TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/26 W182 2119573-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.07.2019
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Entscheidungsdatum

26.07.2019

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3
FPG §55 Abs2

Spruch

W182 2119573-3/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch den Verein ZEIGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. 821637808 - 180608623/BMI-BFA_VBG_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen

Bescheides wird insofern stattgegeben, als gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, die Dauer des Einreiseverbotes auf 4 Jahre herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I. Nr. 87/2012 idgF, § 52 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, § 46 FPG, § 52 Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 55 Abs. 2 FPG idgF beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden BF) ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist Sunnit und war im Herkunftsland in der Republik Tschetschenien wohnhaft.

Er reiste Im November 2012 mit seiner Gattin, seinen XXXX Töchtern, die nunmehr XXXX Jahre alt sind, und seinen XXXX Söhnen im Alter von nunmehr XXXX Jahren illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Er stellte am XXXX .2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er in Tschetschenien von Sicherheitskräften verfolgt worden sei, weil er als Taxifahrer im September 2011 zwei ihm unbekannte Fahrgäste befördert hätte, die Widerstandskämpfer gewesen seien. Weiters hätten im Oktober 2012 unbekannte maskierte Personen den BF bedroht und beschuldigt, zwei ihrer Männer verraten zu haben.

Im XXXX wurde im Bundesgebiet ein weiterer Sohn des BF geboren, für welchen am XXXX ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.

Der Antrag des BF wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 2015, XXXX , im Ergebnis gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz (AsylG 2005), BGBl I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen des BF im Hinblick auf die von ihm behauptete Verfolgung und die Fluchtgründe angesichts der aufgezeigten Widersprüche, Unstimmigkeiten und Unplausibilitäten unglaubwürdig sei. Das Erkenntnis wurde dem BF am 14.07.2015 zugestellt.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom XXXX 2015, XXXX , wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Dagegen wurde vom BF binnen offener Frist Beschwerde erhoben.

Mit Beschluss eines Bezirksgerichtes vom XXXX wurde dem BF und seiner Gattin gemäß § 181 ABGB die Obsorge für seine jüngere Tochter einstweilig entzogen und diese auf den örtlich zuständigen Wohlfahrtsträger einstweilig übertragen. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die jüngste Tochter gegenüber dem Vater schwere Gewaltvorwürfe erhoben habe, er hätte sie regelmäßig mit einem Gürtel, einem Stock oder den Fäusten geschlagen, wenn sie sich geweigert habe, das Kopftuch zu tragen. Anhaltspunkte darauf, dass die Mutter für ausreichend Schutz der Minderjährigen sorgen und sich notfalls dem Vater entgegenstellen könnte, hätten sich nicht ergeben. Die vorliegende Entscheidung sei nur eine einstweilige, in Rahmen des eingeleiteten Obsorgeverfahrens werde das Kindeswohl unter Wahrung des rechtlichen Gehörs aller Parteien geprüft, insbesondere sei zudem ein kinderpsychologisches Gutachten einzuholen.

Mit Verfügung einer Staatsanwaltschaft vom XXXX wurde das Ermittlungsverfahren gegen den BF wegen § 105 StGB und anderer Delikte zum Nachteil der jüngsten Tochter gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, da ein Schuldnachweis nicht möglich sei. Mit Verfügung einer Staatsanwaltschaft vom XXXX wurde das Ermittlungsverfahren, wonach der BF diverse Drohungen gegen XXXX ausgesprochen hätte, gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt, da eine Tatbestandsmäßigkeit nicht gegeben war.

Mit Beschluss eines Bezirksgerichtes vom XXXX wurde die dem BF und seiner Gattin einstweilig entzogene und den örtlich zuständigen Jugendwohlfahrtsträger einstweilig übertragene Obsorge dem Jugendwohlfahrtsträger entzogen und den Eltern übertragen. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die jüngste Tochter des BF im August 2016 entgegen aller Absprachen und Vereinbarungen widerrechtlich in den elterlichen Haushalt zurückgekehrt sei und in einer nicht öffentlichen mündlichen Verhandlung im XXXX angegeben habe, dass sie nicht von ihrem Vater schwer körperlich misshandelt worden sei und nur hin und wieder eine Ohrfeige bekommen habe, wenn sie frech gewesen sei. Angst habe sie keine vor ihm und möchte sie in das Elternhaus zurückkehren. Der Sachverständige aus dem Fachbereich Kinderpsychologie habe in seinem Gutachten dazu ausgeführt, dass durch die erneute Obhutnahme durch die Eltern keine Gefährdung des Kindeswohls erkennbar sei. Diese Annahme sei laut Gutachten durch die zurückgezogenen Aussagen der Minderjährigen zu den Gewaltvorwürfen und das eigenmächtige Zurückkehren ins Elternhaus begründet.

In der Beschwerdeverhandlung beim Bundesverwaltungsgericht am 30.05.2017 brachte der BF zu den Vorfällen in Zusammenhang mit seiner jüngsten Tochter im Wesentlichen vor, dass er seine Tochter wegen des Kopftuches nicht geschlagen habe. Seine älteste Tochter hätte in einem Streit die jüngste Tochter mit einem Kochlöffel geschlagen und habe letztere den Vater zu Unrecht beschuldigt. Später sei sie selbst nachhause gekommen und habe zugegeben, dass sie einen Fehler gemacht habe. Da sie dagegen gewesen sei, habe er ihr auch gesagt, dass sie auf das Tragen des Kopftuches verzichten könne. Seitdem trage sie auch keines mehr. Der BF würde in Religionsangelegenheiten niemanden zu etwas zwingen. Beide Töchter hätten zurzeit kaum Freizeit, weil Sie mit Lernen beschäftigt seien. Sollte es in Zukunft Probleme mit seinen Töchtern geben, werde der BF tun, was seine Töchter wollen. Befragt, ob er sehr religiös sei, gab der BF an, dass er sich nicht die ganze Zeit mit Religion beschäftige, jedoch faste und täglich die fünf Gebete bete. Er sei Sufi und wenn es die Zeit erlaube, besuche er auch die Moschee, jedoch keine bestimmte, sondern jene, die in der Nähe sei. Es sei eine türkische Moschee in der Nähe.

Die Töchter des BF bestätigten seine Angaben. Die älteste Tochter besuche derzeit eine XXXX , und werde dann für drei Jahre die XXXX besuchen und diese dann mit einem Diplom abschließen. Mit diesem Diplom könne Sie danach die Krankenschwesternschule besuchen, was ihr Ziel sei. Die jüngste Tochter besuche derzeit die Hauptschule. Zu Tschetschenien brachte die jüngste Tochter vor, dass die Rechte der Frauen dort massiv eingeschränkt seien. Man müsse dort machen, was der Mann sage. Dies würde der Tradition entsprechen. Auf die Frage, ob sie Angst davor habe, in Tschetschenien einen Mann zu heiraten, gab Sie an, dass sie darüber nicht nachgedacht habe, aber, wenn sie nicht heiraten wolle, dies nicht tun müsse. Ihre Eltern würden es auch akzeptieren, wenn sie einen österreichischen Freund wählen würde. Ihre Verwandtschaft in Tschetschenien würde dies nicht akzeptieren.

Mit am XXXX 2017 gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes XXXX , gemäß § 54 Abs. 1 Z 2, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 2 AsylG 2005, wurde dem BF der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt.

Dies wurde im Wesentlichen ausschließlich damit begründet, dass eine Interessensabwägung ergeben habe, dass eine Rückkehrentscheidung hinsichtlich der XXXX Töchter des BF im Hinblick auf Art. 8 EMRK unzulässig erscheine. Dazu wurde hinsichtlich des BF aber auch ausdrücklich festgehalten, dass er angesichts der Aufenthaltsdauer im Hinblick auf seine sprachliche und beruflich-soziale Integration keine Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation dartun habe können, weshalb in seinem Fall die öffentlichen Interessen sein privates Interesse am Verbleib in Österreich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung deutlich überwiegen würde. Unabhängig davon würde aber eine Rückkehrentscheidung, die zur Trennung von seinen minderjährigen Töchtern führen würde, unverhältnismäßig in sein Familienleben eingreifen.

Die Entscheidung wurde rechtskräftig, eine Revision oder Beschwerde wurde seitens des Bundesamtes nicht erhoben.

2. Mit Schreiben vom XXXX seitens des Bundesministeriums für Inneres, Abt. III., mit Betreff "Anregung einer Wiederaufnahme der Verfahren nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG" wurde mit Hinweis auf Erhebungsergebnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) XXXX , wonach der BF seit XXXX in XXXX in der Salafistenszene verkehre, die Prüfung einer allfälligen Wiederaufnahme von Amts wegen angeregt. Dem Schreiben waren ein Erhebungsergebnis des LVT XXXX vom XXXX sowie allgemeine Ausführungen zu Salafisten und zum Projekt "LIES!" beigefügt. Im Bericht wurde dargetan, dass nach Einschätzung der Behörde es sich beim BF um eine wesentliche Person in der genannten Szene mit entsprechenden Einfluss auf die Mitglieder handle. Er pflege intensiven Kontakt zu Personen, insbesondere Führungspersonen der extremistischen Salafistenszene XXXX . Seiner inneren Einstellung entsprechend würden auch seine Kinder von ihm erzogen und bereits in die Salafistenszene eingeführt werden. Über die Gattin des BF würden keine Informationen vorliegen, was entsprechend dem Weltbild des salafistischen Islams über die Rolle der Frau erklärbar sei. Des Weiteren wurde auf eine Anzeige gegen den BF vom XXXX , wonach er seine jüngste Tochter, da diese kein Kopftuch getragen habe, geschlagen hätte, und eine Anzeige vom XXXX , wonach er diverse Drohungen gegen XXXX ausgesprochen hätte, verwiesen, wobei das Verfahren jeweils von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden sei.

Entsprechend der Anregung wurde Kontakt zum LVT XXXX aufgenommen und um die Übermittlung entsprechender konkreter, nachvollziehbarer und verwertbarer Ermittlungsergebnisse ersucht.

Mit E-Mail des LVT vom XXXX wurde neben allgemeinen Berichten ein Bericht vom XXXX übermittelt, dem zu entnehmen war, dass der BF nach gesichertem Erkenntnisstand intensive Kontakte zu Personen -insbesondere zu Führungspersonen- der extremistischen Salafistenszene XXXX pflege, was sich nach den aktuellen Erkenntnissen des LVT durch zahlreiche Vereinsbesuche manifestiere. Als ebenso gesichert gelte, dass die Grundwerte, denen der österreichische Staat verpflichtet sei, nicht anerkannt und absolut verachtet werden. Weiters werde darauf hingewiesen, dass eine Berufstätigkeit dieser Auslegung des Islam widerspreche. Bestätigt werde diese Einstellung dadurch, dass die absolute Mehrheit der Mitglieder der XXXX Salafistenszene keiner geregelten Arbeit nachgehen, bzw. diese niedergelegt haben, nachdem sie mit dieser Szene in Kontakt gekommen seien. Es seien dem LVT allerdings weder neue Vorfälle, noch Gewaltdelikte, noch konkrete Aktivitäten (mit Ausnahme der zahlreichen Szenekontakte), noch strafgerichtliche Verurteilungen seit der letzten Berichterstattung bekannt geworden. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Familie in Österreich integrieren werde. Es könne keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Hinsichtlich der weiteren Antragsteller aus der Familie des BF könne nichts Nachteiliges berichtet werden. Es werde aber darauf hingewiesen, dass davon ausgegangen werden müsse, dass die Familie des BF unter dessen uneingeschränktem Einfluss stehe und mit einer Entwicklung ausschließlich zum fundamentalen extremistischen Salafismus, ein streng patriarchalisches System, zu rechnen sei. Es wurde zudem auf ein Waffenverbot einer Bezirkshauptmannschaft vom XXXX gegen den BF hingewiesen.

Weiters wurde ein Bericht des LVT vom XXXX übermittelt, wonach der BF der Behörde seit mehreren Jahren als Mitglied der Salafistenszene in XXXX bekannt sei, wo er intensive Kontakte zu Personen pflege, welche bereits seit vielen Jahren in der Salafistenszene verfestigt und teils als extremistisch einzustufen seien. Er besuche regelmäßig ein Vereinslokal in XXXX . Mehrere Besucher dieses Vereins seien von der Behörde bereits nach § 278b StGB zur Anzeige gebracht worden. Ein Mitglied der in diesem Verein verkehrenden Salafisten-Szene sei bei Kampfhandlungen in Syrien getötet worden. Ebenso sei eine weitere Person getötet worden, deren Familienangehörige dieser Szene, bzw. diesem Verein zuzurechnen seien. Weiters hätten mehrere Vereinsmitglieder in den vergangenen Jahren zahlreiche "Lies"-Verteilaktionen durchgeführt, und könne dem Verein eine ideologische Nähe zur XXXX , zugerechnet werden. "Lies"-Korane würden über Vereinsmitglieder in XXXX verteilt, sowie an XXXX versendet. Der BF habe bereits seine XXXX älteren Söhne in die Szene eingeführt und diese mehrfach zu Szenetreffen mitgenommen. Am XXXX sei in den Räumlichkeiten dieses Vereins eine fremdenpolizeiliche Kontrolle durchgeführt worden, wobei XXXX Personen kontrolliert, worden seien, wovon sich XXXX Personen unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten haben. Das LVT führe und habe Ermittlungen gegen XXXX Besucher dieser Lokalität wegen Verdachts der Unterstützung terroristischer Organisationen geführt. Die innere Einstellung des BF müsse seit Jahren als verfestigt bewertet werden.

Am 15.10.2018 wurde - vorerst zur Prüfung einer allfälligen Verfügung eines amtswegigen Wiederaufnahmeverfahrens - eine Verhandlung mit dem BF sowie zwei Töchtern im Beisein ihrer Vertretung durchgeführt. Sowohl ein Vertreter des Bundesamtes als auch eine geladene informierte Vertreterin des LVT sind entschuldigt nicht erschienen.

Zuvor wurde mit Schreiben vom XXXX seitens des LVT ersucht, von der Ladung eines informierten Vertreters Abstand zu nehmen, da weitere Informationen als die bisher in den Bericht genannten Informationen nicht mitgeteilt werden können. Einem übermittelten Bericht des LVT vom XXXX war u.a. zu entnehmen:

"[...] Salafismus ist eine islamistische Strömung, die sich streng an der Frühzeit des Islam orientiere. Sie stellt den Koran über alle weltlichen Gesetze. Deren Vertreter verteufeln die Sitten der Ungläubigen und der unfrommen Muslime. Ein zentrales Element salafistischer Ideologie bildet der unbedingte und nicht zu hinterfragende Glaube an die Einheit Gottes. Aufgrund der Einheit und Einzigartigkeit Gottes könne es keine weitere legitimierte Autorität neben Allah geben. Weltliche Gesetze und Parlamentarismus werden konsequent abgelehnt und nur die Gottessouveränität anerkannt. Im Weltbild salafistischer Anhänger zählen Pluralität, Säkularismus, Individualität sowie Gleichberechtigung von Mann und Frau zur Kategorie unzulässiger Neuerungen und werden daher als unislamisch abgelehnt. Als gesellschaftlicher und staatlicher Idealzustand gilt die Vereinigung von Staat und Religion. [...] Salafismus ist aufgrund seines Anspruches und seiner gesellschaftspolitischen Orientierung prinzipiell nicht mit der demokratischen, rechtsstaatlichen Ordnung vereinbar. XXXX ."

Zusätzlich war dem Schreiben zu entnehmen, dass insgesamt bereits XXXX Besucher des Vereinslokals nach § 278b StGB zur Anzeige gebracht worden seien, XXXX Besucher wegen sonstigem Terrorismus-Verdacht.

Der BF brachte in der Verhandlung am 15.10.2018 im Wesentlichen vor, dass er der Ovdi/Sufi-Religionsgemeinde angehöre und in keiner religiösen Gemeinschaft oder einem Verein sei, wo er sich mit anderen Muslimen treffe, und gemeinsam seine Freizeit verbringe. Er mache, was auch seine Väter gemacht haben. Er bete meist zuhause und am Freitag gehe er in die Moschee, sonst mache er nichts. Er bevorzuge keine bestimmte Mosche und besuche unterschiedliche Moscheen. Es gebe in seiner Umgebung XXXX Moscheen und eine tschetschenische Moschee, wo auch ein XXXX Imam sei. Die XXXX Moschee besuche er ganz selten. Meistens sei er in einer XXXX Moschee, die zwei Bushaltestellen von ihm entfernt sei. Auch unter Vorhalt des Berichtes des LVT vom XXXX blieb er dabei, dass er keinem bestimmten Verein oder einer Gesellschaft angehöre. Der Bericht stimme nicht. Er kenne auch niemandem aus seinem Bekanntenkreis, der in Syrien getötet worden sei. Er habe auch noch nichts von Koranverteilungen gehört und auch nie gesehen. Auf die Frage, wie er sich die Einschätzung des LVT erklären könne, gab der BF an, dass sie vielleicht gesehen haben, dass er freitags in die Moschee gegangen sei. Er habe dort aber nur das Freitagsgebet absolviert. Er habe nie versucht, den radikalen Islam zu verbreiten und gehöre diesem auch nicht an. Leute, die solche Aktionen begrüßen, seien seine Feinde. Wäre es wirklich so, dass er zu einer radikalen religiösen Gruppe gehöre, würde man das sofort an seinem Aussehen merken. Auch seine Töchter seien nicht so angezogen. Seine Töchter würden lernen und arbeiten. Er habe nie kriminelle Sachen in Österreich begangen. Wenn es einen Verdacht gebe, warum werde er dazu nicht eingeladen und befragt. Der BF habe sich um einen Arbeitsplatz beworben, doch hätten die Firmen keine Arbeitsbewilligung für ihn erhalten.

3. Bereits zuvor hatte der BF am XXXX .2018 einen Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot - Karte plus bei einer Bezirkshauptmannschaft gestellt.

Am 28.06.2018 wurde vom Bundesamt - ohne das Bundesverwaltungsgericht davon in Kenntnis zu setzen - ein Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen eingeleitet. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 28.06.2018 wurde dem BF mitgeteilt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot beabsichtigt sei und Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werde. Dem BF wurde mit der Verständigung u.a. ein Fragenkatalog zur Beantwortung übermittelt, worin er unter anderem zu einer Mitgliedschaft im Verein XXXX befragt wurde.

In einer schriftlichen Stellungnahme des BF vom 07.07.2018 wurde eine Vereinsmitgliedschaft bestritten und auch ein Interesse für die Aktivitäten dieses Vereins verneint. Weiters wurde versichert, dass der BF und seine ganze Familie mit Personen im Dunstkreis von Islamisten keinerlei Kontakte pflegen. Der BF interessiere sich auch nicht für Politik und schon gar nicht für die Politik in Tschetschenien.

Am XXXX wurde der BF laut eines Polizeiberichtes vom selben Tag kontrolliert, als er mit zwei Söhnen sowie etlichen anderen Personen aus der Richtung der XXXX Mosche gekommen ist. Der BF, der nicht im Besitz eines österreichischen Führerscheins ist, war zudem mit einem auf ihn zugelassenen PKW unterwegs. Er wurden in einem Verwaltungsstrafverfahren einer Bezirkshauptmannschaft wegen Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne zulässige Lenkerberechtigung gem. § 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 4 und § 23 Abs. 1 FSG rechtskräftig mit einer Geldstrafe bestraft.

Dem Bundesamt wurde weiters ein Bericht des LVT XXXX vom 01.01.2019 mit Fotografien übermittelt, die aus den Daten eines im Zuge von Erhebungen zu einem Mitglied des genannten Vereins in Bezug auf die Mitgliedschaft zu einer terroristischen Vereinigung gem. § 278b StGB beschlagnahmten Mobiltelefons dieser Person stammen. Auf den Fotografien, die aus XXXX stammen, ist der BF in den Räumlichkeiten des Vereins in freundschaftlicher Weise im Kreise von Mitgliedern des Vereins bei einem Essen zu sehen.

Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass die Fotografien sowie andere Beweismittel zum Schutz laufender polizeilicher Ermittlungen nicht eher verwertbar waren.

Der BF war am XXXX .2018 und vom XXXX .2018 bis XXXX .2018 als Arbeiter für ein Unternehmen tätig.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.01.2019, Zl. 821637808 - 180608623/BMI-BFA_VBG_RD, wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG idgF festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG idgF in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG idgF die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III. und IV.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 9 FPG wurde gegen den BF ein- auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dazu wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der BF vom November 2012 bis Mai 2017 über eine Aufenthaltsberechtigung für das Asylverfahren verfügt habe und ihm im Anschluss an das Asylverfahren eine Aufenthaltsberechtigung gem. § 55 Abs. 2 AsylG 2005 erteilt worden sei, wodurch sein Aufenthalt derzeit rechtmäßig sei. Er führe ein Familienleben mit seiner Ehegattin und den fünf Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Er gehe keiner Erwerbstätigkeit nach, sein Lebensunterhalt und seine Unterkunft (für ihn und seine Familie) werden aus öffentlichen Mitteln finanziert. Für den BF sei eine Beschäftigungsbewilligung, gültig vom XXXX .2018 - XXXX .2019 vom AMS ausgestellt worden, welche seit XXXX .2018 ruhend gestellt sei. Seine Sprachkenntnisse erreichen noch nicht das Niveau A2. Der BF bewege sich überwiegend in der tschetschenischen Community und habe keine besondere Verbindung zu Österreichern, die nicht Mitglied der tschetschenischen Community seien. Er sei eine wesentliche und gefestigte Person in der XXXX Salafistenszene und pflege intensive Kontakte, insbesondere zu den Führungspersonen der Szene. Er sei aktives Mitglied im Verein XXXX und besuche das Vereinslokal regelmäßig. Er habe auch seine minderjährigen Söhne bereits in diese Szene eingeführt. Er sei strafgerichtlich unbescholten. Er sei in einem Verwaltungsstrafverfahren von einer BH rechtskräftig gem. § 37 iVm § 1 Abs. 4 und § 23 Abs. 1 FSG mit einer Geldstrafe bestraft worden. Er sei in der Russischen Föderation geboren worden, habe den überwiegenden Teil seines Lebens in seiner Heimat verbracht, sei dort sozialisiert worden, gehöre der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekenne sich zum dortigen Mehrheitsglauben und spreche die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Seine Lebensumstände wie Umfeld, Einkommen, Unterkunft, Sprachkenntnisse und Familie hätten sich seit Abschluss des Asylverfahrens nicht verändert.

Die auf § 52 Abs. 4 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung begründete das Bundesamt im Wesentlichen wie folgt:

"Sie haben ein Naheverhältnis zu einer extremistischen Gruppierung, deren Einstellung sich gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft richtet. Sie sind zumindest seit XXXX Mitglied im Verein XXXX und bewegen sich vorwiegend in der XXXX Salafistenszene. Gegen mehrere Mitglieder des Vereins wurden Ermittlungen gem. § 278b StGB geführt. Mehrere Mitglieder haben sich XXXX an der "Lies" Kampagne beteiligt und wurden zu Strafen verurteilt. Der Verein hat eine ideologische Nähe zu einer extremistischen Salafistenbewegung, die XXXX verboten wurde, da sich der Verein gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richtete. Sie pflegen intensive Kontakte zu Führungspersonen der extremistischen Salafistenszene und haben auch entsprechenden Einfluss auf andere Mitglieder. Sie sind regelmäßiger Besucher im dortigen Vereinslokal. Sie haben, wie es der überwiegenden Einstellung in der Szene entspricht, keine großen Ambitionen, sich Ihren Lebensunterhalt mit Berufstätigkeit zu verdienen, sondern versuchen, das österreichische Sozialsystem in Anspruch zu nehmen um ausreichend Zeit für Vereinsaktivitäten zu haben und um salafistisches Gedankengut zu verbreiten. Da Sie sukzessive auch Ihre Familienmitglieder, im Besonderen Ihre minderjährigen Söhne, in die XXXX Salafistenszene einführen, besteht auch für die derzeit noch minderjährigen Kinder die Gefahr, dass Sie zu einer demokratiefeindlichen Einstellung erzogen werden und in extremistisches Gedankengut verfallen. Aufgrund der patriarchalischen Familienstruktur stehen die Familienmitglieder unter Ihrem uneingeschränkten Einfluss und eine okzidentale Entwicklung der Kinder wird verhindert. Unter Ihrem Einfluss wird eine Integration der überwiegend minderjährigen Familienmitglieder in die österreichische Gesellschaft jedenfalls nicht möglich sein bzw. wird sie derzeit noch geduldet solange kein gesicherter Aufenthaltsstatus vorhanden ist. [....] "

Sie leben im gemeinsamen Haushalt mit Ihrer Ehegattin und den XXXX Kindern und führen ein gemeinsames Familienleben. Sie sind patriarchisches Oberhaupt der Familie. Ihre Ehegattin hat keine eigene Entscheidungsbefugnis. Auch entspricht es der Erfahrung mit anderen Mitgliedern der dortigen Szene, dass die Töchter bis zur arrangierten Verehelichung eine Schul- oder Berufsausbildung machen dürfen, diese aber beendet werden muss, sobald der Ehegatte oder der Vater dies anordnet. Ihre Integrationsbemühungen stützen sich weniger auf den Erwerb von Sprachkenntnissen oder auf eine Eingliederung in ein Berufsleben in Österreich, denn auf Integration in der XXXX Salafistenszene und Aktivitäten für den Verein XXXX . Spätestens seit der Zustellung des Parteiengehörs im Juli 2018 müsste Ihnen gewahr sein, dass Ihre Tätigkeiten behördlich bekannt sind und dass die gegen die Wertvorstellungen eines demokratischen Staates gerichteten Aktivitäten des Vereins, gegen das öffentliche Interesse verstoßen. Im Verein XXXX sind keine Muslime mit liberaler Einstellung sondern mehrheitlich extremistisch gesinnte Personen. Sie sind jedoch Ihrer gefestigten Überzeugung treu und weiterhin regelmäßiger Besucher des Vereins geblieben und haben auch Ihre XXXX -Söhne in diese Szene eingeführt. Ihre Angaben in der Stellungnahme vom 07.07.2018, dass Sie weder Mitglied des Vereins XXXX sind, noch Kontakte zu diesem Verein pflegen, sowie dass Sie sich nicht für diese Aktivitäten interessieren, sind nicht wahr. Sie sind ein regelmäßiger Besucher und äußerst aktives Mitglied des Vereins. Nur einen Monat nach Übermittlung der letzten Stellungnahme wurden Sie am XXXX unmittelbar nach Verlassen des Vereinslokales, zusammen mit Ihren Söhnen XXXX von der Polizei kontrolliert. Dabei wurde auch festgestellt, dass Sie ohne österreichischen Führerschein mit Ihrem XXXX gefahren sind. Sie wurden in einem Verwaltungsstrafverfahren von der BH XXXX gem. § 37 iVm § 1 Abs. 4 und § 23 Abs. 1 FSG mit einer Geldstrafe bestraft. Trotz der Aufenthaltsdauer seit 2012 sind Ihre Deutschkenntnisse auf sehr niedrigem Niveau. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Sie Ihren Tagesablauf mit Aktivitäten in der tschetschenischen Community verbringen, wo Sie mit Ihrer Muttersprache das Auslangen finden und Deutschkenntnisse nicht notwendig sind. Ihr Desinteresse für die deutsche Sprache ist auch darin erkennbar, dass Sie die sehr guten Deutschkenntnisse Ihrer Töchter offensichtlich nicht zum Erlernen der Sprache nützen, indem Sie beispielsweise in der Familie die deutsche Sprache verwenden um die eigene Sprachfertigkeit zu üben. Die Wirtschaft in XXXX sucht dringend Arbeitskräfte. Es war noch nie so einfach, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Sie haben eine gültige Beschäftigungsbewilligung ( XXXX ), gehen aber keiner Erwerbstätigkeit nach und beziehen Mindestsicherung. Dies entspricht der überwiegenden Gesinnung der Vereinsmitglieder, die ebenfalls mehrheitlich keiner geregelten Arbeit nachgehen und so lange wie möglich Leistungen aus dem österreichischen Sozialsystem beziehen. [...]

Auf Grund Ihrer gefestigten Überzeugung und der beständigen, aufrechten und intensiven Kontakte zu Mitgliedern und Führungspersonen der extremistischen Gruppierung, geht auch weiterhin eine hohe Gefahr von Ihnen aus, insbesondere da Sie auch Ihre minderjährigen Söhne in diese Szene eingeführt haben und damit die Gefahr besteht, dass auch diese eine demokratiefeindliche Einstellung übernehmen und der extremistischen Ideologie folgen. Demgegenüber steht Ihr persönliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Familienlebens. Da sämtliche Familienmitglieder über russische Reisepässe und österreichische Aufenthaltstitel verfügen, haben diese die Möglichkeit, den Kontakt zu Ihnen durch Besuche und Urlaube in Tschetschenien aufrecht zu erhalten. Überdies stehen Ihnen auch moderne Kommunikationsmittel zur Verfügung. Es besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis der Familienangehörigen zu Ihnen, da der Lebensunterhalt aus öffentlichen Mitteln finanziert wird und Sie kein eigenes Einkommen beisteuern. [...]"

Mit Verfahrensanordnung vom 25.01.2019 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

5. Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes wurde durch die Vertretung des BF binnen offener Frist Beschwerde in vollem Umfang wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung aufgrund von Feststellungs- und Begründungsmängel sowie Ignorieren des Parteienvorbringens erhoben. Darin wurde u.a. ausgeführt, dass es keinerlei Beweise gegen den BF gebe, wonach er Kontakt zu Führungspersonen der XXXX Salafistenszene habe, eine wichtige Person in diesem Zusammenhang gewesen wäre, Mitglieder geworben hätte oder verfassungsfeindliche Aktivitäten gesetzt hätte. Der BF sei auch seitens des Bundesamtes nie mit derartigen Beschuldigungen konfrontiert worden. Hinsichtlich des Bezuges von staatlichen Leistungen durch den BF wurde darauf hingewiesen, dass die Ausstellung der Aufenthaltsberechtigungskarte durch die Behörde fast 10 Monate gedauert habe, wobei der BF ohne gültiges österreichisches Dokument nicht in der Lage gewesen sei, ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der BF habe zudem unzählige Versuche unternommen, um die begehrte Beschäftigungsbewilligung beim AMS zu bekommen, was jedoch zumeist an den mangelnden Sprachkenntnissen gescheitert sei. Der BF habe auch zuletzt sein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt, sondern sei das Beschäftigungsverhältnis von der Firma mangels Personalbedarfes nicht fortgesetzt worden. Es wurde u.a. beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2019 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

7. Am XXXX 2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Bericht des LVT XXXX vom XXXX 2019 übermittelt, der Ergänzungen zu dem Bericht vom XXXX .2019 enthielt. Vorweg wurde darauf hingewiesen, dass seitens des Vereins Koranverteilungen der Gruppierung "LIES" sowohl über "Flohmarkt-Apps" (beispielsweise "Shpock"), mittels Verteilaktionen (Da'wa) durch Vereinsmitglieder in verschiedenen Städten XXXX oder auch durch Verteilen der "Lies-Korane" an Besucher des Vereinslokals erfolgt seien. Bei der am XXXX im Vereinslokal durchgeführten Fremdenkontrolle durch die Fremdenabteilung der LPD

XXXX seien auch mehrere Exemplare des "LIES"-Koran im Vereinslokal festgestellt worden. Dazu waren auch entsprechende Fotografien beigefügt, auf denen etwa 80 gelagerte Exemplare der betreffenden Koranbände zu sehen sind. Insbesondere wurden im Bericht Fotografien und Informationen zu neun Personen, mit denen der BF auf den bereits im Bericht vom XXXX .2019 abgebildeten Fotografien zu sehen ist, sowie der Person, die fotografiert habe, nachgeliefert, deren Verhaltensweisen (etwa Teilnahme an LIES-Koranverteilungen in XXXX ,), Selbstdarstellungen in Fotografien (etwa mit Waffen wie Macheten), von diesen verwendete Symbole (etwa "Duftbaum" in Form der Flagge des sogenannten Islamischen Staates am Rückspiegel des PKW), nachvollziehbar die Annahme rechtfertigen, dass diese Vereinsmitglieder eine extremistisch - salafistische Gesinnung, die als staatsfeindlich zu bewerten ist, vertreten. Internationale Erfahrungen würden zeigen, dass keine Personen, die eine andere Gesinnung vertreten, in dieser Szene Aufnahme finden. Gegen vier Personen wurde Anzeige (u.a. wegen Verdacht der Mitgliedschaft zu einer Terroristischen Vereinigung gem. § 278b StGB) erhoben, wobei die Verfahren von der Staatsanwaltschaft inzwischen eingestellt wurden.

Am XXXX 2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme des LVT XXXX vom XXXX .2019 zu den Angaben des BF in der Verhandlungsniederschrift vom 15.10.2018 übermittelt. In der Stellungnahme wurde u.a. aufgezeigt, dass die Aussagen des BF seinen fundamentalen Glaubensansatz und insbesondere die radikale Auslegung des Islam im Verein XXXX bestätigen würden. In XXXX seien neben XXXX weitere XXXX Vereine, die XXXX seien, situiert. Nahe dem Wohnort des BF sei der XXXX . Ausgenommen des Vereins XXXX , dem der BF zugehörig sei, vertrete kein Verein eine Auslegung des Islam, die ähnlich der Auslegung sei, die von den Besuchern des Vereins XXXX vertreten werde.

Nicht der Wahrheit entspreche, dass der BF sich nur einmal in diesem Verein aufgehalten habe, was er auch nach neuerlicher Nachfrage zugebe. Er sei fest in der Salafistenszene verankert, die sich in diesem Verein getroffen habe und wie auf den bereits übermittelten Lichtbildern ersichtlich auch freundschaftlich mit den Besuchern verbunden. Auf diesen Lichtbildern sei auch ersichtlich, dass es sich nicht um ein Freitagsgebet gehandelt habe. Die Aussage des BF, dass er keine Kenntnis von Anzeigen gegen Vereinsmitglieder und von den Koranverteilungen habe, sei nicht nachvollziehbar und werde als unglaubwürdig bewertet. Die Besucher des Vereins würden sich äußerst konspirativ verhalten, regelmäßige Besucher seien eng vernetzt. Bezüglich der Koranverteilungen wurde auf die bereits übermittelten Berichte und die zahlreichen Korane der Aktion "Lies", die sich im Vereinslokal der XXXX befunden haben, verwiesen. Dies sei auf den übermittelten Lichtbildern eindeutig erkennbar. Dass der BF den Verein nur zum Freitagsgebet aufgesucht habe, werde durch die übermittelten Lichtbilder widerlegt, die nicht zum Freitagsgebet aufgenommen worden seien, was deutlich auf den Lichtbildern ersichtlich sei. Die Aussagen der Töchter seien nach Einschätzung der Behörde durch die Kultur, das Clan- und Adat-Wesen der tschetschenischen Bevölkerung erklärbar. Abschließend wurde angemerkt, dass der BF aus der Sicht der Behörde die Zugehörigkeit zur Salafistenszene in XXXX nicht widerlegen habe können. Seine Aussagen seien allgemein gehalten gewesen, auf Nachfrage habe er ausschließlich allgemein geantwortet. Selbst die angeblich besuchten Vereine habe der BF nicht näher beschreiben können. Seine Aussagen zu Moscheevereinen entstammen einer Ortskenntnis, die auf die XXXX zurückgeführt werden könne.

In der Stellungnahme wurde insbesondere auch auf den XXXX verwiesen. Aus diesem Bericht geht etwa hervor, dass die Gemeinde der im Jahr XXXX vom salafistsichen Verein XXXX gegründeten kleinen politisch-salafitischen Moschee Ausgangspunkt für XXXX Aktivitäten im Rahmen der "Lies!-Kampagne gewesen sei. Der Gebetsraum habe nur aus einem XXXX Raum, der den Männern vorbehalten war und auch eine kleine Bibliothek umfasste, bestanden. Die Freitagspredigt sei zuletzt überwiegend XXXX abgehalten worden. Die strikt politisch-salafistische Ausrichtung der Moschee und die Tatsache, dass aus dem Umfeld der Moschee einige Männer zu dschihadistischen Gruppen nach Syrien gezogen seien, habe zu einer Reihe von Problemen mit den Sicherheitsbehörden geführt, die wohl mit dazu beigetragen haben, dass der Verein XXXX . Es sei ein stark takfirischer Salafismus propagiert worden, der z. B. Schiiten und Sufis zu Nichtmuslimen erklärte.

8. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 02.04.2019, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch die Einvernahme des BF in Anwesenheit seines Vertreters sowie eines Dolmetschers der russischen Sprache, weiters durch Befragung eines Mitgliedes des tschetschenischen Ältestenrates in Österreich als Zeugen, durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes. Ein als Zeuge geladener informierter Vertreter des LVT ist, nach dem Ersuchen, von der Ladung Abstand zu nehmen, da weitere Informationen als die bisher in den Bericht genannten Informationen aufgrund der Verschwiegenheitsverpflichtung nicht mitgeteilt werden können, entschuldigt nicht erschienen.

In der Verhandlung brachte der BF wie bisher vor, dass er sich zum traditionellen sunnitischen Islam, nicht aber zu einen salafistischen Islam bekenne. Er sei nur beim Freitagsgebet und dann noch zum Ramadan in der XXXX -Moschee gewesen sei, habe dort nur gebetet und sei gleich wieder gegangen. Es habe dort einen XXXX gegeben. Es habe dort verschiedene Personen gegeben, die er begrüßt habe, aber näher bekannt sei ihm niemand gewesen. In weiterer Folge wurden mit dem BF und seiner Vertretung insbesondere der Inhalt des Berichtes des LVT vom XXXX .2019 sowie dessen Stellungnahme vom XXXX .2019 erörtert. Auf Vorhalt, dass seine Angaben, wonach er nur zum Beten in die Moschee gekommen sei und danach gleich gegangen sei nicht mit den Fotografien zusammenpasse, wo man ihn bei einem Essen im Gebetsraum sehe, gab der BF an, dass dies anlässlich des Ramadans gewesen sei. Auf Vorhalt, dass die Aufnahmen offenbar unter Tags gemacht wurden, gab der BF an, dass dies dann "irgendein Fest" gewesen sein müsste, etwa weil jemand ein Kind bekommen habe. Auf konkretes Nachfragen räumte der BF ein, sich seit XXXX in der XXXX -Moschee zum Freitagsgebet einmal in der Woche regelmäßig mit auf den Fotografien erkennbaren Personen getroffen zu haben. Im Fastenmonat Ramadan sei er drei- bis viermal in der Woche dort gewesen. Während der letzten zehn Tage des Fastenmonats sei dies üblich, dass man nach dem Gebet noch bleibe und gemeinsam im Koran lese. Er sei aber auch in XXXX Moscheen gewesen. Der BF beharrte nach einem entsprechenden Vorhalt darauf, dass, obwohl er auf einer regelmäßigen Basis die Mosche besucht habe, ihm nicht aufgefallen sei, dass es sich um eine salafistische Moschee gehandelt habe. Er sei am häufigsten zu dem XXXX -Verein gegangen, da dort die meisten Tschetschenen gewesen seien. Das heiße jedoch nicht, dass er radikal sei. Es sei doch nicht verboten, sich mit Leuten in der Moschee zu treffen und sich dort zu unterhalten. Er kenne auch nicht alle Personen auf den Fotografien. Er wisse auch gar nichts von Koranverteilungen, er habe daran nicht teilgenommen. Wenn er auf Salafisten gehört hätte, würden seine Töchter in der Öffentlichkeit verschleiert auftreten. Seit der Verhandlung im Herbst sei er nicht mehr zu XXXX gegangen, seit er eben gewusst habe, dass dort offenbar Salafisten verkehren. Zu Problemen bei einer Rückkehr nach Tschetschenien befragt, verwies der BF auf seine ursprünglich im Asylverfahren geltend gemachten Fluchtgründe.

Der Zeuge, der auch entfern mit der Gattin des BF ( XXXX ) verwandt ist, gab an, den BF in Österreich kennengelernt zu haben, wo er ihn drei bis vier Mal in XXXX besucht habe und der BF einige Male bei ihm zu Besuch gewesen sei. Er könne aufgrund seiner Menschenkenntnis und Erfahrung ausschließen, dass der BF ein Salafist sei.

Dem BF wurden aktuelle Länderinformationen zur Situation im Herkunftsstaat zu Kenntnis gebracht und ihm dazu binnen zwei Wochen die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

9. In einer entsprechenden schriftlichen Stellungnahme der Vertretung des BF vom 12.04.2019 wurde im Wesentlichen dargetan, dass die vorgelegten Berichte samt Fotografien, die den BF in der ehemaligen XXXX zeigen würden, nicht nachvollziehbar seien und den BF mit einem nicht bewiesenen Generalverdacht behaften würden. Hinsichtlich der darin genannten Personen wurde angeführt, dass es in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich gewesen sei, die angeführten Personen alle zu kontaktieren und durch sie in Erfahrung zu bringen, inwiefern sie infolge der Anschuldigungen des LVT, salafistische Aktivitäten entfaltet zu haben, verurteilt worden seien bzw. nach wie vor einen Aufenthaltstitel innehätten. Hinsichtlich des Imams der Moschee habe durch Familienangehörige in Erfahrung gebracht werden können, dass dieser XXXX , von einer Verurteilung sei nichts bekannt. Die Person, der der BF auf der Fotografie auf die Schulter greife, sei nach wie vor in Österreich. Auch eine weitere namentlich genannte Person, die ihm Bericht erwähnt werde und auf den Fotos zu sehen sei, habe in einem fernmündlichen Telefongespräch angegeben, seit XXXX Jahren in Österreich zu sein und nach wie vor über ein Visum zu verfügen. Bezüglich der übrigen Personen konnte kein Kontakt aufgenommen werden. Eine faire Entscheidung werde derzeit als verfrüht erachtet, da dem BF zugestanden werden müsse, neue Beweismittel herbeizuschaffen, aus denen sich die Unrichtigkeit der gegen ihn erhobenen Beschuldigungen ergebe. Lediglich ein in letzter Minute vorgelegter Bericht einer Verwaltungsbehörde, der noch dazu sehr spekulativ sei, könne in einem fairen Gerichtsverfahren sicherlich nicht als einzige Grundlage einer Entscheidung, die mit großer Wahrscheinlichkeit zur existentiellen Zerstörung einer Familie führe, verwendet werden. In diesem Zusammenhang sei auch unklar, was die Einschätzung des LVT hinsichtlich des BF ohne Vorlage von Beweisen als wesentliche Person mit entsprechendem Einfluss auf die Mitglieder der ehemaligen XXXX -Moschee bedeute. Der BF sei auch nicht bei rechtswidrigen oder verfassungswidrigen Aktivitäten ertappt worden, wobei auch nicht klar sei, welche eventuell sowohl politische als auch ermittlungstechnische Überlegungen dahinter gestanden seien, dass das LVT drei Jahre zugebracht habe, bis die angebliche Salafisten-Moschee geschlossen werden habe können. Aufgrund welcher kultureller bzw. religiöser Kenntnisse des Islam, speziell in der kaukasische Form, könne das LVT behaupten, dass die Fotografien, die den BF beim Fastenbrechen und beim Sekerbayram zeigen, wobei er seine Hand auf die Schulter von einen angeblichen Extremisten lege, was eine übliche Umgangsform auch bei Nichtreligiösen im Kaukasus darstelle, nun ein sicherer Beweis für die behauptete Nahebeziehung des BF zu den erwähnten extremistischen Personen sei. Auch sei vom LVT nicht dargelegt worden, was mit den namentlich angeführten, behaupteten extremistischen Personen nach Schließung der Moschee passiert sei. Zudem sei auch nicht klar, wie das LVT überhaupt Wertungen betreffend die weiblichen Mitglieder der Familie des BF treffen habe können. Es werde daher der Antrag auf ergänzende Ermittlungen gestellt.

Der Stellungnahme nachgereicht wurde ein handschriftliches Schreiben der ältesten Tochter des BF, in dem diese im Wesentlichen darlegt, dass es keinesfalls zutreffe, dass ihr Vater ein radikaler Muslim sei. Weiters wurden Unterstützungsschreiben von offenbar in Österreich aufhältigen Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe, von einem Psychotherapeuten, der die Tochter des BF behandelt habe, für den BF nachgereicht, in denen gleichfalls verneint werde, dass der BF ein radikaler Muslim sei. Weiters wurde ein Unterstützungsschreiben eines Deutschlehrers des BF vorgelegt

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist Sunnit und war im Herkunftsland in der Republik Tschetschenien wohnhaft. Seine Identität steht fest.

Er reiste mit seiner Familie im November 2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX .2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Ergebnis hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX .2015, Zl. XXXX , gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz (AsylG 2005), BGBl I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht ging von der Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe aus.

Mit am XXXX .2017 gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes XXXX , wurde dem BF gemäß § 54 Abs. 1 Z 2, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 2 AsylG 2005, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt.

Dies wurde im Wesentlichen ausschließlich mit den integrativen Leistungen, der Verfestigung und dem Kindeswohl der Töchter des BF begründet, wobei hinsichtlich des BF ausdrücklich festgehalten wurde, dass er angesichts der Aufenthaltsdauer im Hinblick auf seine sprachliche und beruflich-soziale Integration keine Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation dartun habe können.

Der BF ist im Wesentlichen gesund und arbeitsfähig. In Österreich halten sich aufgrund eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 die Gattin, XXXX Töcher im Alter von XXXX , XXXX Söhne im Alter von XXXX Jahren auf. Sie sind alle russische Staatsangehörige und gehören der tschetschenischen Volksgruppe an. Sie leben im gemeinsamen Haushalt. Auch im Herkunftsland verfügt der BF über ein familiäres Netz ( XXXX ).

Dem BF wurde zwischenzeitig mit Beschluss eines Bezirksgerichtes vom XXXX 2016 gemäß § 181 ABGB die Obsorge für seine jüngste Tochter einstweilig entzogen. Hintergrund waren behauptete schwere Gewaltvorwürfe der Tochter gegen den Vater in Zusammenhang mit deren Weigerung ein Kopftuch zu tragen. Mit Verfügung einer Staatsanwaltschaft vom August 2016 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den BF wegen § 105 StGB und anderer Delikte zum Nachteil der jüngsten Tochter gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, da ein Schuldnachweis nicht möglich war. Mit Beschluss eines Bezirksgerichtes vom XXXX 2017 wurde die dem BF einstweilig entzogene Obsorge wieder übertragen.

Der BF war von XXXX bis zumindest XXXX 2018 regelmäßiger Besucher des muslimischen Moschee-Verein XXXX , wobei er diesen Verein nicht nur zum Beten aufgesucht, sondern auch intensive Kontakte zu den Mitgliedern gepflegt hat. Der Verein ist der extremistischen Salafistenszene in XXXX zuzurechnen und wurde im XXXX aufgelöst. Dem BF muss die politisch-salfistische Ausrichtung des Vereins bekannt gewesen sein. Die Moschee war Ausgangspunkt für XXXX Aktivitäten im Rahmen der "Lies!-Kampagne. Gegen mehrere Mitglieder wurden Anzeigen wegen Verdacht der Mitgliedschaft zu einer Terroristischen Vereinigung gem. § 278b StGB erhoben, wobei die Verfahren inzwischen von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurden. Ein Vereinsmitglied ist bei Kampfhandlungen in Syrien getötet worden. Der BF hat auch bereits seine Söhne in den Verein mitgenommen. Es ist davon auszugehen, dass der BF eine extremistisch - salafistische Gesinnung, die als staatsfeindlich zu bewerten ist, vertritt.

Dem Gericht lagen zum Zeitpunkt der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung" XXXX 2017 keine Anhaltspunkte für eine konkrete Nahbeziehung des BF zu einem extremistisch-salafistischen Verein vor. Es liegen auch keine Hinweise dafür vor, dass das Bundesamt zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von einer derartigen Nahbeziehung verfügte.

Der BF ist unbescholten. Er wurde im Vorjahr mit Bescheid einer Bezirkshauptmannschaft wegen Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne zulässige Lenkerberechtigung rechtskräftig mit einer Geldstrafe bestraft.

Der BF ist bis auf nicht ganz zwei Monate sonst keiner legalen Erwerbstätigkeit in Österreich nachgegangen. Der BF konnte Deutschkenntnisse auf Niveau A1 nachweisen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF nach einer Rückkehr ins Herkunftsland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevanten Übergriffen ausgesetzt ist. Weiters liegen keine stichhaltigen Gründe vor, dass diese konkret Gefahr liefen, in ihrem Herkunftsstaat aktuell der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrundgelegt.

1.2. Zur Situation im Herkunftsland wird von den in der Beschwerdeverhandlung am 02.04.2019 dargetanen Länderinformationen zur Russischen Föderation bzw. Tschetschenien ausgegangen:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit 15.10.2018 in das LIB Russische Föderation übernommen (Relevant für Abschnitt Bewegungsfreiheit bzw. Tschetschenen in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens).

Bekanntlich werden innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten innerhalb Russlands seitens renommierter Menschenrechtseinrichtungen meist unter Verweis auf die Umtriebe der Schergen des tschetschenischen Machthabers Kadyrow im ganzen Land in Abrede gestellt. Der medialen Berichterstattung zufolge scheint das Netzwerk von Kadyrow auch in der tschetschenischen Diaspora im Ausland tätig zu sein. Dem ist entgegenzuhalten, dass renommierte Denkfabriken auf die hauptsächlich ökonomischen Gründe für die Migration aus dem Nordkaukasus und die Grenzen der Macht von Kadyrow außerhalb Tschetscheniens hinweisen. So sollen laut einer Analyse des Moskauer Carnegie-Zentrums die meisten Tschetschenen derzeit aus rein ökonomischen Gründen emigrieren: Tschetschenien bleibe zwar unter der Kontrolle von Kadyrow, seine Macht reiche allerdings nicht über die Grenzen der Teilrepublik hinaus. Zur Förderung der sozio-ökonomischen Entwicklung des Nordkaukasus dient ein eigenständiges Ministerium, das sich dabei gezielt um die Zusammenarbeit mit dem Ausland bemüht (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

-

ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit 15.10.2018 in das LIB Russische Föderation übernommen (Relevant für Abschnitt Rechtsschutz / Justizwesen).

Die russischen Behörden zeigen sich durchaus bemüht, den Vorwürfen der Verfolgung von bestimmten Personengruppen in Tschetschenien nachzugehen. Bei einem Treffen mit Präsident Putin Anfang Mai 2017 betonte die russische Ombudsfrau für Menschenrechte allerdings, dass zur Inanspruchnahme von staatlichem Schutz eine gewisse Kooperationsbereitschaft der mutmaßlichen Opfer erforderlich sei. Das von der Ombudsfrau Moskalkova gegenüber Präsident Putin genannte Gesetz sieht staatlichen Schutz von Opfern, Zeugen, Experten und anderen Teilnehmern von Strafverfahren sowie deren Angehörigen vor. Unter den Schutzmaßnahmen sind im Gesetz Bewachung der betroffenen Personen und deren Wohnungen, strengere Schutzmaßnahmen in Bezug auf die personenbezogenen Daten der Betroffenen sowie vorläufige Unterbringung an einem sicheren Ort vorgesehen. Wenn es sich um schwere oder besonders schwere Verbrechen handelt, sind auch Schutzmaßnahmen wie Umsiedlung in andere Regionen, Ausstellung neuer Dokumente, Veränderung des Aussehens etc. möglich. Die Möglichkeiten des russischen Staates zum Schutz von Teilnehmern von Strafverfahren beschränken sich allerdings nicht nur auf den innerstaatlichen Bereich. So wurde im Rahmen der GUS ein internationales Abkommen über den Schutz von Teilnehmern im Strafverfahren erarbeitet, das im Jahr 2006 in Minsk unterzeichnet, im Jahr 2008 von Russland ratifiziert und im Jahr 2009 in Kraft getreten ist. Das Dokument sieht vor, dass die Teilnehmerstaaten einander um Hilfe beim Schutz von Opfern, Zeugen und anderen Teilnehmern von Strafverfahren ersuchen können. Unter den Schutzmaßnahmen sind vorläufige Unterbringungen an einem sicheren Ort in einem der Teilnehmerstaaten, die Umsiedlung der betroffenen Personen in einen der Teilnehmerstaaten, etc. vorgesehen (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

-

ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

2. Politische Lage

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsid

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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