TE Lvwg Erkenntnis 2019/9/3 LVwG 30.3-2007/2019

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Veröffentlicht am 03.09.2019
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Entscheidungsdatum

03.09.2019

Index

41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

FPG §120 Abs2 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Dr. Kundegraber über die Beschwerde der A B, geb. am xx, vertreten durch C, Pgasse, W, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 04. Juli 2019, GZ: VStV/919300623537/2019,

z u R e c h t e r k a n n t:

A.    Gemäß §§ 27, 28 und 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit

Folge gegeben,

als das angefochtene Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos behoben wird.

B.    Gegen das Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit dem in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark (Standort Leoben), vom 04. Juli 2019 wurde der Beschwerdeführerin Folgendes vorgeworfen:

„Sie wurden als Fremde (§ 2 Abs. 4 Z. 1 FPG) am 27.03.2019, um 22:30 Uhr, in L, Egasse betreten und es wurde im Zuge Ihrer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt, dass Sie in einem Asylerfahren vor dem Bundesamt wissentlich falsche Angaben über Ihre Identität gemacht haben, um die Duldung Ihrer Anwesenheit im Bundesgebiet oder einen, wen auch nur vorübergehenden, rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen, indem Sie wissentlich unter Angabe der falschen Identität D B, xx geb., in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, obwohl Sie tatsächlich, wie festgestellt worden war, damals unter Ihrer richtigen Identität mit Ihrem gültigen chinesischen Reisepass und einem italienischen Visum der Kategorie C, welches vom 25.11.2015 bis 08.01.2016 gültig war, eingereist sind.“

Dadurch habe die Beschwerdeführerin eine Verwaltungsübertretung gemäß § 120 Abs 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) begangen, weswegen über sie eine Geldstrafe in Höhe von € 1.000,00 zuzüglich Verfahrenskosten in Höhe von € 100,00 verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen festgesetzt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwies die Behörde auf die Anzeige vom 06. April 2019, in der bei der näheren Tatumschreibung unter anderem angeführt wird, dass die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer durchgeführten Asylerstbefragung am 02. Dezember 2015 in Ba, die im Spruch genannte Identität genannt habe. Als Tatzeit sowie Tatort werden in dieser Anzeige ausdrücklich Zeitpunkt und Ort der fremdenpolizeilichen Überprüfung (27. März 2019 in der Gemeinde L) genannt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschwerdeführerin innerhalb offener Frist rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte darin mit näherer Begründung die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, allenfalls die schuldangemessene Herabsetzung der Strafe, dies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

II. Rechtliche Beurteilung:

§ 120 Abs 2 Z 2 FPG idgF lautet:

(2) Wer als Fremder

1.   […]

2.   in einem Asylverfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht wissentlich falsche Angaben über seine Identität oder Herkunft macht, um die Duldung seiner Anwesenheit im Bundesgebiet oder einen, wenn auch nur vorübergehenden, rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu
5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen.

Nach § 6 Abs 9 FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - nach dem Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52.

Gemäß § 27 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ist jene Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Gemäß § 7 Abs 1 erster Satz Sicherheitspolizeigesetz (SPG) besteht für jedes Bundesland eine Landespolizeidirektion mit Sitz in der Landeshauptstadt.

Im Beschwerdefall wird der Beschwerdeführerin zwar angelastet, dass sie in einem Asylverfahren vor dem Bundesamt wissentlich falsche Angaben über ihre Identität gemacht habe […]. Als Tatzeit sowie Tatort werden demgegenüber aber der 27. März 2019, 22:30, L, Egasse, genannt.

Strafbar ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 120 Abs 2 Z 2 FPG ein Fremder, der in einem Asylverfahren unter anderem vor dem Bundesamt wissentlich falsche Angaben über seine Identität oder Herkunft macht. Nach dem von der Behörde zugrunde gelegten Sachverhalt erfolgte die angelastete wissentliche falsche Angabe über die Identität im Rahmen der Erstbefragung am 02. Dezember 2015 in Ba (Niederösterreich), nicht jedoch am 27. März 2019 in L.

Der zitierten Bestimmung kann nicht entnommen werden, dass die Aufrechterhaltung der Falschdaten unter diesen Straftatbestand zu subsumieren wäre. Eine Strafbarkeit der Aufrechterhaltung der Falschangaben – und somit ein nach dieser Bestimmung rechtswidriges Verhalten bei der Kontrolle am 27. März 2019 in L - wäre nur gegeben, wenn es sich bei dem Delikt um ein Dauerdelikt handeln würde. Ein solches liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nur dann vor, wenn nicht nur die Herbeiführung, sondern auch die Erhaltung des beigeführten Zustandes den Tatbestand der strafbaren Handlung bildet (in diesem Sinne zB. Landesverwaltungsgericht Vorarlberg, Erkenntnis vom 24. März 2017, LVwG-1-573/2016-R9, mit Hinweis auf Raschauer in: Raschauer/Wessely, VStG 2. Auflage, Rz 33 zu § 22 VStG). Da die Strafbestimmung ausschließlich das Tätigen falscher Angaben vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht in einem Asylverfahren unter Strafe stellt, handelt es sich bei der Strafnorm des § 120 Abs 2 Z 2 FPG um ein Begehungsdelikt und nicht um ein Dauerdelikt.

Daraus ergibt sich einerseits, dass für die Verfolgung der Straftat, die nach den zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen der Behörde am 02. Dezember 2015 in Ba (Niederösterreich) begangen wurde, nicht die Landespolizeidirektion Steiermark örtlich zuständig war, weil Ba nicht im Sprengel der Landespolizeidirektion Steiermark liegt.

 

Andererseits dürfte angesichts der Tatzeit vom zwischenzeitlichen Eintritt der Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs 2 VStG auszugehen sein.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher vorrangig wegen örtlicher Unzuständigkeit der Landespolizeidirektion Steiermark zu beheben, wobei diese Unzuständigkeit ungeachtet des Beschwerdevorbringens vom Amts wegen wahrzunehmen war.

III. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Falschdaten, Dauerdelikt, Begehungsdelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2019:LVwG.30.3.2007.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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