TE Lvwg Erkenntnis 2019/10/3 VGW-242/015/RP09/7983/2018

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Veröffentlicht am 03.10.2019
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Entscheidungsdatum

03.10.2019

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §4 Abs1 Z1
WMG §5 Abs2 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Staud über die Beschwerde der Frau A. B. vom 11.6.2018 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, Sozialzentrum C., vom 24.5.2018, Zahl …,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Sozialzentrum C., vom 24.5.2018, Zahl …, wurde der Antrag der Frau A. B. vom 13.3.2018 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) abgewiesen.

Begründend wurde seitens der Behörde nach Zitierung der hier maßgeblichen Rechtsvorschriften ausgeführt, dass die Antragstellerin mit dem Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“ nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehöre. Sie sei Staatsangehörige der Dominikanischen Republik und durch die vorgelegte Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung zu einem Aufenthalt bis 28.2.2019 berechtigt.

Ihr sei weder nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) der Status einer Asylberechtigten oder einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden, noch sei sie Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates oder der Schweiz. Sie sei nicht Opfer von Menschenhandel, grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder Opfer von Gewalt. Sie sei auch nicht Familienangehörige einer österreichischen Staatsbürgerin oder eines österreichischen Staatsbürgers oder einer den österreichischen Staatsangehörigen gleichgestellten Person. Ihr sei weder der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erteilt worden, noch gelte eine vor In-Kraft-Treten des NAG erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigung als solcher gemäß § 81 Abs. 2 NAG in Verbindung mit der NAG-DV weiter. Ihr sei auch kein Aufenthaltstitel gemäß § 49 NAG auf Grund eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union erteilt worden. Die Voraussetzungen für eine Gleichstellung gemäß § 5 WMG seien somit nicht erfüllt, weshalb der Antrag vom 13.3.2018 abzuweisen gewesen sei.

Innerhalb offener Rechtsmittelfrist, konkret am 11.6.2018, erhob Frau A. B. Beschwerde, in welcher sie im Wesentlichen ausführt, dass sie seit 1996 in Österreich lebe und im Jahr 1997 Opfer von Gewalt geworden sei, woraufhin sie in stetiger Therapie hinsichtlich ihrer Verletzungen sei. Nach § 5 Abs. 2 WMG seien Opfer von Gewalt österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern gleichgestellt. Da sie lediglich über ein monatliches Rehabilitationsgeld, Pflegegeld der Stufe 1, sowie Familienbeihilfe und 100,-- Euro monatlichen Kinderunterhalt für ihre Enkeltochter, für die sie seit Jahren sorge, verfüge, sei sie auf die Unterstützung angewiesen. Auf Grund der Gewalttat gegen sie im Jahre 1997 sei sie körperlich sehr eingeschränkt und stets auf Hilfe angewiesen, weshalb sie – um soziale Härte zu vermeiden – darum ersuche, ihrem Antrag auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs statt zu geben.

Nach Einsichtnahme in den von der Behörde vorgelegten Akt sowie in den vom Verwaltungsgericht Wien eingeholten Akt des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen erachtet wird:

Frau A. B., geboren 1969, ist Staatsangehörige der Dominikanischen Republik und seit 18.3.2011 in Wien, D.-gasse aufrecht gemeldet. Am 13.3.2018 stellte sie für sich und ihre damals mit ihr im gemeinsamen Haushalt wohnende Enkelin, E. F., geboren 2006, einen Antrag auf Zuerkennung von Leistungen nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz. Die Miete für die Wohnung betrug damals monatlich 388,00 Euro. Laut den beigebrachten Unterlagen des Bezirksgerichtes ist Frau B. seit 31.5.1999 rechtskräftig geschieden. Ab dem 1.11.2016 bezog sie von der Wiener Gebietskrankenkasse Rehabilitationsgeld, zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Höhe von 30,23 Euro täglich. Ab dem 1.7.2019 bis laufend bezieht sie eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Frau B. verfügte seit 2003 über einen unbefristeten Aufenthaltstitel; der letzte Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, war vom 4.1.2013 für die Dauer von 5 Jahren bis 4.1.2018 gültig. Am 24.11.2017 stellte sie einen Verlängerungsantrag auf „Daueraufenthalt – EU“ im Sinne des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Auf Grund einer strafgerichtlichen Verurteilung durch das Landesgericht G., Zahl …, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels, wurde – da hier im Hinblick auf § 9 BFA-VG eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht verhängt werden konnte – seitens der Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, mit Bescheid vom 28.2.2018, Zahl …, unter Bezug auf § 28 Abs. 1 NAG das Ende des unbefristeten Niederlassungsrechts festgestellt und von Amts wegen ein befristeter Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ ausgestellt (Rückstufung). Laut zentralem Fremdenregister verfügt Frau B. über einen ab dem 1.3.2019 (bis 1.3.2022) gültigen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“. Sie bezog zum Zeitpunkt der Antragstellung 100,00 Euro Alimente vom Vater ihrer Enkelin. Laut Zentralmeldeamt ist die Enkelin seit dem 3.9.2019 nicht mehr bei der Beschwerdeführerin, sondern bei ihrem Vater in Wien, H.-straße gemeldet.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf dem insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Sachverhalt.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollinhaltlich aus dem Akteninhalt entnehmen lässt und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Zusätzlich kann die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 3 VwGVG entfallen, wenn die Rechtssache – wie im gegebenen Fall – durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Hierzu folgt in rechtlicher Hinsicht:

Das Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz – WMG), LGBl. Nr. 38/2010 in der geltenden Fassung lautet auszugsweise wie folgt:

Ziele und Grundsätze

§ 1. (1) Die Wiener Mindestsicherung hat zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden, die Existenz von alleinstehenden und in Familien lebenden Personen zu sichern, die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung, insbesondere von volljährigen Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, in das Erwerbsleben sowie die soziale Inklusion weitest möglich zu fördern. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen.

(2) Die Wiener Mindestsicherung erfolgt durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch.

(3) Die Zuerkennung von Leistungen der Wiener Mindestsicherung ist subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.

(4) Die Wiener Mindestsicherung dient der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.

(5) Die Zuerkennung von Leistungen der Wiener Mindestsicherung erfolgt im Zusammenhang mit individueller Beratung und Betreuung, soweit diese zur Vermeidung und Überwindung von sozialen Notlagen, zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit oder Vermittelbarkeit und sozialen Inklusion sowie zur nachhaltigen sozialen Stabilisierung erforderlich sind. Dabei ist auf die Eigenart und Ursache der Notlage Rücksicht zu nehmen. Weiters ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die familiären Beziehungen erhalten und gefestigt werden, die Kräfte zur Selbsthilfe angeregt und gefördert werden und Nachteilen bei der Geltendmachung von Rechten im Verfahren, insbesondere geschlechtsspezifischen und solchen, die sich aus familienspezifischen Lebensverhältnissen ergeben, entgegengewirkt wird. Es ist besonders darauf hinzuwirken, dass die Hilfe suchenden oder empfangenden Personen zur Beseitigung der Notlage beitragen und ihren Bedarf unabhängig von der Mindestsicherung decken können.

Leistungen der Wiener Mindestsicherung

Erfasste Bedarfsbereiche

§ 3. (1) Die Wiener Mindestsicherung deckt den Mindeststandard in den Bedarfsbereichen Lebensunterhalt, Wohnen, Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung ab.

(2) Der Lebensunterhalt umfasst den Bedarf an Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Energie sowie andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch die soziale und kulturelle Teilhabe zählt.

(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen Aufwand an Miete, Abgaben und allgemeinen Betriebskosten.

(4) Der Bedarf bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung umfasst den Aufwand, der bei Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage aus der Pensionsversicherung durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Wiener Gebietskrankenkasse abgedeckt ist.

Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen

§ 4. (1) Anspruch auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung hat, wer

         1.       zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

         2.       seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

         3.       die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

         4.       einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

Personenkreis

§ 5. (1) Leistungen nach diesem Gesetz stehen grundsätzlich nur volljährigen österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu.

(2) Den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sind folgende Personen gleichgestellt, wenn sie volljährig sind, sich rechtmäßig im Inland aufhalten und die Einreise nicht zum Zweck des Sozialhilfebezuges erfolgt ist:

         1.       Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtige, denen dieser Status nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) zuerkannt wurde sowie Personen, die Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates oder der Schweiz und Opfer von Menschenhandel, grenzüberschreitenden Prostitutionshandel oder Opfer von Gewalt sind oder die über eine Aufenthaltsberechtigung als Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder als Opfer von Gewalt verfügen (§ 57 Abs.1 Z 2 und 3 AsylG 2005);

         2.       Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates oder der Schweiz, wenn sie erwerbstätig sind oder die Erwerbstätigeneigenschaft nach § 51 Abs. 2 Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG) erhalten bleibt oder sie das Recht auf Daueraufenthalt nach § 53a NAG erworben haben und deren Familienangehörige;

         3.       Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU“ oder deren vor Inkrafttreten des NAG erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigung als solche gemäß § 81 Abs. 2 NAG in Verbindung mit der NAG-DV weiter gilt, sowie Personen mit einem vor dem 1.1.2014 ausgestellten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EG“, welche gemäß § 81 Abs. 29 NAG als Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ weiter gelten;

         4.       Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ eines anderen Mitgliedstaates, denen ein Aufenthaltstitel nach § 49 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 4 NAG erteilt wurde,

         5.       Ehegattinnen und Ehegatten, eingetragene Partnerinnen und eingetragene Partner von Personen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 4, die mit diesen in einem gemeinsamen Haushalt leben und sich rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Personen, die nach den Bestimmungen des AsylG 2005 einen Asylantrag gestellt haben, steht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens kein Anspruch auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung zu.“

In Anwendung der oben wiedergegebenen Bestimmungen haben Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nur österreichische Staatsangehörige oder solche Personen, welche diesen auf Grund der ausdrücklichen Regelung des § 5 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes gleichgestellt sind. Da die Antragstellerin Staatsangehörige der Dominikanischen Republik ist, war zu prüfen, ob einer der im § 5 Abs. 2 dieses Gesetzes angeführten Gleichstellungstatbestände verwirklicht ist. Nach dem Einleitungssatz des Abs. 2 der zitierten Bestimmung stellt der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet eine Grundvoraussetzung für eine Gleichstellung dar. Darüber hinaus ist für die Gleichstellung erforderlich, dass neben dem rechtmäßigen Aufenthalt, der im gegenständlichen Fall vorliegt, eine der in Ziffer 1 bis 5 genannten Voraussetzungen vorliegt.

In gegenständlichen Fall kommt keiner der in § 5 Abs. 2 WMG taxativ aufgezählten Gleichstellungstatbestände in Betracht.

Der Beschwerdeführerin wurde weder der Status der Asylberechtigten noch subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (vgl. § 5 Abs. 2 Z 2 WMG). Als Staatsangehörige der Dominikanischen Republik besteht auch kein Gleichstellungstatbestand wie bei Staatsangehörigen eines EU- oder EWR-Staates (vgl. § 5 Abs. 2 Z 2 WMG). Ihr wurde auch kein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, „Daueraufenthalt – Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EG“ (vgl. § 5 Abs. 2 Z 3 WMG) bzw. „Daueraufenthalt – EU“ eines anderen Mitgliedsstaates nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (vgl. § 5 Abs. 2 Z 4 WMG) erteilt. Sie ist auch nicht Ehegattin einer Person, auf die die obgenannten Gleichstellungstatbestände zutreffen (vgl. § 5 Abs. 2 Z 5 WMG).

Die Beschwerdeführerin verfügt unbestritten lediglich über den befristeten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“. Damit ist zwar ein rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich gegeben, für die Gleichstellung der Drittstaatsangehörigen mit österreichischen Staatsbürgern nach § 5 Abs. 2 WMG ist jedoch die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ erforderlich (vgl. VwGH 9.11.2016, Ro 2014/10/0094). Durch die rechtskräftige Scheidung von Herrn J. K., welcher österreichischer Staatsbürger ist, kommt auch nicht mehr der Gleichstellungstatbestand gemäß § 5 Abs. 2 Z 5 WMG zur Anwendung.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, sie sei im Jahr 1997 Opfer von Gewalt geworden und durch diesen Umstand österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt, kann das erkennende Verwaltungsgericht Wien nicht folgen.

Richtig ist, dass die Beschwerdeführerin am 12.12.1997 bei einer Messerattacke durch ihren damaligen Ehegatten … Verletzungen davontrug. Der Amtsarzt der Magistratsabteilung 15 – Gesundheitsdienst der Stadt Wien, Gruppe Medizinische Begutachtungen, attestierte ihr blande Narben und Beugekontraktur dig. III – V; die psychiatrische Begutachtung ergab eine posttraumatische Belastungsstörung. Zusammenfassend ergab das ärztliche Gutachten, dass der Beschwerdeführerin aus medizinischen Gründen die Erfüllung des Modul 2 gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 IntG (Sprachniveau B1) für dauerhafte Aufenthaltstitel nicht zugemutet werden könne; damit war eine entsprechende diesbezügliche Ausnahme (Befreiung) verbunden.

Dennoch erfüllt die Beschwerdeführerin nicht die Voraussetzungen für eine Gleichstellung im Sinne des § 5 WMG

Die vorzitierte Bestimmung des § 5 Abs. 2 WMG legt eindeutig fest, unter welchen Bedingungen Personen, die nicht über eine österreichische Staatsbürgerschaft verfügen, österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind und ihnen dadurch Leistungen nach diesen Gesetz zustehen. Wie ausgeführt, sind in dieser Bestimmung die Gleichstellungstatbestände taxativ, somit erschöpfend, aufgezählt. So sind Personen, die Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates oder der Schweiz und […] Opfer von Gewalt sind, österreichischen Staatsbürgern ebenso gleichgestellt, wie Personen, die über eine Aufenthaltsberechtigung als Opfer […] von Gewalt verfügen (§ 57 Abs. 1 Z 2 und 3 AsylG 2005). Auf die Beschwerdeführerin trifft jedoch keiner dieser beiden Gleichstellungstatbestände als Opfer von Gewalt zu, zumal sie einerseits keine Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates oder der Schweiz ist und andererseits auch über keine Aufenthaltsberechtigung als Opfer von Gewalt im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 verfügt. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Gewalt durch ihren Ehegatten im Zuge ihrer Ehe stellt keinen Gleichstellungstatbestand im Sinne des § 5 Abs. 2 WMG dar.

Die Gleichstellungstatbestände des § 5 Abs. 2 WMG sind – wie dargelegt – taxativ aufgezählt. Das bedeutet, dass nur diese Fälle angewendet werden dürfen, die explizit im Gesetz stehen. Ein weiterer Handlungsspielraum seitens des Verwaltungsgerichtes Wien ist dabei nicht gegeben. Der von der Beschwerdeführerin dargelegte Fall ist in der Bestimmung des § 5 Abs. 2 WMG nicht angeführt. Demnach ist auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin auf Grund des Vorfalles vom 12.12.1997 österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt ist.

Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin lediglich über den befristeten Aufenthaltstitel „Rot-weiß-rot - Karte plus“ verfügt, nicht aber über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“. Im Sinne der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Gleichstellung der Beschwerdeführerin als Drittstaatsangehörige mit österreichischen Staatsbürgern nicht gegeben.

Da die Beschwerdeführerin über keine zur Gleichstellung führende Aufenthaltsberechtigung verfügt, ist sie nicht zum Bezug von Leistungen der Mindestsicherung berechtigt.

Die durch den angefochtenen Bescheid vom 24.5.2018 verfügte Abweisung erweist sich somit als rechtmäßig, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.

Schlagworte

Anspruchsberechtigter Personenkreis; Gleichstellung; taxative Gleichstellungstatbestände; rechtmäßiger Aufenthalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.242.015.RP09.7983.2018

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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