TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/10 97/02/0479

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Veröffentlicht am 10.07.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §79;
FrG 1993 §46 Abs6;
FrG 1993 §79 Abs1;
FrG 1993 §79 Abs4;
VVG §2 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/02/0280 E 31. Juli 1998 97/02/0378 E 31. Juli 1998

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien I, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 21. Jänner 1997, Zl. Fr-357/96, betreffend Kostenvorschreibung nach § 79 FrG 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurden dem Beschwerdeführer gestützt auf § 79 Abs. 1 und 4 Fremdengesetz (1992; kurz: FrG), BGBl. Nr. 838/1992, in Verbindung mit § 11 der Fremdengesetz-Durchführungsverordnung 1994, BGBl. Nr. 121/1995, ein Kostenpauschale für die Schubhaft vom 15. bis 27. Juni 1996 im Ausmaß von 3.660,80 S vorgeschrieben.

Hinsichtlich der im erstinstanzlichen Bescheid von der Bezirkshauptmannschaft O. (kurz: BH) vom 12. September 1996 zusätzlich vorgeschriebenen Dolmetscherkosten wurde der Berufung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend abgeändert, daß die auf § 79 AVG gestützte Vorschreibung der Dolmetscherkosten zu entfallen hat.

In der Begründung führte die belangte Behörde zu den im Beschwerdefall maßgeblichen Schubhaftkosten unter anderem aus, dem Berufungsvorbringen, daß der BH die gegenständlichen Kosten nicht erwachsen seien, weil die Schubhaft nicht in deren Hafträumen vollzogen worden sei, sei zu erwidern, daß die Bundespolizeidirektion Wien der BH die im Spruch (des erstinstanzlichen Bescheides) angeführten (Schubhaft-)Kosten in Rechnung gestellt habe und die erstinstanzliche Behörde zu deren Begleichung verpflichtet sei. Ein allfälliger Verfahrensmangel betreffend das Parteiengehör im erstinstanzlichen Verfahren werde jedenfalls im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert. Hinsichtlich der in der Berufung erwähnten Bestimmung des § 79 Abs. 4 zweiter Satz FrG und § 79 AVG werde festgestellt, daß darin nur "das Einheben" und nicht auch "das Vorschreiben der Kosten" normiert sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer hinsichtlich jenes Spruchteiles, welcher die Vorschreibung von Schubhaftvollzugskosten in Höhe von S 3.660,80 betrifft, zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 29. September 1997, B 558/97, ablehnte und sie in der Folge mit einem weiteren Beschluß vom 30. Oktober 1997 an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet unter anderem ein, er habe am 15. Juni 1996, dem Zeitpunkt der Schubhaftanordnung, über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügt. Die BH sei daher an diesem Tag sowohl zur Erlassung eines Ausweisungsbescheides gegen den Beschwerdeführer als auch zur Verhängung der Schubhaft sachlich wie örtlich zuständig gewesen. Der Vollzug der Schubhaft sei jedoch im gegenständlichen Anhaltezeitraum von der Bundespolizeidirektion Wien übernommen worden. Dieser (zuletzt genannten Behörde) sei somit der Vollzug zuzurechnen (vgl. § 46 Abs. 1 zweiter und dritter Satz FrG). Es seien dadurch alleine dieser Behörde "einhebbare Kosten" erwachsen. Nur die Bundespolizeidirektion Wien sei "zur Vorschreibung und Einhebung" der gegenständlichen Schubhaftkosten legitimiert, nicht jedoch die BH. Der Beschwerdeführer rügt ausdrücklich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil die belangte Behörde nicht die schon in der Berufung gerügte Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz berücksichtigt habe.

Gemäß § 79 Abs. 4 erster Satz FrG (1992) sind die Kosten von der Behörde, die die Amtshandlung vorgenommen hat, einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand dieser Behörde oder der einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu tragen hat.

Vollzieht die Behörde die Schubhaft in einem gerichtlichen Gefangenenhaus oder im Haftraum einer anderen Bezirksverwaltungs- oder Bundespolizeibehörde, so hat sie gemäß § 46 Abs. 6 FrG (1992) die dadurch entstehenden Kosten in vollem Umfang zu ersetzen. Der Ersatz geht zu Lasten jener Gebietskörperschaft, die den Aufwand trägt.

Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers stellt § 46 Abs. 6 erster Satz leg. cit. mit der Wendung "Vollzieht die Behörde die Schubhaft ... im Haftraum einer anderen Bezirksverwaltungs- oder Bundespolizeibehörde" erkennbar nicht auf jene Behörde ab, in deren Haftraum die Anhaltung des Fremden in Schubhaft stattfindet, sondern auf jene Behörde, die den Vollzug der Schubhaft angeordnet hat. Im Beschwerdefall trifft daher aufgrund der von der BH getroffenen Anordnung der Schubhaft auch diese Behörde die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene behördeninterne Kostenersatzpflicht, ohne daß der Gesetzgeber erkennbar daraus ableitbare Rechte des Fremden statuiert hätte.

Trifft aber im Beschwerdefall zunächst die BH bzw. das betreffende Land (siehe § 46 Abs. 6 letzter Satz leg. cit.) die behördeninterne Kostenersatzpflicht, so kann angesichts des Regelungszusammenhangs unter dem Begriff der "Behörde, die die Amtshandlung vorgenommen hat", im Sinne des § 79 Abs. 4 FrG (1992) nur jene Behörde verstanden werden, die die Anhaltung eines Fremden in Schubhaft bei einer anderen Behörde angeordnet hat. Es ist daher nur diese Behörde nach der eben zitierten Gesetzesstelle zur Vorschreibung der Schubhaftkosten in erster Instanz zuständig. Die vom Beschwerdeführer gerügte Unzuständigkeit der BH in erster Instanz lag daher nicht vor.

Insoweit der Beschwerdeführer allgemein rügt, der Kostenbescheid der Behörde erster Instanz sei ohne vorausgegangenes "ordentliches Verfahren" erlassen worden und enthalte lediglich die Feststellung, daß der Beschwerdeführer aufgrund der erfolgten Anhaltung in Schubhaft zum Kostenersatz in Höhe der gesetzlich vorgeschriebenen Pauschalbeträge pro Anhaltungstag verpflichtet sei, zeigt er nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf.

Unter dem Aspekt des Vorliegens einer "unbilligen Härte" bringt der Beschwerdeführer unter anderem vor, die belangte Behörde habe ebenso wie die Behörde erster Instanz verkannt, daß § 79 Abs. 4 zweiter Satz FrG (1992) in Verbindung mit § 79 AVG eine - wenngleich pauschalierte - Kosteneinhebung dann verbiete, wenn der Fremde nicht ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhaltes sowie des Unterhaltes von Personen, für die er nach dem Gesetz zu sorgen habe, zur Erstattung dieser Kosten in der Lage sei.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene "Differenzierung zwischen der (zulässigen) "Vorschreibung" einerseits und der (nach Auffassung der Behörde ohnedies nicht erfolgenden) Einhebung" sei nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtig. Ergebnis des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens sei ein im Exekutionswege gegenüber dem Eigentum des Beschwerdeführers durchsetzbarer Bescheid. Unter "Einheben" im Sinne der §§ 77 Abs. 4 und 78 Abs. 4 AVG sei ein "Festsetzen durch die Behörde" zu verstehen, was auch im vorliegenden Fall geschehen sei. Da § 79 AVG im Vollstreckungsverfahren "keinerlei Bedeutung (mehr)" zukomme (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rz. 676), sei auf die individuelle Leistungsfähigkeit des zu Verpflichtenden nicht erst im Stadium der Vollstreckung eines durchsetzbaren Kostenbescheides bei entsprechendem Nachweis, sondern bereits im Kostenfestsetzungsverfahren selbst Bedacht zu nehmen. Jede andere Beurteilung würde dem Gesetzgeber unterstellen, er habe sinnlose Bestimmungen (§ 79 Abs. 4 zweiter Satz FrG und § 79 AVG) geschaffen bzw. mit diesen Bestimmungen einen "Mißgriff" getätigt. Obwohl die angespannte wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers aktenkundig und bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits absehbar gewesen sei, daß er nicht ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhaltes zur Erbringung der mit dem angefochtenen Bescheid statuierten Leistungen in der Lage sein würde, habe die belangte Behörde diese verfahrenswesentlichen Umstände außer acht gelassen.

Gemäß § 79 Abs. 1 FrG (1992) sind Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei Durchführung des Aufenthaltsverbotes oder der Ausweisung entstehen, sowie die Kosten der Vollziehung der Schubhaft, vom Fremden zu ersetzen.

Gemäß § 79 Abs. 4 leg. cit. sind die Kosten von der Behörde, die die Amtshandlung vorgenommen hat, einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand dieser Behörde oder der einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu tragen hat. § 79 AVG ist sinngemäß anzuwenden. Uneinbringliche Kosten gemäß Abs. 1 trägt der Bund. Der Kostenersatz entfällt, wenn der Beförderungsunternehmer auf eigene Kosten die unverzügliche Abreise des Fremden bewirkt.

Der Beschwerdeführer übersieht bei seiner Argumentation, daß es im Beschwerdefall nicht um eine Einhebung der Kosten nach § 79 Abs. 4 FrG (1992), sondern um die Vorschreibung derselben nach § 79 Abs. 1 leg. cit. geht (das Zitat des § 79 Abs. 4 FrG durch die belangte Behörde erfolgte dem Bescheidinhalt nach offenbar irrtümlich). Es stellt sich daher auch nicht die Frage einer sinngemäßen Anwendung des § 79 AVG, die nur im Zusammenhang mit der Einhebung nach § 79 Abs. 4 FrG angeordnet wird.

Im übrigen kann der Argumentation in der Beschwerde damit entgegengetreten werden, daß das Fremdengesetz ein durchaus sinnvolles System im Kostenbereich schafft. § 79 Abs. 1 FrG ist dahin zu verstehen, daß ein Titel geschaffen werden kann, der Verweis in § 79 Abs. 4 FrG auf § 79 AVG dahin, daß bei der Durchsetzung des Titels auf den notwendigen Unterhalt des zu einer Geldleistung Verpflichteten Rücksicht zu nehmen ist, während im Vollstreckungsverfahren nur mehr auf den notdürftigen Unterhalt des Verpflichteten abzustellen ist (vgl. § 2 Abs. 2 VVG).

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997020479.X00

Im RIS seit

08.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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