TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/12 W115 2171710-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.07.2019
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Entscheidungsdatum

12.07.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
BBG §46
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W115 2171710-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , bevollmächtigt vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , OB: XXXX , in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 46 Bundesbehindertengesetz (BBG) in Verbindung mit dem Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Der Grad der Behinderung beträgt sechzig (60) von Hundert (vH).

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am XXXX unter Vorlage einer ärztlichen Bestätigung vom XXXX beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 50 vH bewertet wurde und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 303/1996" sowie "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" vorliegen.

1.2. Am XXXX hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin einen unbefristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH und den Zusatzeintragungen "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 303/1996" sowie "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" ausgestellt.

Als Beilage zum Behindertenpass wurde von der belangten Behörde das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt.

2. Gegen diesen Bescheid in Form der Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

Unter Vorlage medizinischer Beweismittel wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass bei der Beurteilung ihres Gesundheitszustandes nicht alle vorgelegten Befunde berücksichtigt worden seien. Entgegen den Ausführungen im eingeholten Gutachten sei eine Begleitperson erforderlich, da sie selbst nicht mehr mobil sei und ihr aufgrund ihres Gesundheitszustandes öffentliche Verkehrsmittel nicht zumutbar seien. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass sie bereits sechsmal am Knie operiert und die Knieprothese bereits viermal gewechselt worden sei. Die durchgeführten Therapien hätten wegen einer Thrombose abgesetzt werden müssen. Vor acht Wochen habe sie zudem die Diagnose Lipödem bekommen.

2.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde von der belangten Behörde eine mit XXXX datierte ergänzende medizinische Stellungnahme vom bereits befassten Sachverständigen Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass das Beschwerdevorbringen und die neu vorgelegten medizinischen Beweismittel keine Änderung der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung bewirken würden.

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Rahmen der rechtzeitig ergangenen Beschwerdevorentscheidung die fristgerecht eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX gemäß § 40, § 41 und § 46 BBG iVm § 14 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgrund des in Höhe von 50 vH festgestellten Grades der Behinderung abgewiesen.

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zitierend wurde begründend im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 50 vH vorliegen würde. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Da somit weiterhin ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH vorliege, sei die Beschwerde abzuweisen gewesen.

Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom XXXX sowie dessen Ergänzung vom XXXX übermittelt.

3. Mit E-Mail vom XXXX hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt und unter nachträglicher Vorlage eines Befundes des XXXX vom XXXX im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der Grad der Behinderung neuerlich untersucht werden möge, da von Dr. XXXX im Rahmen der Untersuchung am XXXX viele relevante Beschwerden nicht wahrgenommen worden seien. Sie könne ohne Hilfe bei öffentlichen Verkehrsmitteln weder ein- noch aussteigen und es sei ihr daher deren Benutzung unzumutbar. Auch könne sie ohne Hilfe nicht einmal den eigenen Haushalt bewältigen. Durch das im Jahr XXXX diagnostizierte Lipödem sei sie durch ihre Füße noch mehr eingeschränkt und durch diese Diagnose auch psychisch sehr belastet. Sie könne sich lediglich ein paar Schritte ohne Gehstock fortbewegen. Ihr Knie sei bis dato - leider ohne Besserung - sechsmal operiert worden. Das linke Knie sei fast unbeweglich und schmerze ständig, wodurch das rechte Knie mehr belastet werde und öfters schmerze.

3.1. Mit Schreiben vom XXXX , eingelangt im Bundesverwaltungsgericht am selben Tag, hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde in Verbindung mit dem Vorlageantrag vorgelegt.

3.2. Am XXXX hat die Beschwerdeführerin weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.

3.3. In weiterer Folge wurde von der Beschwerdeführerin eine Vollmachtsurkunde in Vorlage gebracht, aus der hervorgeht, dass sie im weiteren Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch XXXX vertreten wird.

3.4. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 60 vH bewertet wurde.

Im Zuge der Ladung zu dieser persönlichen Untersuchung wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass gemäß § 46 BBG neue Tatsachen und Beweismittel im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht werden dürfen.

Im Rahmen der Begutachtung wurden von der Beschwerdeführerin weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.

3.5. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG unter neuerlichem Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs haben weder die belangte Behörde noch die Beschwerdeführerin bzw. ihr bevollmächtigter Vertreter Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand sehr gut. Caput/Collum:

klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.

Thorax: symmetrisch, elastisch. Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz. Integument: unauffällig.

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänderin. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse, Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Schultergelenk: links Narbe nach Arthroskopie, Druckschmerz über dem Rotatorenmanschettenansatz, endlagige Bewegungsschmerzen. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive

Beweglichkeit: Schultern links F und S 0/110, Rotation endlagig eingeschränkt, rechts annähernd frei, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind beidseits endlagig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich, Zehenballenstand mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Im Liegen Vorfußheberschwäche links KG 4. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich. Die Beinachse zeigt mäßige Valgusstellung der Kniegelenke.

Muskelverhältnisse: Umfang Unterschenkel rechts 42 cm, links 45 cm. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, Ödem linke untere Extremität, keine sichtbaren Varizen, kein Hinweis auf ein postthrombotisches Syndrom, die Sensibilität wird links als gestört angegeben. Kniegelenk rechts: äußerlich unauffällig, keine

Bewegungsschmerzen, keine Überwärmung, stabil. Kniegelenk links:

Narbe nach Knietotalendoprothese, deutliche Umfangsvermehrung, Umfang Kniegelenk rechts 42 cm, links 52 cm, geringgradige Überwärmung, geringgradiger Erguss, Druckschmerzen seitlich medial und lateral auslösbar, keine Instabilität feststellbar, Bewegungsschmerzen. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Hüften S beidseits 0/120, IR/AR 20/0/30, Knie rechts 0/0/130, links 0/5/50, Sprunggelenk links aktiv endlagig eingeschränkt, rechts frei, Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Narbe HWS median 4 cm, deutlich Hartspann im Bereich der Nackenmuskulatur. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Aktive

Beweglichkeit: HWS Rotation 50/0/50, Seitneigen 30/0/30. BWS/LWS:

FBA: 25 cm. Rotation und Seitneigen der Lendenwirbelsäule zur Hälfte eingeschränkt, BWS geringgradig eingeschränkt. Lasegue beidseits negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild: Die Beschwerdeführerin kommt selbstständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Unterarmstützkrücken. Das Gangbild ist mit Krücken verlangsamt, links hinkend, ohne Krücken mit Anhalten deutlich links hinkend, das linke Bein wird durchgestreckt vorgeführt, Schrittlänge links deutlich verkürzt, barfuß beidseits ausreichende Bodenfreiheit. Beim Hinlegen auf die Untersuchungsliege wird das linke Bein vom rechten Bein auf die Liege gehoben. Gesamtmobilität geringgradig verlangsamt. Das Aus- und Ankleiden wird im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Funktionseinschränkung schweren Grades linkes Knie bei Zustand nach mehrfachem Wechsel einer Totalendoprothese Fixposition. Wahl dieser Position, da deutlich eingeschränkte Beugefähigkeit und Umfangsvermehrung.

02.05.22

40 vH

02

Peronäuslähmung links Eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da sensibles Defizit und motorische Schwäche, jedoch keine komplette Lähmung. Inkludiert neuropathische Beschwerden.

04.05.13

30 vH

03

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Unterer Rahmensatz, da mittelgradige Funktionsbehinderung ohne Hinweis für Wurzelkompressionszeichen.

02.01.02

30 vH

 

04

Motilitätsstörung des Dickdarms nach Teilentfernung und Zustand nach Operation eines Dünndarmverschlusses Unterer Rahmensatz, da zwar Zustand nach mehrfachen Operationen und rezidivierende Beschwerden, jedoch guter Ernährungszustand.

07.04.05

30 vH

05

Geringe Beweglichkeitseinschränkung an beiden Schultern Fixposition

02.06.02

20 vH

06

Fersensporn rechts Unterer Rahmensatz, da geringe funktionelle Einschränkung.

02.05.35

10 vH

07

Zustand nach Beinvenenthrombose links Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Lipödem ohne wesentliche Beeinträchtigung der Gelenksbeweglichkeit, Stützstrümpfe erforderlich.

05.08.01

20 vH

08

Hypothyreose Unterer Rahmensatz, da hormonell substituiert.

09.01.01

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

60 vH

 

 

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 vH, da das führende Leiden 1 durch die Leiden 2 und 3 insgesamt um zwei Stufen erhöht wird, da jeweils eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt und die Auswirkungen des führenden Leidens durch die Leiden 2 und 3 erheblich verstärkt werden. Die weiteren Leiden erhöhen nicht weiter, da diese nur von geringem Ausmaß und geringer funktioneller Relevanz sind und das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht nicht maßgeblich negativ beeinflussen. Die Auswirkungen des führenden Leidens 1 werden durch die Leiden 4 bis 8 nicht erheblich verstärkt.

1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt.

1.4. Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am XXXX im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

1.5. Die mit Eingabe vom XXXX sowie die im Rahmen der persönlichen Untersuchung am XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel sind nach dem XXXX im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im Beschwerdeverfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, sowie auf die von der Beschwerdeführerin bis XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel.

Das eingeholte Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der bis XXXX vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die bis XXXX vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befasste Sachverständige hat sich im Rahmen der Gutachtenserstellung eingehend damit auseinandergesetzt. Diese Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Zur Erörterung der Rechtsfrage, dass die nach dem XXXX vorgelegten Beweismittel unberücksichtigt bleiben, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II.3.1.

Die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den bis XXXX vorgelegten Beweismitteln und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt.

So führt Dr. XXXX fachärztlich überzeugend und unter Berücksichtigung des im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Status aus, dass im Vergleich zu jenem Gutachten, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden ist, nunmehr die Einschätzung des Knieleidens (Leiden 1) mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH zu erfolgen hat, da nach neuerlichem Infekt und erforderlichem Prothesenwechsel nunmehr eine Funktionseinschränkung schweren Grades des linken Kniegelenkes in Form von deutlich eingeschränkter Beugefähigkeit und Umfangsvermehrung objektiviert werden konnte. Diese Beurteilung steht im Einklang mit den Vorgaben der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Positionsnummer 02.05.22 für einseitige Funktionseinschränkungen des Kniegelenkes schweren Grades als Folge von Knorpel-, Band- und Meniskusläsionen vorsieht.

Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag vorgebrachten Schmerzzustände ist festzuhalten, dass aus vorliegenden Funktionseinschränkungen resultierende Schmerzzustände aus gutachterlicher Sicht immer in der Diagnoseerstellung inkludiert sind und somit im Rahmen der Beurteilung des Grades der Behinderung mitberücksichtigt worden sind.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass bei ihr ein Lipödem diagnostiziert worden sei, führt Dr. XXXX im Zuge der Beurteilung von Leiden 7 (Zustand nach Beinvenenthrombose links) schlüssig und nachvollziehbar aus, dass das Lipödem keine wesentliche Beeinträchtigung der Gelenksbeweglichkeit bedingt. Somit erreicht dieses Leiden mangels Funktionseinschränkung keinen gesonderten Grad der Behinderung. Die zunehmende Umfangsvermehrung des linken Unterschenkels, die das Tragen von Kompressionsstrümpfen erforderlich macht, ist jedoch bei der Beurteilung von Leiden 7 mitberücksichtigt worden und ist aus diesem Grund der Grad der Behinderung dieses Leidens, im Vergleich zu jenem Gutachten, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden ist, nunmehr um eine Stufe anzuheben und in Höhe von 20 vH einzuschätzen gewesen. Ein Hinweis auf ein postthrombotisches Syndrom liegt laut den Ausführungen von Dr. XXXX jedoch nicht vor.

Weiters wurde in Abweichung zu jenem Sachverständigengutachten, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden ist, Leiden 8 (Hyperthyreose) neu in die Diagnoseliste aufgenommen, da dieses nunmehr befundmäßig dokumentiert ist. Eine höhere als die erfolgte Einschätzung mit einem Grad der Behinderung von 10 vH ist jedoch nicht möglich, da diese Gesundheitsschädigung hormonell substituiert ist und keine Folgeerkrankungen dokumentiert sind.

Ergänzend ist anzumerken, dass die von Dr. XXXX bei der Einschätzung von Leiden 6 (Fersensporn rechts) angeführte Fixposition offensichtlich auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist, da die herangezogene Positionsnummer 02.05.35 für einseitige nichtkompensierte Fußdeformitäten je nach Funktionseinschränkung einen Rahmensatz von 10 bis 40 vH vorsieht. Die getroffene Einschätzung mit einem Grad der Behinderung von 10 vH steht jedoch im Einklang mit dem Untersuchungsbefund, wo in diesem Zusammenhang lediglich eine geringe funktionelle Einschränkung objektiviert werden konnte und entspricht zudem jener Beurteilung, die auch in jenem Gutachten getroffen worden ist, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden ist. Gegen die Beurteilung dieses Leidens wurden weder in der Beschwerde bzw. des Vorlageantrages noch im Rahmen des durch das Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs Einwendungen erhoben.

Zusammenfassend wird in dem eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX schlüssig und nachvollziehbar dargestellt, dass im Vergleich zu jener sachverständigen Beurteilung, welche dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden ist, nunmehr ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60 vH vorliegt, da das führende Leiden 1 durch die Leiden 2 und 3 insgesamt um zwei Stufen erhöht wird, da jeweils eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt und die Auswirkungen des führenden Leidens durch die Leiden 2 und 3 erheblich verstärkt werden. Die weiteren Leiden erhöhen nicht weiter, da diese nur von geringem Ausmaß und geringer funktioneller Relevanz sind und das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht nicht maßgeblich negativ beeinflussen. Die Auswirkungen des führenden Leidens 1 werden durch die Leiden 4 bis 8 nicht erheblich verstärkt.

Die Ausführungen der Sachverständigen blieben im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs unwidersprochen.

Die dokumentierten Gesundheitsschädigungen sind in Zusammenschau mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen Status somit vollumfänglich - soweit ein einschätzungsrelevantes Leiden vorliegt - berücksichtigt worden.

Ebenso wurde die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin waren sohin geeignet, das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen.

Das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorliegenden Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Vielmehr haben die Verfahrensparteien, wie bereits vorhin ausgeführt, den Inhalt des eingeholten Sachverständigengutachtens im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Soweit sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde bzw. des Vorlageantrages auf Mobilitätseinschränkungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens der Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie "Begleitperson erforderlich" in den Behindertenpass beziehen, ist anzumerken, dass dies nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides - welcher lediglich über den Grad der Behinderung abspricht - gewesen ist (siehe diesbezüglich auch die Ausführungen unter Punkt II.3.1.).

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum XXXX auf.

Zu 1.4.) Das Schreiben, mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist, weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum XXXX auf.

Zu 1.5.) Die Feststellungen zum Zeitpunkt der von der Beschwerdeführerin nachgereichten medizinischen Beweismittel ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am XXXX gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese gemäß § 43 Abs. 1 BBG zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Da das nunmehr objektivierte Ausmaß der Leiden der Beschwerdeführerin die Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung auf 60 vH rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 46 BBG idF des BGBl. I Nr. 57/2015 dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 57/2015 wurde für Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Neuerungsbeschränkung geschaffen. In den Erläuterungen zu dieser Novelle (GP XXV RV 527, Seite 4) wurde dazu ausgeführt, dass sich in der Praxis gezeigt hat, dass neu vorgelegte medizinische Befunde und die oftmals erforderliche Beiziehung von neuen Sachverständigen häufig einen zeitnahen Abschluss der Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wesentlich erschweren. Es soll daher die für Beschwerdevorentscheidungen vorgesehene zweimonatige Entscheidungsfrist auf zwölf Wochen verlängert werden. Hierdurch bleibt es einerseits Menschen mit Behinderung unbenommen, im Verfahren vor dem Sozialministeriumservice bzw. in einer allfälligen Beschwerde gegen einen Bescheid alle Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Außerdem wird es dem Sozialministeriumservice ermöglicht in erster Instanz eine fundierte Entscheidung zu treffen, sodass die Menschen mit Behinderung durch eine gesamt zu erwartende kürzere Verfahrensdauer schneller zu ihrem Recht kommen. Im Gegenzug soll eine auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht begrenzte Neuerungsbeschränkung geschaffen werden.

Da die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am XXXX vorgelegt worden ist, waren die von der Beschwerdeführerin nach diesem Zeitpunkt vorgelegten Beweismittel nicht zu berücksichtigen.

Falls sich der Leidenszustand der Beschwerdeführerin maßgebend verschlechtert, ist es zulässig, einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass zu stellen und kommt eine neuerliche Feststellung des Grades der Behinderung in Betracht (vgl. dazu etwa VwGH vom 20.11.2012, 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens in Zusammenhang mit der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und des Erfordernisses einer Begleitperson ist festzuhalten, dass die entsprechenden Zusatzeintragungen nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides - welcher lediglich über den Grad der Behinderung abspricht - gewesen sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ist "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz AVG für die Berufungsbehörde die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat und nicht das, was der Berufungswerber zum Inhalt der Berufungsschrift gemacht hat (VwGH 11.11.1991, 90/19/0505).

Diese Judikatur ist auf die Begrenzung des Beschwerdegegenstandes der Verwaltungsgerichte übertragbar. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Ein im Beschwerdeverfahren vorgebrachtes Begehren, welches den Gegenstand des angefochtenen Verfahrens überschreitet, kann den zulässigen Beschwerdegegenstand nicht darüber hinaus erweitern.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin basierendes fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden der Beschwerde und dem Vorlageantrag auch keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Vorbringen im Rahmen der Beschwerde bzw. des Vorlageantrages war geeignet, relevante Bedenken an den Feststellungen der belangten Behörde hervorzurufen. Wie unter Punkt II.2. dargelegt, wurden die vorgebrachten Argumente und die bis XXXX vorgelegten Beweismittel im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten und resultiert u.a. daraus die geänderte Beurteilung. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter (VfGH 09.06.2017, E 1162/2017-5).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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