TE OGH 2020/1/10 8Nc37/19m

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Veröffentlicht am 10.01.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.-Ing. Dr. V*****, vertreten durch Mag. Gerlinde Goach, Rechtsanwältin in Graz, gegen die beklagte Partei F***** Ltd, *****, wegen 552,81 EUR sA, über den Ordinationsantrag nach § 28 JN den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Ordinationsantrag der klagenden Partei wird stattgegeben.

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Schwechat bestimmt.

Text

Begründung:

Mit der an das Bezirksgericht Schwechat gerichteten Klage begehrte der Kläger das beklagte Flugunternehmen mit Sitz in Saudi-Arabien zur Zahlung von (nach Erhalt einer Teilzahlung restlichen) 552,81 EUR sA zu verurteilen. Er stützte sich dabei auf die Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 2. 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen. Der bei der Beklagten gebuchte Flug von Wien über Riad nach Islamabad sei betreffend die Teilstrecke Wien – Riad annulliert worden.

Das Bezirksgericht Schwechat wies – bestätigt durch das Landesgericht Korneuburg – die Klage mit rechtskräftigem Beschluss vom 23. 4. 2019 mangels Zuständigkeit zurück.

Der Kläger beantragte gemäß § 28 JN die Ordination des Bezirksgerichts Graz-Ost, in eventu des Bezirksgerichts Schwechat, als örtlich zuständiges Gericht in Österreich.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.

1. Der Kläger stützt seinen Ordinationsantrag auf den Fall der Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland (§ 28 Abs 1 Z 2 JN). Die nach der in Rede stehenden Bestimmung erforderliche allgemeine Voraussetzung des Naheverhältnisses zum Inland ist hier schon im Hinblick auf den Wohnsitz des Klägers in Österreich erfüllt; zudem lag der Abflugort in Wien-Schwechat.

2. Die Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland liegt nach der Rechtsprechung insbesondere dann vor, wenn die ausländische Entscheidung in Österreich nicht anerkannt oder vollstreckt würde und eine Exekutionsführung im Inland geplant ist (RIS-Justiz RS0046148).

Zwischen Österreich und Saudi-Arabien besteht kein bilaterales Abkommen oder multilaterales Übereinkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen bzw von Entscheidungen über Ansprüche aus Flugverspätungen.

Aus dem Vorbringen des Klägers im Ordinationsantrag ergibt sich, dass er die Vollstreckung in Österreich anstrebt, was bei einem Exekutionstitel aus Saudi-Arabien – mangels Gegenseitigkeit (vgl Garber in Angst/Oberhammer, EO3 § 79 Rz 19) – nicht möglich ist. Der Ordinationsantrag ist daher bereits aus diesem Grund berechtigt, zumal die Mitgliedstaaten nach Art 47 GRC für Ansprüche aus der FluggastrechteVO einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz sicherzustellen haben, insbesondere wenn diese sonst außerhalb der Europäischen Union geltend zu machen wären (RS0132702).

3. Für die Auswahl des zu ordinierenden Gerichts ist nach der Rechtsprechung auf die Kriterien der Sach- und Parteinähe sowie der Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen (RS0106680 [T13]).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat eine Zuweisung der vorliegenden Rechtssache an das Bezirksgericht Schwechat zu erfolgen, weil der Abflugort im Sprengel dieses Gerichts gelegen war; zudem wurde die vorliegende Klage bei diesem Gericht bereits behandelt (vgl etwa 4 Nc 11/19h; 6 Nc 1/19b ua).

Textnummer

E127360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0080NC00037.19M.0110.000

Im RIS seit

22.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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