TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/9 W117 1315471-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2019
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Entscheidungsdatum

09.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53

Spruch

W117 1315471-5/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Andreas DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA Dr. A. WAGNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2019, Zl. 760627802/181076549, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der XXXX jährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation aus der Tschetschenischen Republik, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an und ist sunnitischer Muslim.

Er reiste als XXXX jähriger mit XXXX ins Bundesgebiet ein. XXXX hielt sich XXXX als Asylwerber in Österreich auf. XXXX wurde im Bundesgebiet geboren.

Dem BF wurde aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz vom 14.06.2006 mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX 2008, Zl. XXXX der Status eines Asylberechtigten zuerkannt, weil XXXX auf Grund seiner Verwandtschaft zu XXXX , der den Behörden als XXXX bekannt gewesen sei, bereits in das Visier der Behörden geraten sei und daher dem BF und seiner Familie in der Russischen Föderation Verfolgung durch XXXX und XXXX drohte.

In weiterer Folge wurde der BF mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX wegen Hehlerei gemäß XXXX zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde er wegen XXXX gemäß XXXX zu einer Freiheitsstrafe von XXXX Monaten rechtskräftig verurteilt.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 22.02.2016 wurde der dem BF mit Erkenntnis vom September 2008 zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG erließ das Bundesamt gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG gewährte es ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1, 6 und 7 FPG verhängte es gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt V.). Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung erkannte es gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

Mit Beschluss vom 23.03.2016 erkannte das Bundesverwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde des BF die aufschiebende Wirkung zu.

Am 11.05.2016 teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung mit, dass der BF eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle.

Im Juni 2016 langte die Mitteilung ein, dass die Untersuchungshaft über den BF verhängt worden sei.

1.3. In weiterer Folge wurde der BF mit Urteil eines Landesgerichts vom XXXX für schuldig befunden, XXXX sich zu Beginn der zu Punkt 1) angeführten Tathandlung etwa einen Monat lang XXXX oder in einer anderen ebenso schädlichen oder gefährlichen spezifisch zur XXXX geeigneten Methode oder einem solchen Verfahren unterweisen ließ, um eine XXXX unter XXXX zu begehen, indem er in dieser Zeit XXXX

Er hat hiedurch begangen zu 1) XXXX und zu 2) XXXX und wird hiefür XXXX unter Bedachtnahme XXXX , in Anwendung des XXXX zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von XXXX sowie XXXX zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Mit Urteil eines Oberlandesgerichts vom XXXX wurde weder der Berufung des BF noch der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge gegeben.

1.4.1. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.01.2018, in der neben dem BF auch XXXX und XXXX als Zeugen befragt wurden, wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.04.2018, Zl. W112 1315471-2/57E, die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - II. des Bescheides des Bundesamtes vom 22.02.2016 gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 2 und 4, § 7 Abs. 1 Z 2 und § 7 Abs. 4 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 FPG mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt III. zu lauten hat: "Ihnen wird gemäß § 58 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist" (Spruchpunkt III.). Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und VI. wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG und § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG stattgegeben und der angefochtene Bescheid in diesem Umfang ersatzlos aufgehoben (Spruchpunkt IV.), wobei die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 und 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt V.). Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 6 FPG abgewiesen.

1.4.2. Dazu wurde u.a. festgestellt, dass eine Gefährdung des BF als Familienmitglied XXXX nicht festgestellt werden könne. Der BF selbst sei vor seiner Ausreise nach Österreich als XXXX Verfolgung ausgesetzt gewesen. Dem BF drohe im Falle seiner Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb der Republik Tschetschenien keine Verfolgung wegen des Aufenthalts in Österreich als Asylberechtigter. Eine aktuelle Gefährdung des BF wegen seines Onkels ABDULA SHAUHALOV, XXXX könne nicht festgestellt werden.

Väterlicherseits leben noch XXXX sowie eine Vielzahl XXXX des BF in der Russischen Föderation, auch in der Teilepublik Tschetschenien. Ein XXXX des BF sei XXXX des BF. Auch die Familien XXXX des BF und der XXXX des BF würden weiterhin in der Russischen Föderation wohnen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Verwandten des BF in der Russischen Föderation einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt seien. Es bestehe telefonischer Kontakt bzw. Kontakt über elektronische Medien zwischen den Familienangehörigen in Österreich und denen in der Russischen Föderation. Der BF sei zuletzt mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX nach XXXX und XXXX zu einer Freiheitsstrafe von XXXX rechtskräftig verurteilt worden. Der BF werde XXXX (anders etwa als im Verfahren EGMR 25.03.2014, Fall M.G., Appl. 59.297/12). Dem BF drohe im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb des Föderationskreises Nordkaukasus keine Verfolgung auf Grund XXXX . Dem BF drohen im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation weder die Todesstrafe noch eine Haftstrafe unter unmenschlichen Bedingungen oder eine Verurteilung auf Grund des der Verurteilung in Österreich zu Grunde liegenden Verhaltens. Dem BF drohe im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus keine Folter oder unmenschliche Behandlung auf Grund seiner Verurteilung in Österreich oder des dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Verhaltens.

Es sei dem BF möglich und zumutbar, sich in der Russischen Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus niederzulassen und anzumelden; die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in Russland würden trotz der derzeitigen Wirtschaftskrise bei vorhandener Arbeitswilligkeit auch entsprechende Chancen für russische Staatsangehörige aus den Kaukasusrepubliken bieten; der BF hätte auch Zugang zu Sozialbeihilfen, Krankenversicherung und medizinischer Versorgung, auch Drogensucht sei in der Russischen Föderation behandelbar. Es bestehe keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der BF in anderen Teilen der Russischen Föderation Opfer fingierter Strafverfahren würde. Dem BF drohe auch keine Verfolgung bei der Wiedereinreise in die Russische Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus.

Der BF befinde sich seit XXXX in Haft, die seit XXXX in XXXX vollzogen werde. Während der Strafhaft sei gegen den BF mit rechtskräftigem Bescheid vom XXXX eine Ordnungsstrafe wegen XXXX , mit Bescheid vom XXXX eine Ordnungsstrafe wegen XXXX XXXX mit Bescheid vom XXXX eine Ordnungsstrafe wegen XXXX , mit Straferkenntnis vom XXXX eine Ordnungsstrafe wegen XXXX und mit Bescheid vom XXXX eine Ordnungsstrafe wegen XXXX verhängt.

Der BF reflektiere sein Handeln nicht, sei nicht schuldeinsichtig und sehe sich ausschließlich als Opfer der Umstände. Die vom BF relevierte beabsichtigte Änderung des Lebenswandels könne nicht festgestellt werden. Er stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Der BF sei gesund. Er sei ledig, habe keine Kinder und keine Unterhaltspflichten. Seine XXXX würden sich in Österreich aufhalten. Ein XXXX sei am XXXX ausgereist und XXXX . Ein Abhängigkeitsverhältnis der in Österreich aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen vom BF aus gesundheitlichen oder anderen Gründen bestehe nicht. Die Beziehung, die XXXX sowie XXXX nur per Telefon und Internet bzw. während der Haft auch durch Besuche gelebt werde, könne auch von der Russischen Föderation aus über elektronische Medien und Internet aufrechterhalten werden. Zu den weiteren Verwandten im Bundesgebiet gebe es vorwiegend telefonischen Kontakt. Zu seinen ehemaligen Lebensgefährtinnen XXXX habe der BF jedenfalls seit Haftbeginn XXXX keinen Kontakt mehr. Seine ehemalige und nunmehr wieder Lebensgefährtin XXXX sei eine ehemalige russische Staatsangehörige und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, der auf Grund der Asylerstreckung nach XXXX der Status der Asylberechtigten zugekommen sei, bis sie XXXX österreichische Staatsbürgerin geworden sei. Sie sei in XXXX geboren und in XXXX und XXXX aufgewachsen; sie habe bis XXXX in der Russischen Föderation gelebt. Ihr Vater lebe weiterhin in XXXX . Sie spreche neben Deutsch auch Russisch und Tschetschenisch. Sie selbst sei nie einer Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen und sei im XXXX in die Russische Föderation eingereist; dabei sei sie keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen. Als sie im XXXX wieder eine Beziehung zum BF eingegangen sei, sei sie sich dessen Vorstrafen bewusst gewesen, zumal er damals bereits eine Strafhaft verbüßt habe; ihm sei damals bereits verwaltungsbehördlich der Asylstatus aberkannt gewesen. Sie habe ihn erstmals im XXXX in der Haft besucht. Der BF sei ihretwegen keiner Gefahr in der Russischen Föderation ausgesetzt. Es sei der Lebensgefährtin zumutbar, die Beziehung mit dem BF in der Russischen Föderation fortzusetzen. Weiters wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsland unter Einbeziehung von umfangreichen Länderinformationsmaterial (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes zur Russischen Föderation vom 21.07.2017, Stellungnahme der Österreichischen Botschaft vom XXXX , Anfragebeantwortungen von ACCORD XXXX vom XXXX , XXXX vom XXXX , XXXX vom XXXX , XXXX sowie XXXX vom XXXX , Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX , Mitteilung der Staatendokumentation vom XXXX , Anfragebeantwortungen von ACCORD vom 19.02.2018) getroffen.

1.4.3. Beweiswürdigend wurde u.a. ausgeführt, dass dem BF aktuell keine Verfolgung mehr wegen der Familienangehörigeneigenschaft XXXX drohe, ergebe sich aus dem Umstand, dass XXXX seinen Angaben in der hg. mündlichen Verhandlung zufolge XXXX (vgl. VwGH 29.01.1997, 95/01/0449). Dass dies nicht auf XXXX zurückzuführen sei, ergebe sich einerseits daraus, dass XXXX und andererseits daraus, XXXX Dass XXXX in der Russischen Föderation keiner Bedrohung ausgesetzt sei, ergebe sich aber vor dem Hintergrund der Länderberichte zur Verfolgung von Familienangehörigen von Rebellen (Anfragebeantwortung von ACCORD vom 31.05.2016, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation) auch aus dem Umstand, dass XXXX , wie auch der Tatsache, dass nach dem Vorbringen des Vaters und XXXX weiterhin Verwandte in Tschetschenien leben, ohne einer Verfolgung ausgesetzt zu sein; dass XXXX sei vor diesem Hintergrund ebenso wenig glaubhaft. Dass XXXX des BF keiner Verfolgung mehr ausgesetzt seien, entspreche vielmehr auch den Länderberichten, wonach seit 2011 keine Hinweise auf XXXX mehr gefunden werden konnten; dem entsprechen auch die Ausführungen von XXXX und XXXX in der Anfragebeantwortung von ACCORD vom XXXX . Dass es sich XXXX des BF XXXX hätte, habe durch die Staatendokumentation in der Anfragebeantwortung vom XXXX nicht festgestellt werden können. Die Beschwerde verkenne, dass dem BF nicht aus dem Grund keine asylrelevante Verfolgung drohe, weil diese nur XXXX begründet wäre, sondern aus dem Grund, dass eine Gefährdung von Familienmitgliedern von XXXX seit 2011 auf Grund der Länderberichte nicht mehr festgestellt werden könne. Dem BF drohe als XXXX in der Russischen Föderation außerhalb von Tschetschenien keine Verfolgung: Aus der Stellungnahme der österreichischen Botschaft XXXX ergebe sich, dass nicht festgestellt werden konnte, dass XXXX nach ihrer Rückkehr in die Russische Föderation physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt seien. Personen, XXXX , können laut der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX vor Gericht gestellt werden; es gebe jedoch im Falle des BF auf Grund seiner Angaben in der hg. mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte XXXX . Seine XXXX vielmehr im Wesentlichen der in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX beschriebenen XXXX Ausweislich der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX seien XXXX und XXXX ; XXXX haben XXXX ; da XXXX in den letzten Jahren XXXX , sei es schwer vorstellbar, XXXX (ähnliche Zahlen würden sich in der Anfragebeantwortung von ACCORD vom XXXX und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation finden). Die XXXX seien ausweislich des Länderinformationsblattes in der Russischen Föderation generell XXXX , die XXXX demnach aber nicht nach Merkmalen wie ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Nationalität. Auch aus diesen Zahlen ergebe sich sohin keine reale Gefahr einer Verfolgung des BF in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens und den Föderationskreis Nordkaukasus aus asylrelevanten Gründen. Die von XXXX geschilderte XXXX in der Anfragebeantwortung von ACCORD vom XXXX beziehe sich nämlich ausschließlich auf die Teilrepublik Tschetschenien.

Dass der BF mit dem Niedergang der XXXX infolge von Geldproblemen und XXXX und XXXX , erhöhe jedenfalls nicht das behördliche Interesse am BF, ebensowenig, dass er XXXX .

Vielmehr ergebe sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, dass selbst bei XXXX . Dem trete der BF mit der unsubstantiierten Aussage in der Stellungnahme vom XXXX , das XXXX und ihm drohe XXXX (eine Gefahr, die sich dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zufolge nur für Tschetschenien nachvollziehen lasse), schon deshalb nicht erfolgreich entgegen, weil es dem BF freistehe, XXXX , keine XXXX festgestellt werden habe können, die XXXX

Dem BF drohe auch keine XXXX : Wie sich aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX ergebe, habe keine XXXX festgestellt werden können, die XXXX und XXXX haben, aus diesem Grund. Aus der Anfragebeantwortung von ACCORD vom XXXX ergebe sich, dass auch dem XXXX keine vergleichbaren Fälle bekannt gewesen seien. Die Angaben XXXX in dieser Anfragebeantwortung beziehe sich wiederum nur auf Tschetschenien. Soweit XXXX ausführe, dass solche Personen sich nicht außerhalb von Tschetschenien ansiedeln können, werde diese Angabe der Entscheidung nicht zugrunde gelegt, da sie den übrigen Länderberichten widerspreche und nicht sachlich fundiert sei, sondern nur apodiktisch in den Raum gestellt worden sei. Dem BF drohe im Falle der Rückkehr keine Gefahr als XXXX : Aus der Anfragebeantwortung von ACCORD vom XXXX ergebe sich, dass im gesamten Jahr XXXX eine einzige Person tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit nach ihrer Abschiebung außerhalb von Tschetschenien verschwunden sei, in der Republik Tschetschenien seien drei Fälle gefunden worden, wobei zumindest einer der betroffenen aktiver Exilpolitiker in Norwegen gewesen sei. Aus diesem Bericht könne vor dem Hintergrund, dass die tschetschenische Diaspora ausweislich der Länderberichte in Europa rund 150.000 Personen, in Österreich rund 30.000 Personen umfasst, und sich der BF in keiner Weise exilpolitisch betätigt habe, keine Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden, der BF sei im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb Tschetscheniens und des Föderationskreises Nordkaukasus einer Bedrohung ausgesetzt. Anderes ergebe sich auch nicht aus den Ausführungen von XXXX in der Anfragebeantwortung von ACCORD vom XXXX , die sich nur auf die Teilrepublik Tschetschenien beziehen. Eine Gefährdung auf Grund der langen asylbedingten Abwesenheit des BF in Russland außerhalb Tschetscheniens habe auch durch die Staatendokumentation in der Anfragebeantwortung vom XXXX nicht festgestellt werden können.

1.4.4. Das Erkenntnis wurde dem BF am 11.04.2018 zugestellt.

1.5. Die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX , Zl. XXXX , abgelehnt und die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Die Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX , Zl. Ra XXXX , zurückgewiesen.

1.6. Der BF wurde mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX , Zl. XXXX , wegen XXXX nach XXXX zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt.

2.1. Am 08.11.2018 stellte der BF neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag). In einem mit 05.11.2018 datierten rechtsfreundlichen Schreiben wurde dazu im Wesentlichen zur allgemeinen Sicherheitslage auf die Anfragebeantwortungen von ACCORD XXXX vom XXXX , und auf einen im Mai 2016 veröffentlichten Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe verwiesen. Auch wurde ein XXXX , der vor einem Jahr nach Österreich gekommen sei, in Tschetschenien XXXX . Als neues Vorbringen gegenüber dem Vorantrag wurde ausgeführt, dass die Gefahr der Folter und Tötung insbesondere gesteigert sei, da der BF sich in seiner jugendlichen Dummheit der XXXX , wodurch er erst recht im Fadenkreuz der tschetschenischen Regierung stehe. Weiters habe der BF am XXXX seine Lebensgefährtin XXXX standesamtlich geheiratet. Im Hinblick auf einen Neuanfang und des Lebens einer Ehe solle dem BF ein Bleiberecht in Österreich zuerkannt werden. Dazu wurde u.a. eine Heiratsurkunde in Kopie beigelegt.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.11.2018 gab der BF, danach befragt, wieso er erneut einen Asylantrag stelle, an, dass ihm sein rechtskräftig positiver Bescheid entzogen worden sei, und sein Leben XXXX in Gefahr sei. Er sei damals XXXX , weil er gedacht habe, XXXX . Da dies nicht so gewesen sei, XXXX . Der XXXX sei nur XXXX gewesen. Er habe einen riesengroßen Fehler gemacht, dass er XXXX . Er sei XXXX . Er habe in Tschetschenien keine Verwandten oder Bekannte. Auch seine jetzige Frau lebe in Österreich. Sie sei österreichische Staatsbürgerin und im 2 XXXX . Er wolle auf keinen Fall nach Tschetschenien zurück. Das Schlimmste, was passieren könnte, sei, dass er dort einfach verschwinde.

Mit Verfahrensanordnung vom 20.11.2018 wurde dem BF gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen und seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

Am 03.12.2018 fand XXXX eine Einvernahme des BF durch das Bundesamt im Beisein eines Dolmetschers, seiner rechtsfreundlichen Vertreterin sowie einer Rechtsberaterin statt. Danach befragt, welche neuen Gründe er seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Vorverfahrens habe, gab der BF im Wesentlichen an, dass vor drei Wochen ein Angehöriger seiner Familie, konkret der XXXX , als Terrorist dargestellt und erschossen worden sei. Bei diesem Vorfall seien alle Angehörigen festgenommen worden. Hierbei handle es sich um Sippenhaft. Im Falle der Abschiebung habe der BF auch keine Unterkunft in seinem Heimatland, da ihr Haus komplett zerstört worden sei und der BF sozusagen obdachlos sei. Sein XXXX sei weg XXXX abgeschoben und in Tschetschenien festgenommen worden, wo er neuerlich verurteilt werde. Er werde dann nach Sibirien verbracht werden, wo er im Gefängnis gefoltert werde. Die Haftumstände seien anders als in Österreich, viele würden geschlagen werden. Noch sei er in Tschetschenien in Untersuchungshaft. Dort sei er einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt. Es wurde um eine Frist von einer Woche ersucht, um diesbezüglich Unterlagen vorzulegen. Der BF gehe auch für sich vom Schlimmsten aus. Der BF wolle seine Zeit bei seiner Familie verbringen. Er habe in der Zeit seiner Haft sehr viel dazugelernt und würde diesen Fehler heute nicht mehr machen. Falls so etwas noch einmal vorkommen sollte, werde er freiwillig in seine Heimat zurückkehren. Nachgefragt, gab der BF an, dass er im Herkunftsland um sein Leben fürchten würde, da bereits mehrmals Personen XXXX seien. Wenn der BF abgeschoben werde, könnte er keine Beziehung mit seiner Frau führen, da diese für ein Visum "Geld ohne Ende" benötigen würde, welches ihr nicht zur Verfügung stehe. Die Geschwister seiner Eltern würden noch im Herkunftsland leben, seine restliche gesamte Familie befinde sich in Österreich. Der BF sei seit XXXX Jahren in Haft und habe seither keinen Kontakt mehr zu seinen Angehörigen im Herkunftsland gehabt. Auch davor habe er kaum Kontakt gehabt, nur wenn sich seine Eltern gemeldet hätten. Sein XXXX sei XXXX gewesen und werde XXXX , weshalb der BF den Kontakt abgebrochen habe, da alles sehr streng kontrolliert werde. Auch sein Familienstand habe sich seit dem letzten Verfahren geändert. Er habe eine Frau, mit welcher er nunmehr auch standesamtlich verheiratet sei.

Der BF legte einen Internetartikel von Caucasian Knot von XXXX vor, wonach XXXX in Tschetschenien bei einem Schusswechsel von Sicherheitskräften getötet worden seien und Nutzer sozialer Netze bezweifeln würden, dass diese beiden dem bewaffneten Untergrund angehört hätten. Laut Angaben eines Verwandten der Opfer, der anonym bleiben habe wollen, wären XXXX von den tschetschenischen Behörden festgenommen worden und sei es zu Hausdurchsuchungen gekommen. Laut Mitteilung eines Mitarbeiters der Strafverfolgungsbehörden Tschetscheniens würden die XXXX befragt werden.

Dem BF wurden aktuelle Feststellungen zur Situation in der Russischen Föderation und Tschetschenien (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes zur Russischen Föderation vom 31.08.2018 - Stand 12.11.2018, wobei offenbar irrtümlich Stand vom 20.07.2018 protokolliert wurde) zu Kenntnis gebracht.

2.2. Mit dem im Anschluss an die Einvernahme am 03.12.2018 mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Dazu wurde u.a. begründend ausgeführt, dass der BF seit der rechtskräftigen Aberkennung keine wesentlichen neuen Fluchtgründe angegeben habe und sein neuer Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sei. Der BF sei zudem gesund, in einem arbeitsfähigen Alter, wobei sich auch Angehörige des BF ( XXXX ) im Herkunftsland aufhalten. Auch seine familiären Anknüpfungspunkte im Aufenthaltsland seien bereits im Aberkennungsverfahren behandelt worden, wobei dem öffentlichen Interesse ein höheres Gewicht zugemessen worden sei.

2.3. Der BF hat sich zuletzt von XXXX bis zum XXXX in Justizhaft befunden.

2.4. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.12.2018, Zl. XXXX wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 als rechtmäßig erachtet. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass sich der BF im nunmehrigen (Folge-) Verfahren hinsichtlich seiner Fluchtgründe auf einen Vorfall im November 2018 in Tschetschenien beziehe, von dem die männliche Verwandtschaft seiner Frau dort betroffen sei, sowie die zeitlich nicht bestimmte Abschiebung eines "Zellengenossen", der in Tschetschenien verhaftet worden sei und sich dort in Untersuchungshaft befinde. Hinsichtlich seines Familienlebens mache der BF neu geltend, dass er seine bisherige Lebensgefährtin, eine ehemals russische und nunmehr österreichische Staatsangehörige, im XXXX standesamtlich geheiratet habe. Er sei am XXXX aus der Strafhaft entlassen worden. Die Ländersituation habe sich seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.04.2018, Zl. XXXX , nicht entscheidungswesentlich verändert.

Beweiswürdigend wurde dazu ausgeführt, dass eine verwandtschaftliche Zuordnung der im Bericht nicht namentlich genannten Personen zur Gattin des BF nicht nachgewiesen worden sei und selbst bei Zutreffen eine Verfolgungsgefahr des seit zumindest 2006 nicht mehr in Tschetschenien aufhältigen BF sehr unwahrscheinlich sei. Es werde als völlig unwahrscheinlich erachtet, dass der BF deswegen in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens Probleme mit den Behörden bekommen würde. Diesbezüglich sei er bereits im Erkenntnis vom 09.04.2018 auf die ihm zumutbare Möglichkeit verwiesen worden, sich in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens niederzulassen. Dies gelte auch für die von ihm behauptete Verhaftung eines abgeschobenen "Zellengenossen" in Tschetschenien. Hingegen seien konkrete Vorfälle außerhalb Tschetscheniens oder des Föderationskreises Nordkaukasus nicht vorgebracht worden. Das Bundesamt habe damit zu Recht davon ausgehen können, dass der BF in seinem neuen Antrag seit der rechtskräftigen Aberkennung keine wesentlichen neuen Fluchtgründe angegeben habe. Die den BF betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat sei bereits eingehend in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.04.2018 erörtert und abgewogen worden und sei dies als ausreichend aktuell zu erachten. Unabhängig davon ergebe sich aus den vom Bundesamt herangezogenen Länderberichten keine entscheidungswesentliche Lageänderung. Zum Privat- und Familienleben führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass er sich bis zum XXXX unverändert in Strafhaft befunden habe und sohin mangels eines Beobachtungszeitraums für sein anschließendes Wohlverhalten keine positive Zukunftsprognose getroffen werden könne. Infolge der Berücksichtigung seines Familienlebens mit seiner damaligen Lebensgefährtin durch das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 09.04.2018 ergebe sich auch durch seine erfolgte Eheschließung mit dieser keine andere Beurteilung im Sinne des Art. 8 EMRK. Bereits damals sei das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es seiner damaligen Lebensgefährtin und nunmehrigen Ehegattin zumutbar sei, die Beziehung mit dem BF in der Russischen Föderation fortzusetzen, zumal sie XXXX dorthin gereist sei und sich dort problemlos habe aufhalten können, woran auch eine Schwangerschaft grundsätzlich nichts ändere, welche im Übrigen bei der Einvernahme nicht mehr behauptet worden sei.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass unstrittig seit Rechtskraft des Erkenntnisses vom 09.04.2018 eine aufrechte Rückkehrentscheidung bestehe. Der BF habe zur Begründung seines neuerlichen Antrags keine Sachverhalte dargetan, welche geeignet wären, ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen. Seine neu vorgebrachten Gründe würden sich - unabhängig von deren Glaubwürdigkeit - ausschließlich auf Vorfälle in Tschetschenien beziehen, wozu bereits im rechtskräftigen Erkenntnis vom 09.04.2018 ausdrücklich festgestellt worden sei, dass dem BF im Herkunftsland außerhalb Tschetscheniens eine zumutbare interne Fluchtalternative offenstehe. Die Abschiebung des gesunden und arbeitsfähigen BF stelle keine Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Auch habe sich die Situation seit Rechtskraft des Erkenntnisses vom 09.04.2018 nicht entscheidungswesentlich geändert. Zusätzlich werde die Position des BF durch die unbegründete Folgeantragstellung gemindert. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet - 8 Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung- der Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an der öffentlichen Sicherheit und Verhinderung von Straftaten zu geben sein werde.

2.5. Die dagegen an den VfGH erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss vom 12.03.2019 abgelehnt und an den VwGH abgetreten. Mit Beschluss vom 09.05.2019 wies der VwGH die dagegen erhobene Revision zurück.

2.6. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.05.2019 wurde der Antrag des BF vom 08.11.2018 (Folgeantrag) hinsichtlich Asyl (Spruchpunkt I.) und subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 festgestellt, dass die Abschiebung es BF gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.).

2.6. Mit Verfahrensanordnung vom 10.05.2019 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für ein etwaiges Beschwerdeverfahren beim Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

2.7. Der zurückweisende Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10.05.2019 zugestellt und erwuchs mangels Beschwerde in Rechtskraft.

3. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 04.03.2019 wurde der BF wegen XXXX gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Zusatzstrafe zum BG XXXX von 1 Monat Freiheitsstrafe verurteilt.

3.1. Mit Schreiben vom 17.06.2019 verständigte das Bundesamt den BF von der Einleitung eines Verfahrens zur Beendigung des Aufenthalts nach dem FPG wegen der unverändert vorliegenden schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit infolge seiner wiederholten Strafhaft und gab ihm Gelegenheit dazu binnen 7 Tagen Stellung zu nehmen.

3.2. Mit Stellungnahme seines bevollmächtigten Vertreters vom 24.06.2019 brachte der BF vor, dass entgegen der Annahme der Behörde zwischenzeitlich die Gründe für eine Rückkehrentscheidung sowie ein unbefristetes Einreiseverbot weggefallen seien. Der BF habe noch während seines Aufenthalts in Syrien einen Gesinnungswandel verspürt, sei reumütig zurückgekehrt und habe sich auch freiwillig den Behörden gestellt. Der Gesinnungswandel zeige sich daran, dass er nachweislich mindestens zwei junge Männer von einem Kampfeinsatz in Syrien abgehalten habe. Dies spreche für den Wegfall der aus dem Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit. Sein Fehlverhalten sei ihm zusätzlich durch das anschließend verspürte Haftübel bewusst geworden. Diesbezüglich sei auf die Stellungnahme von DERAD vom 31.01.2019 zu verweisen, welche dem BF einen positiven Bezug zu seiner österreichischen Umgebung und deren Gesellschaft attestiere. Daraus sei erkennbar, dass die Gefährdungsprognose zu Gunsten des BF ausfallen müsse und gehe insbesondere auch keine aktuelle Gefahr vom BF aus. Abgesehen von seinem Aufenthalt in Syrien und kurzfristigen Aufenthalten im benachbarten Schengenraum befinde er sich seit 14.06.2006 legal im Bundesgebiet. Seine Eltern, sein Bruder und seine beiden Schwestern sowie vier Nichten und Neffen seien in Österreich aufhältig, ferner sein Onkel samt Familie, welche bereits die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten hätten. Mit seiner seit XXXX standesamtlich angetrauten Ehefrau sei er mit Unterbrechungen bereits seit 2011/2012 liiert und nach muslimischem Ritus verheiratet. Es bestehe zu allen Familienmitgliedern ein sehr enges Verhältnis. Da beinahe alle Angehörigen Flüchtlingsstatus hätten würde eine Rückkehrentscheidung eine Trennung für immer bedeuten, denn weder könnten die Verwandten in die Russische Föderation einreisen, noch der BF in den Schengenraum. Regelmäßige Besuche wären faktisch unmöglich. Dies bedeute einen äußerst gravierenden Eingriff, welcher wegen der unbefristeten Zeitspanne nicht bloß mit technischen Hilfsmitteln überbrückt werden könne. Der BF habe in Österreich die Schule besucht und zu arbeiten begonnen. Weiters sei er in einigen Sportvereinen sehr aktiv gewesen - zuletzt als Kapitän für einen Fußballverein. Allein daraus ergebe sich notorisch ein großer und intensiver Bekanntenkreis und zeige sich die bereits stattgefundene Integration. So spreche er fließend Deutsch und empfinde Österreich als seine Heimat. Eine Reintegration in die Russische Föderation scheitere auch daran, dass er dort weder soziale, kulturelle noch familiäre Bindungen habe, zumal er ja nicht nach Tschetschenien zurückkehren könne. Zwar sei er bereits mehrmals verurteilt worden, jedoch hätte dies vor dem Hintergrund einer schwierigen innerfamiliären Situation bzw. direkt nach seiner Rückkehr aus Syrien stattgefunden. Mittlerweile habe er seine Taten reflektiert und bereue sie zutiefst. Es gehe keinerlei Gefahr mehr von ihm aus. Daher seien die Voraussetzungen für die Erteilung eines humanitären Bleiberechts gemäß § 55 AsylG erfüllt. Sodann wurde zum Länderinformationsblatt des Bundesamtes ausgeführt, dass danach Kadyrovs Kräfte und die russischen Sicherheitsbehörden jegliche dschihadistischen Anhänger ins Visier nehmen würden und keinen Unterschied machten, unter welcher Flagge ein Islamist kämpfe (S 3). Weiters werde auf S 48 festgestellt, dass "Foreign Fighters", die in die Russische Föderation zurückkehren, mit Strafverfolgung rechnen müssten, wobei die Schwere der Strafe davon abhänge, ob sie sich den Behörden stellen und kooperieren würden. Jene, die sich nicht stellten, würden Gefahr laufen, in sogenannten Spezialoperationen liquidiert zu werden. Auf S 51 heiße es weiter, dass nach Ansicht der Österreichischen Botschaft davon auszugehen sei, dass sich die russischen Behörden bei der Strafverfolgung auf IS-Kämpfer/Unterstützer konzentrieren. Zwar sei der BF niemals IS-Kämpfer/Unterstützer gewesen, jedoch werde sein Aufenthalt in Syrien bei der XXXX darunter zu subsumieren sein. Weiters werde im LIB immer wieder hervorgehoben, dass der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole der russischen Außen- und Sicherheitspolitik geworden sei und IS-Kämpfer in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit gerückt seien. Im Zusammenhang damit sei auf die regelmäßig kritisierten Missstände im russischen Justizwesen hinzuweisen (S 23,42 ff). Selbst der EGMR habe festgestellt, dass die Bedingungen in den Untersuchungsgefängnissen Art. 3 EMRK widersprechen würden (S 58). Dass der russische Inlandsgeheimdienst FSB am BF interessiert sei und von seiner Schubhaft informiert sei, beweise eine SMS an eine Frau seines ehemaligen Mitschubhäftlings, worin der FSB-Beamte Fragen über den Verbleib des BF stelle. Zur Macht von Kadyrov beinhalte das LIB widersprüchliche Informationen. Nach S 10 sei seine Macht auf Tschetschenien begrenzt, nach S 83 werde von bewaffneten Männern Kadyrovs in Moskau berichtet, welche illegale Aktivitäten ausüben würden. Ferner werde auf die beigelegte Stellungnahme der Journalistin XXXX verwiesen, welche zur Situation in Tschetschenien und der des BF in Österreich bzw. im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat ausführt. Demnach könne im konkreten Fall von einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den BF nicht die Rede sein und sei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unzulässig.

3.3. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Begründend führte das Bundesamt zusammengefasst aus, dass der BF nach Aberkennung des Asylstatus über keine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet verfüge. Nach der Abweisung seines Folgeantrags sei er zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet. Der Umstand, dass er Familienangehörige in Österreich habe, sei bereits bei der Aberkennungsentscheidung im Hinblick auf Art. 3 und 8 EMRK berücksichtigt worden. An der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes im Erkenntnis vom 09.04.2018, dass er infolge seiner Straftaten eine schwerwiegende Gefahr für die Republik Österreich darstelle, habe sich nichts geändert und seien die Voraussetzungen für ein unbefristetes Einreiseverbot weiterhin gegeben. Sodann wurden Länderfeststellungen mit Stand 18.01.2019 (fälschlich angegebener Stand vom 20.07.2018) zum Herkunftsstaat getroffen. Danach wird von der Österreichischen Botschaft in einer Information vom Oktober 2018 zu der von den russischen Menschenrechtseinrichtungen im ganzen Land in Abrede gestellten innerstaatlichen Fluchtalternative festgehalten, dass renommierte Denkfabriken auf die hauptsächlich ökonomischen Gründe für die Migration aus dem Nordkaukasus und die Grenzen der Macht von Kadyrow außerhalb Tschetscheniens hinweisen. Weiters wurden Berichte der Österreichischen Botschaft vom Juli und Dezember 2017 über die Strafverfolgung ua. von IS-Kämpfern in der Russischen Föderation wiedergegeben. Nach dem Bericht des Auswärtigen Amtes vom 21.05.2018 ist die Todesstrafe in der Russischen Föderation de facto abgeschafft und können sich Personen aus dem Nordkaukasus grundsätzlich problemlos in andere Teile der Russischen Föderation begeben, wozu entsprechende Dokumente benötigt werden. Danach erfolgt die Rückübernahme von Personen ohne gültiges Reisedokument mit Heimreisezertifikat. Bei der Ankunft müssen sich Rückkehrer bei beabsichtigter Änderung ihres bisherigen Wohnortes registrieren. Asylanträge im Ausland führen nicht prinzipiell zu einer Verfolgung. Rückkehrende können wie alle russischen Staatsangehörigen durch das Wohlfahrtssystem Leistungen erhalten.

Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Identität des BF nicht feststehe und er seinen Angaben zufolge gesund und arbeitsfähig sei. Nach der Aberkennung seines Asylstatus verfüge er über kein anderes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Nach dem vorliegenden Urteil habe er bereits mehrfach strafbare Handlungen im Bundesgebiet begangen. Seine Eltern, Geschwister und Ehefrau befänden sich in Österreich. Im Erkenntnis vom 09.04.2018 sei dies bereits beurteilt und die öffentlichen Interessen als überwiegend erachtet worden. Auch stelle er nach dem Erkenntnis des BVwG Zl. W112 1315471-2/57E eine schwerwiegende Gefahr für die Republik Österreich dar und seien die Voraussetzungen für ein unbefristetes Einreiseverbot weiterhin gegeben.

Rechtlich ging das Bundesamt davon aus, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vorlägen (Spruchpunkt I.). In Bezug auf sein Familienleben wurde auf Grund der Schwere der von ihm begangenen Straftaten von einem gerechtfertigten Eingriff im Sinne des Art. 8 EMRK ausgegangen, ebenso in Bezug auf sein Privatleben. Dies sei bereits im Aberkennungsverfahren rechtskräftig festgestellt worden. Nach wie vor stelle er eine schwerwiegende Gefahr für die Republik Österreich dar. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei daher nach § 9 BVA-VG zulässig (Spruchpunkt II.). Wie bereits in den Vorverfahren dargelegt, ergebe sich in seinem Fall keine Gefährdung im Sinne von § 50 Abs. 1 FPG, mangels Asylverfahren lägen solche gemäß § 50 Abs. 2 FPG ebenfalls nicht vor und existiere auch keine Empfehlung des EGMR iS des § 50 Abs. 3 FPG. Seine Abschiebung in die Russische Föderation sei demnach ebenfalls zulässig (Spruchpunkt III.). In seinem Fall sei auch § 53 Abs. 3 Z 6 FPG erfüllt. Da die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme Art. 8 EMRK in seinem Fall nicht verletzte, müsse unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 3 genannten Tatbestandes ebenfalls davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit sein persönliches Interesse am Verbleib in Österreich überwiege (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG sei wegen der erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch seinen Verbleib in Österreich seine sofortige Ausreise erforderlich (Spruchpunkt V.) und sei gemäß § 55 Abs. 4 FPG von einer Frist zur freiwilligen Ausreise abzusehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 14.08.2019 durch seine bevollmächtigte Vertreterin vollumfänglich Beschwerde erhoben und inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF staatenlos sei und seit 13 Jahren mit seiner Familie im Bundesgebiet lebe. Auf Grund strafrechtlicher Verurteilungen gemäß § 278b Abs.2 und 278e Abs.2 StGB sei ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt worden. Nun sei eine Rückkehrentscheidung iVm einem unbefristeten Einreiseverbot erlassen worden. Zwar liege eine Verurteilung vor, jedoch gebe es keinen Anhaltspunkt für eine im Tatbestand beschriebene Finanzierung und der BF habe tatsächlich keine solchen Handlungen gesetzt. Auch liege die Verurteilung schon lange zurück, habe der BF sich nachweislich damit auseinandergesetzt und seine Reue oft zur Sprache erbracht. Es könne daher nicht von einer aktuellen Gefahr ausgegangen werden und sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Es könne in Anbetracht der relevanten Rechtsprechung nicht geschlossen werden, dass der begangenen Straftat die für ein "besonders schweres Verbrechen" erforderliche außerordentliche Schwere anhafte. Solche besonderen Umstände lägen fallbezogen gerade nicht vor und seien im angefochtenen Bescheid keinerlei Gründe dargelegt worden, wonach sich die begangene Tat als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen hätte. Zudem bereue der BF seine bisherigen Taten zutiefst und wolle mit seiner Frau und seiner Familie ein neues Leben beginnen. Der BF sei mit XXXX , geb. XXXX , die österreichische Staatsbürgerin sei, liiert und bestehe eine intensive Bindung zu seinen Eltern und Geschwistern. Er habe viele Freundschaften und Bekanntschaften geschlossen, spreche gut Deutsch und habe hier Kurse absolviert und sei sportlich aktiv gewesen. Dies mache eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot unzulässig. Auch das Leben und die Gesundheit seiner Ehefrau hänge von dieser Entscheidung ab. Der BF habe zum Herkunftsstaat überhaupt keine Bindungen mehr, zumal dort nur mehr entfernte Verwandte leben würden, zu welchen er keinen Kontakt habe. Im Fall einer Abschiebung nach Tschetschenien drohe ihm Folter und Tod infolge Sippenhaftung. Die Behörde habe das Recht auf ein faires Verfahren und rechtliches Gehör iSd Art. 6 EMRK verletzt, da der BF vor der Bescheiderlassung nicht angehört worden sei. Auch die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid würden für den BF sprechen. Beantragt wurde die ersatzlose Behebung des Bescheides, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen und Aufhebung des Einreiseverbots, in eventu die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde sowie die Gewährung von aufschiebender Wirkung.

In der Beschwerdeergänzung des bevollmächtigten Vertreters des BF mit Schriftsatz vom 15.08.2019 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Bundesamt die zum Parteiengehör erstattete Stellungnahme (Widersprüche im LIB, längere Zeit zurückliegendes Vorverfahren und seither geänderte wesentliche Umstände) nicht ausreichend berücksichtigt und auf die Länderfeststellungen und die ihm Vorverfahren behandelten Umstände verwiesen habe. Zur Rückkehrentscheidung habe die Behörde Ermittlungen unterlassen und sich auf das bereits 3,5 Jahre zurückliegende Aberkennungsverfahren berufen. Allerdings falle die Gefährdungsprognose zu Gunsten des BF aus; abgesehen davon dass er sich freiwillig gestellt habe und nachweislich mindestens zwei weitere Männer von einer Radikalisierung abgehalten habe, liege die Tat schon 6 Jahre zurück. Es könne insoweit von einem nachhaltigen und unumkehrbaren Gesinnungswandel ausgegangen werden, was für den Wegfall der aus dem Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit spreche. Dies werde auch durch die Stellungnahme von DERAD bekräftigt. Die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hätte zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 geführt. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Abschiebung des BF wurde ausgeführt, dass die Behörde auch dazu nur auf das Vorverfahren verwiesen habe, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen, wozu erneut auf die Stellungnahme vom 22.06.2019 sowie der dieser beigelegten Stellungnahme der Journalistin XXXX verwiesen wurde. Schon aus den Länderfeststellungen selbst ergebe sich eine dem BF drohende Verletzung von Art. 3 EMRK in der Russischen Föderation. Zum Einreiseverbot habe die Behörde es versäumt, eine Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen und sei nicht auf die dargelegte "Nichtgefährlichkeit" des BF eingegangen. Auch habe sie die ausführlich dargelegten innigen und intensiven Bindungen des BF zu seiner Familie völlig außer Acht gelassen. Völlig negiert habe die Behörde auch der Umstand, dass beinahe alle Angehörigen des BF den Flüchtlingsstatus innehätten und somit eine Rückkehrentscheidung gegen den BF eine Trennung der Familie für immer bedeuten würde, da diese nicht in die Russische Föderation und der BF nicht in den Schengenraum einreisen könne, wodurch regelmäßige Besuche faktisch unmöglich wären. Auch erweise sich das unbefristete Einreiseverbot infolge der nicht mehr vorliegenden Gefährlichkeit des BF jedenfalls als zu hoch. Durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung würde dem BF ein unverhältnismäßiger Nachteil drohen. Er müsste sich in einem ihm fremd gewordenen Land alles neu aufbauen, Wohnung und Arbeit suchen, was mit ungebührlichem finanziellen und psychischem Aufwand verbunden sei, zumal mangels negativer Gefährlichkeitsprognose keine zwingenden öffentlichen Interessen vorlägen. Beantragt werde daher ua. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, sowie muslimischen Glaubens.

Der Beschwerdeführer reiste als XXXX jähriger mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in das österreichische Bundesgebiet, wo sich XXXX bereits XXXX als Asylwerber aufhielt, ein und beantragte am 14.06.2006 ebenfalls internationalen Schutz. Dem BF wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX 2008 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt, weil ihm als Familienangehörigen seines Vaters, welcher als Bruder eines aktiven Widerstandskämpfers im ersten Tschetschenienkrieg ins Visier der russischen Sicherheitskräfte geraten war, im Herkunftsstaat Verfolgung drohte.

Der BF wurde mit rechtskräftigem Urteil eines BG im XXXX wegen XXXX gemäß XXXX zu einer Geldstrafe verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil eines LG vom XXXX wurde er wegen XXXX gemäß XXXX zu einer Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt.

Mit Urteil eines LG vom XXXX wurde der BF wegen XXXX und der XXXX unter Bedachtnahme auf das Urteil des BG vom XXXX zu einer (Zusatz)Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren verurteilt. Den Berufungen wurde mit Urteil des OLG vom XXXX keine Folge gegeben.

Der BF wird von der Russischen Föderation nicht via INTERPOL gesucht.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten infolge rechtskräftiger Verurteilungen zu von ihm verübten Straftaten wieder aberkannt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen und ein unbefristetes Einreiseverbot gegen ihn verhängt.

Mit Urteil eines BG vom April 2018 wurde der BF wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt.

Der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz vom 08.11.2018 (Folgeantrag) des BF wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2019 hinsichtlich Asyl und subsidiärem Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde dem BF nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Russische Föderation zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestand gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht.

Mit rechtskräftigem Urteil eines BG vom März 2019 wurde der BF neuerlich wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Zusatzstrafe von einem Monat Freiheitsstrafe verurteilt.

Der BF hat darüber hinaus noch zahlreiche Verwaltungsübertretungen begangen.

Der Beschwerdeführer ist in Tschetschenien geboren und - bis zu seinem 14. Lebensjahr - dort und in Inguschetien aufgewachsen. Er hat dort die Grundschule besucht. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Tschetschenisch. Er spricht auch Russisch und sehr gut Deutsch.

Der Beschwerdeführer besuchte in Österreich die Hauptschule und ging danach keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach. Er hat keine Berufsausbildung absolviert und ist angelernter Drucker. Er ist gesund und arbeitsfähig. Der BF war drogensüchtig.

Seit dem XXXX ist der BF standesamtlich mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX , geb. XXXX , einer Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe, welche bis 2004 ebenfalls in Tschetschenien und Inguschetien aufgewachsen ist, bis 2014 als russische Staatsbürgerin im Wege der Asylerstreckung nach ihrer Mutter in Österreich asylberechtigt war und deren Vater nach wie vor in Tschetschenien lebt, standesamtlich verheiratet. Sie spricht neben Deutsch auch Russisch und Tschetschenisch. Bei ihrer Reise in die Russische Föderation im Juli 2017 war sie keiner Verfolgung ausgesetzt. Als sie im Herbst 2017 erneut eine Beziehung mit dem BF einging, war sie sich der Vorstrafen des BF bewusst, zumal er sich damals bereits in Strafhaft befand und ihm bereits der Asylstatus erstinstanzlich aberkannt war. Sie ist ausgebildete Nageldesignerin und Bürokauffrau. Dem BF droht ihretwegen keine Gefahr in der Russischen Föderation. Es ist ihr daher die Fortsetzung der Beziehung mit dem BF in der Russischen Föderation zumutbar.

Seine Familienangehörigen (Eltern, Geschwister und deren Kinder) sind in Österreich asylberechtigt. Es besteht weder ein gesundheitliches noch sonstiges Abhängigkeitsverhältnis des BF zu diesen. Sein bislang in Österreich asylberechtigter Onkel samt Familie besitzt bereits seit Oktober 2014 die österreichische Staatsbürgerschaft. Weitere Verwandte (Onkel, Tante und Cousins und Cousinen) leben noch im Herkunftsstaat. Der BF und seine in Österreich lebenden Verwandten haben grundsätzlich die Möglichkeit, einander außerhalb der Russischen Föderation bzw. außerhalb der Schengenstaaten, etwa in Weißrussland zu treffen.

Im Falle des Beschwerdeführers kann auf Grund seiner bisherigen Straftaten keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.

Festgestellt wird, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in die Russische Föderation außerhalb Tschetscheniens und des Föderationskreises Nordkaukasus stellt keine Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention dar:

Dem Beschwerdeführer droht in der Russischen Föderation außerhalb der Region Nordkaukasus, insbesondere außerhalb von Tschetschenien, weder die Todesstrafe noch eine Haftstrafe unter unmenschlichen Bedingungen, keine Doppelbestrafung und auch außerhalb der Strafverfolgung keine Verfolgung auf Grund des der Verurteilung in Österreich zugrundeliegenden Verhaltens. Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus keine Folter oder unmenschliche Behandlung auf Grund seiner Verurteilung in Österreich oder des dieser Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens. Dem Beschwerdeführer droht auch keine Verfolgung wegen seines Aussehens oder seiner ethnischen Volksgruppenzugehörigkeit. Ihm droht im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb des Nordkaukasus, insbesondere außerhalb Tschetscheniens, keine Verfolgung wegen der Asylantragstellung in Österreich und wegen des langjährigen Aufenthaltes außerhalb der Russischen Föderation.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, sich in der Russischen Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus niederzulassen und anzumelden. Die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in Russland bieten trotz der derzeitigen Wirtschaftskrise bei vorhandener Arbeitswilligkeit entsprechende Chancen auch für russische Staatsangehörige aus den Kaukasusrepubliken. Der Beschwerdeführer hat auch Zugang zu Sozialbeihilfen, Krankenversicherung und medizinischer Versorgung (wie etwa der Behandlung von Drogensucht). Es besteht keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer in anderen Teilen der Russischen Föderation Opfer fingierter Strafverfahren würde. Dem Beschwerdeführer droht auch keine Verfolgung bei der Wiedereinreise in die Russische Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus.

Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Ende 2018 kam es in Tschetschenien wieder zur Verhaftung von Homosexuellen. Laut Angaben des russischen LGBT-Netzwerkes wurden mindestens 40 Frauen und Männer inhaftiert, mindestens zwei sollen im Zuge von Folter getötet worden sein (LGBT Netzwerk 14.1.2019, vgl. Nowaja Gaseta 18.1.2019). Laut dem Leiter des LGBT-Netzwerkes, Igor Kotschetkow, kam es nicht nur zur physischen Bedrohung bis zur Inkaufnahme des Todes der Festgehaltenen, sondern die Sicherheitskräfte sollen auch versucht haben, die Frauen und Männer daran zu hindern, aus der Teilrepublik auszureisen oder vor Gericht zu ziehen (NZZ 18.1.2019, vgl. UN News 13.2.2019). Die Kampagne, deren Muster und auch der Ort der Inhaftierung, eine Anlage in der Stadt Argun, erinnern an eine erste Welle an Verhaftungen von tschetschenischen Homosexuellen vor zwei Jahren. Nach Einschätzung von Menschenrechtsaktivisten gingen die Einschüchterungen, Festnahmen und Gewalttaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender weiter. Im Frühsommer 2017 hatte das Ermittlungskomitee von höchster Stelle in Moskau aus wegen starken internationalen Drucks eine Untersuchung der schwerwiegenden Vorwürfe angeordnet. Diese brachte allerdings nie konkrete Resultate (NZZ 18.1.2019, vgl. Nowaja Gaseta 18.1.2019).

Quellen:

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Russisches LGBT-Netzwerk (14.1.2019): New wave of persecution against LGBT people in Chechnya: around 40 people detained, at least two killed,

https://lgbtnet.org/en/newseng/new-wave-persecution-against-lgbt-people-chechnya-around-40-people-detained-least-two-killed, Zugriff 28.2.2019

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Nowaja Gaseta (18.1.2019):

https://www.novayagazeta.ru/articles/2019/01/16/79205-legitimnye-zhertvy, Zugriff 28.2.2019

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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (18.1.2019): In Tschetschenien hat eine neue Welle der Verfolgung Homosexueller begonnen, https://www.nzz.ch/international/in-tschetschenien-hat-eine-neue-welle-der-verfolgung-homosexueller-begonnen-ld.1452401, Zugriff 28.2.2019

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UN News (13.2.2019): LGBT community in Chechnya faces 'new wave of persecution': UN human rights experts, https://news.un.org/en/story/2019/02/1032641, Zugriff 28.2.2019

Änderungen seit Mai 2018:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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