TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/10 98/11/0250

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Veröffentlicht am 10.11.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §24 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs7;
FSG 1997 §4 Abs3;
FSG 1997 §4 Abs6;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des S in B, vertreten durch Dr. Gerda Mahler-Hutter, Rechtsanwalt in Berndorf, Hernsteinerstraße 2/1/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. Mai 1998, Zl. RU6-St-K-988, betreffend Nachschulung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der Kopie des angefochtenen Bescheides und den weiteren Beilagen zur Beschwerde ergibt sich folgendes:

Dem Beschwerdeführer wurde am 17. Mai 1995 eine Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B erteilt; die Probezeit endete demnach mit 17. Mai 1997. Im Anschluß an seine rechtskräftige Bestrafung wegen Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO 1960 (wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges am 2. April 1997 im Ortsgebiet mit 94 km/h bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h) wurde unter Hinweis auf das Vorliegen einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 29. Jänner 1998 1.) dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B gemäß §§ 24 Abs. 1 Z. 1 und 26 Abs. 3 FSG (in der Fassung vor der FSG-Novelle BGBl. I Nr. 94/1998) für zwei Wochen entzogen und 2.) eine Nachschulung des Beschwerdeführers angeordnet; als Rechtsgrundlage wurde insoweit § 24 Abs. 3 FSG genannt. Der Beschwerdeführer berief ausschließlich gegen die Nachschulungsanordnung, wobei die Annahmen betreffend das Vorliegen einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG und deren Begehung innerhalb der Probezeit unbestritten blieben. Der Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid wurde mit der Maßgabe bestätigt, daß sich der Beschwerdeführer binnen vier Monaten ab Zustellung des Berufungsbescheides der Nachschulung zu unterziehen habe.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 3 erster Satz FSG ist, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß nach Abs. 6 begeht (dazu zählen nach dessen Z. 2 mit technischen Hilfsmitteln festgestellte Überschreitungen einer ziffernmäßig festgesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von mehr als 20 km/h im Ortsgebiet oder mehr als 40 km/h auf Freilandstraßen) von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist.

Nach § 24 Abs. 3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung oder Driver Improvement mit oder ohne Fahrprobe, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen. Sie hat eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt.

Gemäß § 26 Abs. 7 zweiter Satz FSG darf die Behörde unter anderem bei einer Entziehung gemäß Abs. 3 (das ist bei Vorliegen einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4, nämlich einer mit einem technischen Hilfsmittel festgestellten Überschreitung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h) keine begleitenden Maßnahmen anordnen, es sei denn, die Übertretung erfolgte durch einen Probeführerscheinbesitzer.

Der Beschwerdeführer stellt, wie schon in der Berufung, das Vorliegen einer in der Probezeit gesetzten bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG nicht in Abrede. Er bemängelt das Fehlen einer nachvollziehbaren Begründung und der nach § 59 Abs. 1 AVG gebotenen Angabe der angewendeten Gestzesbestimmungen. Eine weitere Rechtswidrigkeit liege darin, daß § 24 Abs. 3 FSG, auf den sich die Erstbehörde in ihrer Begründung berufen habe, eine Nachschulung nur für den Fall der Entziehung der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit vorsehe. Dem Beschwerdeführer sei die Lenkberechtigung aber lange nach Ablauf der Probezeit entzogen worden.

Der Beschwerdeführer ist damit im Recht, daß § 24 Abs. 3 zweiter Satz FSG keine taugliche Grundlage für die bekämpfte Nachschulungsanordnung bildet, weil diese Bestimmung nur unter der - hier nicht gegebenen - Voraussetzung zum Tragen kommt, daß die Entziehung der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit erfolgt. Dieses Verkennen der Rechtslage durch die Behörden des Verwaltungsverfahrens führt aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die bekämpfte Nachschulungsanordnung durch § 4 Abs. 3 erster Satz FSG gedeckt ist (woran der Umstand nichts zu ändern vermag, daß diese Bestimmung in den Bescheiden beider Instanzen nicht genannt wird). Die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG bedeutet gleichzeitig auch das Vorliegen eines schweren Verstoßes gemäß § 4 Abs. 6 Z. 2 FSG, und zwar eines qualifiziert schweren Verstoßes. Bei einem Verstoß nach § 4 Abs. 6 FSG hat die Behörde, wie sich aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 4 Abs. 3 erster Satz FSG ergibt, unter der - hier gegebenen - weiteren Voraussetzung der Begehung der Tat innerhalb der Probezeit eine Nachschulung anzuordnen. Unterstrichen wird dies durch die Anordnung des § 26 Abs. 7 letzter Halbsatz FSG, der den Fall der Begehung einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4 durch einen Probeführerscheinbesitzer ausdrücklich vom Verbot der Anordnung begleitender Maßnahmen unter anderem bei Entziehungen nach § 26 Abs. 3 ausnimmt. Die bekämpfte Nachschulungsanordnung findet somit ihre Deckung im Gesetz.

Angesichts dessen sind die gerügten Verfahrensmängel nicht wesentlich, weil die belangte Behörde auch bei deren Vermeidung zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Wien, am 10. November 1998

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998110250.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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