TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/18 W129 2222456-1

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Veröffentlicht am 18.09.2019
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Entscheidungsdatum

18.09.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §94 Abs5

Spruch

W129 2222456-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde des mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , beide vertreten durch Mag. Eva KÖGL, Diakonie Flüchtlingsdienst, ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2019, Zl. 1052105902-190686508/BMI-BFA_BGLD_RD, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Mit Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen vom 24.04.2015, Zl. 1052105902, wurde ihm im Familienverfahren der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. Am 21.07.2015 wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Konventionsreisepass ausgestellt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. 1052105902-181061325, wurde der zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt und dies insbesondere mit der geänderten Lage in der Russischen Föderation begründet.

Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Hingegen wurde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und eine Aufenthaltsberechtigung nach § 55 Abs 2 AsylG erteilt. Dies wurde damit begründet, dass eine Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Familien- bzw. Privatleben darstellen würde.

4. Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nicht ergriffen, die Entscheidung erwuchs am 23.04.2019 in Rechtskraft.

5. Mit dem nunmehr bekämpften, im Spruch genannten Bescheid vom 08.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer der Konventionsreisepass mit der Nr. XXXX gem. § 94 Abs. 5 FPG iVm § 93 Abs. 1 Z 1 FPG entzogen. Gemäß § 93 Abs 2 FPG wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, das Dokument unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

Begründet wurde dies im Wesentlichen mit dem Wegfall jener Rechtsgrundlage, die zur Ausstellung des Konventionspasses führte.

6. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, darin wurde insbesondere geltend gemacht, dass der Vater des mj. Beschwerdeführers eine Beschwerde gegen den ihn (den Vater) selbst betreffenden Bescheid eingebracht hat, mit welchem dem Vater des Beschwerdeführers der zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt wurde. Dies sei als Beschwerde im Familienverfahren zu werten, weswegen dem Beschwerdeführer "genau genommen" weiterhin der Asylstatus zukomme. Weiters wurde die mangelhafte Beweiswürdigung der belangten Behörde sowie die inhaltliche Rechtswidrigkeit vorgebracht.

7. Mit Begleitschreiben vom 09.08.2019 wurde seitens der belangten Behörde die Beschwerde samt Bezugsakten dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt (eingelangt am 16.08.2019).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. 1052105902-181061325, wurde dem Beschwerdeführer der zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt. Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Hingegen wurde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und eine Aufenthaltsberechtigung nach § 55 Abs 2 AsylG erteilt.

1.2. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb der Rechtsmittelfrist kein Rechtsmittel eingebracht.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannte mit Bescheid vom 25.04.2019 auch dem Vater des BF den ihm (dem Vater des BF) mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 06.12.2007, Zl. 309.028-C1/6E-VIII/22/07, zuerkannten Status des Asylberechtigten und stellte fest, dass ihm (dem Vater des BF) die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Weiters wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt.

1.4. Gegen den unter 1.3. angeführten Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Das Bundesverwaltungsgericht behob den Bescheid mit Beschluss vom 04.06.2019, Zl. W182 2219545-1/2E, und verwies die Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus der eindeutigen Aktenlage in Verbindung mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf den den Vater betreffenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Eine Einsicht in den Gerichtsakt zu W182-2219545 ergab die Richtigkeit des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei.

Dass gegen den Bescheid des mj. Beschwerdeführers unmittelbar kein Rechtsmittel eingebracht wurde, wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Die Frage, ob die fristgerecht eingebrachte Beschwerde des Vaters des mj. Beschwerdeführers (nur) gegen den ihn (den Vater) selbst betreffenden Bescheid auch als Beschwerde des mj. Beschwerdeführers zu qualifizieren ist, ist weiter unten Gegenstand der rechtlichen Erwägungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 94 Abs. 5 FPG gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.

Gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 FPG idgF ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.

Gemäß § 93 Abs. 2 FPG sind vollstreckbar entzogene Fremdenpässe dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.

3.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. 1052105902-181061325, wurde dem Beschwerdeführer der zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt. Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Hingegen wurde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und eine Aufenthaltsberechtigung nach § 55 Abs 2 AsylG erteilt. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel eingebracht. Abs. 2 FPG sind vollstreckbar entzogene Fremdenpässe dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.

3.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannte mit Bescheid vom 25.04.2019 auch dem Vater des Beschwerdeführers den ihm (dem Vater des Beschwerdeführers) mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 06.12.2007, Zl. 309.028-C1/6E-VIII/22/07, zuerkannten Status des Asylberechtigten und stellte fest, dass ihm (dem Vater des Beschwerdeführers) die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Weiters wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Das Bundesverwaltungsgericht behob den Bescheid mit Beschluss vom 04.06.2019, Zl. W182 2219545-1/2E, und verwies die Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.

3.4. Nach Rechtsansicht der beschwerdeführenden Partei ist die fristgerechte Einbringung der Beschwerde des Vaters (in Bezug auf den den Vater betreffenden Aberkennungsbescheid) auch als Rechtsmittel gegen die den mj. Beschwerdeführer betreffenden Entscheidung zu werten. Dabei verweist die beschwerdeführende Partei auf die Bestimmungen des Familienverfahrens (§ 16 Abs 3 BFA-VG sowie § 34 AsylG).

Diese Rechtsansicht vermag jedoch aus folgenden Erwägungen nicht zu überzeugen:

Bereits der Wortlaut des § 16 Abs 4 BFA-VG umfasst lediglich zurück- und abweisende Entscheidungen, nicht aber solche Entscheidungen, mit welchen der Asylstatus aberkannt bzw. festgestellt wurde, dass die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.

Weiters ergibt sich auch aus der Bestimmung des § 34 AsylG, dass nur auf Zu- nicht aber auf Aberkennungen abgestellt wird. Aus dem Gesetz geht insbesondere hervor, dass zunächst alle Familienangehörigen den gleichen Schutz erhalten sollen (vgl. § 34 Abs. 4 AsylG). Eine etwaige Aberkennung des Status des Asylberechtigten betrifft in weiterer Folge hingegen lediglich den einzelnen Asylberechtigten und richtet sich nicht zwingend auch gegen die anderen Familienangehörigen.

Darüber hinaus setzt das Familienverfahren nach § 34 AsylG auch voraus, dass kein Aberkennungsverfahren anhängig ist (§ 34 Abs 2 Z 3 bzw. Abs 3 Z 3).

Die unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der Erhebung der Beschwerde zwischen Zu- und Aberkennungen ist für das Gericht vor diesem Hintergrund sachlich gerechtfertigt. Eine planwidrige Lücke, die durch Analogie zu schließen wäre, kann das Gericht im vorliegenden Fall nicht erkennen.

3.5. Somit ist die vom Vater eingebrachte Beschwerde (in Bezug auf den den Vater betreffenden Aberkennungsbescheid) nicht auch als Rechtsmittel gegen die den mj. Beschwerdeführer betreffenden Entscheidung zu werten.

Mit Ablauf der Rechtsmittelfrist erwuchs der den mj. Beschwerdeführer betreffende Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019 daher in Rechtskraft.

3.6. Somit steht fest, dass die Entziehung des Status eines Asylberechtigten durch den Aberkennungsbescheid vom 23.04.2019, Zl. 1052105902-181061325, rechtskräftig geworden ist und dem mj. Beschwerdeführer somit seit diesem Zeitpunkt weder der Status des Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zukommt. Damit sind - wie von der Behörde ausgeführt - die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses nicht mehr gegeben und ist der Konventionsreisepass im Hinblick auf die Aberkennung des Status des Asylberechtigten zu entziehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.7. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Regelungen des Familienverfahrens folgen nicht nur völker- bzw. europarechtlichen Vorgaben, sondern unterliegen auch gewichtigen rechtspolitischen sowie verfahrensökonomischen Erwägungen. Dennoch vertritt das Bundesverwaltungsgericht auf Basis des Gesetzeswortlautes die Ansicht, dass das Rechtsmittelprivileg, wonach es für alle Familienmitglieder genügt, dass auch nur ein einziges Familienmitglied Beschwerde gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung des Bundesamtes einbringt, nicht auch in Aberkennungsfällen zur Anwendung kommt.

Soweit ersichtlich liegt diesbezüglich keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Schlagworte

Konventionsreisepass, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W129.2222456.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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