TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/11 L503 2201203-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.11.2019
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Entscheidungsdatum

11.11.2019

Norm

AVG §18 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L503 2201203-1/3E

L503 2201203-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard LEBITSCH, gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Salzburg, vom 12.6.2018, GZ: XXXX , beschlossen:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard LEBITSCH, vom 12.3.2018 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Salzburg, zu Recht erkannt:

A.) Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Salzburg, wird gemäß § 28 Abs 7 VwGVG beauftragt, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der im gegenständlichen Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichtes binnen acht Wochen zu erlassen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit E-Mail vom 24.2.2017 ersuchte der Ehegatte der nunmehrigen Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: "BF") die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden kurz: "SVA") um Auskunft, ob die BF bei Pensionsaufschub in den Genuss eines halbierten Beitragssatzes kommen könne und ob diese Vorteile beantragt werden müssten bzw. rückwirkend ab dem 60. Lebensjahr geltend gemacht werden könnten.

2. Mit Schreiben der SVA vom 29.3.2017 wurde der BF mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für die Halbierung des Pensionsversicherungsbeitrages gemäß § 26 Abs 7 GSVG geprüft worden seien. Es sei festgestellt worden, dass die BF die notwendigen Voraussetzungen nicht erfülle. Die BF habe das Regelpensionsalter (Frauen 60 bis 63 Jahre) bereits überschritten. Eine Halbierung des Pensionsversicherungsbeitrages könne daher nicht vorgenommen werden.

3. Mit einem an die SVA gerichteten E-Mail vom 8.6.2017 beantragte die BF, die SVA möge bescheidmäßig darüber absprechen, dass und aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Halbierung ihres Pensionsversicherungsbeitrages wegen Pensionsaufschubs nicht vorgenommen werden könne.

4. Mit E-Mail vom 29.6.2017 übermittelte die BF der SVA ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 23.6.2017, in welchem festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen zur Entrichtung des halben Pensionsversicherungsbeitrages auf Basis des ASVG seit 1.1.2017 erfüllt seien. Aus dem angeschlossenen Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt geht hervor, dass geprüft worden sei, ab wann und für welchen Zeitraum die Entrichtung der halben Pensionsversicherungsbeiträge möglich sei. Die Prüfung der Voraussetzungen habe ergeben, dass der Stichtag, an dem erstmals die Anspruchsvoraussetzungen für die Regelalterspension gemäß § 253 ASVG erfüllt seien, der 1.2.2013 sei. Die Entrichtung des halben Pensionsversicherungsbeitrages sei daher grundsätzlich für die Zeit eines Pensionsaufschubes vom 1.1.2017 bis längstens 31.12.2019 möglich. Es werde noch keine Regelalterspension gemäß § 253 ASVG bezogen.

5. Mit Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters vom 12.3.2018, eingelangt bei der SVA, Landesstelle Salzburg, am 13.3.2018, erhob die BF Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges wurde zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde ausgeführt, dass über den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung vom 8.6.2017 trotz mehrfacher Urgenzen bislang nicht entschieden worden sei. Von der belangten Behörde seien auch keine Verfahrensschritte gesetzt worden. Die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 8 VwGVG sei daher zum nunmehrigen Zeitpunkt längst abgelaufen. Dass die Entscheidung bisher nicht erfolgt sei, sei ausschließlich der belangten Behörde anzulasten, die BF treffe kein Verschulden. Sodann wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge über den Antrag vom 8.6.2017 in der Sache entscheiden bzw. den begehrten Feststellungsbescheid erlassen.

6. Mit als "Bescheid" bezeichneter Erledigung vom 12.6.2018 sprach die SVA in der Folge aus, dass der Antrag im Rahmen des § 27 Abs 6 GSVG, für Personen, deren Alterspension sich wegen Aufschubes der Geltendmachung des Anspruchs erhöht (§ 143a, § 5 Abs 4 APG), für jeden für diese Erhöhung zu berücksichtigenden Monat die Hälfte des auf die pflichtversicherte Person entfallenden Beitragsteiles aus Mitteln der Pensionsversicherung zu zahlen, abgewiesen werde.

In ihrer Begründung wies die SVA darauf hin, dass die Behörde im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß 16 VwGVG innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen könne. Dieser Bestimmung werde mit gegenständlichem Bescheid entsprochen.

Die SVA stellte fest, dass die BF mit 1.2.2013 die Voraussetzungen für die Alterspension erfülle, aber im gegenständlichen Zeitraum keine derartigen Leistungen bezogen habe.

In rechtlicher Hinsicht führte die SVA aus, dass sich aufgrund eines Erlasses des Sozialministeriums vom 24.4.2017 (GZ: BMASK-21105/0014-II/A/2/2017) für ab 1.1.1955 geborene Versicherte ab Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Regelalterspension maximal drei Jahre des Pensionsaufschubes für die Höhe der Bonifikation auswirken würden. Der Zeitraum, für welchen der halbe Pensionsversicherungsbeitrag entrichtet werden könne, betrage daher maximal 36 Kalendermonate ab Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Regelalterspension, frühestens daher mit 1.1.2017. Den Intentionen des Gesetzgebers folgend sei auch für vor dem 1.1.1955 geborene Personen ein Zeitraum von maximal 36 Monaten für die Bonifikation und somit für die Halbierung des Beitragssatzes maßgeblich. Da der Pensionsstichtag mit 1.2.2013 anzusetzen sei, komme eine Inanspruchnahme der Regelung des § 27 Abs 6 GSVG daher nicht in Frage.

Diese Erledigung wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der BF am 14.6.2018 um 00:19 Uhr per E-Mail zugestellt und weist weder eine Amtssignatur noch eine Unterschrift auf.

7. Mit Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters vom 11.7.2018 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen die als "Bescheid" bezeichnete Erledigung der SVA vom 13.6.2018. Darin monierte die BF, dass die angefochtene Erledigung keine rechtswirksame Bescheiderlassung darstelle. Entgegen den Anforderungen des AVG enthalte die Erledigung weder eine Amtssignatur noch eine Unterschrift, sodass es ihr schon an der Bescheidqualität mangle. Innerhalb der dreimonatigen Entscheidungsfrist gemäß § 16 VwGVG sei daher kein Bescheid erlassen worden, sodass die eingebrachte Säumnisbeschwerde vom 12.3.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen sei, welches zur Entscheidung über den Antrag vom 8.6.2017 zuständig sei. Eventualiter wurde vorgebracht, dass die Erledigung - wenn ihr dennoch Bescheidqualität zukommen sollte - auch unzuständiger Weise erlassen worden sei. Die Säumnisbeschwerde sei am 12.3.2018 eingebracht worden. Die Erledigung sei daher im Hinblick auf die Dreimonatsfrist des § 16 VwGVG verspätet ergangen, sodass die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen sei.

Zudem sei der Bescheid gesetzwidrig und entbehre jeder nachvollziehbaren Begründung. Die der BF zustehende Halbierung der Pensionsbeiträge ergebe sich aus dem Gesetz (§ 27 Abs 6 GSVG). Der Bescheid stütze sich nicht auf das Gesetz, sondern auf einen nicht nachvollziehbaren und nicht zugänglichen Erlass des Ministeriums, ohne diesen auch nur annähernd darzustellen. Diesem Erlass komme keine Verbindlichkeit im Hinblick auf die Rechte der Versicherten und keine Rechtswirkung zu. Der die Halbierung der Pensionsversicherungsbeiträge verneinende Bescheid sei daher gesetzwidrig. Weder ein Erlass noch "Intentionen" des Gesetzgebers hätten Verbindlichkeit, entscheidend sei allein der Gesetzeswortlaut. Es wäre überdies gleichheitswidrig, jemanden schlechter zu stellen, der (noch) länger im aktiven Arbeitsverhältnis steht (wodurch Pensionsleistungen erspart würden), als jemanden, der zwar etwas länger aktiv dient und damit quasi doppelt belohnt würde (Bonus bei Pensionsleistung und halbe Pensionsbeiträge).

8. Am 19.7.2018 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF wurde am XXXX geboren. Sie erfüllte mit Stichtag 1.2.2013 die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Alterspension. Die BF bezieht seit 1.10.2019 eine Alterspension.

Mit Schreiben vom 29.3.2017 teilte die SVA der BF auf ein vorangegangenes Auskunftsersuchen hin mit, dass eine Halbierung der Pensionsversicherungsbeiträge nicht vorgenommen werden könne und begründete dies damit, dass die BF die notwendigen Voraussetzungen nicht erfülle.

Mit einem an die SVA gerichteten E-Mail vom 8.6.2017 beantragte die BF, die SVA möge bescheidmäßig darüber absprechen, dass und aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Halbierung ihres Pensionsversicherungsbeitrages wegen Pensionsaufschubs nicht vorgenommen werden könne.

Mit Schriftsatz vom 12.3.2018, eingelangt bei der SVA, Landesstelle Salzburg, am 13.3.2018, erhob die BF Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit als "Bescheid" bezeichneter Erledigung vom 12.6.2018 sprach die SVA in der Folge aus, dass der Antrag im Rahmen des § 27 Abs 6 GSVG, für Personen, deren Alterspension sich wegen Aufschubes der Geltendmachung des Anspruchs erhöht (§ 143a, § 5 Abs 4 APG), für jeden für diese Erhöhung zu berücksichtigenden Monat die Hälfte des auf die pflichtversicherte Person entfallenden Beitragsteiles aus Mitteln der Pensionsversicherung zu zahlen, abgewiesen werde. Diese Erledigung wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der BF am 14.6.2018 um 00:19 Uhr per E-Mail als PDF-Anhang zugestellt und weist weder eine Amtssignatur noch eine Unterschrift auf, sondern enthält lediglich folgende Fertigungsklausel:

"SOZIALVERSICHERUNGSANSTALT DER GEWERBLICHEN WIRTSCHAFT

Landesstelle Salzburg

Der Direktor

In Vertretung:

[maschinschriftlicher Name] eh."

Der im Verwaltungsakt erliegende Ausdruck dieser Erledigung weist ebenfalls keine Unterschrift auf.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der SVA. Die getroffenen Feststellungen gehen unmittelbar daraus hervor. Dass die BF erst seit 1.10.2019 Alterspension bezieht, ergibt sich aus einer vom erkennenden Gericht am 6.11.2019 durchgeführten Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A):

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 194 Z 5 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist. Es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

3.2. Zu Spruchpunkt 1.) A.) Zurückweisung der Bescheidbeschwerde:

Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Dass eine Erledigung einem der Rechtsakttypen des Art 130 B-VG entspricht - im gegenständlichen Fall also ob die angefochtene Erledigung Bescheidqualität besitzt - und folglich mit Beschwerde gemäß Art 130 B-VG angefochten werden kann, bildet eine Voraussetzung für die sachliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes.

Ein meritorischer Abspruch der Rechtsmittelbehörde über Erledigungen, denen kein Bescheidcharakter zukommt, verletzt das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (VfGH 25.11.1985, B219/85 mwN).

Dies spiegelt sich auch in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wider, wonach eine Berufungsbehörde für einen meritorischen Abspruch über eine Beschwerde gegen eine Erledigung, die keine Bescheidqualität hat - etwa weil die (interne) Erledigung, die Urschrift des Bescheides, einer Verwaltungsbehörde keine Genehmigung aufweist, oder die gesetzlichen Anforderungen an die (externe) Ausfertigung nicht erfüllt sind - nicht zuständig ist (für viele VwGH 19.12.2012, 2011/06/0114, mit Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG III, S 831, Rz 46).

Die Zuständigkeit reicht in derartigen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (VwGH vom 28.2.2018, Ra 2015/06/0125, mit Hinweis auf VwGH 30.8.2017, Ra 2016/18/0324, und VwGH 13.8.2012, 2009/08/0209, jeweils mwN).

Es war daher zu prüfen, ob die angefochtene Erledigung den gesetzlichen Anforderungen entspricht:

Gemäß § 194 GSVG gelten zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, sodass in der gegenständlichen Verwaltungssache mangels anwendbarer Ausnahmebestimmungen (§ 360b Abs 1 ASVG gilt ausdrücklich nur für Verfahren in Leistungssachen) die Bestimmungen des AVG zur Anwendung gelangen.

§ 18 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG lautet:

"Erledigungen

§ 18. (1) Die Behörde hat die Sache möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen und den wesentlichen Inhalt der Amtshandlung erforderlichenfalls in einer Niederschrift oder einem Aktenvermerk festzuhalten.

(2) Erledigungen haben jedenfalls schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird.

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

(5) Für Bescheide gilt der III. Teil, für Ladungsbescheide überdies § 19."

§ 18 Abs 4 AVG unterscheidet grundlegend zwischen Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten und Ausfertigungen, die in Papierform ergehen. Für die Fertigung von Dokumenten der zuerst genannten Art enthält der erste Halbsatz seines zweiten Satzes nunmehr die klare Aussage, dass sie immer mit einer Amtssignatur im Sinne des § 19 E-GovG zu versehen sind. Seit Außerkrafttreten der davon dispensierenden Übergangsbestimmung des § 82a Z 2 AVG mit Ende des Jahres 2010 und Aufhebung dieser Bestimmung wegen "Gegenstandslosigkeit" durch BGBl. I 2013/33, bedürfen etwa auch Ausfertigungen von Erledigungen gemäß § 18 AVG in Form eines E-Mails oder eines damit (zB als PDF-Anhang) "transportierten" elektronischen Dokuments einer Amtssignatur (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 27, mwN).

Einem Schriftstück einer Behörde, das keiner der in § 18 AVG genannten Fertigungsformen entspricht, kommt Bescheidcharakter nicht zu (VfSlg 10.871/1986; VwGH vom 18.12.1991, 90/12/0067, vom 16.2.1992, 92/12/0015; vgl Hengstschläger/Leeb, AVG §18, Rz 14, mwN).

Gegenständlich weist die mit E-Mail zugestellte Erledigung vom 12.6.2018 eine solche Amtssignatur nicht auf. Sie enthält lediglich eine Fertigungsklausel, aus der der Name des Genehmigenden hervorgeht. Der im Verwaltungsakt erliegende Ausdruck der Ausfertigung weist auch keine Unterschrift auf. Die angefochtene Erledigung entspricht daher keiner der in § 18 Abs 4 AVG normierten Fertigungsformen und erfüllt damit nicht die gesetzlichen Anforderungen an einen Bescheid.

Die gegen diese Erledigung gerichtete Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG war daher mangels Bescheidqualität des angefochtenen Behördenakts spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt 2. A.) Auftrag an die belangte Behörde zur Erlassung des versäumten Bescheides:

§ 73 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet auszugsweise:

"3. Abschnitt: Entscheidungspflicht

§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2b) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

[...]"

Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet auszugsweise:

"Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde

§ 8. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

[...]

Nachholung des Bescheides

§ 16. (1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

[...]

Erkenntnisse

§28. [...]

(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt."

Die BF stellte mit E-Mail vom 8.6.2017 einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides über die von der SVA abgelehnte Halbierung ihrer Pensionsversicherungsbeiträge, der am selben Tag bei der SVA einlangte. Ein diesen Antrag erledigender Bescheid wurde in der Folge nicht erlassen. Mit Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters vom 12.3.2018 erhob die BF Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Säumnisbeschwerde langte am 13.3.2018 bei der SVA ein. In der Folge erließ die SVA die - unter Punkt 3.2. bereits behandelte - Erledigung vom 12.6.2018, welcher keine Bescheidqualität zukommt. Der beantragte Bescheid wurde daher bis dato nicht erlassen.

Gemäß § 8 Abs 1 VwGVG kann eine Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Gemäß § 73 Abs 1 AVG hat die Behörde über Anträge spätestens binnen sechs Monaten nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen. Die gemäß § 8 Abs 1 VwGVG maßgebliche "Wartefrist" zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde beträgt daher sechs Monate. Zwischen Antragstellung und Erhebung der Säumnisbeschwerde ist ein deutlich längerer Zeitraum als sechs Monate verstrichen, weshalb sich die Säumnisbeschwerde als zulässig erweist. Da nicht festgestellt werden konnte, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist - die Behörde hat nach dem Akteninhalt keine nachvollziehbaren Ermittlungsschritte gesetzt -, war die Säumnisbeschwerde auch nicht abzuweisen.

Mit ungenütztem Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs 1 VwGVG ging damit die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache auf das Bundesverwaltungsgericht über (VwGH vom 27.5.2015, Ra 2015/19/0075; vom 10.12.2018, Ro 2018/12/0017).

Gemäß § 28 Abs 7 erster Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht im Verfahren über Säumnisbeschwerden sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der im Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.

In der vorliegenden Rechtssache macht das Bundesverwaltungsgericht von seiner Ermächtigung gemäß § 28 Abs 7 VwGVG Gebrauch und trägt der belangten Behörde auf, über den Antrag der BF vom 8.6.2017 zu entscheiden und den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der nachstehend festgelegten Rechtsanschauung innerhalb einer Frist von acht Wochen nachzuholen:

Das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (GSVG) lautet auszugsweise:

"Beiträge zur Pflichtversicherung

§ 27. (1) Die Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 haben für die Dauer der Pflichtversicherung

1. als Beitrag zur Krankenversicherung 7,65%,

2. als Beitrag zur Pensionsversicherung 22,8%

der Beitragsgrundlage zu leisten. [...]

(2) Der Beitrag zur Pensionsversicherung nach Abs. 1 Z 2 wird aufgebracht

1. durch Leistungen der Pflichtversicherten in der Höhe von 18,5 % der Beitragsgrundlage;

2. durch eine Leistung aus dem Steueraufkommen der Pflichtversicherten in der Höhe von 4,3 % der Beitragsgrundlage.

Die Partnerleistung nach Z 2 trägt der Bund; er hat diese dem Versicherungsträger monatlich im erforderlichen Ausmaß unter Bedachtnahme auf die Kassenlage des Bundes zu bevorschussen.

(6) Abweichend von Abs. 2 ist für Personen, deren Alterspension sich wegen Aufschubes der Geltendmachung des Anspruches erhöht (§ 143a, § 5 Abs. 4 APG), für jeden für diese Erhöhung zu berücksichtigenden Monat die Hälfte des auf die pflichtversicherte Person entfallenden Beitragsteiles aus Mitteln der Pensionsversicherung zu zahlen.

[...]

Erhöhung der Alterspension bei Aufschub der Geltendmachung des Anspruches

§ 143a. (1) Anspruch auf erhöhte Alterspension haben Versicherte, die die Alterspension nach § 130 Abs. 1 nicht schon mit der Erreichung des Regelpensionsalters, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch nehmen, wenn vor diesem Zeitpunkt nicht schon ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung - ausgenommen Pensionen aus dem Versicherungsfall des Todes - besteht oder bestand. Für je zwölf Monate der späteren Inanspruchnahme der Alterspension gebührt frühestens ab dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit (§ 120) eine Erhöhung um 4,2% der nach § 139 errechneten Leistung. Bleibt ein Rest von weniger als zwölf Monaten, so beträgt das Ausmaß der Erhöhung für jeden Restmonat ein Zwölftel von 4,2%. Die so erhöhte Leistung, mit Ausnahme eines besonderen Steigerungsbetrages, darf höchstens 91,76% der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage (§§ 122 Abs. 1, 123 Abs. 1, 126) betragen."

Mit Einführung des § 26 Abs 7 GSVG durch das SVÄG 2016, BGBl. I Nr. 2017/29, sollten positive Anreize für einen freiwilligen Verbleib im Erwerbsleben über das derzeitige Regelpensionsalter hinaus gesetzt werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dann, wenn die Pension in der sogenannten "Bonusphase" nicht in Anspruch genommen wird - zusätzlich zum bereits bestehenden "Aufschubbonus" von 4,2% der Leistung pro Jahr - der Eigenanteil des selbständig Erwerbstätigen am Pensionsversicherungsbeitrag für den Zeitraum der "Bonusphase" auf die Hälfte reduziert, das heißt zu 50% aus Mitteln der Pensionsversicherung getragen werden (ErlRV 1330 BlgNR XXV. GP S. 1).

Im Wortlaut der neu geschaffenen Bestimmung des § 27 Abs 6 GSVG spiegelt sich dies in der Bezugnahme auf "Personen, deren Alterspension sich wegen Aufschubes der Geltendmachung des Anspruches erhöht (§ 143a, § 5 Abs. 4 APG)" sowie in der Anordnung, dass "für jeden für diese Erhöhung (gemeint: der "Aufschubbonus" nach § 143a GSVG bzw. § 5 Abs. 4 APG) zu berücksichtigenden Monat" die Hälfte des Eigenanteils aus Mitteln der Pensionsversicherung zu zahlen ist, wider.

Die Halbierung des Eigenanteils an den Pensionsversicherungsbeiträgen findet daher expressis verbis nur in einem beschränkten Zeitraum, nämlich nur in den für die Erhöhung nach § 143a bzw. § 5 Abs. 4 APG zu berücksichtigenden Monaten, statt.

Es ist daher zu prüfen, welche Monate für die Erhöhung der Alterspension infolge Aufschubes der Geltendmachung des Anspruchs auf Alterspension ("Aufschubbonus") zu berücksichtigen sind. Der Gesetzeswortlaut stellt durch den Verweis sowohl auf § 143a (GSVG) als auch auf § 5 Abs 4 APG klar, dass bei der Beurteilung dieser Frage zwischen jenen Versicherten, auf die das APG anzuwenden ist, und jenen, die von dessen Anwendungsbereich ausgenommen sind, zu differenzieren ist. Bei dieser Abgrenzung ist § 1 Abs 3 APG heranzuziehen, wonach das APG - mit Ausnahme weniger Bestimmungen - auf vor dem 1.1.1955 geborenen Personen nicht zur Anwendung kommt. Für diese Personen gelten daher weiterhin die Bestimmungen des GSVG, weshalb für sie auch der in § 27 Abs 6 GSVG normierte Verweis auf § 143a leg.cit. maßgeblich ist. Gegenständlich wurde die BF am XXXX , somit vor dem 1.1.1955, geboren. Die für die Erhöhung des Pensionsanspruchs zu berücksichtigenden Monate sind im konkreten Fall daher nach § 143a GSVG zu beurteilen.

§ 143a Abs 1GSVG ordnet an, dass für je zwölf Monate der späteren Inanspruchnahme der Alterspension - frühestens ab dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit - eine Erhöhung um 4,2% der Leistung gebührt. Weiters vorgesehen ist eine Aliquotierungsregelung für Restmonate. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 2003/71, wurde eine Obergrenze der so erhöhten Leistung, mit Ausnahme eines besonderen Steigerungsbetrages, von 91,76% der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage eingeführt (vgl auch Ficzko/Schruf, GSVG: Praxiskommentar, § 143a GSVG). Das Erreichen der Obergrenze von 91,76% der Bemessungsgrundlage durch eine Erhöhung im Ausmaß von 4,2% der Leistung - woraus sich die längst mögliche Dauer der "Bonusphase" ergibt - ist von der Differenz zwischen Bemessungsgrundlage und Leistung abhängig. Im Vergleich dazu sieht die Regelung in § 5 Abs 4 APG eine Obergrenze vor, die in einer Beschränkung des zeitlichen Ausmaßes von drei Jahren (Pensionserhöhung um 0,35% für jeden Monat des späteren Pensionsantrittes, höchstens jedoch um 12,6%, was einen Zeitraum der Erhöhung von insgesamt 36 Monaten ergibt) besteht (vgl zur Parallelbestimmung in § 261c ASVG Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil,

Der SV-Komm, § 261c ASVG, Rz 14f).

Die SVA ist im gegenständlichen Fall der vor dem 1.1.1955 geborenen BF dennoch - einem Erlass des BMASK vom 24.4.2017 entsprechend - von einem § 5 Abs 4 APG nachgebildeten, starren Zeitraum von 36 Monaten für den "Aufschubbonus" und die daran anknüpfende Halbierung des Eigenanteils an den Pensionsversicherungsbeiträgen ausgegangen. Dies entspricht aber nicht der in § 143a GSVG normierten Rechtslage, aus der sich - nach den Umständen des Einzelfalles - auch eine mehr als vier Jahre dauernde "Bonusphase" ergeben kann (vgl zur Parallelbestimmung in § 261c ASVG, insbesondere zur Berechnung der Dauer der "Bonusphase", Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, § 261c ASVG, Rz 14).

Da die BF am XXXX das 60. Lebensjahr vollendet hat und die Bestimmung des § 27 Abs 6 GSVG mit 1.1.2017 in Kraft getreten ist (§ 365 Abs 1 GSVG), könnte eine Reduktion der Pensionsversicherungsbeiträge der BF für Versicherungszeiten ab dem 1.1.2017 daher in Betracht kommen. Die konkrete Dauer der "Bonusphase" - und damit das Ende des Zeitraumes, für den eine Reduktion des Eigenanteils am Pensionsversicherungsbeitrag auf die Hälfte möglich ist - ist unter Zugrundelegung der im jeweiligen Fall maßgeblichen Bemessungsgrundlage und gebührenden Leistung für den einzelnen Versicherten individuell zu ermitteln und ist der versäumte Bescheid daher auf dieser Grundlage zu erlassen.

Festzuhalten ist, dass bei Vorliegen aller Voraussetzungen die Hälfte des auf die pflichtversicherte Person entfallende Beitragsteiles von Amts wegen aus Mitteln der Pensionsversicherung zu zahlen ist; eines entsprechenden Antrages bedarf es dem Gesetzeswortlaut nach nicht.

Die zeitliche Befristung der Bonifikation des späteren Pensionsantrittes findet ihre Begründung darin, dass sie - gemeinsam mit Bestimmungen über einen Pensionsantritt vor dem Regelpensionsalter - einen "Pensionskorridor" schaffen und als "Gegenpart" zu Abschlägen bei früherem Pensionsantritt dienen soll (vgl zur denselben Zweck wie § 27 Abs 6 GSVG verfolgenden, rechtlich aber anders ausgestalteten Regelung des § 5 Abs 4 APG Rainer/Pöltner in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 5 APG, Rz 89). Gleichheitsrechtliche Bedenken begegnen dieser Regelung insoweit nicht.

3.4. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl VfGH 14.03.2012, U466/11; 27.06.2013, B823/2012; 21.02.2014, B1446/2012; VwGH 23.01.2013, 2010/15/0196; 24.01.2013, 2012/21/0224).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht bereits aufgrund der Aktenlage fest. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zu den Anforderungen an eine gesetzmäßige Bescheiderlassung (§ 18 AVG) besteht eine umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der im vorliegenden Fall auch nicht abgewichen wurde. Die gegenständlich zu lösende Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Reduktion von Pensionsversicherungsbeiträgen wegen Pensionsaufschubes beruht auf einer klaren gesetzlichen Regelung (§ 27 Abs 6 iVm § 143a GSVG), die in der gegenständlichen Konstellation keine Fragen offenlässt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtssignatur, Bescheidqualität, Unterschrift, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L503.2201203.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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