TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/28 LVwG 50.38-2304/2019

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Veröffentlicht am 28.01.2020
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Entscheidungsdatum

28.01.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L82006 Bauordnung Steiermark

Norm

AVG §19
VwGVG 2014 §7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Bernhard Peter Lindner über die Beschwerde der Frau B C, vertreten durch D & E GmbH, Hgasse, G, gegen den Bescheid des Stadtsenats der Stadt Graz vom 30.07.2019, GZ: A17-BAB-098512/2018/0050,

z u R e c h t e r k a n n t :

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet

abgewiesen,

als dass folgende Projektänderungen

?   Die im Gutachten DI F H vom 26.11.2019, GZ xx angeführten Vorschläge und Empfehlungen sowie Auflagen werden bei Umsetzung des Projektes eingehalten. Das Gutachten bildet einen integrierten Bestandteil der Baugenehmigung (siehe Beilage). Der auf Seite 7 des Gutachtens angeführte Absatz 4 wird hierbei aufgrund der mündlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung wie folgt korrigiert:

    „Bei der Nachbemessung der Sickeranlagen für ein 20-jährliches Niederschlagsereignis, wurde eine ungünstige Sickerleistung des Bodens von Mittel 5x10-6 m/s angesetzt und die Einbindung in den tieferliegenden Terrassenschotter zum Ansatz gebracht. Demnach vergrößern sich die dabei erforderlichen Retentionsvolumina, wie im Einzelnen kurz nachfolgend dargelegt.“

?   Die Randleisten des Gehweges werden bündig ausgeführt, sodass Niederschlagswässer in die angrenzenden Freiflächen verrieseln können.

?   Die Mulde an der Grenze zu Grundstück xx, KG X wird, wie im Plan ersichtlich, ausgebildet, wobei diese eine Verbreiterung auf das zu bebauende Grundstück auf einen Meter Breite erfährt.

?   Die Sickerschachtanlage SS5 wird mit einem Durchmesser von DN 2.500 und einer Einstauhöhe von 3,60 m ausgeführt.

?   Die unter der Mulde liegenden künstlich einzubringenden Kieserigolkörper werden entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück xx und in einem Teilbereich xx in einer Gesamtlänge von 20 m gemäß dem Einreichplan eingebaut, wobei die Unterkante bis zu der Bodenschichte geführt wird, welche eine Sickerfähigkeit von mindestens 5x10-5 m/s analog der Sickerfähigkeit der darüberliegenden Humuspassage aufweist.

einer abweichenden Ausführung sowie Darstellung im Bewilligungsbescheid vom 30.07.2019, GZ: A17-BAB-098512/2018/0050 vorgehen.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.     Beschwerdegegenstand, Verfahrensgang:

1. Beschwerdegegenstand

1.1. Bekämpfte Entscheidung

Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz (im Folgenden belangte Behörde) vom 30.07.2019, GZ: A17-BAB-098512/2018/0050, wurde der A GmbH (im Folgenden Bauwerberin) die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung von zwei Mehrfamilienwohnhäusern mit 20 Wohneinheiten, einer Tiefgarage für 23 Pkw-Abstellplätzen, eines Pkw-Abstellplatzes im Freien, von Flugdächern, einer Lärmschutzwand sowie zur Vornahme von Geländeveränderungen auf den Grundstücken Nr. xx, xy und xz, KG X, unter Vorschreibung diverser Auflagen erteilt.

1.2. Beschwerde

Gegen oben angeführte Entscheidung der belangten Behörde richtet sich die fristgerechte Beschwerde von Frau B C (im Folgenden Beschwerdeführerin) und führt diese im Wesentlichen folgende Beschwerdepunkte ins Treffen:

?    Die Planunterlagen seien mangelhaft.

?    Es würden zahlreiche Verfahrensmängel vorliegen.

?  Durch Geländeveränderungen würde es zu einer negativen Änderung der Abflussverhältnisse kommen.

?    Die Entwässerungsanlagen seien unzureichend dimensioniert.

?    Es würde eine unzulässige Innenhofbebauung vorliegen.

?    Die Auflagen, mit welchen die Bauzeit festgelegt werden, seien unzureichend.

Demzufolge wird beantragt, das Landesverwaltungsgericht Steiermark möge in Stattgebung der Beschwerde eine mündliche Verhandlung sowie einen Ortsaugenschein zur Beurteilung der tatsächlichen Geländegegebenheiten durchführen und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften abändern und das Bauansuchen abweisen, in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit in Folge von Verfahrensvorschriften aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverweisen.

2. Verfahrensgang

2.1.

Im Zuge der Beschwerdemitteilung wurde von Seiten der Bauwerberin bekanntgegeben, dass sie die Beschwerde zur Kenntnis nehme und eine mündliche Verhandlung beantragt.

2.2.

Mit Beschluss vom 25.10.2019 wurde der Amtssachverständige Mag. I J dem gegenständlichen Verfahren beigezogen.

2.3.

Zumal von Seiten des Amtssachverständigen bekanntgegeben wurde, dass in naher Zukunft keine Erledigung getroffen werden könnte, wurde von Seiten der Bauwerberin beantragt, einen privaten Sachverständigen dem Verfahren beizuziehen.

2.4.

Nach Abbestellung des Amtssachverständigen wurde Herr DI F H als entwässerungstechnischer Sachverständiger mit Beschluss vom 08.11.2019 dem Verfahren beigezogen.

2.5.

DI F H kam mit Gutachten vom 29.11.2019 dem Gutachtensauftrag nach.

2.6.

Für 20.12.2019 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und gleichzeitig das Gutachten zur Abgabe einer Stellungnahme an die Parteien übermittelt.

2.7.

Aufgrund eines Urlaubes des Rechtsvertreters wurde eine Vertagungsbitte eingebracht, welcher nicht nachgekommen wurde.

2.8.

Mit Eingabe vom 17.12.2019 wurde ein Ablehnungsantrag sowie eine Stellungnahme zum übermittelten Gutachten von Seiten der Beschwerdeführerin vorgelegt.

2.9.

Am 20.12.2019 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

2.10.

Mit Schreiben vom 16.01.2020 trat die Beschwerdeführerin, samt einer fachlichen Stellungnahme von DI Dr. K, dem Gutachten DI F H entgegen.

II.    Feststellungen

Auf Grundlage des dem Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Eingabe vom 20.09.2019 vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie der geführten Ermittlungsschritte des erkennenden Gerichts, geht das Landesverwaltungsgericht Steiermark von nachstehenden entscheidungsrelevanten Feststellungen aus:

Die Planunterlagen sind ausreichend um sich über Art und den Umfang des Bauvorhabens sowie über die Einflussnahme auf Nachbarrechte informieren zu können.

Die Beschwerdeführerin wird durch das gegenständliche Projekt in keinem subjektiv-öffentlichen Recht im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes verletzt.

Bei der projektierten Veränderung des Geländes und der damit verbundenen Änderungen der Abflussverhältnisse, ist nicht mit einer Gefährdung oder unzumutbaren Beeinträchtigung der beschwerdeführenden Nachbarschaft zu rechnen und sind die Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Niederschlagswässern so geplant, dass Gefahren oder unzumutbare Beeinträchtigungen der beschwerdeführenden Nachbarschaft nicht zu erwarten sind.

Es liegen keine subjektiven sowie objektiven Befangenheitsgründe des Richters der Gerichtsabteilung 38 vor.

III.   Beweiswürdigung

Diese Feststellungen gründen sich in erster Linie auf den vorliegenden Verwaltungsakt der Verwaltungsbehörde sowie den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen sowie dessen Ergänzungen in der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Zwar könnte eine Partei Unvollständigkeiten eines Gutachtens aufzeigen und dagegen relevante Einwendungen erheben, doch müsste dies durch auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelte Argumente erfolgen. Durch bloße gegenteilige Behauptungen, in denen einzelne Einschätzungen und Schlussfolgerungen eines Sachverständigen als unrichtig bezeichnet werden, kann dessen Gutachten jedoch nicht entkräftet werden. Hiefür wäre – jedenfalls regelmäßig – nicht nur eine präzise Darstellung der gegen das Gutachten gerichteten sachlichen Einwände, sondern darüber hinaus die Vorlage des Gutachtens eines anderen Sachverständigen erforderlich (vgl. VwGH 30.06.2010, 2009/12/0124;10.11.2008; 2003/12/0078). Im gegenständlichen Fall wurden Einwände getätigt und konnte diesen im Zuge der mündlichen Verhandlung schlüssig und nachvollziehbar entgegengetreten werden. Sämtliche Fragen der Beschwerdeführerin wurden ausführlich erörtert und nachvollziehbar beantwortet.

Aus den Plänen sind Höhenkoten zu entnehmen und waren die Unterlagen für eine gutachterliche Beurteilung ausreichend, weshalb von korrekten Planunterlagen ausgegangen wird. Auch das Urgelände und die Geländeveränderung sind im Schnitt dargestellt.

Hinsichtlich der eingereichten Stellungnahme des Ingenieurbüros Dr. K vom 11.01.2020 darf vorweg ausgeführt werden, dass es sich eben um eine Stellungnahme und um kein Gegengutachten handelt.

Hinsichtlich der darin aufgezeigten „Fragen“ darf wie folgt eingegangen werden:

„Zu 1“

Wenn Dr. K angibt, dass der gutachterliche Schluss nur richtig sei, wenn die derzeit bebauten Flächen ebenfalls frei auf die angrenzenden Rasenflächen entwässern und ihm dies nicht bekannt sei, so ist ihm vorzuhalten, dass er anders als DI F H keinen Ortsaugenschein durchgeführt hat. Darüber hinaus ist es nicht erforderlich Unterlagen sowie Nachweise über das Nichtvorliegen von Umständen einem Projekt anzuschließen.

Die weitere zu diesem Punkt getätigte Stellungnahme betrifft die Bauausführung („bei der Ausführung ist darauf zu achten….“; “während der Errichtung….“) und ist sohin im Projektgenehmigungsverfahren bzw. bei der Beantwortung der entscheidenden entwässerungstechnischen Fachfragen nicht von Relevanz.

„Zu 3“

Auch die diesbezüglichen Ausführungen („es ist darauf zu achten, dass im Bauzustand“; „Der Bauzustand sei darzustellen“) betreffen die Baudurchführung und können sohin keinen verfahrensrelevanten Punkt aufwerfen.

„Zu 4“

Hier kommt Dr. K letztlich zum Schluss, dass der angenommene kf-Wert deutlich auf der sicheren Seite liegen würde, tritt dem Gutachten DI F H sohin nicht entgegen.

Darüber hinaus bezieht er sich wieder auf die nicht zu beurteilende Baudurchführung („die Einbindung wäre entsprechend nachzuweisen…“).

Zusammenfassend tritt die Stellungnahme Dr. K dem eingeholten Gutachten von DI F H hinsichtlich der verfahrensrelevanten Fragestellungen nicht entgegen.

Demzufolge konnten die Feststellungen hinsichtlich der Niederschlagsbeseitigung aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren sowie im Einklang mit den Denkgesetzen stehende Gutachten DI F H getroffen werden.

IV.    Erwägungen

In Subsumtion dieses Sachverhaltes unter die nachstehenden Normen, hat das Landesverwaltungsgericht Steiermark im Verwaltungsgegenstand erwogen wie folgt:

1. Allgemeines

Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nichts anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Das Verwaltungsgericht hat somit in Anwendung der Bestimmungen der
§§ 17 ff VwGVG über die Beschwerde zu erkennen.

2. Die für die Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen

Die entscheidungsrelevanten Normen des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (im Folgenden Stmk. BauG) lauten wie folgt:

§ 26 Stmk. BauG

„(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

      1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist

      2. die Abstände (§ 13);

      3. den Schallschutz (§ 77 Abs. 1)

      4. die brandschutztechnische Ausführung der Außenwände von Bauwerken an der Nachbargrenze (§ 52 Abs. 2)

      5. die Vermeidung einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung bzw. unzumutbaren Beeinträchtigung (§ 57 Abs. 2, § 58, § 60 Abs. 1, § 66 zweiter Satz und § 88)

      6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).

(2) (Anm: derogiert durch § 82 Abs. 7 AVG)

(3) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das im Privatrecht begründet ist (privatrechtliche Einwendung), so hat die Behörde zunächst eine Einigung zu versuchen. Kommt keine Einigung zustande, so ist der Beteiligte mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen.

(4) Bei Neu- oder Zubauten sowie Nutzungsänderungen, die dem Wohnen dienen, sind auch Einwendungen im Sinn des § 26 Abs. 1 Z 1 zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer/einem genehmigten benachbarten:

      1. gewerblichen Betriebsanlage oder

      2. Seveso-Betrieb oder

      3. land- oder forstwirtschaftlichen Betriebsanlage

ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken (heranrückende Wohnbebauung). Dies gilt jedoch nur in Bezug auf rechtmäßige Emissionen, deren Zulässigkeit vom Nachbarn zu belegen ist.

(5) Bei Neu- oder Zubauten sowie Nutzungsänderungen innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes eines rechtmäßig bestehenden Seveso-Betriebes, wird dem Betriebsinhaber das Recht eingeräumt, das Risiko eines schweren Unfalls beim Seveso-Betrieb oder, soweit ein solches Risiko bereits besteht, dessen Vergrößerung oder Verschlimmerung der Folgen eines solchen Unfalls einzuwenden.

(6) Bei Neu-, Zu und Umbau eines Seveso-Betriebes sowie bei einer Nutzungsänderung zu einem Seveso-Betrieb wird dem Nachbarn innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes das Recht eingeräumt, das Risiko eines schweren Unfalls beim Seveso-Betrieb oder, soweit ein solches Risiko bereits besteht, dessen Vergrößerung oder Verschlimmerung der Folgen eines solchen Unfalls einzuwenden.“

§ 57 Stmk. BauG

„(1) Bei Bauwerken muss unter Berücksichtigung ihres Verwendungszweckes für das Sammeln und Beseitigen der Abwässer und Niederschlagswässer vorgesorgt sein.

(2) Die Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Abwässern und Niederschlagswässern sind so anzuordnen, herzustellen und instand zu halten, dass sie betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen.

(3) Die Tragfähigkeit des Untergrundes und die Trockenheit von Bauwerken darf durch Anlagen zum Sammeln und Beseitigen der Abwässer und Niederschlagswässer nicht beeinträchtigt werden.

(4) Die Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Abwässern und Niederschlagswässern müssen ohne großen Aufwand überprüft und gereinigt werden können.“

§ 88 Stmk. BauG

„Bei Veränderungen des Geländes gemäß den §§ 19 oder 20 dürfen damit verbundene Änderungen der Abflussverhältnisse keine Gefährdungen oder unzumutbaren Beeinträchtigungen verursachen.“

3. Zur Kognitionsbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes

Das Verwaltungsgericht hat grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war; bei Parteibeschwerden iSd Art. 132 Abs 1 Z 1 B-VG von Parteien mit nur einzelnen subjektiv-öffentlichen Rechten – wie etwa Nachbarn im Baubewilligungsverfahren – aber stets nur im Rahmen dieser Bestimmung, also nur insoweit, als die Frage einer Verletzung derartiger subjektiv-öffentlicher Rechte Gegenstand ist (vgl. VwGH 30.06.2015, Ra 2015/03/0022). Demzufolge hat das erkennende Gericht nur auf jene Beschwerdepunkte einzugehen, sofern mit diesen ein subjektiv-öffentliches Recht verbunden ist.

4. Zum Nachbarrecht im Allgemeinen

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt. Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. VwGH 07.11.2013, 2011/06/0104).

Der Nachbar im Sinne des Stmk. BauG behält seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren nur, wenn er (taugliche) Einwendungen im Rechtssinn erhoben hat. Eine Einwendung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen ist, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet (vgl. VwGH 13.04.2010, 2008/05/0141). Einer Einwendung des Nachbarn in einem Baubewilligungsverfahren muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt eine Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht wird und ferner welche Art dieses Recht ist. Dies bedeutet, dass aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen sein muss, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Einwendungen müssen konkret gehalten sein, der Nachbar muss das Recht, in dem er sich verletzt erachtet, aber nicht ausdrücklich bezeichnen und auch nicht angeben, auf welche Gesetzesstelle sich seine Einwendung stützt, er muss seine Einwendung auch nicht begründen, es muss aus seinem Vorbringen nur erkennbar sein, welche Rechtsverletzung von ihm behauptet wird (vgl. VwGH 17.04.2012, 2009/05/0054).

5. Zu den einzelnen Beschwerdepunkten

In Anbetracht der oben angeführten rechtlichen Ausführungen zum Baubewilligungsverfahren, darf auf die einzelnen Beschwerdepunkte wie folgt eingegangen werden:

5.1.     Die Planunterlagen seien mangelhaft.

Der Nachbar kann Mängel in den Planunterlagen dann als Verletzung von Nachbarrechten geltend machen, wenn er sich infolge dieser Mängel nicht ausreichend über Art und den Umfang des Bauvorhabens sowie über die Einflussnahme auf seine Rechte informieren konnte (vgl. VwGH 22.12.2015, Ra 2015/06/0121).

Die Beschwerdeführerin konnte sich ausreichend über Art und den Umfang des Bauvorhabens informieren und konnte sie dementsprechend auch ihre Einwendungen erheben. Hinsichtlich der aufgezeigten Abflusssituation waren die Unterlagen auch für den beigezogenen Sachverständigen ausreichend, um eine gutachterliche Beurteilung vornehmen zu können.

Ein substantiiertes Vorbringen, worin die Mangelhaftigkeit der Planunterlagen liegen sollte, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.

5.2.     Es würden zahlreiche Verfahrensmängel vorliegen.

Allfällige Verfahrensmängel im Verfahren vor der belangten Behörde können durch ein mängelfreies Verfahren vor dem VwG saniert werden (vgl. VwGH 26.02.2019, Ra 2019/06/0011). Sollten sohin Verfahrensmängel vorliegen, sind diese im Verfahren vor dem VwG saniert worden.

5.3.     Die Oberflächenentwässerung sei unzureichend

§ 26 Abs 1 Z 5 Stmk. BauG 1995 verweist im Klammerausdruck auf jene Bestimmungen, die die Gefährdungen bzw. unzumutbaren Belästigungen enthalten, nämlich Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Abwässern und Niederschlagswässern, Anlagen zur Beseitigung sonstiger Abflüsse, die Abführung von Abgasen aus Feuerstätten, Lüftungsanlagen und die Veränderung des Geländes und damit zusammenhängende Änderungen der Abflussverhältnisse.

Von Seiten der Beschwerdeführerin wurde rechtzeitig vorgebracht, dass die Oberflächenentwässerung unzureichend ist. Dieses Vorbringen erwies sich im Zuge des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark als zutreffend. Insbesondere stellte sich heraus, dass die Grundstücksentwässerung in der von der belangten Behörde genehmigten Art und Weise eine Belästigung der Beschwerdeführerin zur Folge hätte, zumal sie nicht auf ein 20-jährliches Regenereignis abstellt.

Die Baubehörde wie auch das Landesverwaltungsgericht Steiermark ist verpflichtet, den Bauwerber bei Widerspruch seines Vorhabens zu gesetzlichen Bestimmungen nahezulegen, sein Projekt entsprechend abzuändern, um einen Versagungsgrund zu beseitigen und darf mit einer Abweisung des Bauantrages erst dann vorgegangen werden, wenn der Antragsteller sich weigert, eine Änderung des Projekts vorzunehmen (vgl. VwGH 27.05.1999, 98/06/0138).

Zumal die Bauwerberin aufgrund der gutachterlichen Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen die Abweisung ihres Projekts drohte, änderte sie die Entwässerung ihres Projektes dementsprechend ab.

Aufgrund des geänderten Ansuchens hinsichtlich der Entwässerung, konnte schließlich von Seiten des beigezogenen Sachverständigen auf dem Gebiet der Entwässerungstechnik schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werden, dass durch das nunmehr vorliegende Projekt die Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Niederschlagswässern so geplant sind, dass sie betriebssicher sind und Gefährdungen oder unzumutbare Belästigungen hinsichtlich der beschwerde-führenden Nachbarschaft nicht entstehen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die zulässigerweise aufgegriffenen Nachbareinwendungen, nach Durchführung einer unwesentlichen Projektänderung, nunmehr unbegründet sind.

5.4.   Durch die Geländeveränderung würden sich die Abflussverhältnisse ändern und daraus Gefährdungen resultieren

Gemäß § 26 Z 5 iVm § 88 Stmk. BauG 1995 dürfen bei Veränderungen des Geländes und damit verbundene Änderungen der Abflussverhältnisse keine Gefährdungen oder unzumutbare Beeinträchtigungen verursachen.

Dementsprechende Einwendungen wurden rechtzeitig getätigt.

Unter Beiziehung des Sachverständigen für Entwässerungstechnik konnte jedoch festgestellt werden, dass es durch das gegenständliche Projekt zu keiner unzumutbaren Beeinträchtigung oder gar Gefährdung durch abfließende Niederschlagswässer kommt.

In diesem Zusammenhang darf ausgeführt werden, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, in dem das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt zu beurteilen ist, wobei der in den Einreichplänen und den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist. Eine Beeinträchtigung der Nachbarrechte ist daher nur anhand des in den Einreichplänen dargestellten Projektes zu beurteilen, und es kommt in diesem Verfahren nicht darauf an, welcher tatsächliche Zustand besteht oder ob die Bauausführung tatsächlich anders erfolgt, als im beantragten Projekt angegeben ist (vgl. VwGH 01.08.2017, Ro 2014/06/0003).

Insofern geht das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere.

Dementsprechend war die Beschwerde, nach entsprechender Projektänderung, auch hinsichtlich dieses Beschwerdepunktes abzuweisen.

5.5.     Es würde eine unzulässige Innenhofbebauung vorliegen.

Es gibt gemäß § 26 Abs. 1 Stmk BauG in Bezug darauf, ob das Bauvorhaben den raumplanerischen Zielsetzungen des Schutzes und der Revitalisierung von Innenhöfen und Vorgärten im Sinne des 4.0 Stadtentwicklungskonzept entspricht, kein Nachbarrecht.

Auf die diesbezüglichen Einwendungen ist daher nicht näher einzugehen.

5.6.     Die Auflagen, mit welchen die Bauzeit festgelegt werden, seien unzureichend.

Einwendungen iSd § 26 Abs 1 Stmk. BauG haben sich auf die Bewilligungsfähigkeit des zu beurteilenden Bauvorhabens, nicht jedoch auf dessen Ausführung zu beziehen. Dies verkennt auch der beigezogene Privatgutachter DI Dr. K durchgehend. Auch der geforderte Lärmschutz durch Einschränkung der Bau- und Abbrucharbeiten selbst ist demnach nicht ein Vorbringen, welches von einem Nachbarrecht nach § 26 Abs 1 Stmk. BauG getragen wird.

Beeinträchtigungen während der Bauausführung begründen demnach keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte (vgl. VwGH 22.12.2015, Ra 2015/06/0123).

Auf die diesbezüglichen Einwendungen ist daher nicht näher einzugehen.

5.7.     Weitere unzulässige Einwendungen

Eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführerin in Bezug auf einen von ihr behaupteten Widerspruch des Bauprojekts gegen die Bestimmungen des Ortsbildschutzes (betreffend das Gutachten des Stadtplanungsamtes) ist nicht gegeben, weil § 26 Abs. 1 Stmk BauG dem Nachbarn hinsichtlich dieser Frage kein Nachbarrecht eingeräumt hat. Der Nachbar hat keinen Rechtsanspruch auf Wahrung eines Orts- und Landschaftsbildes und kein Recht auf Sicht in die Landschaft sowie auf Berücksichtigung schönheitlicher Rücksichten (vgl. VwGH 03.10.2016, Ra 2016/06/0090).

Zur Frage möglicher Rutschungen (für sich allein), also zur Eignung des Bauplatzes, kommt der Beschwerdeführerin nach dem Stmk. BauG auch kein Mitspracherecht zu (vgl. VwGH 27.01.2009, 2007/06/0117).

6.   Zusammenfassend

Mangels der Verletzung in subjektiven öffentlichen Rechten der Beschwerdeführerin war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich des als wahren Grund für die Beschwerde kundgemachten und begehrten Sichtschutzes samt grundbücherlicher Eintragung, wurde im Sinne des § 26 Abs 3 Stmk. BauG ein Einigungsversuch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung durchgeführt. Dieser blieb jedoch ohne Erfolg.

7.   Zum Ablehnungsantrag

Mit Schriftsatz vom 17.12.2019 stellte die Beschwerdeführerin u.a. den Antrag, dass der verfahrensführende Richter wegen Befangenheit vom Verfahren zurücktrete, und begründete dies damit, dass der Verhandlungsleiter ein „Schnellverfahren“ zugunsten der Bewilligungswerberin durchführen würde. Zu diesem Antrag ist zunächst auszuführen, dass § 7 AVG iVm § 17 VwGVG kein förmliches Antrags- oder Ablehnungsrecht einräumt und über einen derartigen Antrag auch nicht gesondert abzusprechen ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 Rz 17 mwN [Stand 1.1.2014, rdb.at]), sondern Verwaltungsrichter ihre Befangenheit von Amts wegen wahrzunehmen haben. Ein Befangenheitsgrund liegt aber nicht vor.

Das Landesverwaltungsgericht hat gemäß § 17 VwGVG iVm. § 18. Abs 1 AVG die „Sache“, also die Beschwerdeangelegenheit, möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen.

Entscheidet sich das Gericht nach dem Grundsatz der arbiträren Ordnung im Sinne des § 39 AVG, trotz Vorliegen eines Vertagungsersuchens, eine Verhandlung aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Raschheit dennoch durchzuführen, hat dies keine Befangenheit des anordnenden Richters zur Folge.

Der Umstand, dass eine Partei einen bestimmten Anwalt (hier ihren Sohn), einer Rechtsanwalts GmbH mit zahlreichen Anwälten, als Vertreter wünscht ist kein solcher, welcher zwingend die Vertagung der bereits anberaumten Verhandlung (mit Sachverständigenbeteiligung) fordert.

VI.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne
des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung
zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Vertagung, Rechtsanwalt, Rechtsanwaltskanzlei, Befangenheit, Vertretung durch einen bestimmten Rechtsanwalt, mündliche Verhandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.50.38.2304.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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