TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/26 W162 1427069-2

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Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

AVG §68 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §92 Abs1 Z3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W162 1427069-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. German BERTSCH, Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen, Saalbaugasse 2, 6800 Feldkirch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg, vom 20.11.2018, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.11.2014, W160 1427069-1/21E, wurde dem Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

2. Der Beschwerdeführer brachte am 20.02.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 2a FPG ein.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.04.2015, rechtskräftig am selben Tag, GZ 061 E Hv 38/15a, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 15 StGB, 27 Abs. 1 Z 1 4. Fall und Abs. 3 SMG nach § 28 Abs. 1 StGB und § 27 Abs. 3 SMG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, von der gemäß § 43a Abs. 3 StGB ein Teil im Ausmaß von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

4. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 2a FPG vom 20.02.2015 wurde am 02.09.2015 abgewiesen und die Entscheidung erwuchs mit 22.09.2015 in Rechtskraft.

5. Der Beschwerdeführer stellte am 19.10.2018 erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 2a FPG.

6. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 20.11.2018, Zl XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 2a FPG wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG idgF zurückgewiesen.

7. Dagegen brachte die rechtsfreundliche Vertretung eine Beschwerde vom 30.11.2018 ein, worin im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein "novum productum" handle und die Zurückweisung gem. § 68 AVG nicht zulässig sei. "Die neuerliche Asylantragstellung der BF" gründe sich auf einen straffreien Ablauf von 3 Jahre und gesetzeskonformes Verhalten zwischen der Verurteilung nach SMG im April 2015 und der Antragstellung am 19.10.2018. Es liege ein neuer Sachverhalt vor, welcher eine neue inhaltliche Entscheidung in der Sache verlangt hätte. Nach Ablauf von 3 Jahren sei keinesfalls zwingend die Ausstellung eines Fremdenpasses zu untersagen, vielmehr müsse eine fallbezogene Beurteilung vorgenommen werden und die Integration des Antragstellers in Österreich berücksichtigt werden. Der Beschwerdeführer bereue seine damalige Verfehlung zutiefst und habe bisher beachtliche Integrationsschritte gemacht, spreche Deutsch und arbeite in der Baubranche, er habe sich seitdem nichts zu schulde kommen lassen. Es liege eine außerordentlich positive Zukunftsprognose vor. Die Verurteilung sei nicht mehr geeignet, die Annahme zu rechtfertigen, er würde seinen Fremdenpass dazu benützen, um gegen die Bestimmungen des SMG zu verstoßen. Er verfüge über kein gültiges Reisedokument und sei nicht in der Lage, sich einen afghanischen Reisepass zu besorgen.

8. Mit Schreiben vom 03.12.2018, eingelangt am 06.12.2018, legte das BFA den gegenständlichen Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

9. Am 11.02.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Vollmachtsbekanntgabe der rechtsfreundlichen Vertretung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan.

Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.11.2014, W160 1427069-1/21E, wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Der Beschwerdeführer brachte am 20.02.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 2a FPG ein.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.04.2015, rechtskräftig am selben Tag, GZ 061 E Hv 38/15a, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 15 StGB, 27 Abs. 1 Z 1 4. Fall und Abs. 3 SMG nach § 28 Abs. 1 StGB und § 27 Abs. 3 SMG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, von der gemäß § 43a Abs. 3 StGB ein Teil im Ausmaß von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer das Tatbild des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften objektiv begangen, verwirklicht und sich damit abgefunden hat. Er wusste, dass das Befördern und Überlassen von Suchtgift verboten ist und wollte einem unbekannten Iraker 150 Gramm Marihuana überlassen, sowie versuchen, weitere 320 Gramm Marihuana von Wien nach Linz zu befördern, um es dort dem Iraker zu überlassen. Er wollte sich durch wiederkehrende Begehung derartiger Straftaten eine fortlaufende beträchtliche Einnahme zur Finanzierung des Lebensunterhaltes über zumindest einige Woche verschaffen. Die Straftat wurde überwiegend zur Finanzierung des sonstigen Lebensunterhaltes begangen. Als erschwerend wurde der "teilweise Versuch" gerechnet, als mildernd "der bisher ordentliche Lebenswandel". Es mangelte beim Beschwerdeführer an der für §§ 198ff StPO erforderlichen Verantwortungsübernahme.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 2a FPG vom 20.02.2015 wurde am 02.09.2015 abgewiesen und erwuchs mit 22.09.2015 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer stellte am 19.10.2018 erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 2a FPG.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

Hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis bzw. Entscheidungsverpflichtung geht der Gesetzgeber bei den Verwaltungsgerichten vom Primat der Sachentscheidung aus, wenn er festlegt, dass gem. § 28 Abs. 1 VwGVG das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gem. § 68 Abs. 1 AVG ist ein Antrag bei Vorliegen einer res iudicata von der Behörde zurückzuweisen und stellt eine Entscheidung durch das ho. Gericht über einen solchen zurückweisenden Bescheid eine Entscheidung in der Sache gem. § 28 VwGVG dar.

Im gegenständlichen Fall steht außer Zweifel, dass der Beschwerdeführer mit seinem Antrag vom 19.10.2018 einen neuerlichen Antrag auf die Ausstellung eines Fremdenpasses im Sinne des § 88 Abs. 2a FPG stellen wollten.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die [außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG] die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235).

Selbiges gilt, wenn sich das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt (etwa wie hier das Begehren auf Ausstellung eines Fremdenpasses), die Partei dieses Begehren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage jedoch anders begründet (vgl. ho. Erk. v. 6.10.2011, Zl. E10 417.640-2/2011/3E, E10 417.639-2/2011/3E, Zl. E10 417.641-2/2011/3E).

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz [nunmehr Verwaltungsbehörde] den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde [nunmehr das Verwaltungsgericht] darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit nur die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz [nunmehr vor der Verwaltungsbehörde] zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG bzw. 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).

Im gegenständlichen Fall steht außer Zweifel, dass sich in Bezug auf die anwendbare Rechtslage keine maßgebliche Änderung ergab.

Auch ergab sich in Bezug auf den maßgeblichen Sachverhalt seit der letztmalig inhaltlichen Entscheidung keine maßgebliche Änderung. Ob der maßgebliche Sachverhalt zum damaligen Zeitpunkt oder erst nach Eintritt der Rechtskraft erstmals vorgetragen wurde, ist im Lichte des § 68 Abs. 1 AVG ohne Belange. Ebenso wäre es ohne Belange, wenn im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, in dem letztmalig inhaltlich über den Antrag entschieden wurde, etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden worden wäre.

Wenn die Rechtsvertretung im gegenständlichen Fall "die neuerliche Asylantragstellung der BF" auf einen straffreien Ablauf von 3 Jahre und gesetzeskonformes Verhalten zwischen der Verurteilung nach SMG im April 2015 und der Antragstellung am 19.10.2018 begründet, ist darauf zu verweisen, dass es sich im gegenständlichen Fall um die Ausstellung eines Fremdenpasses und nicht um eine neuerliche Asylantragstellung handelt.

Im gegenständlichen Fall begründet die Rechtsvertretung einen geänderten Sachverhalt durch den straffreien Ablauf von 3 Jahren und das gesetzeskonforme Verhalten des Beschwerdeführers seit seiner Verurteilung im April 2015. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass nur solche Änderungen der Sachlage relevant sind, die ein anderes Beurteilungsergebnis herbeiführen können. Eine bloße Modifikation von unwesentlichen Nebenumständen stellt keine Veränderung der Identität der Sache dar. So kann der noch immer Minderjährige nicht geltend machen, er sei nun bereits 16, nicht 15 Jahre alt. (vgl. Verwaltungsverfahrensrecht, Kolonovits/Muzak/Stöger, 10. Auflage, Rz. 483 ff).

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde ausgeführt, dass in Hinblick auf den Umstand, dass zwischen der Begehung der Straftat und der gegenständliche Entscheidung gerade mal drei Jahre verstrichen sind, dieser Zeitraum zu kurz ist, um die ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder gemindert anzusehen.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die am 21.04.2015 erfolgte Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien könnte eine Zukunftsprognose zurzeit keinesfalls zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen und die solcherart vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr bzw. die dadurch gerechtfertigte Annahme ist auch durch das seitherige Wohlverhalten des Beschwerdeführers nicht entscheidend zu relativieren. Gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 FPG ist die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des SMG zu verstoßen. Bei der Ausstellung eines Fremdenpasses ist eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen (VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/21/0052-4), wobei der Verwaltungsgerichtshof in seinen jüngsten betreffend Aufenthaltsverbot, Rückkehrverbot und Einreiseverbot ergangenen Erkenntnissen eine strenge Linie bei Verurteilungen, insbesondere solchen nach dem SMG, vorgegeben hat, welche auch auf das vorliegende Verfahren übertragbar wären (VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/21/0022-6, VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/21/0051-5). Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt es zusammengefasst eine Erfahrungstatsache dar, dass bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist. Auch wurde eine Dauer an Wohlverhalten im Ausmaß von 4 Jahren nach der letzten rechtskräftigen Verurteilung als nicht lange genug qualifiziert, um die vom Antragsteller ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen (VwGH vom 17.09.2002, Zl. 2002/18/0129; VwGH vom 02.12.2008, Zl. 2005/18/0614; VwGH 25.11.2010, Zl. 2008/18/0458; VwGH vom 20.12.2013, 2013/21/0055). Dieser Umstand ist auch im Fall des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Ein Reisedokument würde einen (weiteren) Umgang mit Suchtgift jedenfalls erleichtern (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504; VwGH vom 02.04.2009, Zl. 2009/18/0095). Bei der Versagung eines Fremdenpasses wäre zudem auf die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (VwGH vom 27.01.2004, Zl. 2003/18/0155). Generell wird mit der Versagung eines Fremdenpasses in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nicht eingegriffen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht 2016, S. 1303, K9 zu § 92; keine Interessensabwägung). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass ein Fremdenpass zur Darlegung der Flüchtlingseigenschaft bzw. zur legalen Arbeitsaufnahme des Beschwerdeführers in Österreich nicht erforderlich ist (vgl. VwGH 24.1.2012, 2008/18/0504). Nach dem Wortlaut der Bestimmung ("...ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen...") ist der Behörde auch kein Ermessen eingeräumt, das ein Absehen von der Versagung erlaubt (VwGH 17.2.2006, 2006/18/0030; 24.9.2009, 2009/18/0155).

Im gegenständlichen Fall ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Entscheidung der belangten Behörde, wonach entschiedene Sache iSd § 68 AVG vorliegt, zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden. Der Sachverhalt hat sich im gegenständlichen Fall nicht grundlegend geändert, es ist einzig zu einem Zeitablauf von 3 Jahren und einer straffreien Lebensweise des Beschwerdeführers gekommen, was vom erkennenden Gericht durchaus begrüßt wird, jedoch nicht alleine das Nichtvorliegen des Tatbestands der entschiedenen Sache iSd § 68 AVG begründen kann und keine derartige Änderung der Sachlage darstellt, die ein anderes Beurteilungsergebnis herbeiführen könnte.

Weitergehende Ausführungen des Beschwerdeführers bzw. seiner Vertretung meritorischer Natur gehen aufgrund des Grundsatzes des ne bis in idem ins Leere.

2. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes sowie des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusprechen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Fremdenpass, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen
Sache, Reisedokument, strafrechtliche Verurteilung,
Suchtmitteldelikt, Versagungsgrund, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W162.1427069.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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