TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/26 W113 2132042-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.06.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
Forstgesetz 1975 §17 Abs1
Forstgesetz 1975 §81
Forstgesetz 1975 §82
UVP-G 2000 §3 Abs2
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 §46
UVP-G 2000 Anh. 1 Z16
UVP-G 2000 Anh. 1 Z46 lita
UVP-G 2000 Anh. 1 Z46 litb
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W113 2132042- 1/53E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Katharina DAVID als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX , der XXXX , XXXX , der XXXX und der XXXX , alle vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14.06.2016, Zl. AUWR-2016-124514/19-Sel/Ki, betreffend die Feststellung, dass für das Vorhaben "110 kV-Freileitung Vorchdorf-Steinfelden-Kirchdorf" keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 29.03.2016 hat die XXXX , vertreten durch Onz, Onz, Krämmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH, (in der Folge: Projektwerberin) den Antrag gestellt, die Oberösterreichische Landesregierung (in der Folge: belangte Behörde) möge feststellen, ob das Vorhaben "110 kV-Leitung Vorchdorf-Steinfelden-Kirchdorf" einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterziehen ist.

2. Mit angefochtenem Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass für das Vorhaben keine UVP durchzuführen sei. Sie stützte ihre Entscheidung auf § 3 Abs. 7, Z 16 und 46 lit. a des Anhangs 1 iVm § 3 Abs. 2 UVP-G 2000.

Begründend führte sie aus, Z 16 lit. b (Spalte 3) Anhang 1 UVP-G 2000 sehe eine Einzelfallprüfung für 110 kV-Leitungen ab einer Länge von 20 km vor. Da keine Schutzgebiete berührt würden, sei dieser Tatbestand nicht erfüllt, obwohl die Leitungslänge 23,482 km betrage.

Z 46 lit. a Anhang 1 UVP-G 2000 sei ebenfalls nicht erfüllt, da die Rodungsfläche nur 0,4362 ha umfasse. Damit würde weder der Schwellenwert von 20 ha der lit. a leg. cit. erreicht werden noch eine Kumulationsprüfung schlagend, da die Rodungsfläche keine 25 % des Schwellenwertes erreiche.

Kernfrage sei darüber hinaus, ob der projektimmanente Trassenaufhieb eine Rodung iSd UVP-G 2000 darstelle. Nach Besprechung der Entscheidungen des VwGH vom 29.09.2015, 2012/05/0073-8, und des BVwG vom 09.12.2015, W104 2115704-1/14E, kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass es sich beim Trassenaufhieb nicht um eine Rodung handle und diese Flächen daher nicht relevant seien für die Frage, ob der Schwellenwert der Z 46 lit. a Anhang 1 UVP-G 2000 erreicht werde.

3. Dagegen erhoben XXXX , die XXXX , die XXXX , die XXXX und die XXXX , alle vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH (in der Folge: Beschwerdeführer), Beschwerde.

Zusammengefasst bringen sie vor, sie seien als Nachbarn bzw. Grundstückseigentümer durch das Vorhaben in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten gefährdet und daher beschwerdelegitimiert. Sie betonen, dass das Projekt möglicherweise massive Auswirkungen auf die Umwelt habe. Auf Grund dieser möglichen Auswirkungen müsse nach dem EU-Vorsorgeprinzip eine UVP durchgeführt werden.

Betreffend die Z 16 lit. a und b Anhang 1 UVP-G 2000 hätte die belangte Behörde übersehen, dass ihre Vorgangsweise ständiger EuGH-Judikatur widerspreche. Danach würden Schwellenwerte nicht dazu dienen, bestimmte Klassen der in Anhang 1 der UVP-RL aufgeführten, im Gebiet eines Mitgliedstaates in Betracht kommenden Projekte von vornherein insgesamt von dieser Pflicht auszunehmen.

Die tatsächlichen Rodungsflächen seien überdies zu gering bemessen worden. Es sei etwa die Inanspruchnahme von Waldflächen durch Dienstbarkeitsverträge gesichert worden, wobei diese Flächen nicht als Rodungsflächen angegeben worden seien. Im naturschutzrechtlichen Bescheid seien 39 ha für den Trassenaufhieb angegeben worden. Diese Fläche dürfe man nicht außer Acht lassen. Zudem seien die kumulierenden Auswirkungen nicht berücksichtigt worden.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG zur Entscheidung vor. Mit Erkenntnis des BVwG vom 03.11.2016, W113 2132042-1/12E, wurden die Beschwerden abgewiesen. Nach Entscheidung des EuGH vom 07.08.2018, Rs C-329/17, XXXX u.a. gegen Oberösterreichische Landesregierung und XXXX , in der Sache im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens hob der VwGH mit Entscheidung vom 01.10.2018, Ro 2017/04/0002-13, das Erkenntnis des BVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

Der VwGH führte mit Verweis auf die Entscheidung des EuGH im Wesentlichen aus, dass der Begriff "Rodung" im UVP-G 2000 dahin auszulegen ist, dass er auch Trassenaufhiebe (nach § 81 Abs. 1 lit. b ForstG 1975) umfasst. Derartige Trassenaufhiebe sind daher in die Beurteilung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 miteinzubeziehen.

Eine Entscheidungsrelevanz für den vorliegenden Fall ergab sich, obwohl die maßgeblichen Schwellenwerte des "Rodungstatbestandes" auch unter Einbeziehung der Trassenaufhiebsflächen nicht erreicht werden, durch mangelnde Feststellungen zur Frage, ob die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung infolge Kumulation gegeben ist (vgl. VwGH 01.10.2018, Ro 2017/04/0002-13, Rz 53).

5. Mit der UVP-G-Novelle BGBl. I Nr. 80/2018 wurden die "Rodungstatbestände" in Z 46 des Anhangs 1 des UVP-G um eigene "Trassenaufhiebstatbestände" in den lit. c und d erweitert.

6. Im fortgesetzten Verfahren vor dem BVwG wurde ein Amtssachverständiger für Forstwirtschaft mit Beschluss vom 13.12.2018 dem Verfahren beigezogen (vgl. OZ 31). Dieser wurde beauftragt, Erhebungen dahingehend durchzuführen, ob Rodungen oder Trassenaufhiebsflächen im räumlichen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorhaben vorliegen und es zu kumulierenden Auswirkungen mit dem Vorhaben kommen kann. Das Gutachten vom 27.05.2019 wurde den Verfahrensparteien mit Schreiben vom 28.05.2019 übermittelt.

Überdies wurde im Beschwerdeverfahren Einsicht genommen in die Verwaltungsakten der materienrechtlichen Verfahren nach dem Naturschutzgesetz und dem Starkstromwegegesetz. Schließlich wurden Stellungnahmen der Beschwerdeführer und der Projektwerberin im Beschwerdeverfahren eingebracht.

7. Am 19.06.2019 fand eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in der im Wesentlichen das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen sowie die Sach- und Rechtslage erörtert wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

1.1. Allgemeines

Der Sachverhalt ergibt sich grundsätzlich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakten und aus den im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahmen samt fachlichen Beilagen, dem forstfachlichen Gutachten des Amtssachverständigen XXXX vom 27.05.2019 (in der Folge GA Forst BVwG) und der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 19.06.2019. Zudem wurde in die Verfahrensakten der materienrechtlichen Genehmigungsverfahren (Naturschutzrecht/Starkstromwegerecht) Einsicht genommen.

Die Beschwerdeführer sind teils als Nachbarn zu qualifizieren, die eine Verletzung ihrer geschützten Rechte behaupten, teils als Standortgemeinden und einmal als dinglich berechtigte Agrargemeinschaft, deren dingliche Rechte vom Vorhaben tangiert sind. Die Beschwerden wurden fristgerecht eingebracht.

1.2. Vorhaben

Das Neuvorhaben "110 kV-Leitung Vorchdorf-Steinfelden-Kirchdorf" umfasst die Errichtung einer elektrischen Leitungsanlage auf einer Gesamtlänge von 23,534 km samt Neubau eines Umspannwerks und der Erweiterung eines bestehenden Umspannwerks. Schutzgebiete werden nicht berührt. Diese Feststellungen ergeben sich aus der Projektdarstellung der Projektwerberin sowie der Beschwerdeverhandlung (vgl. VH-Schrift vom 19.06.2019, S. 6).

Das Gesamtausmaß an Rodungsfläche (befristete und unbefristete Rodungen) umfasst rund 0,5 ha. Das Gesamtausmaß an Trassenaufhiebsflächen umfasst eine Fläche von rund 18 ha. Dies ergibt sich aus der mit Schreiben der Projektwerberin vom 16.04.2019 und 29.04.2019 präzisierten Projektdarstellung sowie dem GA Forst BVwG und der Beschwerdeverhandlung.

Zu den Rodungsflächen

Zunächst gab die Projektwerberin in ihrem Antrag vom 29.03.2016 auf Erlassung eines UVP-Feststellungsbescheides an, vorhabensbedingt seien Rodungen (befristet und unbefristet) im Ausmaß von 0,4362 ha erforderlich. Dies deckt sich mit der forstrechtlichen Bewilligung des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 26.05.2015, Zl. ForstR-100924/81-2015-Sr/Km.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens ergaben sich Änderungen betreffend die zu rodenden Flächen. Nach den Angaben der Projektwerberin im Schreiben vom 19.11.2018 (OZ 28) und 16.04.2019 (OZ 42) sowie ihrem forstfachlichen Gutachten vom 28.04.2019 (OZ 44) von XXXX (in der Folge GA Forst PW) würden mittlerweile weitere Flächen, die nach dem Katasterstand als landwirtschaftlich genutzt galten, Waldeigenschaft aufweisen. Es handle sich durchwegs um Grundflächen, die an bestehende Wälder angrenzen und die sich im Laufe der Zeit ausgedehnt hätten. Insgesamt liege daher eine Rodungsfläche im Ausmaß von 0,4550 ha vor. Diese Angaben erwiesen sich als plausibel und wurden auch nicht bestritten.

Insgesamt ergab sich somit eine diesem Feststellungsverfahren zu Grunde zu legende Rodungsfläche an unbefristeten (537,67 m²) und befristeten Rodungen (4.012,78 m²) im Ausmaß von rund 0,5 ha. Damit erreicht das Vorhaben rund 2,5 % des Schwellenwertes einer Rodungsfläche von 20 ha.

Die Beschwerdeführer behaupteten in ihrem Schriftsatz vom 14.06.2019 (vgl. OZ 49), es wären weitere Rodungen bzw. Fällungen - hierbei differenzierten Die Beschwerdeführer nicht - auf einer Fläche von 2,49 ha vorhabensbedingt notwendig und legten dazu Fotos und eine Tabelle mit Grundstücken und vermeintlichen zusätzlichen Rodungs- bzw. auch Fällungsflächen vor. Dazu legte die Projektwerberin wiederum eine schriftliche Entgegnung in der Beschwerdeverhandlung vor (vgl. Beilage 3 zur VH-Schrift vom 19.06.2019). Zusammenfassend gab die Projektwerberin an, es handle sich zum Teil um Flächen, die bereits berücksichtigt worden seien bzw. die in der Antragspräzisierung vom 16.04.2019 enthalten gewesen seien. Zum Teil handle es sich um Flächen, auf denen weder eine Rodung noch eine Fällung notwendig sei, da kein Eingriff in Waldflächen vorliege (z.B., weil eine Überspannung in so hohem Abstand geplant sei, dass weder Rodungen noch Fällungen durchgeführt werden müssen).

Beispielsweise brachten die Beschwerdeführer eine Rodungsfläche bei Maststandort 46 vor, die vermeintlich größer sei, als Rodungsfläche beantragt worden sei. Der Amtssachverständige gab den Beschwerdeführern in diesem Punkt Recht und brachte vor, er habe die Fläche mehrmals besichtigt und der Bezirkshauptmannschaft Bericht erstattet, dass eine Überschreitung der Rodungsfläche von etwa 100 m² vorliege. Im GA Forst BVwG wurde diese Fläche von ihm nicht berücksichtigt, da sie in absehbarer Zeit wieder Wald sein würde. Die Projektwerberin bestritt das und gab an, die Fläche habe sich nicht als befristete Rodung dargestellt, da hier bereits eine Zufahrt zur Holzbringung bestanden hätte. Tatsächlich sei die Fläche aber als Trassenaufhiebsfläche im Projekt enthalten gewesen. Für das Gericht erwiesen sich die Angaben der Beschwerdeführer und des Amtssachverständigen als plausibler, wonach es sich bei der Überschreitung von 100 m² um zusätzliche Rodungsfläche handelt, die für die Berechnung des Schwellenwertes nach dem UVP-G 2000 als Rodungsfläche und nicht als Trassenaufhiebsfläche relevant war. Dementsprechend waren zur von der Projektwerberin angegebenen Rodungsfläche 100 m² hinzuzuzählen und bei der angegebenen Trassenaufhiebsfläche wegzurechnen (das aktualisierte Ausmaß der Rodungsfläche von 0,4650 ha ergibt immer noch eine gerundete Rodungsfläche von 0,5 ha).

Als weiteres Beispiel führten die Beschwerdeführer Maststandort 43 ins Treffen. Als Beweis dafür, dass die Rodungsfläche hier größer sei als beantragt, verwiesen sie auf ein Foto ihres Schriftsatzes vom 14.06.2019 (vgl. OZ 49, Fotokonvolut 14 Mast 43-Blickr. NNW.jpg). Darauf sei die Baugrube für das Mastfundament zu erkennen, das etwa zur Hälfte im Wald und zur Hälfte auf einer Wiese liege. Auf dieser Grundlage könne man abschätzen, dass die tatsächliche Rodungsfläche 112 m² betrage und nicht, wie beantragt, 3,12 m² als dauernde und 25 m² als befristete Rodung. Die Projektwerberin bestritt dieses Vorbringen und der Amtssachverständige gab an, die Fläche besichtigt zu haben. Zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins, so der Amtssachverständige, lagen die durchgeführten Maßnahmen im Bereich der bewilligten Rodungen und Fällungen. Für das Gericht erwiesen sich die Angaben der Beschwerdeführer als wenig überzeugend, da ein Foto ist nicht geeignet, substantiiert darzulegen, wie groß eine Fläche ist und vor allem, welcher Teil der Fläche Wald war. Die Angaben des Amtssachverständigen, der die Fläche sogar besichtigte, erwiesen sich als fachlich überzeugender. Ein Lokalaugenschein, wie er von den Beschwerdeführern gefordert wurde, wäre zudem nicht als Ermittlungsschritt geeignet, da das Mastfundament längst errichtet wurde.

Als weiteres Argument, warum mehr Fläche zu roden sei, als von der Projektwerberin angegeben, verwiesen die Beschwerdeführer auf Flächen im Ausmaß von 1,5 - 2 ha, die im Flächenverzeichnis des Projektes gar nicht enthalten wären. Dazu gab der ASV an, er habe sich diese Flächen mittels Orthofotos angesehen und es könnten einzelne Flächen dabei sein, die in einem Waldfeststellungsverfahren als Wald ausgewiesen werden würden, derzeit seien sie aber noch als landwirtschaftliche Flächen ausgewiesen. Als Beispiel verwiesen die Beschwerdeführer auf die Maststandorte 13 und 14. Hier war den Angaben der Projektwerberin und des Amtssachverständigen zu folgen, wonach es sich zwar um Flächen handelt, die überschirmt, aber dennoch landwirtschaftliche Fläche sind. Die fachlichen Angaben der Projektwerberin und des Amtssachverständigen erwiesen sich als glaubwürdiger als ein Hinweis auf Fotos, bei welchen nicht einmal festgestellt werden kann, wo sie tatsächlich aufgenommen wurden.

Schließlich verwiesen die Beschwerdeführer noch auf Maststandort 31, wo mehr "gerodet" als beantragt worden sei. Der Amtssachverständige gab dazu an, die Fläche besichtigt zu haben und der Bezirkshauptmannschaft für ein Waldfeststellungsverfahren weitergeleitet zu haben, da die Fläche "Waldqualität" aufweise. Ausgewiesen gewesen sei sie zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins aber als landwirtschaftliche Fläche. Überdies sei sie als Fällungsfläche in der Projektpräzisierung vom 16.04.2019 enthalten.

Zusammenfassend gelang es den Beschwerdeführern nicht, glaubwürdig und substantiiert darzulegen, dass mehr Rodungs- bzw. auch Fällungsfläche - hier wird von den Beschwerdeführern nicht differenziert - projektbedingt in Anspruch genommen wird, als beantragt wurde (ausgenommen 0,01 ha für Maststandort 46). Die entgegenstehenden Ausführungen der Projektwerberin und des Amtssachverständigen erwiesen sich als fachlich überzeugender. Aus Beilage 3 zum VH-Protokoll vom 19.06.2019 ergibt sich im Detail, ob diese Flächen nachträglich mit der Antragspräzisierung ins Projekt aufzunehmen waren und hier ohnehin berücksichtigt sind oder ob es sich tatsächlich nicht um Flächen handelt, die Waldeigenschaft aufweisen bzw. wo Waldboden in Anspruch genommen wird. Die in der Beschwerdeverhandlung vorgebrachten Beispiele blieben - bis auf Maststandort 46 - nicht überzeugend und wurden dort wohl die aus Sicht der Beschwerdeführer "wichtigsten" Punkte herausgegriffen.

Im Übrigen ist eine entscheidende Relevanz für den vorliegenden Fall nicht gegeben, da selbst bei der Annahme, dass zur angegebenen Rodungsfläche von 0,4550 ha eine Rodungsfläche von 2,49 ha hinzutritt, insgesamt von nur rund 3 ha Rodungsfläche auszugehen wäre. Das Vorhaben würde sohin etwa 15 % des Schwellenwertes einer Rodungsfläche von 20 ha erreichen.

Zu den Trassenaufhiebsflächen

Zunächst gab die Projektwerberin mit Schriftsatz vom 19.11.2018 an, vorhabensbedingte Trassenaufhiebe auf einer Fläche von 178.229,05 m² geplant zu haben. Mit Schriftsatz vom 16.04.2019 gab die Projektwerberin als Vorhabenspräzisierung weitere Trassenaufhiebsflächen von 1.944,70 m² bekannt. Es handle sich dabei um von der Leitung überspannte Flächen, die laut Kataster noch nicht als Wald ausgewiesen, aber in der Natur dem ForstG 1975 entsprechend als Wald festzustellen seien. Diese Angaben erwiesen sich als plausibel. Zudem war eine Fläche im Ausmaß von 100 m² abzuziehen, da diese bei der Rodungsfläche Berücksichtigung fand (vgl. obige Ausführungen zu Maststandort 46).

Insgesamt ergab sich somit eine diesem Feststellungsverfahren zu Grunde zu legende Trassenaufhiebsfläche im Ausmaß von 18,007 ha, sohin rund 18 ha. Damit erreicht das Vorhaben 36 % des Schwellenwertes einer Trassenaufhiebsfläche von 50 ha. Großkahlhiebe iSd § 82 ForstG 1975 sind nach den Angaben im GA Forst PW nicht geplant (vgl. S. 7).

Zu den Einwendungen der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 14.06.2019, es seien gemäß der im vorherigen Punkt erwähnten Tabelle weitere Flächen als Rodung bzw. Fällung hinzuzuzählen, wird auf den obigen Punkt verwiesen. Auch für die Trassenaufhiebsflächen gilt hierbei, dass eine Relevanz für den vorliegenden Fall insofern nicht gegeben ist, als selbst bei Hinzuzählen einer behaupteten Fällungsfläche im Ausmaß von den behaupteten 2,49 ha der Schwellenwert von 50 ha nicht erreicht wird. Jedenfalls aber ist die 25 %-Schwelle überschritten.

Die Beschwerdeführer hielten der Angabe der Projektwerberin, es seien vorhabensbedingt auf einer Fläche von etwa 18 ha Trassenaufhiebe vorzunehmen, zusätzlich entgegen, dass die Trassenaufhiebsflächen eigentlich größer seien (rund 39 ha), da eine Schneise von 40 m Breite für 110 kV-Leitungen erforderlich sei und sich dies aus der naturschutzrechtlichen Genehmigung und den Servitutsverträgen mit den Grundstückseigentümern ergebe.

Tatsächlich ergab eine Einsicht in den Verwaltungsakt des naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahrens (angefordert mit Schreiben des BVwG vom 12.02.2019, OZ 39), dass die Trassenaufhiebsflächen dort behandelt wurden. Konkret wurden die Trassenaufhiebsflächen im naturschutzfachlichen Fachgutachten betreffend Lebensräume, Vogelfauna und Landschaftsbild der Projektwerberin vom 08.11.2012 von XXXX (in der Folge GA Naturschutz, Beilage 1 zum VH-Protokoll vom 19.06.2019) genannt und beurteilt (darauf stützt sich der behördliche Gutachter in der Folge und finden die Ausgangswerte in den naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid Eingang). Daraus ergibt sich auszugsweise:

* "... der Flächenanteil der beanspruchten Waldflächen (Aufhiebsbreite 40 m) ermittelt ..." (GA Naturschutz, S. 2)

* "Von den 666 ha abgegrenzten Waldflächen der Raumeinheiten A bis G werden durch die geplante Leitung 39 ha überspannt bzw. rechnerisch bei einer Aufhiebsbreite von 40 m in Anspruch genommen ..." (GA Naturschutz, S. 15)

* "Trassenaufhieb

Für den Aufhieb und die Freihaltung der Trassenstrecken, die Waldflächen durchschneiden, werden rechnerisch 39 ha beansprucht

(Aufhiebsbreite 40 m). ... Auf Bestandsdauer der Leitung ist nur

mehr eine eingeschränkte Bewuchshöhe zulässig. Die Flächen werden durch regelmäßige Bewirtschaftung in einem Verjüngungsstadium gehalten. Die tatsächliche Aufhiebsfläche ist von der Masthöhe, Geländeform und der Spannweite anhängig. Insbesondere in Hängen ist im Umfeld des Masten kein Aufhieb notwendig ...

Während der Bauphase, im Zuge der Freischlägerung der Trasse, ..."

(GA Naturschutz, S. 57-59)

* "Betriebsphase

Während der Betriebsphase sind mögliche Maßnahmen im Rahmen der

Trassenpflege gegeben. Das Trassenmanagement hat zu gewährleisten,

dass der verpflichtende Mindestabstand von 4 m zu Bäumen und

Sträuchern ... eingehalten wird.

Trassenmanagement

Im Anschluss an die Freischlägerungen ... der Trasse, erfolgt die

Wiederbewaldung im Rahmen der Naturverjüngung. Nur in Ausnahmen, bei einem Ausbleiben einer Wiederbewaldung (Überschirmung weniger als drei Zehntel), wird die Aufhiebsfläche mit standortgerechten langsamwüchsigen Laubholzarten aufgeforstet.

Die Trassenflächen werden jährlich begangen und auf Unterschreitung des 4 m - Sicherheitsabstandes kontrolliert. Der notwendige Sicherheitsabstand wird durch Einzelstammentnahmen hergestellt. ..."

(GA Naturschutz, S. 71)

Nachvollziehbar erwiesen sich hier die Angaben der Projektwerberin in der Beschwerdeverhandlung, wonach im naturschutzrechtlichen Verfahren eine Summe sämtlicher Abschnitte, in denen die Trasse über Wald verläuft, gebildet wurde (etwa auch Talüberspannungen, bei denen keine Trassenaufhiebe durchgeführt werden). Dies wird im zitierten Gutachten selbst bestätigt und erfolgte ausdrücklich eine rechnerische Ermittlung der Trassenaufhiebsflächen (vgl. VH-Schrift vom 19.06.2019, S. 13-16).

Nachvollziehbar waren weiters die Angaben der Projektwerberin im GA Forst PW was die Quantität der Trassenaufhiebsflächen betrifft. Es erfolgte hier eine aktuelle und detaillierte Ausweisung der tatsächlich geplanten Trassenaufhiebe. Es wurde dabei nicht, wie im naturschutzfachlichen Gutachten aus 2012, ein Querschnitt sämtlicher Waldüberspannungen mit einer Trassenaufhiebsbreite von 4 m angenommen und die Trassenaufhiebsfläche rechnerisch ermittelt, sondern jede einzelne Fläche aufgelistet und quadratmetergenau angegeben, wo ein Trassenaufhieb geplant ist (vgl. GA Forst PW). Die Projektwerberin bestätigte auch in der Beschwerdeverhandlung die von ihr ins Verfahren eingebrachten Trassenaufhiebe (vgl. VH-Schrift vom 19.06.2019, S. 15).

Plausibel schien für das Gericht auch, dass der Fokus des naturschutzfachlichen Gutachtens auf der Frage nach möglichen Beeinträchtigungen der Tier- und Pflanzenwelt - auch durch Trassenaufhiebe - lag. Für diesen Fachbereich wird es daher ausreichend gewesen sein, im Sinne einer worst-case-Betrachtung eine rechnerische Abschätzung von Trassenaufhiebsflächen vorzunehmen und der naturschutzfachlichen Betrachtung zu Grunde zu legen. Eine genaue flächenmäßige Ausweisung der Trassenaufhiebsflächen, wie sie im GA Forst PW vorgenommen wurde, ist nach Ansicht des Gerichtes jedenfalls besser geeignet, die Grundlage für die Größe der Trassenaufhiebsflächen darzustellen, die in der Folge für die Berechnung der maßgeblichen Schwellenwerte nach dem Anhang 1 des UVP-G 2000 heranzuziehen war. Eine zeugenschaftliche Einvernahme des naturschutzfachlichen Gutachters XXXX , wie die Beschwerdeführer dies forderten, war somit nicht erforderlich.

Auch der Verweis der Beschwerdeführer auf die Servitutsverträge ging ins Leere, da die Angaben in solchen privatrechtlichen Übereinkommen nicht konkrete Projektangaben ersetzen können.

Die Beschwerdeführer setzten dem GA Forst PW sowie dem GA Forst BVwG schließlich keine überzeugenden, substantiierten Argumente entgegengegen, außer jene, die bereits oben behandelt wurden und bereits in der Beschwerdeschrift enthalten waren. Die Einwendungen blieben wenig substantiiert und bestritten die genannten Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene. Insgesamt ergab sich somit eine diesem Feststellungsverfahren zu Grunde zu legende Trassenaufhiebsfläche im Ausmaß von rund 18 ha.

Zur Kumulation von Trassenaufhiebsflächen

Zur Frage, ob eine Kumulation mit anderen Trassenaufhiebsflächen denkbar ist und es dadurch zu erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen kommen kann, war festzustellen, dass es keine Trassenaufhiebsflächen im räumlichen Zusammenhang gibt, mit denen eine Kumulation möglich wäre.

Dies ergibt sich aus dem schlüssigen und plausiblen GA Forst BVwG sowie den Angaben der Projektwerberin in ihren Schreiben vom 19.11.2018 (OZ 28), vom 06.12.2018 (OZ 29, 30), vom 16.04.2019 (OZ 42) und vom 29.04.2019 (OZ 44). Die im maßgeblichen örtlichen Bereich für die Erteilung von Fällungsbewilligungen zuständigen Forstbehörden, nämlich die Bezirkshauptmannschaften Kirchdorf und Gmunden und der Landeshauptmann von Oberösterreich teilten mit, dass in den letzten 10 Jahren mit Ausnahme der Fällungsbewilligungen für das gegenständliche Vorhaben keine Fällungsbewilligungen erteilt wurden. Auch Anfragen der Projektwerberin an das Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus nach dem Umweltinformationsgesetz und als Oberste Forstbehörde sowie an die örtlich agierenden Energieversorgungsunternehmen XXXX und XXXX mündeten im gleichen Ergebnis. Der Projektwerberin selbst wurden im Vorhabensgebiet in den letzten 10 Jahren ebenso keine Fällungsbewilligungen mit Ausnahme jener für das gegenständliche Vorhaben erteilt.

Darüber hinaus müssten Trassenaufhiebsflächen nach den plausiblen Angaben im GA Forst PW (vgl. S. 27) in der Natur anhand des Verlaufs bestehender Leitungen erkennbar sein, wenn ein Trassenaufhieb vor mehr als 10 Jahren erfolgte. In der Natur sind solche älteren Trassenaufhiebe nicht erkennbar (vgl. auch GA Forst BVwG, S. 10), was den Schluss nahelegt, dass es im räumlichen Zusammenhang keine bestehenden Trassenaufhiebsflächen gibt, also auch nicht solche, die älter als 10 Jahre alt sind.

Der vom Gericht beigezogene Amtssachverständige führte zur Frage, welcher räumliche Untersuchungsbereich bei zu kumulierenden Vorhaben zu betrachten ist, im GA Forst BVwG aus:

Bezüglich der Abgrenzung eines räumlichen Zusammenhanges von nicht unmittelbar angrenzenden Eingriffen in den Wald (Trassenaufhiebe, Rodungen etc.) wird nach FLEMMING G 1995 (Wald, Wetter, Klima Einführung in die Forstmeteorologie) die Reichweite des Regenschattens von Wald mit rund 0,4 Baumhöhen, die Reichweite des Schneeschattens mit rund einer Baumhöhe, die Reichweite des Strahlungsschattens von Wald je nach Sonnenhöhe mit etwa 2-5 Baumhöhen definiert. Die Windgeschwindigkeit kann nach FLEMMING leeseitig bis zu einer Entfernung der 20-fachen Baumhöhe und luvseitig bis zu einer Entfernung von 5 Baumhöhen vermindert werden. Bei einer max. Bestandeshöhe von 35 m wäre demnach bei luv- und leeseitigen Kumulierung von einer allfällig auftretender gegenseitiger Beeinflussung von max. rund 25 Baumhöhen oder einer Distanz von rund 875 m auszugehen.

Für die Ermittlung allfälliger Trassenaufhiebe in einem räumlichen Zusammenhang mit der gegenständlichen 110 kV Freileitung Vorchdorf-Steinfelden-Kirchdorf in den vergangenen 10 Jahren und einem aus fachlicher Sicht möglicher Einflussbereich der gegenständlich beantragten Leitung wurde daher ein Untersuchungsraum von max. 1.000 m links und rechts der Trasse angenommen und die darin verlaufenden Energieversorgungsleitungen mit Waldbezug (Verlauf in oder über Waldteilflächen) erhoben.

Neben dem im Beurteilungsraum vorhandenen überwiegenden Stromnetz der XXXX wurden im Erhebungsbereich auch die regionalen Niederspannungsnetze XXXX XXXX in die Beurteilung einbezogen und die Leitungen im Beurteilungsraum, ausgehend von Transformatoren, in deren Verlauf einer Beurteilung auf flächenhafte Trassenaufhiebe kontrolliert.

Im Bezirk Gmunden wurden im Beurteilungsbereich die überwiegend mit kurzen Leitungsabschnitten über Waldflächen verlaufenden Leitungen Traunfall-UW Vorchdorf, Vorchdorf MIBA-UW Vorchdorf (Erdleitung), Vorchdorf Pesl Griess-UW Vorchdorf (Erdleitung), Vorchdorf Stoehr - UW Vorchdorf (Erdleitung), Großpeintal-Haidachhof, Falkenohren-Haidachhof, Vorchdorf ACAMP-Seyrkam, Radhaming-Danzlau (Erdleitung), Einsiedling-Aggsbach (Erdleitung), Aggsbach-Radhaming (Erdleitung), Lederau-Lederau Moos, Kirchham Feichtenberg-Lederau Moos (Erdleitung), Lederau Moos-Lederau einer Beurteilung unterzogen.

Im Bezirk Kirchdorf verlaufen die Leitungen Ranklleiten-UW Steinfelden, Weitenau-Steinbach ZBG Untersattel, Schlierbach Blumau-UW Kirchdorf und Micheldorf Ruehler-UW Kirchdorf überwiegend kleinflächig über Waldflächen.

Bezüglich der im Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaften Gmunden und Kirchdorf, sowie dem Land Oberösterreich gelegenen Leitungen liegen mit Ausnahme der beantragten Trassenaufhiebe der gegenständlichen 110 kV-Freileitung Vorchdorf-Steinfelden-Kirchdorf nach einer aktuellen Rückfrage keine Bewilligungen von Trassenaufhieben nach den Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 idgF. vor und auch im Rahmen des am 16. Mai 2019 durchgeführten Lokalaugenscheines konnten keine relevanten Fällungen im Bereich der oben angeführten Leitungen festgestellt werden.

Gutachten:

Nach den vom Unterfertigten durchgeführten Erhebungen bei den zuständigen Bezirkshauptmannschaften Gmunden und Kirchdorf, den durchgeführten Befragungen der im relevanten Bereich befindlichen Netzbetreiber XXXX , XXXX , sowie eigenen Erhebungen im Rahmen des am 16. Mai 2019 durchgeführten Lokalaugescheines, sowie früherer im Rahmen von Bewilligungsverfahren der gegenständlichen 110 kV durchgeführten Lokalaugenscheinen kann bestätigt werden, dass im räumlichen Zusammenhang zur gegenständlichen 110 kV-Freileitung Vorchdorf-Steinfelden-Kirchdorf keine Merkmale flächiger Trassenaufhiebe vorgefunden werden konnten.

Aus fachlicher Sicht können demnach nach eigener Erhebung (Befragungen und Lokalaugenschein) die Angaben der Projektwerberin bestätigt werden.

Daraus ergab sich zweifelsfrei und mit ausreichender Sicherheit, dass es im räumlichen Bereich des Vorhabensgebietes keine Trassenaufhiebsflächen gibt, mit denen eine Kumulation möglich wäre. Zur Abgrenzung des räumlichen Zusammenhangs ist auf das GA Forst PW, S. 19-20, zu verweisen, wo zunächst tendenziell ein engerer Untersuchungsraum herangezogen wird. Hier war den schlüssigen Angaben des Amtssachverständigen und schließlich jenen im GA Forst PW, S. 21, zu folgen, wo - im Sinne einer worst-case-Betrachtung - ein weiter Untersuchungsraum mit 875 m bis maximal 1000 m herangezogen wird. Die Beschwerdeführer brachten dazu in der Beschwerdeverhandlung keine Einwendungen vor.

Die unsubstantiierten Einwendungen der Beschwerdeführer in einem Schriftsatz, es seien die Kumulationswirkungen mit den Vorhaben der 220 kV-Leitung Weißenbach-Ernsthofen, Generalsanierung und (n-1)-Optimierung und der 220 kV-Leitung St. Peter am Hart - Ernsthofen missachtet worden, werden bereits durch einen Blick in google maps widerlegt. Ein räumlicher Zusammenhang dieser Vorhaben mit dem gegenständlichen Vorhaben ist selbst für einen Laien auszuschließen. Der Einwand wurde in der Beschwerdeverhandlung schließlich zurückgezogen (vgl. VH-Schrift vom 19.06.2019, S. 27).

Zur Kumulation von Rodungsflächen

Es wurden Rodungsflächen im räumlichen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorhaben im Ausmaß von 4,96 ha, sohin rund 5 ha, ermittelt.

Aus dem GA Forst PW ergibt sich (vgl. S. 23), dass Fremdrodungen im räumlichen Zusammenhang im Ausmaß von etwa 4,96 ha innerhalb der letzten 10 Jahre durchgeführt wurden. Dabei handelt es sich um eine ungefähre Angabe, da die Werte nur durch einen Luftbildvergleich zwischen Bildern aus 2005 und 2015/2016 eruiert wurden.

Nach Ansicht des Amtssachverständigen gibt es hingegen keine Rodungen der letzten 10 Jahre im räumlichen Zusammenhang, da auch ein sachlicher Zusammenhang zu berücksichtigen sei und dieser nicht vorliege. Diese Aussage gründet auf einer Nachfrage bei den beiden zuständigen Bezirkshauptmannschaften Gmunden und Kirchdorf und bei den örtlich agierenden Energieversorgungsunternehmen (vgl. GA Forst BVwG, S. 10).

Nach Ansicht des Gerichtes ist ein sachlicher Zusammenhang für die Frage der Kumulation nicht relevant und waren die Fremdrodungen daher bei dieser zu berücksichtigen (vgl. rechtliche Würdigung dazu).

Die Beschwerdeführer hinterfragten in der Beschwerdeverhandlung das Ausmaß der Fremdrodungsfläche, wobei die Projektwerberin hier überzeugend angab, dass diese auf Basis eines Katastervergleichs und einer Trassenbegehung ermittelt wurden. Es könne sein, so die Projektwerberin, dass Kleinwaldflächen im Ausmaß von einigen hundert m² in der Grobprüfung nicht ermittelt worden seien, aber, dass größere Waldflächen übersehen worden seien, könne ausgeschlossen werden. Der Amtssachverständige gab zu den einzelnen Flächen eine Stellungnahme ab und erklärte, dass aus seiner fachlichen Sicht, für den Fall der Berücksichtigung der Fremdrodungen, 5.348 m² abzuziehen seien, da sich diese Flächen bei einem Lokalaugenschein als Wald dargestellt hätten. Dazu brachten die Beschwerdeführer keine Einwendungen mehr vor.

Im Ergebnis war somit von einer Fremdrodungsfläche von maximal 5 ha auszugehen. Selbst für den Fall, dass einige 100 m² Rodungsfläche übersehen worden wären, würde der Schwellenwert des Rodungstatbestandes nicht annähernd erreicht werden und erfolgte die Ermittlung der zu kumulierenden Rodungsflächen für ein Grobprüfungsverfahren jedenfalls mit ausreichender Genauigkeit.

Zur Kumulation von Trassenaufhieben und Rodungen

Unter Berücksichtigung der vorhabensbedingten Rodungen von rund 0,5 ha, der Fremdrodungen von rund 5 ha und der vorhabensbedingten Fällungen im Bereich der Freileitungstrasse im Ausmaß von rund 18 ha ergab sich eine kumulierte Eingriffsfläche von rund 23,5 ha.

Auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen des Vorhabens (Rodungen und Trassenaufhiebe) mit den Auswirkungen anderer, in den letzten 10 Jahren im räumlichen Zusammenhang mit dem Vorhaben bewilligten Rodungen (bestehende Fällungsflächen im räumlichen Zusammenhang existieren nicht) war nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen.

Dies ergab sich zum einen aus dem GA Forst PW (vgl. S. 27-51) und zum anderen aus den schlüssigen Angaben des Amtssachverständigen, wonach diese Darstellung der Projektwerberin aus fachlicher Sicht plausibel und nachvollziehbar ist (vgl. VH-Schrift 19.06.2019, S. 24).

Nach einer Darlegung der Auswirkungen des Vorhabens durch Rodungen auf die Waldausstattung, einer Bewertung der Waldfunktionen im Trassenplan und die Waldfunktionen sowie einer Darlegung der Auswirkungen der vorhabensbedingten Fällungen auf die Altersstruktur des Waldes und die Waldfunktionen kam das GA Forst PW zum Schluss:

Der (großteils temporäre) Waldflächenverlust durch dauernde und befristete Rodungen durch das gesamte Vorhaben beträgt rd. 0,46 ha, was nur 0,005 % der Waldfläche der vom Vorhaben berührten Gemeinden entspricht. Da die Rodungsflächen vorwiegend in jenen Katastralgemeinden anfallen, die eine hohe Waldausstattung aufweisen, wird auch die lokale Waldausstattung durch das Vorhaben nur in irrelevantem Ausmaß vermindert.

Das Vorhaben hat auch unter dem Aspekt "Fällungen für Trassenaufhiebe" keine relevanten Umweltauswirkungen, die weiter reichen als jene der forstlichen Bewirtschaftung, die nicht nur im Trassenraum, sondern in ganz Österreich seit Jahrhunderten erfolgt. Die Auswirkungen [...] werden als geringfügig bewertet.

Nach einer Darlegung der kumulierenden Auswirkungen des Vorhabens (Rodungen und Fällungen) mit anderen Rodungen und Fällungen der letzten 10 Jahre im räumlichen Zusammenhang kam das GA Forst PW zum Schluss:

Insgesamt ergeben sich [...] nur nicht relevante bis geringfügige Auswirkungen auf die Waldausstattung, die Waldfunktionen und die Altersstruktur der Wälder in der näheren Umgebung der Rodeflächen.

Die Prüfung, ob auf Grund einer Gesamtbetrachtung der Auswirkungen des Vorhabens insgesamt (alle Rodungen, Fällungen, Bestehen der Masten und Leiterseile udgl.) unter Berücksichtigung der Überlagerungen mit Auswirkungen anderer, in den letzten 10 Jahren im räumlichen Zusammenhang mit dem Vorhaben bewilligter Rodungen oder Vorhaben, für die diese Rodungen durchgeführt wurden, ergab, dass aus fachlicher Sicht mit keinen erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf den Wald zu rechnen ist.

[...]

Eine Erweiterung des betrachteten Zeitraumes würde an diesen Ergebnissen nichts ändern: Was Rodungen betrifft, ist es kaum möglich, diesen konkrete, bis heute andauernde Umweltauswirkungen zuzuordnen, wenn sie vor mehr als 10 Jahren erfolgten. Trassenaufhiebe wurden im betrachteten Gebiet offenbar auch in den vergangenen 31 Jahren nicht vorgenommen.

Die Beschwerdeführer brachten dem in der Beschwerdeverhandlung lediglich entgegen, dass fachliche Stellungnahmen der materienrechtlichen Verfahren, wie Naturschutz und Energierecht, alle zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen wären, nämlich, dass mit erheblichen, massiven bzw. intensiven Eingriffen in Schutzgüter wie Landschaftsbild, Waldgesundheit oder Schutzfunktion des Waldes zu rechnen sei. Damit gelang es ihnen nicht, substantiiert die Ausführungen des GA Forst PW und des Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen:

Zum einen war zu berücksichtigen, dass im Fall einer Kumulationsprüfung für den Rodungs- und Trassenaufhiebstatbestand lediglich die sich überlagernden Auswirkungen der Rodungen und Trassenaufhiebe mit den Fremdrodungen - hier auf alle Schutzgüter -, nicht aber die der Leitungsanlage zu betrachten waren (vgl. rechtliche Ausführungen dazu). Zum anderen genügt ein Blick in die naturschutzrechtliche Bewilligung (vgl. OZ 41, Bescheid der BH Kirchdorf a. d. Krems, Zl. N10-161-2010-Ak/Eb, S. 8, 11 und 22), in der die Auswirkungen der gesamten Leitungsanlage samt Rodungen und Trassenaufhieben berücksichtigt wurden und die von der Behörde eingeholten naturschutzfachlichen Gutachten so zusammengefasst wurden:

Die Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz für die Bezirke Gmunden und Kirchdorf an der Krems kommen in ihren Gutachten zweifelsfrei zum Ergebnis, dass das gegenständliche Vorhaben der 110 kV-Freileitungstrasse in beiden Bezirken bei Vorschreibung der aus dem Spruch ersichtlichen Auflagen nur geringfügige bzw. punktförmige Auswirkungen auf den Naturhaushalt und den Lebensraum für Tiere und Pflanzen haben wird und die diesbezüglichen Zielsetzungen des Naturschutzes nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die wichtigsten Ziele, die Entwicklung von Ufergehölzen, flussbegleitenden Auwäldern, die Erhaltung und die Verbesserung der Ausstattung mit Landschaftselementen u. dgl. sind durch die Errichtung einer Freileitung nicht in Frage gestellt bzw. sind nicht betroffen.

In weiterer Folge kommen die Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz für die Bezirke Gmunden und Kirchdorf an der Krems jedoch zum Ergebnis, dass die Errichtung der gegenständlichen 110 kV-Freileitungstrasse in beiden Bezirken einen maßgeblichen, schwerwiegenden Eingriff auf das Landschaftsbild und den damit verbundenen Erholungswert bewirken wird, welcher grundsätzlich negativ zu beurteilen ist. [...]

Schwerwiegende Auswirkungen wurden somit lediglich für das Landschaftsbild durch die Errichtung der Stromleitung attestiert; auch die Auswirkungen durch das Vogelschlagrisiko durch die Leitung wurden hervorgehoben. Auswirkungen der Fällungsarbeiten auf Fledermäuse und Auswirkungen des Verlustes an Gehölzflächen durch den Trassenaufhieb und durch die Rodungen, etwa auf die Korridorfunktion, wurden untersucht und kamen die beiden naturschutzfachlichen Sachverständigen zum Ergebnis, dass mit keinen bzw. nicht wesentlichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Aus der starkstromrechtlichen Bewilligung ergeben sich schließlich gar keine Hinweise auf festgestellte erhebliche Beeinträchtigungen durch Rodungen und Trassenaufhiebe (vgl. OZ 40, starkstromrechtliche Bewilligung im Devolutionsverfahren vom 19.10.2012, Zl. BMWFJ-556.050/0187-IV/4a/2012).

Auswirkungen auf andere Schutzgüter als den Wald durch die Rodungen und Trassenaufhiebe kamen im Verfahren nicht hervor, ergeben sich nicht aus den im vorherigen Absatz genannten materienrechtlichen Bewilligungen und wurden auch von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht. Zu den behaupteten Auswirkungen der Leitungsanlage auf die menschliche Gesundheit ist auf die rechtlichen Ausführungen zu verweisen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführer betreffend die Gefahr von Sturmschäden und Hangrutschungen überzeugte im Ergebnis ebenso wenig. Die Beschwerdeführer befürchten mit diesem Vorbringen eine Verschlechterung der Schutzfunktion des Waldes. Sie widerlegen damit aber nicht die entgegenstehenden Ausführungen des Amtssachverständigen und der Projektwerberin, deren Ausführungen sich als fachlich plausibler und seriöser erwiesen. Zusammenfassend kommt das GA Forst PW diesbezüglich zum Schluss, dass die Auswirkungen der vorhabensbedingten Rodungen auf die Schutzfunktion des Waldes auch unter Berücksichtigung der Kumulierung mit Fremdrodungen nicht relevant sind. Ebenso wenig relevant erweisen sich die Fällungen auf für die Schutzfunktion des Waldes (vgl. GA Forst PW, S. 49). Zum gleichen Ergebnis kam der Amtssachverständige in seinem GA Forst BVwG (vgl. S. 12).

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit und Beschwerdelegitimation

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 sind Verfahren nach § 3 Abs. 7 leg. cit. nicht von der Senatszuständigkeit umfasst, weswegen gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um Parteien gemäß § 19 UVP-G 2000, nämlich um Nachbarn und Standortgemeinden. Gemäß § 3 Abs. 7 und 7a UVP-G 2000 ist die Beschwerdelegitimation gegeben. Die Beschwerden erweisen sich als zulässig.

2.2. Allgemeines

Für die Beantwortung der Frage, ob über das Vorhaben eine UVP durchzuführen ist, sind, wie die belangte Behörde richtig erkannte, die Tatbestände der Z 16 und 46 des Anhangs 1 des UVP-G 2000 einschlägig.

Zu bemerken ist vorweg, dass im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 lediglich eine Grobprüfung durchzuführen ist (zum Umfang dieser Grobprüfung vgl. VwGH 16.05.2018, Ra 2016/04/0027 mwN).

2.3. Starkstromfreileitungstatbestand Z 16 Anhang 1 UVP-G 2000

Z 16

a) Starkstromfreileitungen mit einer Nennspannung von mindestens 220 kV und einer Länge von mindestens 15 km;

b) [...]

c) Starkstromfreileitungen in schutzwürdigen Gebieten der Kategorien

A oder B mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV und einer Länge von mindestens 20 km. [...]

Unstrittig erfüllt das vorliegende 110 kV-Vorhaben den Tatbestand der Z 16 des Anhangs 1 des UVP-G 2000 nicht. Weder wird die erforderliche Mindestnennspannung von 220 kV erreicht noch liegt das Vorhaben in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A oder B. Das Vorbringen, dieser Tatbestand widerspreche der UVP-Richtlinie 2011/92/EU (UVP-RL), überzeugt nicht (vgl. die Ausführungen des VwGH in der Sache, 01.10.2018, Ro 2017/04/0002-13, Rz 39-40).

2.4. Rodungs- und Trassenaufhiebstatbestand Z 46 Anhang 1 UVP-G 2000

Die Z 46 des Anhangs 1 des UVP-G 2000 sowie die dazugehörige Übergangsbestimmung in § 46 UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 80/2018 lauten:

Z 46

a) Rodungen14a) auf einer Fläche von mindestens 20 ha;

b) Erweiterungen von Rodungen14a), wenn das Gesamtausmaß der in den letzten zehn Jahren genehmigten Flächen15) und der beantragten Erweiterung mindestens 20 ha und die zusätzliche Flächeninanspruchnahme mindestens 5 ha beträgt;

c) Trassenaufhiebe14b) auf einer Fläche von mindestens 50 ha;

d) Erweiterungen von Trassenaufhieben14b), wenn das Gesamtausmaß der in den letzten zehn Jahren genehmigten Flächen und der beantragten Erweiterung mindestens 50 ha und die zusätzliche Flächeninanspruchnahme mindestens 12,5 ha beträgt;

[...]

[...] Bei Z 46 sind § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten 10 Jahre genehmigt wurden, einschließlich der beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen ist. Flächen für Rodungen und Flächen für Trassenaufhiebe sind gesondert zu ermitteln und nicht zusammenzurechnen."

[...]

14a) Rodung ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975.

14b) Trassenaufhiebe sind gemäß § 81 Abs. 1 lit. b des Forstgesetzes 1975 Fällungen hiebsunreifen Hochwaldes, die zum Zweck der Errichtung und für die Dauer des rechtmäßigen Bestandes einer energiewirtschaftlichen Leitungsanlage erforderlich sind. [...]

Inkrafttreten, Außerkraftreten, Übergangsbestimmungen

§ 46. [...]

(28) Für das Inkrafttreten von durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 80/2018 neu gefassten oder eingefügten Bestimmungen sowie für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt Folgendes:

[...]

4. Auf Vorhaben des Anhanges 1 Z 28 lit. b und Z 33, die erstmals unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen und für die vor dem 11.02.2015 ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren eingeleitet wurde sowie auf Vorhaben des Anhanges 1 Z 46 lit. c, lit. d, lit. i oder lit. j die erstmals unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen und für die vor dem 07.08.2018 ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren eingeleitet wurde, ist dieses Bundesgesetz nicht anzuwenden, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin bei der Landesregierung die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des konzentrierten Genehmigungsverfahrens bzw. eine Einzelfallprüfung beantragt. [...]

2.4.1. Anzuwendende Rechtslage

Mit der Novelle des UVP-G 2000, BGBl. I Nr. 80/2018, wurden die Tatbestände der Z 46 Anhang 1 zum UVP-G 2000 neu geregelt. Diese Novelle enthält auch die oben zitierte Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 28 Z 4 UVP-G 2000. Danach ist die alte Rechtslage auf jene Vorhaben des Anhangs 1 Z 46 lit. c, lit. d, lit. i oder lit. j anzuwenden, die erstmals unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen und bei denen vor dem 07.08.2018 ein Genehmigungsverfahren nach den erforderlichen materienrechtlichen Verwaltungsvorschriften eingeleitet wurde.

Im vorliegenden Fall wurden zwar vor dem 07.09.2018 mehrere Genehmigungsverfahren nach den materienrechtlichen Bestimmungen eingeleitet und abgeschlossen, es handelt sich aber um kein Vorhaben, das erstmals unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fällt. Es handelt sich vielmehr um ein Vorhaben, das bei unionskonformer Auslegung der Z 46 des Anhangs 1 des UVP-G 2000, die vom EuGH dargelegt wurde, bereits bisher seiner Art nach von dieser Bestimmung umfasst war (vgl. EuGH 07.08.2018, Rs C-329/17 XXXX u.a.). Auch die Erläuterungen zur zitierten Novelle geben Hinweis darauf, dass der für die novellierte Bestimmung verantwortliche Anlassfall unter die neue Regelung zu subsumieren ist (vgl. Materialien zur RV 275 BlgNR 26. GP, S 14f).

2.4.2. Prüfung nach neuer Rechtslage

Vom Vorhaben sind keine Schutzgebiete der Kategorie A berührt, weshalb die Spalte 3 der Z 46 des Anhangs 1 des UVP-G 2000 von vornherein nicht in Betracht zu ziehen ist.

Z 46 lit. a und b des Anhangs 1 des UVP-G 2000 umfassen Rodungen iSd ForstG 1975. Lit. b leg. cit. ist nicht einschlägig, da es keine bestehenden Rodungen gibt, die erweitert werden. Lit. a leg. cit. wird nicht erfüllt, weil die geplante Rodungsfläche mit rund 0,5 ha den Schwellenwert von 20 ha nicht erreicht. Lit. a leg. cit. iVm § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 ist nicht einschlägig, da das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes, nämlich nur 2,5 %, aufweist.

Z 46 lit. c und d umfassen Trassenaufhiebe iSd ForstG 1975 und iSd der Fußnote 14b) der genannten Ziffer. Lit. d leg. cit. ist nicht einschlägig, da es keine bestehenden Trassenaufhiebe gibt, die erweitert werden. Lit. c leg. cit. kommt ebenso nicht zur Anwendung, da die geplante Trassenaufhiebsfläche mit rund 18 ha den Schwellenwert von 50 ha nicht erreicht. Lit. c leg. cit. iVm § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 führt zu keiner Einzelfallprüfung: Das geplante Vorhaben erreicht zwar eine Kapazität von mehr als 25 % des Schwellenwertes, aber eine Zusammenrechnung des geplanten Vorhabens mit den Kapazitäten anderer Vorhaben führt nicht zur Erreichung des Schwellwertes, da es im räumlichen Zusammenhang keine Trassenaufhiebe (der letzten 10 Jahre) gibt, mit denen eine Kumulation möglich wäre.

Flächen für Rodungen und Flächen für Trassenaufhiebe sind gesondert zu ermitteln und nicht zusammenzurechnen, wie sich aus der Z 46 des Anhangs 1 des UVP-G 2000 ergibt. Eine diesbezügliche Kumulation scheidet daher aus (vgl. auch ErlRV 275 BlgNR XXVI. GP, S. 14).

Es ist somit kein Tatbestand der Z 46 des Anhanges 1 UVP-G 2000 erfüllt und wurde im Ergebnis - auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage - zu Recht festgestellt, dass das Vorhaben nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer UVP unterliegt.

Wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, monierten die Beschwerdeführer, einzelne Flächen seien ergänzend als Rodungs- oder Trassenaufhiebsfläche Gegenstand des Vorhabens. Ebenso konnte festgestellt werden, dass diese Flächen (mit einer Ausnahme von 100 m²) nicht als Rodung- oder Trassenaufhiebsfläche zu qualifizieren waren und mit diesem Vorbringen auch keine Relevanz für den gegenständlichen Fall aufgezeigt wird, ändert sich doch nichts an den diesem Verfahren zu Grunde gelegten Schwellenwerten. Vielmehr erreichen die vorliegenden Sachverhaltselemente und Ermittlungsschritte das erforderliche Ausmaß, welches im Hinblick auf die in § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 geforderte - bloße - Grobprüfung verlangt wird. So bedeutet eben der gesetzliche Auftrag einer "Grobprüfung" im UVP-Feststellungsverfahren nur, dass die Behörde sich auf die voraussichtlich wesentlichen Umweltauswirkungen zu beschränken (hat) und bei der Sachverhaltserhebung nicht über eine für die Beurteilung gemäß § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 unbedingt notwendige Prüftiefe hinausgehen soll. Die von den Beschwerdeführern geforderten weiteren Ermittlungsschritte, wie die Durchführung eines Lokalaugenscheins oder die zeugenschaftliche Einvernahme eines namentlich genannten naturschutzfachlichen Sachverständigen waren somit nicht geboten und erwiesen sich nicht als erforderlich, um die Feststellung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 treffen zu können.

2.4.3. Einwand der Unionsrechtswidrigkeit der novellierten Z 46 des Anhangs 1 UVP-G 2000

Die Beschwerdeführer brachten in der Beschwerdeverhandlung und ihrem Schriftsatz vom 14.06.2019 vor, der Gesetzgeber habe seinen ihm eingeräumten Ermessensspielraum durch die Splittung der Z 46 in Rodungs- und Trassenaufhiebsflächen und durch die Festlegung eines zu hohen Schwellenwertes überschritten und forderten die Anregung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung würden die von den Trassenaufhieben betroffenen Böden einer neuen Nutzung zugeführt und würden daher Rodungen darstellen und handle es sich bei den betroffenen Böden nicht mehr um Wald im Rechtssinn. Bei den geplanten Trassenaufhieben handle es sich um "Abholzungen zum Zweck der Umwandlung in eine andere Bodennutzungsart" gemäß Anhang II Z 1 lit. d UVP-RL und somit um "Rodungen" gemäß Z 46 lit. a Anhang 1 zum UVP-G 2000 und gemäß § 17 Abs. 1 ForstG 1975.

Entgegen diesen Ausführungen ist eine solche Unionsrechtswidrigkeit der neuen Z 46 des Anhangs 1 UVP-G 2000 nicht zu erkennen und wäre darüber hinaus im gegenständlichen Fall nicht entscheidungsrelevant:

Die UVP-RL zählt in ihrem Anhang II Z 1 lit. d für in Art. 4 Abs. 2 genannte Projekte "Erstaufforstungen und Abholzungen zum Zweck der Umwandlung in eine andere Bodennutzungsart" als relevante Vorhabensart auf. Art. 4 Abs. 2 leg. cit. erlaubt den Mitgliedstaaten bei Projekten des Anhangs II vorbehaltlich des Art. 2 Abs. 4 leg. cit. zu bestimmen, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Art. 5 bis 10 leg. cit. unterzogen werden muss. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand einer Einzelfalluntersuchung oder der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien oder wenden beide Verfahren an, womit ihnen ein gewisser Ermessensspielraum zugestanden wird. Es sind dabei die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III UVP-RL zu berücksichtigen.

Aus den dieser Sache vorausgegangenen Rechtsverfahren kann zusammenfassend festgehalten werden, dass Trassenaufhiebe iSd § 81 Abs. 1 lit. b ForstG 1975 eine "Abholzung zum Zweck der Umwandlung in eine andere Bodennutzungsart" iSd UVP-RL darstellen (vgl. VwGH 01.10.2018, Ro 2017/04/0002-13 und EuGH 07.08.2018, Rs C-329/17 XXXX u. a.).

Der nationale Gesetzgeber hat in seiner legistischen Reaktion auf die genannte EuGH-Entscheidung nunmehr einen eigene Trassenaufhiebstatbestand in der Z 46 des Anhangs 1 UVP-G 2000 vorgesehen. Aus den Erläuterungen zur entsprechenden Novelle des UVP-G 2000, BGBl. I Nr. 80/2018, erfließt folgendes (vgl. Materialien zur RV 275 BlgNR 26. GP):

In der neuen Fußnote 14b wird auf die Definition des Trassenaufhiebs gemäß § 81 Abs. 1 lit. b des Forstgesetzes 1975 verwiesen.

Nach § 13 Abs. 10 Forstgesetz 1975 besteht die Verpflichtung, die Trasse nach jeder Fällung wieder zu bewalden. Fällungen dürfen nur insoweit durchgeführt werden, als dies erforderlich ist (d.h. forstlicher Bewuchs in die Leitungen "einwachsen" würde). Die Trassenaufhiebsflächen gelten weiterhin als "Wald" und die Überspannung mit energiewirtschaftlichen Leitungen stellt keine Rodung im Sinne des Forstgesetzes 1975 dar. Trassenaufhiebsflächen tragen daher, wie sonstige Waldflächen, im Allgemeinen einen forstlichen Bewuchs, der für die Waldwirkungen nach § 6 Abs. 2 Forstgesetz 1975

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten