TE Lvwg Erkenntnis 2015/10/14 LVwG-11/179/19-2015

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Veröffentlicht am 14.10.2015
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Entscheidungsdatum

14.10.2015

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

FrPolG 2005 §31;
FrPolG 2005 §120 Abs1a;
VStG §6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch die Richterin Dr. Christine Scharfetter über die Beschwerde von Herrn I. J., geb xxx, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 13.5.2015, Zahl xxxxx,

zu Recht e r k a n n t:

I.     Gemäß §§ 38, 50 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Schuldspruch – und Strafausspruch – im angefochtenen Straferkenntnis zu lauten hat:

"Sie haben sich als Fremder, indem sie nach dem am 11.10.2011 in II. Instanz rechtskräftigen Asylverfahren (Erkenntnis AGH vom 28.6.2011 zu Zahl: E 14 408.436-1/2009-6 E; VfGH vom 6.10.2011 zu Zahl: U 1732/11-9) Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht unverzüglich nachgekommen sind und unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich verblieben, am 1.12.2012 um 22:17 Uhr in K., 1, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da

?     Sie nicht rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

?     Sie nicht auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

?     Sie nicht Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern Sie während Ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

?     Ihnen kein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

?     Sie keine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben und

?     sich aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ein rechtmäßiger Aufenthalt nicht ergibt.

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsstrafe begangen:

?     § 120 Abs 1a Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl I Nr 100/2005 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr 112/2011, iVm § 31 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl I Nr 38/2011

Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:

Strafe gemäß:                    § 120 Abs 1 FPG, BGBl I Nr 100/2005 in der zum
Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr 112/2011
                                                                                         Euro 500,00

Ersatzfreiheitsstrafe: 80 Stunden

Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 Abs 2
des Verwaltungsstrafgesetzes, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch
je € 10,00 (je ein Tag Arrest wird gleich € 100,00 angerechnet)
                                                                                                                                                                                                     Euro 50,00

           Gesamtbetrag:                                                                                                                 Euro 550,00."

II.   Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 100 zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 13.5.2015, Zahl xxxxx, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes vorgeworfen:

"Angaben zur Tat:

Zeit der Begehung:                    01.12.2012, 22:17 Uhr

Ort der Begehung:                      K., 1

?      Sie haben sich als Fremder nicht rechtmäßig (§ 31 FPG) im österr. Bundesgebiet aufgehalten, weil Sie nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausgereist sind. Bescheiddaten: …, 28.6.2011, BAA Innsbruck

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:

?      Übertretung gemäß
§ 120(1a) Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG 2005)

Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:

Strafe gemäß:

§ 120(1a) FPG 2005

Euro

500,00

Ersatzfreiheitsstrafe:

80 Stunden

 

 

Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64(2) des Verwaltungsstrafgesetzes, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch je € 10,- (je ein Tag Arrest wird gleich € 100,- angerechnet)

Euro

50,00

Gesamtbetrag:

Euro

550,00

Ist diese Geldstrafe uneinbringlich, so tritt an ihre Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers vom 23.6.2015. Darin bringt der Beschwerdeführer vor wie folgt:

"Zu der mir vom Bezirkshauptmannschaft Zell am See mit 22.06.2015 zugestellten Straferkenntnis zu xxxxx erhebe ich binnen aufrechter Frist das Rechtmittel der Beschwerde und begründe dieses wie folgt:

Es entspricht der Tatsache, dass ich mich zum besagten Zeitpunkt am besagten Ort aufgehalten habe. Jedoch besteht gegen mich wie von der Behörde angegeben kein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot. Nur alleine die Tatsache, dass ich mich im österreichischen Bundesgebiet aufhalte ist meines Erachtens keine Verwaltungsübertretung die mit einer Strafe in der Höhe von € 500,-- sanktioniert werden kann.

Sohin ersuche ich um Aufhebung der gegen mich verhängten Straferkenntnis."

Die belangte Behörde hat dem Landesverwaltungsgericht Salzburg den Verwaltungsstrafakt samt Beschwerde mit Schreiben vom 1.7.2015 zur Entscheidung vorgelegt (Eingang: 2.7.2015). Gemäß § 44 Abs 5 VwGVG wurde seitens der belangten Behörde mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw auf die Teilnahme daran verzichtet wird.

Mit Schreiben vom 10.8.2015 (ON 7) wurde der Beschwerdeführer nach Einholung einer Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister (10.8.2015, 10:37 Uhr) aufgefordert, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Am 14.10.2015 (ON 8) ist das diesbezügliche Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 10.8.2015 zur Zahl LVwG-11/179/7-2015 mit dem Vermerk "unbekannt" retourniert worden. Das Landesverwaltungsgericht hat sodann am 17.8.2015 zu Zahl LVwG-11/179/9-2015 erneut versucht, dieses Schreiben zuzustellen; am 24.8.2015 wurde der Rückschein samt Schreiben jedoch wieder mit dem Vermerk "unbekannt" an das Landesverwaltungsgericht Salzburg retourniert (ON 11). Daraufhin hat das Landesverwaltungsgericht Salzburg am 24.8.2015, 16:00 Uhr, neuerlich eine Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister vorgenommen. Wie auch schon bei den letzten Behördenanfragen scheint der Beschwerdeführer unter dem Namen J. I., geb xxx, an der Adresse L.-Straße 17c in Innsbruck, gemeldet auf. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat daraufhin mit Herrn RA Dr. M. telefonisch Kontakt aufgenommen (ON 13) und berichtet, dass die an Herrn J. I. an der Adresse L.-Straße 17c in Innsbruck, gerichteten RSa Briefe mit dem Vermerk "unbekannt" retourniert wurden. Herr RA Dr. M., der den Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Beschwerde gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Tirol, vom 23.6.2015 zu Zahl …) vertritt, teilte mit, dass Herr J. I. infolge Obdachlosigkeit die Abgabestelle geändert hat; eine aktuelle Abgabe-/Zustelladresse seines von ihm in dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vertretenen Mandanten sei ihm aber derzeit nicht bekannt. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat daraufhin das Schreiben vom 24.8.2015 zu Zahl LVwG-11/179/14-2015 (ON 14) an den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 2 iVm § 23 Zustellgesetz durch Hinterlegung im Akt zugestellt und Herrn RA Dr. M. mit ON 15 davon verständigt, dass das Schriftstück beim Landesverwaltungsgericht Salzburg zur Abholung bereit liegt. In weiterer Folge wurde das Schriftstück nicht behoben. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat sodann am 24.9.2015 zu LVwG-11/179/16-2015 für den 9.10.2015, 12:00 Uhr, in Salzburg, Wasserfeldstraße 30, EG, Verhandlungsraum 3, eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt; diese Ladung wurde wiederum gemäß § 8 Abs 2 iVm § 23 Zustellgesetz durch Hinterlegung im Akt zugestellt.

Am 9.10.2015, 12:00 Uhr, fand am Landesverwaltungsgericht Salzburg eine öffentliche Verhandlung statt. Trotz ordnungsgemäßer Ladung ist der Beschwerdeführer nicht erschienen. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde der gesamte Akt der belangten Behörde sowie der gesamte Akt des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg der Historie nach, wie in der Verhandlungsschrift (ON 17) näher dargestellt, verlesen.

Auf Grund der Aktenlage steht folgender

S a c h v e r h a l t

fest:

Der Beschwerdeführer stellte am 9.3.2009 bei der Erstaufnahmestelle West (PI St. Georgen/Attergau-EAST) einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, hat mit Bescheid vom 3.8.2009 zu Zahl … den Antrag auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 und in Spruchpunkt II bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiäre Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat NN gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Mit Spruchpunkt III wies das Bundesasylamt den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat NN aus. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.6.2011 zu Zahl …, wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und die Entscheidung des Bundesasylamtes bestätigt. Der Beschwerdeführer hat daraufhin beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde erhoben; mit Beschluss vom 18.8.2011 zu Zahl U1732/11-2, wurde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Letztlich wurde jedoch mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6.10.2011 zu Zahl U1732/11-9, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Das Asylverfahren und somit die Ausweisung nach NN wurde am 11.10.2011 in zweiter Instanz rechtskräftig. Gemäß der gegen den Beschwerdeführer angeordneten Ausweisung (Rechtskraft: 11.10.2011) hätte dieser unverzüglich bzw binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet - § 10 Abs 7 erster Satz AsylG 2005 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung – auszureisen gehabt; das hat der Beschwerdeführer nicht gemacht. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 55a FPG eingebracht hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht.

Am 1.12.2012 um 22:17 Uhr wurde der Beschwerdeführer, damals noch unter seinem Namen H. I., in K. 1, einer Personenkontrolle unterzogen. Durch die kontrollierenden Beamten wurde eine EKIS Anfrage durchgeführt, bei der sich ergab, dass gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte Ausweisung besteht. Der Beschwerdeführer wurde zur Anzeige gebracht, weil er sich trotz aufrechter Ausweisung im Bundesgebiet befand.

Der Beschwerdeführer, der im Jahr 2015 als I. J., geb xxx (nachdem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ohne seine Mitwirkung ein Heimreisezertifikat nach NN erwirken konnte) unter erheblichem Ermittlungsaufwand als dieser identifiziert wurde, hat an der Mitwirkung bei der Erlangung eines Heimreisezertifikats unter seinem richtigen Namen (I. J., geb xxx) zumindest bis zum 6.3.2015 nicht mitgewirkt. Anlässlich der Vernehmung am 6.3.2015 im Verfahren gemäß § 55 Asylgesetz vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion für Tirol, in Innsbruck, gab der Beschwerdeführer an:

"F: Wie ist ihr Name, wann und wo wurden sie geboren?

A: Mein Name ist I. H. und ich wurde am xxx in BB/CC geboren.

F: Sind sie einverstanden das Formblatt zur Anforderung eines Heimreisezertifikates in bc auszufüllen?

A: Nein, ich fülle das nicht aus, weil ich will nicht zurück will."

Der Beschwerdeführer war während seines gesamten Aufenthaltes im österreichischen Bundesgebiet - zumindest seit 9.3.2009 - im Besitz eines Reisepasses der Republik NN (RPNr.: AGxxx; Gültigkeitsdauer: 22.4.2006 – 22.4.2016); diesen hat er dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jedoch erst in Vorlage gebracht, als das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ohne seine Mitwirkung ein Heimreisezertifikat nach NN erwirken konnte.

Im Fall des Beschwerdeführers ist eindeutig festzustellen, dass sich dieser bis zum Tatzeitpunkt 1.12.2012 weder zur freiwilligen Rückkehr angemeldet, noch aktive Schritte zur Erlangung eines Heimreisezertifikates gesetzt hat. Zum Tatzeitpunkt (1.12.2012, 22:17 Uhr) hielt sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Integrationsverfestigende Umstände wurden nicht behauptet bzw sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht hervorgekommen.

Zur

B e w e i s w ü r d i g u n g

wird ausgeführt, dass sich obige Feststellungen widerspruchsfrei aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und den weitergehenden Ermittlungen durch das Landesverwaltungsgericht Salzburg ergaben.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ergibt sich nachstehende

r e c h t l i c h e B e u r t e i l u n g:

Völlig unbestritten ist, dass sich der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt (1.12.2012, 22:17 Uhr) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat; der objektive Tatbestand des § 31 Abs 1 FPG ist daher als erfüllt anzusehen.

Bei einer Übertretung nach § 120 Abs 1a iVm § 31 Abs 1 FPG handelt es sich um ein sogenanntes "Ungehorsamsdelikt", für dessen Strafbarkeit die Verwirklichung des Tatbestandes allein nicht genügt. Auch bei Ungehorsamsdelikten ist nur der schuldhaft Handelnde verantwortlich, allerdings präsumiert der Gesetzgeber in solchen Fällen die Schuld bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteils durch den Beschuldigten (VwGH 25.10.1996, Zahl 95/17/0618; 31.3.1999, Zahl 98/16/0347; 30.9.1999, Zahl 98/02/0128; 23.11.2001, Zahl 2001/02/0184). Will der Beschwerdeführer die nach § 5 Abs 1 VStG vorgesehene Vermutung des Vorliegens von Fahrlässigkeit widerlegen, so hat er durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht (VwGH 14.12.1998, Zahl 97/17/0129; 25.1.1999, Zahl 98/17/0296).

Der Beschwerdeführer hat nun im Verfahren zwar die Übertretung der ihm angelasteten Verwaltungsvorschrift in subjektiver Hinsicht stets in Abrede gestellt, jedoch nicht dargetan, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen wäre; das Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Tatsache, dass er sich im österreichischen Bundesgebiet aufhalte, keine Verwaltungsübertretung darstelle, kann in diesem Zusammenhang nicht zum Erfolg führen.

Dadurch, dass der Beschwerdeführer trotz Ausreiseverpflichtung im Bundesgebiet verblieb und zum hier zu beurteilenden Tatzeitpunkt (1.12.2011, 22:17 Uhr) in keiner wie auch immer gearteten Art und Weise aktiv an der Erlangung eines Heimreisezertifikats mitgewirkt hat, um sich um die Beendigung eines rechtswidrigen Zustands durch freiwillige Ausreise zu bemühen, kann sich der Beschwerdeführer auch nicht betreffend der vorliegenden Verwaltungsübertretung entschuldigen. Darüber hinaus wäre es dem Beschwerdeführer innerhalb dieses Zeitraums (rk. Ausweisung 11.10.2011/Tatzeitpunkt 1.12.2012) möglich gewesen, im Rahmen einer Anmeldung zur freiwilligen Rückkehr zumindest erste Schritte zur Erlangung eines Heimreisezertifikates zu setzen. Wie sich im Verwaltungsstrafverfahren herausgestellt hat, war es das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, welches ohne Mitwirkung des Beschwerdeführers ein Heimreisezertifikat nach NN erlangte. Im Zuge dieser Ermittlungsschritte stellte sich zudem heraus, dass der Beschwerdeführer bereits seit 22.4.2006! (gültig bis 22.4.2016) über einen Reisepass der Republik NN verfügt; dieser wurde erst im Jahre 2015 - nachdem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ohne Mitwirkung des Beschwerdeführers ein Heimreisezertifikat nach NN erwirken konnte, vorgelegt. Es ist somit auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite in Form der vorsätzlichen Tatbegehung auszugehen, weil der Beschwerdeführer wusste, dass sein Aufenthalt nicht rechtmäßig ist.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat zur Vorfragenbeurteilung im Hinblick auf die gebotene Interessensabwägung (Art 8 EMRK) unter dem Gesichtspunkt der (hypothetischen) Zulässigkeit einer Ausweisung (im Tatzeitraum) den Beschwerdeführer zur Stellungnahme aufgefordert (ON 7 und ON 9); zudem hätte der Beschwerdeführer in der öffentlichen Verhandlung am 9.10.2015 Gelegenheit zur Äußerung gehabt. Ein entsprechendes Vorbringen, bezogen auf den Tatzeitpunkt, hat der Beschwerdeführer trotz Aufforderung (ON 7 und ON 9) und der eingeräumten Möglichkeit, dieses in der Verhandlung am 9.10.2015 zu erstatten, nicht wahrgenommen.

Im Fall des Beschwerdeführers ist eindeutig festzustellen, dass sich der auf den Tatzeit-punkt bezogene Sachverhalt, ausgehend von den Feststellungen, nicht in einer derart gravierenden Art verändert hat, was folglich dazu führt, dass eine Außerlandesbringung im Hinblick auf Art 8 EMRK zum Tatzeitpunkt jedenfalls zulässig war, weil die Interessensabwägung mangels anderslautender Anhaltspunkte deutlich zu Ungunsten des Beschwerdeführers auszugehen hat. Zwischen rechtskräftiger Ausweisung (11.10.2011) und Tatbegehung (1.12.2012) ist es zu keiner maßgeblichen Sachverhaltsänderung gekommen.

Im Ergebnis konnte der Beschwerdeführer die Mitwirkung zur Erlangung des Heimreisezertifikates durch geeignete Beweismittel nicht darlegen; Tatsachenvorbringen, das zu einer Bejahung des Strafausschließungsgrundes gemäß § 6 VStG im Zusammenhang mit dem Tatzeitpunkt geführt hätte, wurde nicht erstattet und ergibt sich auch nicht aus den dem erkennenden Gericht vorgelegten Verwaltungsakten.

Z u r S t r a f z u m e s s u n g:

Zur Strafbemessung ist zunächst grundsätzlich auszuführen, dass es sich bei einem un-rechtmäßigen Aufenthalt nach § 120 Abs 1a FPG gemessen am gesamten Sanktionsregime des Fremdenpolizeigesetzes nicht um eine der schwerwiegenderen Übertretungen dieses Gesetzes handelt, was der Gesetzgeber ua durch den Strafrahmen, der (lediglich) eine Mindeststrafe von € 500 und eine Höchststrafe von € 2.500 bei erstmaliger Begehung vorsieht, zum Ausdruck bringt.

Im Rahmen der subjektiven Strafbemessung gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Letztlich sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Be-schuldigten bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Im gegenständlichen Verfahren ist lediglich strafmildernd zu werten, dass der Beschwerdeführer - soweit für das Bundesland Salzburg ersichtlich - keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aufweist. Erschwerend ist allerdings zu werten, dass sich der Beschwerdeführer trotz Bekanntseins seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten hat.

Die belangte Behörde stützt die Strafbemessung auf § 120 Abs 1a FPG und verhängte die in dieser Form angeführte Mindeststrafe in der Höhe von € 500, was nach Umständen des Falls auch nicht zu beanstanden war; die Einhaltung fremdenpolizeilicher Normen ist gesellschaftlich, gesetzlich und höchstgerichtlich abgesichert. Von einem geringfügigen Verschulden kann nicht gesprochen werden. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erachtet die ausgesprochene Geldstrafe nicht für unangemessen. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hält diese Strafhöhe aus spezialpräventiven Gründen für ausreichend, aber auch für nötig, um dem Bf das Unrecht der Tat vor Augen zu führen und ihn in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten, wie auch die Strafhöhe in generalpräventiver Hinsicht geeignet ist, derartige Verwaltungsübertretungen hinkünftig wirksam zurückzudrängen.

Eine Spruchkorrektur war vorzunehmen, weil die belangte Behörde zwar auf dem Boden der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe das zur inhaltlich vergleichbaren Vor-gängerbestimmung des § 31 Abs 1 FrG ergangene Erkenntnis VwGH 24.10.2007, 2007/21/0303) versucht hat, durch Verneinung der in § 31 Abs 1 FPG maßgeblichen al-ternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes die als erwiesen angenommene Tat zu umschreiben; die Verneinung aller alternativen Voraussetzungen ist ihr in sprachlicher Hinsicht aber nicht in einer Art und Weise gelungen ist, wie dies § 44a Z 1 VStG erfordert. Des Weiteren hat die belangte Behörde nach § 44a Z 2 VStG die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, ohne Angabe der zum Tatzeitpunkt in Geltung stehenden Fassung angegeben. Folglich war seitens des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg sowohl im Hinblick auf die Tatumschreibung nach § 44a Z 1 VStG als auch hinsichtlich der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat iSd § 44a Z 2 VStG verletzt worden ist, eine Neuformulierung bzw Korrektur vorzunehmen, was auch nach eingetretener Verfolgungsverjährung zulässig ist, zumal dadurch nicht die rechtzeitig verfolgte Tathandlung selbst ausgetauscht worden ist (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise siehe allgemein VwGH 16.12.1992, 92/02/0228, VwGH 20.01.1993, 92/02/0283, VwGH 23.02.2006, 2003/07/0056).

Ändert eine Partei während des Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle, so hat sie dies der Behörde gemäß § 8 Abs 1 Zustellgesetz unverzüglich mitzuteilen. Sollte diese Mitteilung unterlassen werden, so ist – soweit die Verwaltungsvorschriften nichts anderes vorsehen – gemäß § 8 Abs 2 Zustellgesetz die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Ausgehend davon, dass sich die Abgabestelle des Beschwerdeführers zumindest seit 14.8.2015 (ON 8 und ON 11) geändert hat, er seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Bekanntgabe der Abgabestellenänderung nicht nachgekommen ist und das Landesverwaltungsgericht Salzburg über Nachforschung (ON 13) keine aktuelle Zustelladresse in Erfahrung bringen konnte, liegen die Voraussetzungen für eine Zustellung gemäß § 8 Abs 2 iVm § 23 Zustellgesetz vor.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierten Gesetzesstellen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mitwirkungspflicht, Heimreisezertifikat, keine maßgebliche Sachverhaltsänderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2015:LVwG.11.179.19.2015

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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