 24.2.2011, 2009/09/0184)."

Die Vorgangsweise, im Krankenstand mit einer Beinverletzung oder auch mit psychischen Problemen ohne Therapienotwendigkeit Aktivitäten (hier: das Umschneiden und Ausgraben von Wurzelstöcken dreier 2,5 m großer Thujen) zu entfalten, stellt eine erhebliche Dienstpflichtverletzung dar.

Der VwGH hat bereits hinsichtlich weit weniger schwerwiegender Sachverhalte (vgl. E 26. Juni 2006, 2003/09/0052; E 18. Februar 1993, 92/09/0285) dargelegt, dass dies negative Beispielswirkung für den Dienstbetrieb auslöst und geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben sehr erheblich zu erschüttern (vgl VwGH 15.02.2013, 2012/09/0172 zu einer Nebenbeschäftigung im Krankenstand bei einer Modeagentur).

Es kommt dabei nicht darauf an, ob Außenstehende (die Öffentlichkeit) tatsächlich davon erfahren haben, sondern wie sie reagieren würden, würden sie erfahren, dass ein Polizist - insb in der Funktion als stellvertretender Kommandant - im Krankenstand wegen einer Beinverletzung und psychischer Probleme, eine derartige Tätigkeit ausübt ohne das eine konkrete ärztliche Empfehlung dafür vorliegt. Dass hier Bedenken an der Eignung als Vorgesetzter und der rechtmäßigen Ausübung des Dienstes entstehen können, liegt auf der Hand.

Sportliche Aktivitäten trotz Dienstunfähigkeit können eine fahrlässiges Verhalten darstellen, wenn diese ohne vorherige medizinische Klärung, ob diese positive oder negative Auswirkungen auf die Wiederherstellung des Gesundheitszustandes haben, erfolgen (vgl wieder das oben zitierte Erkenntnis des VwGH vom 22.05.2019, Ro 2019/09/0005).

Das erwiesene Ausgraben der Wurzelballen von drei 2,5 m hohen Thujen mit einem Krampen und einer Heckenschere kann mit sportlichen Aktivitäten durchaus verglichen werden und ist objektiv betrachtet auch für einen großen und kräftigen Mann wie den BF - angesichts seiner Beinverletzung - 2 Tage vor Ende seines Krankenstandes, nicht als leichte Tätigkeit zu qualifizieren und mit einer sportlichen Aktivität durchaus vergleichbar. Es kommt nicht darauf an, dass er es nicht als anstrengend und schwer empfunden hat, sondern wie die Öffentlichkeit, wüsste sie davon, dies sehen würde. Eine konkrete ärztliche Empfehlung gab es nicht.

Er hätte bei entsprechender Sorgfalt die Eignung eines derartigen Verhaltens, Bedenken über die Berechtigung eines Krankenstandes in der Öffentlichkeit auszulösen, aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Polizist und stellvertretender Kommandant auch erkennen müssen.

Der BF hat zwar psychische Probleme (aufgrund von ihm subjektiv wahrgenommenem Mobbing), jedoch nicht behauptet, dass diese Probleme Umstände begründen die einem Schuldausschließungsgrund gem. § 34 Abs 1 Z 11 StGB nahekommen oder gar darstellen. Die ins Verfahren eingebrachte fachärztliche Bestätigung vom 23.10.2018 und die Aussagen des Hausarztes bieten dafür keinen Anhaltspunkt.

3.2.2. Zur Strafbemessung

3.2.2.1. Im Gegensatz zum Straf- oder Verwaltungsstrafrecht zeichnet sich das Disziplinarrecht dadurch aus, das es kein Typenstrafrecht kennt; es kann daher der einzelnen Dienstpflichtverletzung kein jeweils genau definierter Strafrahmen zugeordnet werden. Daher muss, wird das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung festgestellt, zuerst ein Strafrahmen festgelegt und die Strafe in weiterer Folge innerhalb dieses Strafrahmens durch die Bedachtnahme auf Milderungs- und Erschwernisgründen festgelegt werden.

Der Strafrahmen bestimmt sich anhand der Schwere der Dienstpflichtverletzung sowie im Lichte der zu beachtenden spezial- und generalpräventiven Gründe.

Die Strafzumessung ist eine Ermessensentscheidung der Disziplinarbehörde, grundsätzlich steht es dem Verwaltungsgericht nur zu, die Ermessensübung darauf zu kontrollieren, ob diese im Sinne des Gesetzes erfolgt ist. Ist dies der Fall, liegt keine vom Verwaltungsgericht aufzugreifende Rechtswidrigkeit vor und ist die Beschwerde diesbezüglich auch dann abzuweisen, wenn das Verwaltungsgericht das Ermessen anders geübt hätte. Allerdings hat das Verwaltungsgericht die Ermessenskontrolle vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage durchzuführen. Erfolgte die behördliche Ermessensübung nicht im Sinne des Gesetzes, ist das Verwaltungsgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst befugt, eigenes Ermessen zu üben (VwGH 15.12.2016, Ra 2015/11/0059).

3.2.2.2. Die Behörde hat die Disziplinarstrafe mit einer Geldbuße/Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- festgesetzt.

Die Qualifizierung des Verhaltens als mittelschwere Dienstpflichtverletzung, weil der BF auch Vorgesetztenfunktion und damit Vorbildwirkung hat, ist vertretbar.

Zur Spezialprävention ist anzuführen, dass sich der BF uneinsichtig zeigt und daher eine spürbare Geldbuße erforderlich ist, um ihm seine Vorbildwirkung als Führungskraft und auch die dienstlichen Auswirkungen außerdienstlicher Handlungen im Krankenstand vor Augen zu führen.

Wenn die DK zur Generalprävention anführt, die verhängte Strafe sei erforderlich, um auch anderen Polizeibeamten und insbesondere Führungskräften vor Augen zu führen, dass an außerdienstliches Verhalten ein hoher Maßstab angelegt werde und im Krankenstand keinen überzogenen Freizeitaktivitäten nachgegangen werden dürfe, ist dies nachvollziehbar und nicht unvertretbar.

Erschwerungsgründe wurden von der DK nicht angeführt und als Milderungsgründe wurden die bisherige strafrechtliche und disziplinäre Unbescholtenheit herangezogen sowie die Belobigungen und Auszeichnungen. Weitere Milderungsgründe wurden nicht geltend gemacht und sich auch nicht hervorgetreten.

Die Geldbuße von € 500,-- ist vor dem Hintergrund der persönlichen Verhältnisse und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit für den BF schmerzhaft aber verkraftbar.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Judikatur darf verwiesen werden.

Schlagworte

außerdienstliches Verhalten, Dienstpflichtverletzung, Geldbuße,
Generalprävention, Gesundheitszustand, Krankenstand, Polizist,
Spezialprävention, Strafbemessung, Vertrauensschädigung,
Vorbildwirkung, Vorgesetzter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2215882.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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