TE Lvwg Beschluss 2019/12/13 VGW-211/026/RP23/9781/2019

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Veröffentlicht am 13.12.2019
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Entscheidungsdatum

13.12.2019

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §129 Abs10
VwGVG §28 Abs3 2. Satz

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Ing. Zant über die Beschwerde der Frau A. B., vertreten durch Rechtsanwalts-Kommanditpartnerschaft, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe ..., Bauinspektion, vom 19.06.2019, Zl. ..., Auftrag gemäß § 129 Abs. 10 BO für Wien – Vorschriftswidrigkeit, den

BESCHLUSS

gefasst:

I.)     Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG wird der Bescheid aufgehoben und das Verfahren an die Behörde zurückverwiesen.

II.)    Der Antrag auf Kostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Mit Vorhalt vom 04.04.2019 wurde der nunmehrigen Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass am 28.02.2019 anlässlich einer Erhebung durch Organe der Baubehörde festgestellt wurde:

Durch Vermessen der gegenständlichen Baulichkeit wurde festgestellt, dass das bestehende Kleingartenhaus auf der gegenständlichen Liegenschaft nicht dem Konsensplan zur Bewilligung vom 23. November 1995, Zl. ... sowie der zugehörigen Benützungsbewilligung vom 13. Juli 1999, Zl. ... entspricht.

Das bestehende Gebäude gleicht augenscheinlich in den Umrissen dem im Konsensplan dargestelltem Kleingartenhaus; es bestehen jedoch Abweichungen zu den einzelnen Abmessungen im gravierenden Ausmaß.

Das Kleingartenhaus ist somit ein Aliud und sind gemäß § 129 Abs. 10 BO Baulichkeiten, für die keine Baubewilligung erwirkt wurde, zu beseitigen.

Ein Bauauftrag wurde in Aussicht gestellt und die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

In ihrer diesbezüglichen Stellungnahme vom 12.04.2019 führte die Beschwerdeführerin lediglich aus, dass sie nunmehr einen richtigen Einreichplan laut Bestand erstellen lasse und umgehend um Baubewilligung ersuchen werde.

Daraufhin erließ die Behörde den nunmehrigen Bescheid vom 19.06.2019 mit dem der Eigentümerin der Baulichkeit auf der gegenständlichen Liegenschaft, binnen 4 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides gemäß § 129 Abs. 10 BO für Wien der Auftrag erteilt wurde:

„Das ohne Baubewilligung errichtete, unterkellerte Kleingartenwohnhaus in Holzriegelbauweise im östlichen seitlichen Bereich des Kleingartens im Ausmaß von ca. 37,0 m², sowie der bestehende Keller sind abtragen zu lassen und das ursprüngliche Gelände ist wieder herstellen zu lassen.“

In der Begründung gab die Behörde die Darstellungen aus dem Vorhalt wieder und machte Ausführungen zur Eigentümerstellung der Beschwerdeführerin.

In ihrem dagegen eingebrachten Rechtsmittel führte die Beschwerdeführerin unter anderem Folgendes aus:

1. Zur Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Die belange Behörde bezieht sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich auf ein „internes Ermittlungsverfahren", unterlässt aber jegliche Ausführung darüber, worin die - ebenfalls im Rahmen der Begründung -- angeführten Abweichungen zu den einzelnen Abmessungen „im gravierenden Ausmaß" gegeben sein sollen.

Auch ist dem diesbezüglichen „Vorhalt" der belangten Behörde vom 4.4.2019 eine Konkretisierung der Abweichungen nicht zu entnehmen.

Dieser Vorhalt deckt sich inhaltlich mit der Begründung des angefochtenen Bescheides und ist auch diesem eine Konkretisierung der - auch dort - erwähnten Abweichungen zu den einzelnen Abmessungen „im gravierenden Ausmaß" nicht zu entnehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, ausgesprochen, dass nicht nur der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein muss, sondern auch, dass die Verwaltungsbehörde, die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigungen in ihren Entscheidungen gesetzmäßiger Weise offenlegen müssen.

Aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführerin nicht detailliert das Ausmaß der von der belangten Behörde erhobenen Abweichungen zur Kenntnis gebracht wurde, ist das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren grob mangelhaft geblieben und entspricht die Begründung des bekämpften Bescheides sohin in keiner Weise den gesetzlichen Vorgaben bzw. den von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Vorgaben.

Nach § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Wird ein Ermittlungsverfahren wie in gegenständlichem Verfahren in einem oder mehreren wichtigen Punkten unterlassen, so liegt nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sogar ein Indiz für willkürliche - und daher gleichheitswidrige - Vollziehung vor (vgl. Vfslg. 7328/8222).

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse eines Ermittlungsverfahren, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage „klar und übersichtlich" zusammenzufassen.

Diesen Bestimmungen ist die erstinstanzliche Behörde in der vorliegenden Angelegenheit jedoch in keiner Weise nachgekommen, weil der Beschwerdeführerin zu keiner Zeit zur Kenntnis gebracht wurde, worin die in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Abweichungen zu den einzelnen Abmessungen im gravierenden Ausmaß liegen sollen.

Hinzu kommt, dass aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hervorgeht, auf Grund welcher Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangte, dass das gegenständliche Kleingartenhaus ein Aliud sei.

2. Zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

Einerseits ist es der erstinstanzlichen Behörde auf Grund des mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahrens - diesbezüglich wird auf die Ausführungen zu Punkt 1. der Beschwerde verwiesen - in keiner Weise möglich gewesen, eine richtige rechtliche Beurteilung der vorliegenden Verwaltungssache vorzunehmen.

Andererseits liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit eines Bescheides auch vor, wenn der Spruch mangelhaft ist (VwGH 12.10.1993, 89/13/0104).

Im Spruch des bekämpften Bescheides wird die gegenständliche Liegenschaft nicht bezeichnet, sondern lediglich auf einen - zumindest nicht als solchen bezeichneten - Betreff verwiesen.

3. Beschwerdeanträge:

Aus den vorstehend genannten Gründen stellt die Beschwerdeführerin nachstehende

B E S C H W E R D E A N T R Ä G E

Das Verwaltungsgericht Wien möge

1.)  eine mündliche Verhandlung durchführen sowie

2.)  in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Zahl: ..., dahingehend abändern, dass der Auftrag, das ohne Baubewilligung errichtete, unterkellerte Kleingartenwohnhaus in Holzriegelbauweise im östlichen seitlichen Bereich des Kleingartens im Ausmaß von ca. 37,0 m2 sowie den bestehenden Keller abtragen zu lassen und das ursprüngliche Gelände wiederherstellen zu lassen, abgewiesen wird,

3.)  in eventu, den angefochtenen Bescheid aufheben und die gegenständliche Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückverweisen,

4.)  jedenfalls der Beschwerdeführerin den unten verzeichneten Schriftsatzaufwand zusprechen.“

Nach Aufforderung des Verwaltungsgerichts Wien bekanntzugeben, aus welchen Erwägungen die Behörde zu dem Schluss gekommen ist, dass es sich bei dem gegenständlichen Gebäude um ein Aliud handelt, übermittelte die Behörde mit Schreiben vom 06.11.2019 eine Lageskizze, die im Zuge der durchgeführten Vermessung am 28.02.2019 erstellt wurde. Weiters führte die Behörde dazu aus, dass aus dieser die einzelnen Abweichungen hervor gehen, durch welche man zu dem Schluss gekommen sei, dass das gegenständliche Gebäude ein Aliud darstelle.

Auch wurde im Zuge einer Vorbesprechung zur Einreichung der nachträglichen Bewilligung festgestellt, dass der gemäß § 14 Abs. (2) Wiener Kleingartengesetz vorgeschriebene Seitenabstand entlang der Grundgrenze zum östlich gerichteten Zugangsweg nicht eingehalten werde. Der Abstand zur Wegachse (Breite des Weges ca. 2,00m) von 2,50 m werde nicht erfüllt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Zu I.)

Für die gegenständliche Liegenschaft wurde laut geltendem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. ..., die Widmung „Grünland-Erholungsgebiet–Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen“ festgesetzt.

Gemäß § 129 Abs. 10 der Wiener Bauordnung (BO) ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten.

Vorschriftswidrig im Sinne dieser Gesetzesstelle ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jeder Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war und auch weiterhin erforderlich ist, eine solche jedoch nicht vorliegt. Gleiches gilt auch für den Fall der sonstigen Vorschriftswidrigkeit.

Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 1 WKlG 1996 ist im „Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet“ und „Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen“ sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen für Neu-, Zu- und Umbauten von Kleingartenhäusern und Kleingartenwohnhäusern sowie für die Umwidmung eines Kleingartenhauses in ein Kleingartenwohnhaus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Baubewilligung erforderlich. Alle anderen Bauführungen in Kleingärten und auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen bedürfen weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige; das Erfordernis der Zustimmung des Grundeigentümers nach Maßgabe zivilrechtlicher Bestimmungen bleibt unberührt.

Gemäß § 12 Abs. 1 WKlG 1996 darf das Ausmaß der bebauten Fläche gemäß § 80 Abs. 1 der Bauordnung für Wien im „Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet“ nicht mehr als 35 m², im „Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen“ nicht mehr als 50 m² betragen. Die bebaute Fläche darf 25 vH der Fläche des Kleingartens nicht überschreiten.

Gemäß § 13 Abs. 2 WKlG 1996 dürfen Kleingartenwohnhäuser eine Gesamtkubatur von höchstens 265 m³ über dem anschließenden Gelände haben, wobei der oberste Abschluss des Kleingartenwohnhauses nicht mehr als 5,50 m über dem verglichenen Gelände liegen darf.

Die Beschwerdeführerin ist alleinige Eigentümerin des gegenständlichen Kleingartenhauses und wird ihre Stellung als solche nicht bestritten.

Mit Bescheid vom 23.11.1995, Zl. ..., sowie der zugehörigen Benützungsbewilligung vom 13.07.1999, Zl. ..., erteilte die Behörde gemäß § 71 BO für Wien die Bewilligung für die Errichtung eines Kleingartenhauses. Aus dem dieser Bewilligung zugrunde liegendem Plan geht hervor, dass das Gebäude in einem Abstand von 1,0 m zum ostseitigen Aufschließungswerg errichtet wurde. Der oberste Abschluss beträgt 4,85 m, die grundsätzlich im Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen zulässige bebaute Fläche von 50,0 m² wird lediglich mit 33,66 m² ausgenutzt und wurde die Kubatur des Gebäudes mit 159,95 m² nachgewiesen.

Die Baubewilligung wird für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass für jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Bewilligung erwirkt werden muss (Hinweis E 24.11.1992, 92/05/0201). Es sind zwar Einzelfälle denkbar, in denen durch eine geringfügige Verschiebung eines Bauwerks nicht vom Vorliegen eines rechtlichen "Aliud" auszugehen ist, dies kann jedoch bei einer Verringerung des dreimetrigen Bauwichs um 18 cm nicht mehr gesagt werden (Hinweis E 3.7.2001, 2001/05/0072). Bedarf es aber einer neuen Baubewilligung infolge der festgestellten Lageänderung des Gebäudes, liegt keine baubehördliche Bewilligung des Gebäudes vor (VwGH vom 29.01.2008, Zl. 2005/05/0152).

Aus der im Akt einliegenden Vermessungsskizze geht hervor, dass die Abmessungen des Gebäudes nicht mit den im Plan eingetragenen Maßen übereinstimmen. Wobei hier Abweichungen im Bereich zwischen ca. 2 cm bis ca. 40 cm festgestellt wurden. Diese Ergebnisse entsprechen weitestgehend dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Vermessungsplan der E. ZT GmbH vom 27.07.2018.

Vermessungen der Höhe und Lage des Gebäudes lassen sich dem Akteninhalt nicht entnehmen. Es kann daher auch nicht festgestellt werden warum die Behörde davon ausgeht, dass der Abstand zur Achse des östlichen Aufschließungsweg von 2,50 m nicht eingehalten wird, zumal aus den bewilligten Plänen lediglich ein Abstand von 1,0 m zur östlichen Grundgrenze hervorgeht und der Abstand zur Achse des Aufschließungsweges überhaupt nicht im bewilligten Plan ausgewiesen wurde.

Es ist der Beschwerdeführerin jedenfalls Recht zu geben, dass weder aus dem ergangenen Bescheid, noch aus dem sonstigen Aktinhalt hervorgeht, warum die Behörde von einem Aliud des gegenständlichen Kleingartenhauses ausgeht. Zwar mag es durchaus zutreffend sein, dass das Gebäude von den bewilligten Maßen im Grundriss abweicht, doch fehlt jegliche Erläuterung, warum von ein anderen Gebäude als dem bewilligten Gebäude auszugehen ist. Auch hat die Behörde überhaupt nicht festgestellt, dass es sich um ein in der Größe und Lage anderes Gebäude handelt und wurde weder eine Änderung der Lage des Kleingartenhauses noch dessen Größe oder Höhe durch die Behörde behauptet.

Auch aus der Stellungnahme der Behörde vom 06.11.2019 geht nicht hervor, dass sich die Lage des Kleingartenhauses zum bewilligten Plan geändert hat, sondern wird lediglich festgehalten, dass der Seitabstand nicht eingehalten werde und der Abstand zur Wegachse von 2,50 m nicht erfüllt werde. In welchen Umfang dies festgestellt wurde wird nicht dargelegt und geht dies weder aus der durch die Behörde angefertigten Lageskizze, noch aus dem Vermessungsplan der Beschwerdeführerin hervor. Mit der Baubewilligung für das Kleingartenhaus wurde ein Abstand von 1,0 m zur östlichen Grundgrenze bewilligt, dass dieser Abstand nicht eingehalten wird, wird durch die MA 37 jedenfalls nicht behauptet.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.6.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Es wird nunmehr Aufgabe der Behörde sein nachvollziehbar festzustellen, inwieweit das vorhandene Kleingartenhaus hinsichtlich seiner Lage, Abmessungen und Größe tatsächlich vom bewilligten Gebäude abweicht und diese Feststellungen der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs entsprechend zur Kenntnis zu bringen und dann einen entsprechend nachvollziehbar begründeten Bescheid zu erlassen.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 3 VwGVG entfallen.

Zu II.)

Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, bestimmen gemäß § 74 Abs. 2 AVG die Verwaltungsvorschriften. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschalbetrag festgesetzt werden.

Da die Wiener Bauordnung als anzuwendende Verwaltungsvorschrift keinen Kostenersatz für Verfahren der gegenständlichen Art vorsieht, greift § 74 AVG, wonach jeder Beteiligte – somit auch die Beschwerdeführerin – die ihr erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten haben, weshalb der Antrag auf Aufwandersatz mangels Rechtsgrundlage als unzulässig zurückzuweisen war.

Schlagworte

Baupolizeilicher Auftrag; Bewilligungspflicht; Kleingartenhaus; Konsenswidrigkeit; Akteninhalt; Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.211.026.RP23.9781.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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