TE OGH 2019/12/16 8Ob117/19t

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Veröffentlicht am 16.12.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** M*****, vertreten durch Dr. Margit Berger-Schoeller, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei N***** K*****, vertreten durch KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. August 2019, GZ 39 R 71/19h-30, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Spätestens Anfang Juli 2018 wurde ein Befall mit Küchenschaben in der aufgekündigten Wohnung sichtbar. Der Beklagte fuhr Ende Juli für vier Tage nach Tirol und meldete erst nach seiner Rückkehr am Freitag, dem 3. 8. 2018, den Schabenbefall der Hausverwaltung. Das von derselben beauftragte Schädlingsbekämpfungsunternehmen fand am Dienstag, dem 7. 8. 2018, die aufgekündigte Wohnung mit Schaben übersät vor. Die Schaben fanden sich sowohl in Kleidern, Lebensmitteln und Kochutensilien als auch den Betten. Bei der Erstbehandlung konnten zwei bis drei kg tote Schaben eingesammelt werden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Wohnung vom Beklagten bzw seinen Mitbewohnern nicht ausreichend gereinigt (und dadurch der Befall hervorgerufen worden) war. Der Beklagte behauptete im Verfahren nicht, wenngleich erfolglos Schritte gegen die Plage unternommen zu haben.

Das Berufungsgericht erklärte die mit Beschluss vom 18. 8. 2018 bewilligte gerichtliche Aufkündigung für rechtswirksam. Der Beklagte habe den Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs im Sinne des § 30 Abs 2 Z 3 1. Fall MRG verwirklicht. Dass er erst vier Wochen nach der Erkennbarkeit des Befalls die Hausverwaltung verständigt und im Verfahren nicht einmal behauptet habe, an Stelle einer früheren Verständigung selbst Maßnahmen wie das Aufstellen von im Handel erhältlichen Schabenfallen versucht zu haben, zeige seine Ignoranz gegenüber den Interessen des Vermieters und der anderen Mitbewohner und mache ihn vertrauensunwürdig.

Rechtliche Beurteilung

Die Beurteilung des Berufungsgerichts bewegt sich im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung zum geltend gemachten Kündigungsgrund. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstands im Sinne des § 30 Abs 2 Z 3 1. Fall MRG liegt vor, wenn durch eine wiederholte, längerwährende vertragswidrige Benützung eines Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen wichtige Interessen des Vermieters verletzt werden oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht (RIS-Justiz RS0067832; jüngst 7 Ob 111/19b). Eine Verwahrlosung eines Bestandobjekts in Verbindung mit Ungezieferbefall oder auch bloßer Ungeziefergefahr stellt nach der Rechtsprechung einen nachteiligen Gebrauch dar (8 Ob 86/08t mwN). Zumal für den Kündigungstatbestand eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen ausreicht, kann er unter Umständen bereits erfüllt sein, wenn bei einem – wenngleich unverschuldeten – Auftreten von Ungeziefer über lange Zeit weder eigene Abhilfemaßnahmen gesetzt werden noch der Hausverwaltung oder dem Vermieter über die Plage Meldung erstattet und damit ein weiteres Ausbreiten des Ungeziefers ermöglicht wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Ungeziefer in einer solchen Fülle auftritt, dass mit einem Verschwinden des Problems oder zumindest mit seiner Nichtausbreitung ohne Gegenmaßnahmen nicht mehr gerechnet werden kann. Davon ist im hier vorliegenden Fall, in dem bei der bereits vier Tage nach der Meldung des Ungeziefers erfolgten ersten Schädlingsbekämpfung zwei bis drei kg tote Schaben eingesammelt werden konnten, auszugehen.

Textnummer

E127226

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00117.19T.1216.000

Im RIS seit

05.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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