TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/30 97/02/0423

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Veröffentlicht am 30.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §79;
FrG 1993 §41 Abs2;
FrG 1993 §41 Abs4;
FrG 1993 §46 Abs6;
FrG 1993 §79 Abs1;
FrG 1993 §79 Abs4;
FrGDV 1994 §10 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des OAS in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien I, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 25. März 1997, Zl. St 53-2/97, betreffend Kostenvorschreibung nach § 79 FrG 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurden dem Beschwerdeführer gestützt auf § 79 Abs. 1 des Fremdengesetzes (1992; kurz: FrG 1992), BGBl. Nr. 838/1992, in Verbindung mit § 10 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 840/1992 sowie § 11 (Z. 1) der Fremdengesetz-Durchführungsverordnung 1994, BGBl. Nr. 121/1995, für die Anhaltung des Beschwerdeführers im Polizeigefangenenhaus Klagenfurt vom 30. Jänner 1995 bis 28. Juli 1995, sohin für 24 Tage (anstatt 23 Tage laut erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 27. Jänner 1997) zu je S 170,-- und für 156 Tage zu je S 281,60, daher zu leistende Gesamtkosten von S 48.009,60 (anstelle von S 47.839,60 im erstinstanzlichen Bescheid) vorgeschrieben.

In der Begründung führte die belangte Behörde unter anderem aus, der Beschwerdeführer habe sich vom 30. Jänner 1995, 14.35 Uhr (Datum der Übernahme des Schubhaftbescheides) bis zum 28. Juli 1995 in Schubhaft befunden, die im Gefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vollzogen worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich nicht bloß 23, sondern 24 (angefangene) Tage in Schubhaft befunden, für die ihm ein Betrag von S 170,-- (gemäß § 10 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 840/1992) vorzuschreiben sei, und 156 Kalendertage, die mit S 281,60 (aufgrund § 11 Z. 1 der Fremdengesetz-Durchführungsverordnung 1994, BGBl. Nr. 121/1995) in Rechnung zu stellen seien. Insgesamt ergebe dies den im Spruch bezeichneten Betrag.

Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft im Zeitraum vom 23. Juni bis einschließlich 28. Juli 1995 sei durch den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9. Oktober 1995 als rechtmäßig erkannt und die diesbezügliche (Schubhaft-)Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden. Mit Beschluß vom 27. Februar 1996, B 3398/95-10, habe der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Beschluß des unabhängigen Verwaltungssenates eingebrachten Beschwerde abgelehnt. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde mit Erkenntnis vom 4. Oktober 1996, Zl. 96/02/0249, abgewiesen. Es sei daher im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde von der Rechtmäßigkeit der Anhaltung (des Beschwerdeführers) während des bezeichneten Zeitraumes auszugehen. Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft sei über Anordnung der Bezirkshauptmannschaft Schärding erfolgt. Die Bundespolizeidirektion Klagenfurt habe lediglich das Arrestlokal zur Verfügung gestellt. Die Anhaltung in Schubhaft gehe daher auf die Bezirkshauptmannschaft Schärding zurück, die somit als zuständig anzusehen sei, den Kostenersatz (in erster Instanz) vorzuschreiben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 16. Juni 1997, B 1066/97, ablehnte und sie in der Folge mit weiterem Beschluß vom 18. September 1997 an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet unter anderem ein, die Bezirkshauptmannschaft Schärding sei in erster Instanz zur Kostenvorschreibung örtlich unzuständig gewesen, weil die dem Verfahren zugrundeliegende Anordnung der Schubhaft zwar auf die bescheidmäßige Anhaltung dieser Bezirkshauptmannschaft hin erfolgt sei, die Schubhaft jedoch von der Bundespolizeidirektion Klagenfurt in deren Polizeigefangenenhaus vollzogen worden sei. Die Vorschreibung der Schubhaftkosten durch die dafür unzuständige Bezirkshauptmannschaft Schärding sei rechtswidrig, weil dem Beschwerdeführer auf der Grundlage eines von der sachlich "dafür unzuständigen" (gemeint wohl: zuständigen) Bundespolizeidirektion Klagenfurt erlassenen Kostenbescheides nunmehr ebenfalls jederzeit (und damit im Ergebnis doppelt) Vollzugskosten vorgeschrieben und abverlangt werden könnten.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Juli 1998, Zl. 97/02/0479, ausgeführt hat, daß im Falle des Ersuchens um den Vollzug der Schubhaft bei einer anderen Behörde oder einem gerichtlichen Gefangenenhaus unter dem Begriff der "Behörde, die die Amtshandlung vorgenommen hat", im Sinne des § 79 Abs. 4 FrG 1992 nur jene Behörde zu verstehen ist, die die Anhaltung des Fremden in Schubhaft bei einer anderen Behörde angeordnet hat. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding war daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - im Beschwerdefall zuständige Behörde erster Instanz.

Der Beschwerdeführer bringt ferner unter anderem vor, im Kostenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding sei noch ein Betrag von S 47.839,60 für den Anhaltungszeitraum vom 30. Jänner 1995 bis 28. Juli 1996 (156 Tage zu S 281,60 und 23 Tage zu S 170,--) zum Ersatz vorgeschrieben worden, im Berufungsverfahren sei jedoch ein vom Beschwerdeführer zu ersetzender Betrag von S 48.009,60 für denselben Anhaltungszeitraum "zum Prozeßgegenstand" erhoben worden. Dem Beschwerdeführer sei hiezu keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Er sei am 30. Jänner 1995 um 09.00 Uhr von österreichischen Zollwachebeamten "rückübernommen", um 11.45 Uhr an Organe des Gendarmeriepostens Schärding übergeben und von diesem um 13.00 Uhr der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgeführt worden. Um

14.35 Uhr sei ihm der Schubhaftbescheid ausgefolgt worden. Er sei "anschließend im weiteren Tagesverlauf" nach Klagenfurt überstellt worden, wo er (laut eigenen, dem Beschwerdevertreter gegenüber getätigten Angaben) erst am späten Abend bzw. in der Nacht eingetroffen sei. Da gemäß § 46 Abs. 1 FrG 1992 der Vollzug der Schubhaft "in den Hafträumlichkeiten" stattfinde, könne diese Bestimmung "in Ansehung des gesamten Wortlautes und der üblichen Verwaltungsabläufe" nicht anders verstanden werden, als daß "nach Verhängung der Schubhaft mittels Bescheidausfolgung" die Behörde Hafträumlichkeiten für den Vollzug bereitzustellen habe. Habe sie diese nicht selbst, so sei eine andere Behörde bzw. ein gerichtliches Gefangenenhaus "um den Vollzug" zu ersuchen. Der eigentliche Vollzug der Schubhaft beginne daher erst mit der Inhaftierung des Fremden "in geeigneten Hafträumlichkeiten". In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer in Abrede, sich schon am 30. Jänner 1995 in den Hafträumen der Bundespolizeidirektion Klagenfurt befunden zu haben. Vielmehr sei er erst in den Nachtstunden und "damit erst am 31. Oktober 1995" in das Polizeigefangenenhaus Klagenfurt eingeliefert worden.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die Schubhaft, wie bereits die Überschrift zum zweiten Abschnitt des 5. Teiles des Fremdengesetzes 1992 erkennen läßt, im "Entzug der persönlichen Freiheit" besteht. Aufgrund der mit Bescheid zu treffenden Anordnung der Schubhaft (§ 41 Abs. 2 FrG 1992), welche nach § 41 Abs. 4 leg. cit. auch als "Verhängung der Schubhaft" bezeichnet wird, beginnt der Vollzug der Schubhaft bereits ab diesem Zeitpunkt, wenngleich erst im weiteren Verwaltungsablauf für eine dem Gesetz entsprechende Unterbringung des Fremden in einem Haftraum von der Behörde Sorge zu tragen ist. Auf den Zeitpunkt des Einlangens des Fremden in diesem Haftraum kommt es jedoch entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung nicht an. Schon vor dieser Unterbringung des Fremden im Haftraum setzen jedoch bei der Behörde "Kosten der Vollziehung der Schubhaft" etwa in Form einer entsprechenden Bewachung des Fremden, einer Untersuchung auf Hafttauglichkeit etc. ein. Aufgrund der am frühen Nachmittag des 30. Jänner 1995 erfolgten Verhängung der Schubhaft, wurde daher von der belangten Behörde zu Recht für diesen "angefangenen Tag" (vgl. § 10 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 840/1992) ein Kostenpauschale verrechnet. Mit der vom Beschwerdeführer gerügten Unterlassung eines Parteiengehörs zur Frage, wann dieser tatsächlich im Polizeigefangenenhaus Klagenfurt in den Haftraum eingeliefert worden sei, zeigt daher der Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörden unterlaufenen Verfahrensmangels auf. Ferner war es der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG nicht verwehrt, ihre Rechtsanschauung in bezug auf die Mitberücksichtigung des ersten Tages der Schubhaft bei der Berechnung des Kostenersatzes an die Stelle jener der Behörde erster Instanz zu setzen.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, es wäre gerade im Hinblick auf die zu erörternde Frage, ob der letztlich zur Vorschreibung gebrachte Betrag in Ansehung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers im Lichte des § 79 Abs. 4 zweiter Satz FrG 1992 in Verbindung mit § 79 AVG überhaupt angemessen sei, angebracht gewesen, dem Beschwerdeführer "zu diesem geänderten Sachverhalt" Parteiengehör einzuräumen. Obwohl die angespannte wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers aktenkundig und somit bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits absehbar gewesen sei, daß er nicht ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zur Erbringung der mit dem vorliegenden Bescheid statuierten Leistungen in der Lage sein werde, habe die belangte Behörde diese "verfahrenswesentlichen Umstände" gänzlich außer acht gelassen.

Der Beschwerdeführer übersieht mit seiner Rüge der unterbliebenen Berücksichtigung seines notwendigen Unterhaltes nach § 79 AVG in Verbindung mit § 79 Abs. 4 zweiter Satz FrG 1992, daß es im Beschwerdefall nicht um die Einhebung der Kosten nach § 79 Abs. 4 FrG 1992, sondern um eine Vorschreibung derselben nach § 79 Abs. 1 leg. cit. gegangen ist. Es stellt sich aber auch nicht die Frage einer sinngemäßen Anwendung des § 79 AVG, die nur im Zusammenhang mit der Einhebung nach § 79 Abs. 4 angeordnet wird (vgl. auch in diesem Zusammenhang das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 10. Juli 1998, Zl. 97/02/0479), sodaß es sich auch erübrigt, auf die im Zusammenhang mit der beschränkten Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers behaupteten Verfahrensmängel näher einzugehen.

Schließlich rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde vertrete eine unzutreffende Rechtsansicht, wenn sie meine, die bloße "Rechtmäßigerklärung" der Anhaltung des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 23. Juni 1995 bis zum 28. Juli 1995 durch den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (offenbar gemeint: aufgrund des Bescheides dieser Behörde vom 9. Oktober 1995) würde ungeachtet des Umstandes, daß in diesem Zeitraum bereits die von § 48 Abs.2 in Verbindung mit Abs. 4 FrG 1992 festgelegte Gesamthöchstdauer der Schubhaft von sechs Monaten überschritten gewesen sei, eine Kostentragungspflicht des Beschwerdeführers nach § 79 FrG 1992 ebenfalls nicht hemmen. Es sei jedoch Faktum, daß sich der Beschwerdeführer bei seiner Entlassung aus der gegenständlichen Schubhaft am 28. Juli 1995 insgesamt bereits sechs Monate und 35 Tage in Schubhaft befunden habe und daß sich die Bezirkshauptmannschaft Schärding, obwohl der Beschwerdeführer seine Identität zu verschleiern versucht habe, dieser Überschreitung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer "bewußt" gewesen sei "bzw. von dieser hätte Kenntnis erlangen können und müssen". Insbesondere habe die belangte Behörde zu Unrecht eine Bindung der Frage der Kostentragungspflicht an die Feststellungen im Haftprüfungsverfahren angenommen und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

Die Frage der Zulässigkeit der Schubhaft wurde im Beschwerdefall durch den hiefür zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat im Rahmen eines Schubhaftbeschwerdeverfahrens geprüft und mit rechtskräftigem Bescheid entschieden, wobei die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgewiesen wurde. Die belangte Behörde war daher - worauf diese auch zutreffend hinwies - an die Rechtskraft dieser Entscheidung gebunden und hatte daher darüber auch nicht im Rahmen einer Kostenvorschreibung nach § 79 FrG 1992 neuerlich zu befinden. Dessen ungeachtet träfe die vom Beschwerdeführer behauptete Zusammenrechnung mit früheren (vor dem 30. Jänner 1995 gelegenen) Schubhaftzeiträumen betreffend den Beschwerdeführer schon deshalb nicht zu, weil der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben - die im Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates für das Land Oberösterreich vom 9. Oktober 1995 betreffend den gegenständlichen Schubhaftzeitraum festgehalten wurden und vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt werden - am 28. Jänner 1995 von Rußland nach Österreich gekommen ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997020423.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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