TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/30 W278 2222875-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2019
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Entscheidungsdatum

30.08.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z3
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2

Spruch

W278 2222875-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG stattgegeben, der Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 22.08.2019 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV hat der Bund dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge als BF bezeichnet), eine nigerianische Staatsangehörige, wurde am 21.08.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen einer Zugkontrolle angehalten und in weiterer Folge über Auftrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weitere Folge als Bundesamt bezeichnet) festgenommen.

2. Am 21.08.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme der BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in den Räumlichkeiten einer Polizeiinspektion zur Abklärung des Sachverhalts nach illegaler Einreise.

3. Mit dem hier angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm §57 Abs.1 AVG über die BF Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet. Begründend wurde vom Bundesamt im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF nigerianische Staatsangehörige sei, unrechtmäßig nach Österreich eingereist sei und nach Deutschland weiterreisen habe wollen. Sie habe bereits in Italien und in Deutschland Asylanträge gestellt. Auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 6 und 9 FPG sei von Fluchtgefahr auszugehen. Die Entscheidung sei verhältnismäßig, da sich die BF den Asylverfahren in Italien und Deutschland offensichtlich entzogen habe und sie nicht gewillt sei, sich den europäischen Asylbestimmungen unterwerfen zu wollen. Auf Grund ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie auf Grund ihres bisherigen Verhaltens könne auf ein beträchtliches Risiko des Untertauchens geschlossen werden. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne auf Grund ihrer finanziellen Situation und der fehlenden hinreichenden Bindung an Österreich nicht das Auslangen gefunden werden.

4. Am 27.08.2019 erhob die BF durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid. Begründend brachte sie im Wesentlichen vor, dass eine erhebliche Fluchtgefahr im Sinne der Dublin Verordnung nicht vorliege und jedenfalls mit gelinderen Mitteln das Auslangen gefunden werden könne. Die BF war auf der Durchreise von Italien nach Deutschland zur ärztlichen Behandlung ihrer HIV Krankheit. Sie reiste mit einem gültigen Bahnticket Verona-Regensburg und einem Bargeldbetrag i.d.H.v. 192,7€. Die BF verfüge über ausreichend Barmittel, um ihre Ausreise nach Deutschland selbst zu finanzieren und sei kooperativ und bereit an einem von der Behörde festgelegten Tag nach Deutschland auszureisen. Es sei unstrittig, dass die BF aus eigenem nach Deutschland - dem zuständigen Mitgliedstaat - haben reisen wollen, folglich sei die Annahme, sie werde sich dem Verfahren zur Überstellung entziehen unbegründet. Alleine der Umstand, dass die BF über kein Reisedokument und über keine ausreichende soziale Anbindung in Bundesgebiet verfüge, vermag keine erhebliche Fluchtgefahr zu indizieren und die Anordnung der Schubhaft sei jedenfalls nicht verhältnismäßig.

Die BF beantragte festzustellen, dass der Schubhaftbescheid sowie die darauf gestützte Anhaltung rechtswidrig seien, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen sowie den Aufwandersatz im gesetzlichen Umfang, sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, um festzustellen, dass die BF freiwillig nach Deutschland zurückkehren will.

5. Das Bundesamt legte am 28.08.2019 Teile des Verwaltungsaktes die Anordnung der Schubhaft betreffend vor.

6. Am 28.08.2019 wurde das Bundesamt vom Bundesverwaltungsgericht mittels Verfahrensanordnung aufgefordert, die fehlenden Aktenteile mit Frist 29.08.2019 vorzulegen.

7. Am 29.08.2019 legte das Bundesamt die angeforderten Aktenteile mitsamt einer Stellungnahme vor. In dieser wurde ausgeführt, dass Italien und nicht Deutschland der zuständige Mitgliedstaat nach der Dublin-III-VO sei und es im Falle der Weiterreise der BF erfahrungsgemäß zu einer Anhaltung und Rücküberstellung nach Österreich gekommen wäre. Sämtliche von der BF mitgeführten Ausweise seien keine Reisedokumente die eine legale Ein- bzw. Durchreise durch das Bundesgebiet ermöglichen. Die erhebliche Fluchtgefahr bestehe, da die BF bereits mehrere Asylanträge in verschiedenen Mitgliedstaaten gestellt habe und versucht habe, in einen dritten Staat, nämlich Deutschland weiterzureisen. Auch die nichtvorhandene soziale Verankerung im Bundesgebiet sei bei der Beurteilung der erheblichen Fluchtgefahr entsprechend gewürdigt worden. Es sei daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die BF untertauchen und sich durch Ausreise in den unzuständigen Mitgliedsstaat Deutschland dem Verfahren entziehen werde, weshalb mit der Verhängung eines gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden konnte. Die BF sei nach wie vor haftfähig und die Schubhaft rechtmäßig.

Das Bundesamt beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die BF zum Ersatz für den Vorlage- sowie den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde zu verpflichten.

II. Feststellungen:

Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1. Die BF ist eine volljährige nigerianische Staatsangehörige, ihre Identität steht nicht fest. Sie verfügt über eine italienische Permesso (gültig bis XXXX 11.2019) sowie italienische Identitätskarte (gültig bis XXXX 05.2028) und eine deutsche Aufenthaltsgestattung (gültig XXXX 11.2019). Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sie nicht, sie ist weder Asylberechtigte noch subsidiär Schutzberechtigte. Die BF ist sowohl in Italien, als auch in Deutschland zum Aufenthalt berechtigt.

2. Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

3. Die BF wurde in Englisch am 21.08.2019, von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf einer Polizeiinspektion für das Bundesamt zur "Abklärung Sachverhalt nach illegaler Einreise" einer "Kurzbefragung" unterzogen. Diese Kurzbefragung gestaltete sich wie folgt:

F: Was war das Ziel Ihrer Reise?

A: Deutschland

F: Was war der Grund für Ihre Reise?

A: Ich bin HIV positiv und benötige ärztliche Behandlung.

F: Stehen Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen sie regelmäßig Medikamente, leiden Sie an einer Erkrankung (Wenn ja an welcher?)?

A: Ja und ich nehme auch regelmäßig Medikamente.

F: Haben Sie ein Reisedokument oder sonstige identitätsbezeugende Dokumente?

A: Nein nur den Aufenthaltstitel von Deutschland und das Permesso aus Italien.

F: Haben Sie in einem anderen Schengenstaat einen Aufenthaltstitel (wenn ja - welchen)?

A: Nein nur aus Deutschland und Italien

F: Haben Sie Verwandte oder enge Bekannte in Österreich (wenn ja, genaue Kontaktdaten)?

A: Nein

F: In welchen Staaten haben Sie sich seit Ihres letzten Asylantrages aufgehalten. Wo waren Sie in den letzten 5 Monaten?

A: fünf Tage war ich in Italien um meine Freunde zu besuchen, ansonsten halte ich mich schon 1 Jahr in Deutschland auf

F: Was würden Sie im Falle der Freilassung machen?

A: Ich möchte nach Deutschland reisen

Es erfolgte keine weitere Einvernahme durch das Bundesamt vor Anordnung der Schubhaft.

4. Die BF ist HIV positiv, muss regelmäßig Medikamente nehmen und ist haftfähig.

5. Die BF wird seit 22.08.2019 in Schubhaft angehalten.

6. Am 22.08.2019 wurde vom Bundesamt die Anfrage nach der Dublin-VO bezüglich der beabsichtigen Rückführung an Italien gestellt.

Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

1. Die BF wurde befand sich auf der Reise mit dem Zug von Italien nach Deutschland und wurde im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle kontrolliert und am 21.08.2019 über Auftrag des Bundesamts festgenommen. Die BF verfügte über ein gültiges Zugticket für die Fahrstrecke Verona nach Regensburg. Die BF beabsichtigte nach Deutschland zu reisen.

2. Die BF hat am 02.10.2015 und am 05.11.2015 in Italien und am 29.04.2019 sowie am 13.05.2019 Asylanträge in Deutschland gestellt.

3. Die BF verfügte bei ihrer Anhaltung über einen Bargeldbetrag in der Höhe von 215,40€.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Akt des Bundesamtes, die Beschwerde gegen diesen Bescheid vom 27.08.2019, in das Zentrale Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1. Aus den im Akt des Bundesamtes einliegenden Kopien der italienischen "Permesso", der Identitätskarte sowie der deutschen Aufenthaltsgestattung, ergibt sich die Verfahrensidentität der BF und der Umstand, dass sie eine volljährige nigerianische Staatsangehörige ist. Ebenso ergibt sich aus diesen Dokumenten, dass sie sowohl in Italien, als auch in Deutschland zum Aufenthalt berechtigt ist. Hinweise darauf, dass die BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt finden sich im Verwaltungsakt ebenso wenig wie dafür, dass sie Asylberechtigte oder Subsidiär Schutzberechtigte ist.

2. Die Feststellung zu der strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus einer aktuellen Strafregisterauskunft.

3. Die Feststellung zu der "Kurzeinvernahme" durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes für das Bundesamt ergibt sich aufgrund der im Akt einliegenden Kopie der Niederschrift. Aus dieser Niederschrift ist weder der Name des einschreitenden Organs ersichtlich, noch ob die Einvernahme im Beisein eines Dolmetschers durchgeführt wurde. Die Feststellung, dass keine weitere Einvernahme durch das Bundesamt vor Anordnung der Schubhaft durchgeführt wurde, ergibt sich aus dem Umstand, dass sich keine weitere Einvernahme im Verwaltungsakt befindet und auch weder in der Beschwerdevorlage, noch in der Stellungnahme darauf verwiesen wurde.

4. Dass die BF HIV positiv ist und regelmäßig Medikamente nehmen muss, ergibt sich aus ihren Angaben im Zuge der "Kurzeinvernahme". Dass die BF haftfähig ist ergibt sich aus dem in Kopie im Akt einliegenden polizeiamtsärztlichen Gutachten sowie den Einträgen der Krankenkarte des Polizeianhaltezentrums.

5. Dass die BF seit 22.08.2019 in Schubhaft angehalten wird ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Der gegenständliche Bescheid wurde mit 21.08.2019 datiert und am 22.08.2019 elektronisch signiert. Die persönliche Zustellung des Bescheides erfolgte am 22.08.2019. Kopien der diesbezüglichen Nachweise befinden sich im Verwaltungsakt.

6. Eine Kopie der Anfrage an Italien befindet sich im gegenständlichen Verwaltungsakt.

Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

1. Dass sich die BF - mit dem Zug - auf der Durchreise von Italien über Österreich nach Deutschland befand ergibt sich aus den Ausführungen der BF im Zuge der "Kurzeinvernahme" und wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde bestätigt. Die Festnahme erfolgte aufgrund des Festnahmeauftrages des Bundesamts. Das Zugticket befindet sich in der Effektenaufstellung der Anhaltedatei.

2. Die Angaben über die erfolgten Asylantragstellungen der BF in Italien und Deutschland ergeben sich aus der im Akt einliegenden EURODAC Anfrage.

3. Die Feststellungen zu den Barmitteln der BF ergeben sich aus der Anhaltedatei.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Der Artikel 28 der Dublin-Verordnung lautet:

"Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung" Artikel 28 Haft:

(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.

(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.

Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

[...]

3.1.2. Die BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, sie ist daher Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Sie ist weder Asylberechtigte noch subsidiär Schutzberechtigte, weshalb die Verhängung der Schubhaft über die BF grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist.

3.1.3. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft gemäß Art. 28. Abs 1 und 2 Dublin Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG, zur Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet. Im gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes wird die vom Artikel 28 Abs. 2 Dublin Verordnung geforderte "erhebliche Fluchtgefahr" mit dem Umstand begründet, dass die BF in Mitgliedstaaten mehrere Asylanträge gestellt habe und in einen dritten Staat, weiterreisen habe wollen. Die BF habe sich daher bewusst dem Asylverfahren entzogen und sei offensichtlich nicht gewillt den sich den europäischen Asylbestimmungen entsprechend zu unterwerfen. Auch bei einer Dublin-Konstellation sei die fehlende soziale Verankerung entsprechend zu berücksichtigen.

Die diesbezügliche durchgeführte Ermittlungstätigkeit des Bundesamts erschöpft sich in insgesamt acht an die BF gestellten Fragen im Zuge einer "Kurzeinvernahme" durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes und eine EURODAC Anfrage. Das Bundesamt hat sich im angefochtenem Bescheid nicht über die Rechtsfolgen der Tatsache auseinandergesetzt, dass die BF in Deutschland über eine gültige Aufenthaltsgestattung verfügt. Es wird im Bescheid somit auch nicht nachvollziehbar begründet, warum es sich bei Deutschland jedenfalls um einen dritten, unzuständigen Staat handeln soll, obwohl sich die BF dort legal aufhalten darf. Im vorliegenden Fall liegt somit ein Begründungsmangel des Bescheides vor. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt nicht jeder Begründungsmangel Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, sondern nur ein wesentlicher Mangel. Das ist ein solcher, der zur Folge hat, dass die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen vermag. Ob ein wesentlicher Begründungsmangel vorliegt, ist stets eine Frage des Einzelfalls (vgl. VwGH vom 05.10.2017, 2017/21/0007). Indem das Bundesamt die gültige Aufenthaltsgestattung der BF in Deutschland gänzlich unberücksichtigt ließ, vermag die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die verhängte Schubhaft nicht zu tragen. Des Weiteren liegen zwar einige der im § 76 Abs. 3 Z 6 FPG angeführten Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft im gegenständlichen Fall vor, es wird allerdings im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend präzise ausgeführt, warum diese für den konkreten Fall eine "erhebliche Fluchtgefahr" indizieren sollten. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass sich aus dem Wortlaut der Dublin III-VO (Art. 28 Abs. 1 und 2) zweifelsfrei ergibt, dass Schubhaft im Zuge von Verfahren nach dieser Verordnung nur in besonderen Ausnahmefällen verhängt werden soll und dementsprechend auch konkret und schlüssig begründet werden muss. Soweit im angefochtenen Bescheid also Tatbestände zur Begründung der Schubhaft herangezogen werden, die für ein solches Verfahren geradezu typisch sind (illegale Einreise, geringe Barmittel, fehlende soziale Bindung in Österreich) sind diese nicht geeignet, eine "erhebliche Fluchtgefahr" zu begründen. Insbesondere der Umstand, dass die BF in einen Mitgliedstaat reisen wollte, in dem sie sich rechtmäßig aufhalten darf, kann kein Indiz für eine "erhebliche Fluchtgefahr" sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Verhängung der Schubhaft auch in "Dublin-Fällen" nicht zu einer "Standardmaßnahme" gegen Asylwerber werden (vgl. etwa VwGH vom 28.05.2008, Zl.2007/21/0233 und VwGH vom 28.08.2012 2010/21/0291). Es kann im gegenständlichen Verfahren jedenfalls mit der Anordnung des Gelinderen Mittels für die BF das Auslangen gefunden werden, da es keine schlüssigen Hinweise für die Gefahr des Entziehens - jedenfalls in der für Personen in "Dublin-Verfahren" strengeren Form der "erheblichen Fluchtgefahr" - gibt. Ein dringender Sicherungsbedarf oder eine "Sicherungsnotwendigkeit" ist aufgrund der Umstände des gegenständlichen Falles nicht gegeben. Der Beschwerde ist daher stattzugeben.

3.1.4. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des BF in Schubhaft seit 22.08.2019 ist daher rechtswidrig.

3.2. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Die BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und "ermächtigt" das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage "in der Sache" zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

3.2.2. Wie unter Punkt 3.1.3. ausführlich dargestellt lag zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft keine von der Dublin-VO geforderte erhebliche Fluchtgefahr vor. Auch zum Entscheidungszeitpunkt hat sich an diesem Umstand nichts geändert. Aus dem, von der BF gesetzten Verhalten kann auch weiterhin keine "erhebliche Fluchtgefahr" abgeleitet werden.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. In der Beschwerde wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, um festzustellen, dass die BF freiwillig nach Deutschland reisen will. Insbesondere dieser Umstand war im Verfahren unstrittig und konnte den Feststellungen aufgrund er Aktenlage zu Grunde gelegt werden.

3.4. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkte III., und IV. - Kostenersatz

3.4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Im gegenständlichen Verfahren wurde sowohl gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid als auch gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Sowohl der BF als auch das Bundesamt haben einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG gestellt. Da der Beschwerde stattgegeben und sowohl der angefochtene Bescheid als auch die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt werden, ist der BF die obsiegende Partei. Ihm gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 737,60. Dem Bundesamt gebührt kein Kostenersatz.

3.5. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung, Begründungsmangel, Mitgliedstaat,
Rechtswidrigkeit, Schubhaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W278.2222875.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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