TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/20 I415 2200817-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.06.2019
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Entscheidungsdatum

20.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2200817-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX alias XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch RA Mag. Susanne Singer, Ringstraße 9, 4600 Wels, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.06.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I.-VII. mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über Ihren Antrag auf internationalen Schutz wird gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt."

II. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf 5 Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 04.04.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.05.2011, Zl. XXXX gemäß § 5 AsylG 2005 idF BGBl. I. Nr. 4/2008 zurückgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und eine Zuständigkeit der Schweiz für den Asylantrag des Beschwerdeführers festgestellt.

2. Von 15.04.2011 bis 13.10.2011 war der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet behördlich nicht und ab dem 14.10.2011 an einer Obdachlosenadresse gemeldet.

3. Am 10.01.2012 wurde er in XXXX wegen des Verdachtes einer Übertretung gem. § 27 Abs. 3 SMG festgenommen und in Untersuchungshaft genommen.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX, wurde er wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt, wovon sechs Monate unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden.

5. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

6. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

7. Am 18.04.2012 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg in die Schweiz abgeschoben.

8. Am 05.07.2012 wurde er in XXXX neuerlich bei der Begehung einer Straftat betreten und mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen

XXXX vom XXXX, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt.

9. Der Beschwerdeführer wurde am 18.10.2012 in der JA XXXX zu einer bevorstehenden neuerlichen Ausweisung in die Schweiz niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, in Nigeria fälschlicherweise beschuldigt zu werden, einer Gruppe anzugehören, welche Entführungen begeht. Zu diesem Zeitpunkt zog er eine freiwillige Rückkehr in Erwägung.

10. Am 23.06.2013 entzog sich der Beschwerdeführer der Strafhaft und tauchte unter. Er wurde am 25.11.2014 neuerlich in die JA XXXX eingeliefert und verbüßte dort den Rest seiner unbedingten Freiheitsstrafe. Am 05.12.2014 wurde er aus der Strafhaft entlassen.

11. Von 06.12.2014 bis 05.10.2015 hatte er keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet. Von 05.10.2015 bis zum 19.07.2016 war er in XXXX behördlich gemeldet. Es war beabsichtigt, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Beschwerdeführer zu erwirken, das Verfahren wurde jedoch aufgrund seines unbekannten Aufenthaltes am 18.09.2016 eingestellt.

12. Am 02.01.2018 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Personenkontrolle aufgegriffen und festgenommen. Nach erfolgter Abklärung seiner Identität lief der Beschwerdeführer davon und entzog sich somit der Amtshandlung, wurde jedoch noch am selben Tag an der Adresse seiner Lebensgefährtin angetroffen und aufgrund eines Festnahmeauftrages in das PAZ XXXX verbracht.

13. Aus dem Stande der Schubhaft stellte er am 02.01.2018 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, den er bei seiner am 03.01.2018 durchgeführten Erstbefragung folgendermaßen begründete: "Ich mobilisiere junge Leute um gegen die nigerianische Regierung zu demonstrieren. Wir sehen uns nicht als Nigerianer. Die Regierung begann uns Initiatoren umzubringen und einzusperren. Ich habe hiermit alle meine Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin! Ich habe keine weiteren Gründe für die Asylantragstellung." Bei einer Rückkehr in die Heimat habe er Angst um sein Leben. Es gebe konkrete Hinweise darauf, dass ihm bei seiner Rückkehr entweder eine Haftstrafe oder der Tod drohe, da er von hier aus immer noch Leute gegen die Nigerianische Regierung rekrutiere. Der Name seiner Organisation sei I.P.O.B. Außerdem möchte er in Österreich bleiben, da er hier eine Familie habe. Er habe seine Frau im Jahr 2017 traditionell in Nigeria geheiratet.

14. Nach Zulassung seines Asylverfahrens wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und am 25.04.2018 durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentlichste zusammengefasst, sich in Nigeria als Mitglied der MASSOB für die Freiheit Biafras eingesetzt zu haben und auch in Österreich Mitglied der Biafra-Unabhängigkeitsbewegung IPOB in XXXX zu sein. In Nigeria drohe ihm aufgrund seines politischen Engagements für ein freies Biafra Verfolgung. Er könne nicht zurückkehren, weil er ansonsten umgebracht würde. In Österreich habe er eine Ehefrau, mit der er traditionell verheiratet sei, und mit dieser ein im Oktober 2016 und ein im Dezember 2017 geborenes Kind. Seine Ehefrau lebe momentan in XXXX und er in XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>, um dort ein Lokal zu eröffnen. Sobald das Lokal eröffne, werde seine Frau mit den Kindern nach XXXX ziehen und dort arbeiten.

15. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen verurteilt.

16. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.) und wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 3 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Weiters wurde gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

17. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 11.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

18. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung RA Mag. Susanne SINGER mit Schriftsatz vom 10.07.2018 rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde seien im Falle des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl bzw. subsidiären Schutz gegeben. Überdies würde der Beschwerdeführer in Nigeria in eine existentielle Notlage geraten. Des Weiteren würde er von seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen, und zwar von seiner Lebensgefährtin und seinen beiden minderjährigen Söhnen getrennt werden, zu denen er eine sehr innige Beziehung habe und für die er eine unverzichtbare Bezugsperson darstelle. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuerkennen; ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; in eventu aussprechen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, zumindest aber aussprechen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorübergehend unzulässig sei und sein Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet werde; das gegen ihn verhängte auf die Dauer von 10 Jahren befristete Einreiseverbot ersatzlos beheben, zumindest aber auf einen kürzeren Zeitraum befristen; der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen; eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen.

19. Beschwerde und Bezug habender Verwaltungsakt wurden mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 11.07.2018 (eingelangt am 13.07.2018) dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

20. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte der rechtlichen Vertretung des Beschwerdeführers mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 21.09.2018 die aktuellen Länderfeststellungen zu Nigeria.

21. Am 12.06.2019 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers und eines Dolmetschers und in Abwesenheit seiner Rechtsvertretung sowie der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht. Hierbei wurde auch seine Freundin zeugenschaftlich einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b Asylgesetz 2005. Seine Identität steht nicht fest.

Er ist volljährig, gehört der Volksgruppe der Igbo an und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Der Beschwerdeführer reiste erstmals spätestens am 04.04.2011 nach Österreich ein und hält sich seither - mit mehreren Unterbrechungen - im österreichischen Bundesgebiet auf. Nach Zurückweisung seines ersten Asylantrages in Österreich mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.05.2011 wegen Zuständigkeit der Schweiz war der Beschwerdeführer bis zur Stellung des gegenständlichen Asylantrages vom 02.01.2018 aus dem Stande der Schubhaft unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig. Er besuchte in seiner Heimat sechs Jahre lang die Grundschule und arbeitete anschließend als Landwirt. Er ist erwerbsfähig und hat aufgrund seiner Ausbildung und Arbeitserfahrung eine Chance, am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist nach traditionellem afrikanischen Ritus verheiratet, seine Frau ist Staatsangehörige Kameruns und in Österreich asylberechtigt. Er hat gemeinsam mit seiner Frau zwei Söhne, die am XXXX2016 und am XXXX.2017 geboren wurden. Der Beschwerdeführer war nie an einer Adresse mit seiner Frau und den beiden Söhnen gemeldet und es bestand zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Haushalt. Seine Frau und die beiden Söhne leben in XXXX, der Beschwerdeführer in XXXX. Seine Frau hat noch vier weitere Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren aus einer früheren Beziehung. Wenn die Kinder Ferien haben und sich ihr Exmann um die Kinder kümmert, kann sie den Beschwerdeführer in XXXX besuchen. Ansonsten besucht der Beschwerdeführer seine Familie rund einmal pro Monat in XXXX. Der Beschwerdeführer kommt nicht für den Unterhalt seiner Frau und seiner beiden Kinder auf, es besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis.

Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer gewisse Schritte zur Integration gesetzt hat. Er hat ein ÖSD Zertifikat A2 positiv absolviert und ist seit 28.09.2018 Gewerbeinhaber eines Gastgewerbes in der Betriebsart Café, welches allerdings aktuell ruhend gemeldet ist. Es wird aber auch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer sich bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung kaum auf Deutsch verständigen konnte, sein Gewerbe als Einzelunternehmer bislang eher ein Verlustgeschäft war und er deshalb seinen Lebensunterhalt durch Zuwendungen seiner Frau, sowie durch Schwarzarbeit verdient. Er ist auch nicht Mitglied eines Vereines oder einer sonstigen integrationsbegründenden Organisation. Sonstige Unterlagen, die für eine maßgebliche Integration des Beschwerdeführers sprechen würden, wurden nicht vorgelegt.

Eine den Anforderungen eines schützenswerten Familien- und Privatlebens im Sinne des Art. 8 EMRK entsprechende integrative Verfestigung des Beschwerdeführers konnte in Zusammenschau nicht festgestellt werden, jedenfalls keine, die über das hinausgeht, was man allein auf Grund seiner Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet erwarten kann.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich mehrfach vorbestraft:

01) LG F.STRAFS.XXXX vom 03.02.2012 RK 03.02.2012

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

Datum der (letzten) Tat 10.01.2012

Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 05.12.2014

zu LG F.STRAFS.XXXX RK 03.02.2012

Der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG F.STRAFS.XXXX vom 09.08.2012

zu LG F.STRAFS.XXXX RK 03.02.2012

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 05.12.2014, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX XXXX vom 06.05.2013

zu LG F.STRAFS.XXXX RK 03.02.2012

Aus der Freiheitsstrafe entlassen, endgültig

Vollzugsdatum 05.12.2014

LG XXXX vom 06.08.2018

02) LG F.STRAFS.XXXX vom 09.08.2012 RK 13.08.2012

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

Datum der (letzten) Tat 05.07.2012

Freiheitsstrafe 12 Monate

03) BG XXXX vom 23.07.2018 RK 26.07.2018

§ 83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 10.12.2017

Freiheitsstrafe 6 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Nigeria einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war oder sein wird. Es haben sich im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit keine Anhaltspunkte in Bezug auf eine Verfolgung des Beschwerdeführers wegen eines politischen Engagements für ein freies Biafra ergeben.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 08.06.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zitiert. Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria übermittelt. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und einen Bundeshauptstadtbezirk sowie 774 Local Government Areas (LGA/Bezirke) untergliedert. Die Bundesstaaten werden von direkt gewählten Gouverneuren regiert. Sie verfügen auch über direkt gewählte Parlamente.

Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die am System der USA orientierte Verfassung enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog, Gewaltenteilung). Dem starken Präsidenten - zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte - und dem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber. Die Verfassungswirklichkeit wird von der Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und von den direkt gewählten Gouverneuren dominiert. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität, häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Die Justiz ist der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen ausgesetzt.

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete oder -parteien. Im Wesentlichen lassen sich mehrere Konfliktherde unterscheiden: Jener von Boko Haram im Nordosten; jener zwischen Hirten und Bauern im Middle-Belt; sowie Spannungen im Nigerdelta und eskalierende Gewalt im Bundesstaat Zamfara. Außerdem gibt es im Südosten zwischen der Regierung und Igbo-Gruppen, die für ein unabhängiges Biafra eintreten, sowie zwischen Armee und dem Islamic Movement in Nigeria (IMN) Spannungen. Die 2017 deutlich angespannte Lage im Südosten des Landes ("Biafra") hat sich mit dem Eingriff des Militärs und der mutmaßlichen Flucht des Anführers der stärksten separatistischen Gruppe IPOB derzeit wieder beruhigt.

Die Verfassung sieht Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz vor. In der Realität ist die Justiz allerdings der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen ausgesetzt. Vor allem auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) versuchen Politiker die Justiz zu beeinflussen. Die insgesamt zu geringe personelle und finanzielle Ausstattung sowie mangelnde Ausbildung behindern die Funktionsfähigkeit des Justizapparats und machen ihn chronisch korruptionsanfällig. Die Gehälter im Justizbereich sind niedrig, und es mangelt an Infrastruktur. Zusätzlich widersprechen sich die Rechtssysteme mitunter. Trotz allem hat die Justiz in der Praxis ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht.

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o. ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Das bestehende System benachteiligt jedoch tendenziell Ungebildete und Arme, die sich weder von Beschuldigungen freikaufen noch eine Freilassung auf Kaution erwirken oder sich einen Rechtsbeistand leisten können. Zudem ist vielen eine angemessene Wahrung ihrer Rechte auf Grund von fehlenden Kenntnissen selbst elementarster Grund- und Verfahrensrechte nicht möglich. Gesetzlich vorgesehen sind prozessuale Rechte wie die Unschuldsvermutung, zeitnahe Information über die Anklagepunkte, das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren, das Recht auf einen Anwalt, das Recht auf ausreichende Zeit zur Vorbereitung der Verteidigung, Zeugen zu befragen und das Recht auf Berufung. Diese Rechte werden jedoch nicht immer gewährleistet. Auch der gesetzlich garantierte Zugang zu einem Rechtsbeistand oder zu Familienangehörigen wird nicht immer ermöglicht. Der Zugang zu staatlicher Prozesskostenhilfe ist in Nigeria beschränkt: Das Institut der Pflichtverteidigung wurde erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen.

Die am 29.5.1999 in Kraft getretene Verfassung Nigerias enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog. Dieser ist zum Teil jedoch weitreichenden Einschränkungen unterworfen. Das in Art. 33 der Verfassung gewährte Recht auf körperliche Unversehrtheit wird z.B. unter den Vorbehalt gestellt, dass die betroffene Person nicht bei der Anwendung legal ausgeübter staatlicher Gewalt zur "Unterdrückung von Aufruhr oder Meuterei" ihr Leben verloren hat. In vielen Bereichen bleibt die Umsetzung der zahlreich eingegangenen menschenrechtlichen Verpflichtungen weiterhin deutlich hinter internationalen Standards zurück. Zudem wurden völkerrechtliche Verpflichtungen zum Teil nur lückenhaft in nationales Recht umgesetzt. Einige Bundesstaaten haben Vorbehalte gegen einige internationale Vereinbarungen geltend gemacht und verhindern regional eine Umsetzung. Selbst in Bundesstaaten, welche grundsätzlich eine Umsetzung befürworten, ist die Durchsetzung garantierter Rechte häufig nicht gewährleistet. Die Menschenrechtssituation hat sich seit Amtsantritt einer zivilen Regierung 1999 zum Teil erheblich verbessert, vor allem im Hinblick auf die Freilassung politischer Gefangener und die Presse- und Meinungsfreiheit. Allerdings kritisieren Menschenrechtsorganisationen den Umgang der Streitkräfte mit Boko Haram-Verdächtigen, der schiitischen Minderheit, Biafra-Aktivisten und Militanten im Nigerdelta. Schwierig bleiben die allgemeinen Lebensbedingungen, die durch Armut, Analphabetismus, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen, ein ineffektives Justizwesen und die Scharia-Rechtspraxis im Norden des Landes beeinflusst werden. Es gibt viele Fragezeichen hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte, wie z.B. die Praxis des Scharia-Rechts (Tod durch Steinigung), Entführungen und Geiselnahmen im Nigerdelta, Misshandlungen und Verletzungen durch Polizisten und Soldaten sowie Verhaftungen von Angehörigen militanter ethnischer Organisationen.

Die in den Jahren 2000/2001 eingeführten strengen strafrechtlichen Bestimmungen der Scharia haben zu keinem starken Anstieg von Menschenrechtsverletzungen geführt, die wenigen Steinigungsurteile wurden jeweils von einer höheren Instanz aufgehoben, auch Amputationsstrafen wurden in den letzten Jahren nicht vollstreckt. Es setzten sich nigerianische Organisationen wie z.B. CEHRD (Centre for Environment, Human Rights and Development), CURE-NIGERIA (Citizens United for the Rehabilitation of Errants) und HURILAWS (Human Rights Law Services) für die Einhaltung der Menschenrechte in ihrem Land ein. Auch die Gewerkschaftsbewegung Nigeria Labour Congress (NLC) ist im Bereich von Menschenrechtsfragen aktiv.

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und Freiheit der Religionsausübung. Laut Verfassung darf die Regierung keine Staatsreligion beschließen, ist religiöse Diskriminierung verboten und hat jeder die Freiheit seine Religion zu wählen, auszuüben, zu propagieren und zu ändern. Im Vielvölkerstaat Nigeria ist die Religionsfreiheit ein Grundpfeiler des Staatswesens. Die Bundesregierung achtet auf die Gleichbehandlung von Christen und Muslimen, z.B. bei der Finanzierung von Gotteshäusern und Wallfahrten. Sie unterstützt den Nigerian Inter-Religious- Council, der paritätisch besetzt ist und die Regierung in Religionsangelegenheiten berät. Ähnliche Einrichtungen wurden auch in mehreren Bundesstaaten erfolgreich eingeführt. Die Regierung achtet Religionsfreiheit in der Praxis, obwohl von lokalen politischen Akteuren geschürte Gewalt in der Regel straflos bleibt. Die Verfassung verbietet es, ethnischen oder religiösen Gruppen Vorrechte einzuräumen. In der Praxis bevorzugen Bundesstaaten jedoch die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Manche Gesetze der Landes- und Lokalregierung diskriminieren Mitglieder religiöser Minderheiten. Außerdem gestaltet sich die Umsetzung der verfassungsmäßig gesicherten Religionsfreiheit in der Praxis aufgrund religiöser Spannungen schwierig.

Generell können jene Personen, die sich vor Problemen hinsichtlich der Religionsfreiheit oder vor Boko Haram fürchten, entweder staatlichen Schutz oder aber eine innere Relokationsmöglichkeit in Anspruch nehmen.

Verfassung und Gesetze erlauben die freie Bildung politischer Parteien, Gewerkschaften oder Interessengruppen. Üblicherweise respektiert die Regierung dieses Recht, es wird jedoch für einige Gruppen eingeschränkt (USDOS 13.3.2019). Es liegen keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung vor. Auch in Nigeria kann sich die politische Opposition grundsätzlich frei betätigen. Das gilt nicht nur für die parlamentarische Opposition sondern auch für außerparlamentarische Parteien und Gruppen. Bislang sind auch - meist marginale - Gruppen mit sezessionistischen Zielen (etwa Biafra) weitgehend toleriert worden (AA 10.12.2018).

Mit dem Verbot der Indigenous People of Biafra (IPOB) im September 2017 und der schiitischen IMN sind jetzt aber klare Grenzen markiert worden (AA 10.12.2018). Neben der IPOB ist im Südosten Nigerias als zweite sezessionistische Bewegung das Movement for the Actualization of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) aktiv (EASO 2.2019; vgl. ÖB 10.2018). Beide werden von der Igbo-Volksgruppe beherrscht, konkurrieren aber miteinander (ÖB 10.2018). Die Aktivitäten von IPOB oder MASSOB selbst beinhalten keine Verfolgungshandlungen oder schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen (EASO 2.2019). Seit dem Regierungswechsel 2015 kommt es verstärkt zu politischen Demonstrationen von Anhängern der Biafra-Bewegung, denen die Regierung gewaltsam begegnet sein soll (AA 9.2018a). Nach der vorübergehenden Freilassung des seit Herbst 2015 inhaftierten Anführers der IPOB, Nnamdi Kanu, im Frühjahr 2017 spitzte sich die Lage rund um den 50. Jahrestag des Beginns des Biafra-Kriegs neuerlich zu. Zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurden Truppen entsandt, die IPOB wurde zur terroristischen Organisation erklärt (ÖB 10.2018). Die Polizei geht gegen Mitglieder beider Gruppen mittels Inhaftierungen vor (HRW 17.1.2019). Laut Polizeichef des Bundesstaates Abia sind zwischenzeitlich 59 vermutliche IPOB-Mitglieder wegen Mordes, Brandstiftung und anderer Verbrechen verhaftet worden. Seither hat es seitens IPOB und MASSOB nur noch vereinzelt Versuche gegeben, in der Öffentlichkeit für die (verfassungswidrige) Unabhängigkeit eines fiktiven Staates "Biafra" zu werben. Diese wurden von den nigerianischen Sicherheitsbehörden regelmäßig unterbunden. Insgesamt können diese Bewegungen jedoch als relativ unbedeutende Randgruppen angesehen werden (ÖB 10.2018).

Rezentestes Beispiel für ihren abnehmenden Einfluss war eine großteils unbeachtet gebliebene"Sit-at-home Order" der IPOB im September 2018. Jedoch wurden im Rahmen dieser Aktion insgesamt 19 militante Mitglieder der Organisation verhaftet, die im Bundesstaat Rivers 15 LKWs in Brand gesetzt und vier LKW-Fahrer entführt haben sollen. Diese Brandstifter beziehungsweise Entführer werden zum gegebenen Zeitpunkt vor Gericht gestellt werden. Festnahmen oder Verhaftungen von IPOB-Mitgliedern einzig aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Organisation sind bislang nicht bekannt geworden (ÖB 10.2018).

Der IPOB-Führer Nnamdi Kanu, der seit September 2017 spurlos verschwunden gewesen war, trat überraschend im Oktober 2018 in Jerusalem wieder öffentlich in Erscheinung (ÖB 10.2018; vgl. BBC 22.10.2018). Aufgrund einer umstrittenen Äußerung Kanus bei einem Interview distanzierte sich die IPOB in der Folge von ihrem (ehemaligen) Anführer (ÖB 10.2018). Der Federal High Court in Abuja erließ am 28.3.2019 einen Haftbefehl gegen ihn. Gleichzeitig widerrief das Gericht die Kanu im April 2017 aus gesundheitlichen Gründen gewährte Freilassung auf Kaution, da er seither mehreren Vorladungen des Gerichts nicht Folge geleistet hatte (BAMF 1.4.2019).

Die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land sowie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Allerdings schränken Sicherheitsbeamte die Bewegungsfreiheit durch Ausgangssperren ein. Dies betrifft aufgrund der Operationen gegen Boko Haram v.a. die Bundesstaaten Adamawa, Borno und Yobe. Auch in anderen Bundesstaaten kommt es in Reaktion auf gewaltsame Auseinandersetzungen in ländlichen Regionen mitunter zu Ausgangssperren. Bei Operationen von Sicherheitskräften in Städten und an Hauptverkehrsstraßen werden gelegentlich Checkpoints eingerichtet. Zahlreiche von Militär und Polizei betriebene Checkpoints bleiben aufrecht.

Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen. Grundsätzlich besteht in den meisten Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung, Repressionen Dritter sowie Fällen massiver regionaler Instabilität durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Prinzipiell sollte es einer Person, die von nicht-staatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Natürlich müssen die jeweiligen persönlichen Umstände beachtet werden.

Ein Meldewesen ist nicht vorhanden, wie zahlreiche Quellen bei EASO angeben. Nur eine Quelle behauptet, dass es eine Art Meldewesen gibt. Es bestehen gesetzliche Voraussetzungen, damit Bundesstaaten ein Meldewesen einrichten können. Bislang hat lediglich der Bundesstaat Lagos davon Gebrauch gemacht. Auch ein funktionierendes nationales polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Daraus resultiert, dass eine Ausforschung einmal untergetauchter Personen kaum mehr möglich ist. Das Fehlen von Meldeämtern und bundesweiten polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen". Im Sheriffs and Civil Process Act Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte Bailiffs müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen.

Die nigerianische Wirtschaft hat sich 2017 allmählich aus der schlimmsten Rezession seit 25 Jahren erholt, das BIP ist um 0,55 Prozent gestiegen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die nigerianische Wirtschaft seit Ende 2017 allmählich wieder erholt, unter anderem eine Steigerung der Erdölförderleistung, die Erholung des Erdölpreises und eine verbesserte Leistung von Landwirtschaft und Dienstleistungssektor. Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung. Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat - gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung. Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten. Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert. Über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, in ländlichen Gebieten über 90 Prozent. Der Agrarsektor wird durch die Regierung Buhari stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen. Auch die Mais- und Reisproduktion wurde dadurch kräftig ausgeweitet. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft und das Land ist nicht autark, sondern auf Importe - v. a. von Reis - angewiesen. Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt aus Subsistenzbetrieben. Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut, fast 50 Prozent unter der Armutsgrenze. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, bei Jugendlichen wird sie auf über 20 Prozent geschätzt. Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Geschätzt wird sie auf 20 bis 45 Prozent - in erster Linie unter 30-jährige - mit großen regionalen Unterschieden. Der Staat und die Bundesstaaten haben damit begonnen, Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit umzusetzen. Die Resultate sind dürftig. Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige. Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird.

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat. Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "mini-farming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und "grasscutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet.

Nigeria verfügt über ein sehr kompliziertes Gesundheitssystem. Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. Es besteht keine umfassende Liste der Krankenhäuser und Ausstattungen, aber zahlreiche Krankenhäuser in Nigeria sind gut ausgestattet und in der Lage, zahlungsfähige Patienten medizinisch zu versorgen. Verschiedene Krankenhäuser in Nigeria haben sich auf unterschiedliche Krankheiten spezialisiert und Patienten suchen diese Krankenhäuser entsprechend ihrer Erkrankung auf. Allgemeine Krankenhäuser in Nigeria behandeln Patienten mit verschiedenen Krankheiten, verfügen jedoch üblicherweise über Fachärzte wie etwa Kinderärzte, Augenärzte, Zahnärzte, Gynäkologen zur Behandlung bestimmter Krankheiten.

Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor. Wenn ein Heimkehrer über eine medizinische Vorgeschichte verfügt, sollte er möglichst eine Überweisung von dem letzten Krankenhaus, in dem er behandelt wurde, vorlegen). Heimkehrer, die vorher nicht in ärztlicher Behandlung waren, müssen lediglich dem Krankenhaus eine Registrierungsgebühr zahlen und in der Lage sein, ihre Behandlungskosten selbst zu tragen. Hat eine Person keine Dokumente, führt dieser Umstand nicht zur Verweigerung medizinischer Versorgung oder zum Ausschluss von anderen öffentlichen Diensten (z.B. Bildung).

Medikamente sind verfügbar, können aber je nach Art teuer sein. Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen. Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/Aids können teils kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden.

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen.

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt. Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt bzw. erkennungsdienstlich behandelt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen. Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist.

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt.

Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert.

Aufgrund des nicht vorhandenen Meldewesens, verbreiteter Korruption in den Passbehörden sowie Falschangaben der Antragsteller ist es ohne weiteres möglich, einen nigerianischen Reisepass zu erhalten, der zwar echt, aber inhaltlich falsch ist. Der "Nigerian Passport Act" stellt jede unbefugte Veränderung des Dokuments unter Strafe (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr). Mit der Einführung des elektronischen Passes (mit elektronisch gespeicherten Fingerabdrücken) im Jahr 2007 haben die Behörden einen wichtigen Schritt unternommen, die Dokumentensicherheit zu erhöhen. Es sind auch so gut wie keine gefälschten nigerianischen Pässe im Umlauf, da wie bereits beschrieben, es keinerlei Problem darstellt, einen echten Pass unter Vorlage gefälschter Dokumente zu erhalten. Mangels eines geordneten staatlichen Personenstandswesens ist die Überprüfung der Echtheit von Dokumenten durch nigerianische Behörden folglich kaum möglich.

Auf den ersten Blick nicht als Fälschungen erkennbare, gefälschte Dokumente (Geburts- und Heiratsurkunden, Zeugnisse von Schulen und Universitäten etc.) sind in Lagos und anderen Städten ohne Schwierigkeiten zu erwerben. Sie sind professionell gemacht und von echten Dokumenten kaum zu unterscheiden. Inhaltlich unwahre, aber von den zuständigen Behörden ausgestellte (Gefälligkeits-)Bescheinigungen sowie Gefälligkeitsurteile in Familiensachen kommen vor. Vorgelegte angebliche Fahndungsersuchen nigerianischer Sicherheitsbehörden sind in der Form oft fehlerhaft oder enthalten falsche Darstellungen behördlicher Zuständigkeiten und waren dadurch als Fälschungen zu erkennen. Aufrufe von Kirchengemeinden - z.B. genannten Asylbewerbern Zuflucht und Schutz zu gewähren - sind oft gefälscht.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es kann allgemein festgestellt werden, dass der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria nicht ausreicht, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen.

Es kann daher zusammengefasst festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

Es wird weiters festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, zumal er gesund und arbeitsfähig ist und über Berufserfahrung verfügt. Selbst wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, kann er seinen Lebensunterhalt wie o.a. aus eigener Kraft bestreiten. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria, sowie durch persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 12.06.2019.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, Herkunft und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2019.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen betreffend die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Aussagen vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung.

Der Beschwerdeführer gab zu seinem Gesundheitszustand bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 25.04.2018 vor der belangten Behörde an, gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen. Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.06.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte er, an keinen chronischen Krankheiten oder anderen Leiden und Gebrechen zu leiden. Deshalb war die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist.

Die Feststellungen zu seiner Schulbildung und Tätigkeit als Landwirt in Nigeria ergeben sich aus seinen eigenen, plausiblen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen in Österreich, insbesondere seinem Familienleben, gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, aber auch auf die Aussage des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und die vorgelegten Unterlagen. Es ist im gegenständlichen Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Dass der Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter seiner beiden Kinder lebt und mit dieser nicht standesamtlich, sondern nur nach traditionellem Ritus verheiratet ist, ergibt sich aus der Verhandlungsschrift vom 12.06.2019:

"RI: Sind Sie verheiratet oder leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?

BF: Ich habe eine Lebensgefährtin, die heute mit mir hierhergekommen ist. In Österreich sind wir nicht verheiratet, lediglich in der Heimat nach traditionellem Ritus.

RI: Sie haben vor dem BFA angegeben, dass Sie auch in Österreich heiraten möchten, warum haben Sie das nicht gemacht?

BF: Ich war zusammen mit meiner Lebensgefährtin in XXXX beim Magistrat. Dort wurde mir von einer Frau gesagt, dass ich nicht die Erlaubnis habe, hier in Österreich zu heiraten.

RI: Wo wohnen Sie aktuell?

BF: Derzeit lebe ich in XXXX.

RI: Wo leben Ihre Frau und Ihre Kinder?

BF: In XXXX.

RI: Warum leben Sie getrennt?

BF: Der Grund dafür ist, dass XXXX eine Kleinstadt ist, und ich davon träume, mir dort ein Geschäft aufzubauen."

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine tiefgreifende soziale und integrative Verfestigung im Sinne des Art. 8 EMRK aufweist, resultiert insbesondere aus dem Verwaltungsakt und aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Der Beschwerdeführer hat eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 positiv absolviert und ist seit 28.09.2018 Gewerbeinhaber eines Gastgewerbes, welches ihm jedoch bislang nicht die zur Deckung seines Lebensunterhaltes erforderlichen Gewinne einbrachte, sodass er laut seiner eigenen Aussage von Zuwendungen seiner Frau und von Schwarzarbeit lebt. Ansonsten legte er keinerlei Nachweise vor, die eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich belegen würden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers in Relation zu seiner Aufenthaltsdauer als gering zu werten sind. Besondere Integrationsbemühungen des (wenn auch mit Unterbrechungen) seit 2011 in Österreich lebenden Beschwerdeführers sind daher, auch unter Berücksichtigung seines Gewerbebetriebes und seiner rudimentären Deutschkenntnisse nicht ersichtlich.

Die Feststellung zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 12.06.2019.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers und müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zur Glaubhaftigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

Es ist anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Grundsätzlich ist ein Verfolgungsschicksal von einem Antragsteller glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Der erkennende Richter geht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung und aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes davon aus, dass der Beschwerdeführer den angegebenen Fluchtgrund, ihm drohe aufgrund seines Engagements für die Biafra-Bewegung in Nigeria asylrelevante Verfolgung, nicht glaubhaft machen konnte.

Eingangs ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer den wohl elementarsten und zentralsten Kern seines verfahrensgegenständlichen Fluchtvorbringens, nämlich seine angebliche Mitgliedschaft bei der MASSOB in Nigeria noch vor seiner Ausreise im Jahr 2009, bei seiner ersten Asylantragsstellung im Jahr 2011 noch gänzlich unerwähnt ließ. Stattdessen gab er bei seiner am 18.10.2012 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme als Fluchtgrund an, in Nigeria fälschlicherweise beschuldigt zu werden, einer Gruppe anzugehören, die Entführungen begeht. Der belangten Behörde ist dahingehend zuzustimmen, dass dieser Umstand als Indiz dafür gewertet werden kann, dass der Beschwerdeführer sich für das gegenständliche Asylverfahren eine Fluchtgeschichte zurechtlegte und sich erst in Österreich der IPOB-Bewegung anschloss, um eine (seiner Meinung nach) asylrelevante Situation zu erschaffen. Das Bundesverwaltungsgericht ist sich bewusst, dass es - wie auch in der Beschwerde aufgegriffen - mangels Zulassung des ersten Asylverfahrens zu keiner inhaltlichen Prüfung seiner Fluchtgründe kam. Dennoch ist die aktenkundige Tatsache, dass der Beschwerdeführer das nun vorgebrachte zentrale Fluchtvorbringen damals überhaupt nicht erwähnte, nicht zugunsten der Glaubhaftigkeit seiner Angaben auszulegen. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Auch im Verlauf des gegenständlichen Asylverfahrens baute der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen sukzessive aus. Während er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 25.04.2018 auf die Frage der belangten Behörde nach seiner genauen Funktion bei der MASSOB-Bewegung auffallend ausweichend reagierte und erst nach mehrmaligem Nachfragen erklärte, er sei ein Fahrer gewesen und habe manchmal auch den Leader Raphael Uwazuruike gefahren, er

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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