TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/12 W265 2150116-1

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Veröffentlicht am 12.08.2019
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Entscheidungsdatum

12.08.2019

Norm

ASVG §410
B-VG Art. 133 Abs4
NSchG Art. 12
NSchG Art. 7

Spruch

W265 2150116-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) vom 13.01.2017 betreffend XXXX , VN XXXX , bezüglich Überprüfung nach dem Nachtschwerarbeitergesetz (NSchG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 13.01.2017 sprach die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (in der Folge auch als belangte Behörde bzw. NÖGKK bezeichnet) gemäß § 410 Abs. 1 ASVG iVm Art. XII Abs. 1 und 2 sowie Art. VII Abs. 1, 2 und 5 NSchG und Art. XI Abs. 6 NSchG aus, dass Herr XXXX , VN XXXX (in der Folge auch als mitbeteiligte Partei bezeichnet), aufgrund seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 den Bestimmungen des Art. VII Abs. 2 Z 4 des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG) unterlegen sei.

Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben festgestellt worden sei, dass für Herrn XXXX aufgrund seiner vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 ausgeübten Tätigkeit im Prozess C und E die Bestimmungen des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG) anzuwenden seien. Die mitbeteiligte Partei habe pro Kalendermonat grundsätzlich mindestens sechs sechsstündige Nachtschichten zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr erbracht und sei aufgrund ihres Aufgabenbereiches einem Lärmpegelwert von mehr als 85 dB/A ausgesetzt gewesen. Die Beschwerdeführerin habe eingewendet, dass die mitbeteiligte Partei zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr keinesfalls über die Dauer von sechs Stunden einer erhöhten Lärmbelastung ausgesetzt gewesen sei und habe Arbeitsaufzeichnungen übermittelt. Diese Arbeitsaufzeichnungen würden jedoch einerseits aus den Jahren 2015 und 2016 stammen und würden keine Zuordnung der Tätigkeiten zu Lärmpegelwerten beinhalten, andererseits sei daraus abzuleiten, dass die Arbeitszeit für die Prozesse C und E im Mittelwert bereits 2 Stunden und 35 Minuten betrage. Für den gegenständlich attestierten Lärmpegelwert im Prozess C und E von 90,5 db/A genüge es für die Überschreitung eines Expositionspegels von 85 dB/A jedoch, wenn der Arbeitnehmer 2 Stunden und 30 Minuten der erhöhten Lärmbelastung ausgesetzt sei, selbst wenn in der restlichen Arbeitszeit (5 Stunden und 30 Minuten) überhaupt keine Lärmbelastung vorliege. Die gegenständlichen Arbeitszeitaufzeichnungen seien daher nicht geeignet, den fundierten Lärmmessbericht der AUVA vom 02.12.2013, aus welchem im Übrigen weitaus längere Aufenthaltszeiten in überdurchschnittlich erhöhten Lärmbereichen abzuleiten seien, zu entkräften. Die Beschwerdeführerin habe auch kein entsprechend handfestes Gutachten vorgelegt, welches eine unter 85 dB/A liegende Lärmbelastung für den konkreten Prozess bestätigen könnte. Vielmehr resultiere aus dem E-Mail der Beschwerdeführerin vom 04.10.2016, dass seit dem 02.12.2013 keine weiteren Lärmmessungen durchgeführt worden seien. Rechtlich folge daraus, dass die mitbeteiligte Partei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum regelmäßig Nachtarbeit geleistet habe und aufgrund der erhöhten Lärmbelastung als Nachtschwerarbeiter zu qualifizieren sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die durch RIHS Rechtsanwalt GmbH vertretene Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 14.02.2017 fristgerecht Beschwerde und brachte vor, die Lärmmessung für das dem Bescheid zugrunde gelegte arbeitsmedizinische Gutachten von Frau XXXX sei vor Einführung des Schichtbetriebs, das heißt untertags und nicht in der Nachtschicht erfolgt. Im Zuge der Einführung des Schichtbetriebs sei es zu umfassenden baulichen Maßnahmen im Werk der Beschwerdeführerin gekommen, die zur Umsetzung der im Gutachten formulierten Auflagen gedient hätten und insbesondere auch auf eine Verbesserung des Lärmschutzes für die Arbeiter abgezielt hätten. die belangte Behörde habe es unterlassen, festzustellen, welche Geräte bzw. Lärmquellen der rechtlichen Beurteilung zugrunde liegen würden. In den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Arbeitsaufzeichnungen seien die Prozesse C und E tatsächlich in Summe mit einer durchschnittlichen Tätigkeitsdauer von 2,58 Stunden (2 Stunden und 35 Minuten) beschrieben. Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass die Tätigkeiten der Wartung und Reinigung in den beiden Bereichen durchwegs, das heißt über die gesamten 2,58 Stunden hinweg, in jenem Bereich stattfinden würden, in dem ein Lärmpegel von 90,5 dB/A herrsche, sei allerdings unrichtig. Der Lärmmessbericht der AUVA, der die Grundlage für die Feststellungen im angefochtenen Bescheid bilde, sei in mehrerlei Hinsicht nicht aussagekräftig und nicht geeignet, die Feststellung einer Überschreitung des Expositionsgrenzwerts zu stützen. Insbesondere enthalte er keine Angaben über die Position der Messpunkte (für die Bereiche C und E: 14, 15) und den Zeitpunkt der Lärmmessung (Tag/Nacht). Die Werte laut Lärmmessbericht der AUVA (86,3 dB; 90,4 dB) würden auch erheblich von den von der belangten Behörde zitierten Werten im arbeitsmedizinischen Gutachten von Frau XXXX (ca. 110 dB im Bereich der gesamten Halle) abweichen. Der angefochtene Bescheid enthalte auch keine konkreten Feststellungen zum Ort und zur Dauer der Tätigkeiten des Mitbeteiligten. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Schreiben vom 28.01.2016 darauf hingewiesen, dass in der Nacht wesentliche Arbeitsbereiche wie die Anlieferungen und Auslieferungen stillstehen, sodass ein grundlegend anderer Lärmpegel als während des Tages herrsche. Auch im Fragebogen der AUVA habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass in der Nacht viele lärmverursachende Tätigkeiten, wie insbesondere die Anlieferung, wegfallen würden. Es handle sich im Wesentlichen um Bereitschaftszeiten. Ein Tätigwerden des Mitbeteiligten sei nur im Fall technischer Defekte oder Störungen notwendig. Die belangte Behörde habe diese Argumente nicht gewürdigt.

Die gegenständliche Beschwerde, der bezughabende Verwaltungsakt und der Vorlagebericht der belangten Behörde vom 13.03.2017 langten am 15.03.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes ausreichend durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die mitbeteiligte Partei war im Zeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2014 bei der Beschwerdeführerin beschäftigt. Die mitbeteiligte Person war in den Prozessen C und E eingegliedert und arbeitete im Schichtbetrieb, wobei sie monatlich mindestens sechs Nachtschichten im Ausmaß von 6 Stunden zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr erbrachte. Die Nachtschicht erstreckte sich von 18:00 Uhr bis 06:00 Uhr.

Die mitbeteiligte Partei hat unstrittig im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die erforderliche Anzahl an Nachtschichten und damit Nachtarbeit geleistet.

Laut dem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 28.03.2012 lag für die Prozesse C bis F, G, H und K ein Hallenpegel von 110 dB/A vor.

Laut dem Messbericht der AUVA vom 02.12.2013 lag in den Arbeitsprozessen C und E ein Lärmexpositionspegel von 90,5 dB/A vor.

Bei dem Lärmpegelwert in den Prozessen C und E von 90,5 dB/A genügt es für eine Überschreitung des Expositionspegels von 85 dB/A (bezogen auf acht Stunden zwischen 22:00 Uhr und 06: Uhr), wenn der Arbeitnehmer 2 Stunden und 30 Minuten einer erhöhten Lärmbelastung ausgesetzt ist, selbst wenn in der restlichen Arbeitszeit (5 Stunden und 30 Minuten) überhaupt keine Lärmbelastung vorliegt.

Die Tätigkeiten der mitbeteiligten Partei sind in der Tagschicht mit jenen in der Nachtschicht im Großen und Ganzen gleichgelagert.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Unstrittig ist, dass die mitbeteiligte Partei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Nachtarbeit für die Beschwerdeführerin geleistet hat.

In Übereinstimmung mit der belangten Behörde gelangt das Bundesverwaltungsgericht in einer Gesamtschau zu dem Ergebnis, dass der vorliegende und der Beschwerdeführerin bekannte Messbericht der AUVA vom 02.12.2013 ebenso wie das arbeitsmedizinische Gutachten von XXXX vom 28.03.2012 die festgestellte Lärmbelastung bescheinigt.

Wie die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht vom 13.03.2017 richtig festhält, behauptet die Beschwerdeführerin auch nicht, dass die Messungen vom 02.12.2013 nicht nach den gesetzlichen Vorschriften und rechtlichen Rahmenbedingungen durchgeführt worden wären. Sie hat ebenso nicht vorgebacht, dass sie diese Messberichte in irgendeiner Form in der Vergangenheit bei der AUVA oder dem Arbeitsinspektorat beanstandet hätte.

Es wäre der Beschwerdeführerin im Übrigen freigestanden, durch Beibringung von eigenen oder weiteren Messberichten die von der belangten Behörde festgestellten Messberichte vom 02.12.2013 zu entkräften. Die Beschwerdeführerin hat dies unterlassen. Aus der E-Mail vom 04.10.2016 geht zudem hervor, dass nach dem 02.12.2013 keine Lärmmessungen mehr durchgeführt worden sind.

Aus dem Lärmmessbericht der AUVA vom 02.12.2013 geht eindeutig hervor, dass in den Prozessen C und E, in welchen die mitbeteiligte Partei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum beschäftigt war, ein Lärmpegelwert von 90.5 dB/A gemessen wurde.

Darüber hinaus geht aus dem arbeitsmedizinischen Gutachten von XXXX vom 28.03.2012 hervor, dass die Prozesse C-F, G, H und K in einer riesigen Halle ablaufen, wobei nach den Messungen aus dem Jahr 2012 ein Lärmpegel von ca. 110 dB herrscht.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass zwischen den Ergebnissen der Lärmpegelmessungen im Jahr 2012 (110 dB) und aus dem Jahr 2013 (90,5 dB) eine Differenz von 19,5 dB besteht. Die Beschwerdeführerin hat beide Ergebnisse unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen und hat selbst keine Erhebungen vornehmen lassen, welche einen anderen - unter dem Grenzwert von 85 dB liegende - Lärmpegel nachweisen würde. Da beide Werte somit weit über dem Grenzwert liegen, ist nicht davon auszugehen, dass weitere Ermittlungen zu dem Ergebnis führen würden, dass der Lärmpegel unter dem Grenzwert liegt. Zwischen den beiden Messungen lagen zudem über eineinhalb Jahre, in denen durch bauliche Maßnahmen eine Änderung der Lärmbelastung nicht auszuschließen ist. Wie die belangte Behörde schlüssig ausführt, wäre ein Widerspruch nur dann gegeben, wenn widersprüchliche Lärmpegelwerte bei gleichen Arbeitsbedingungen vorliegen würden.

Da die Messungen seitens der AUVA nur durch fachkundiges Personal, entsprechende Messgeräte und anhand der Richtlinie über Schalltechnische Grundlagen für die Beurteilung von Lärm und einschlägiger ÖNORMEN durchzuführen waren und auch nicht substantiiert bestritten wird, dass dies erfolgt ist, kann dahingestellt bleiben, wo sich zu welcher einzelnen Messung welches Gerät befunden hat. Aus den von der AUVA durchgeführten Lärmmessungen ergibt sich außerdem, dass im Arbeitsprozess C und E keine einzige Arbeitsstelle existiert, die einen Lärmpegelwert von weniger als 85 dB/A aufweist. Aus diesem Grund geht auch der Einwand der Beschwerdeführerin ins Leere, wonach die Tätigkeiten der mitbeteiligten Partei nicht über die gesamten 2,58 Stunden hinweg in jenem Bereich stattfinden würden, in dem ein Lärmpegel von 90,5 db/A herrsche. Darüber hinaus wird im angefochtenen Bescheid auch keine durchgehende Lärmbelastung von zwei Stunden und 30 Minuten behauptet, sondern festgehalten, dass für die Überschreitung eines Expositionspegels von 85 dB/A bereits genügt, wenn der Arbeitnehmer im Prozess C und E insgesamt für zwei Stunden und 30 Minuten einer Lärmbelastung von 90,5 ausgesetzt ist, selbst wenn die restliche Arbeitszeit (fünf Stunden und 30 Minuten) überhaupt keine Lärmbelastung vorliegt. Bereits eine relativ geringe Aufenthaltsdauer in erhöhtem Lärmbereich zieht nämlich eine gehörschädigende Belastung für den Arbeitnehmer nach sich. Der Vollständigkeit halber wird außerdem festgehalten, dass die Beschwerdeführerin lediglich Arbeitsaufzeichnungen für die Jahre 2015 und 2016 vorlegte, die naturgemäß nicht zur Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Zeitraums für die Jahre 2013 bis 2014 herangezogen werden können. Darüber hinaus ist diesen Arbeitszeitaufzeichnungen keine Zuordnung der Tätigkeiten zu entsprechenden Lärmpegelwerten zu entnehmen.

Es ist unvermeidlich und nicht zu beanstanden, dass die Messungen nur Momentaufnahmen darstellen. Dass die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten Lärmmessungen keinen Vermerk des Zeitpunktes der Messungen (Tag oder Nacht) enthalten, vermag jedoch ebenfalls keine Änderung der Beurteilung herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin legte keine Messberichte vor, welche die Behauptung der verschiedenen Lärmpegel während Tag- und Nachtschicht untermauern würden. Die Beschwerdeführerin wies nur pauschal darauf hin, dass in der Nacht wesentliche Arbeitsbereiche wie Anlieferungen wegfallen würden und der Lärmpegel dadurch gesenkt werde. Demgegenüber stehen jedoch die Angaben der mitbeteiligten Partei in dem am 25.08.2016 beantworteten Erhebungsbogen der belangten Behörde, wonach die Arbeiten in der Tagschicht mit jenen in der Nachtschicht im Großen und Ganzen gleichgelagert sind. Auch ein von der Beschwerdeführerin behaupteter bloßer Bereitschaftsdienst ist bei der Vielzahl der aufgelisteten Tätigkeiten der mitbeteiligten Partei, die nacheinander während der Nachtschicht erledigt werden müssen, nicht erkennbar. Eine während der Nachtstunden hauptsächlich bestehende Arbeitsbereitschaft liegt entgegen dem Beschwerdevorbringen somit nicht vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Nachtschwerarbeiterschutzgesetzes in der Fassung BGBl Nr. 03/2013 lautet:

"ARTIKEL VII

Nachtschichtarbeit und Nachtschicht-Schwerarbeit

(1) Nachtarbeit im Sinne dieses Bundesgesetzes leistet ein Arbeitnehmer, der in der Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr mindestens sechs Stunden arbeitet, sofern nicht in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt.

(2) Nachtschwerarbeit leistet ein Arbeitnehmer im Sinne des Abs. 1, der unter einer der folgenden Bedingungen arbeitet:

1. bis 3. (...)

4. bei andauernd starkem Lärm, sofern ein Schallpegelwert von 85 dB (A), oder bei nicht andauerndem Lärm, sofern ein wirkungsäquivalenter Pegelwert überschritten wird;

5. - 8. (...)

(3) bis (4) (...)

Artikel XII

Verfahren

(1) Feststellungsverfahren im Sinne des Art. VII Abs. 5 und Streitigkeiten über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. VII Abs. 2 oder 4, einer Verordnung nach Art. VII Abs. 3 oder eines Kollektivvertrages gemäß Art. VII Abs. 6, über den Beginn und das Ende der Nachtschwerarbeit sowie über den Nachtschwerarbeits-Beitrag gelten als Verwaltungssachen im Sinne des § 409 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes.

(2) Die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes über das Verfahren sind auf die Verwaltungssachen im Sinne des Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, daß gegen den Bescheid des Versicherungsträgers die Berufung an den Bundesminister für Arbeit und Soziales zusteht. Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung; der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann der Berufung auf Antrag aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn durch die vorzeitige Vollstreckung ein nicht wieder gutzumachender Schaden einträte und nicht öffentliche Interessen die sofortige Vollstreckung gebieten. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist innerhalb der für die Einbringung der Berufung vorgesehenen Frist beim Versicherungsträger zu stellen.

(...)

Artikel XIV

Inkrafttreten

(1) Dieses Bundesgesetz tritt, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird, am 1. Juli 1981 in Kraft."

Es ist unbestritten, dass die mitbeteiligte Partei im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 im Betrieb der Beschwerdeführerin tätig war und dabei Schichten zwischen 18:00 und 06:00 Uhr und 06:00 Und 18:00 Uhr versah. Es ist auch unbestritten, dass die erforderliche Anzahl an Nachtschichten vorlag.

Wie beweiswürdigend bereits ausgeführt wurde, gibt es keinen Grund, an den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zu zweifeln. Die mitbeteiligte Partei war im Unternehmen der Beschwerdeführerin auf Arbeitsplätzen mit einem durchschnittlichen Schallpegelwert von zumindest 90,5 dB/A tätig. Sie war daher erschwerenden Arbeitsbedingungen durch eine erhöhte Lärmbelastung im Sinne des Art. VII Abs. 2 Z 4 NSchG ausgesetzt. Die mitbeteiligte Partei war daher im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 als Nachtschicht-Schwerarbeiter gemäß Art. VII Abs. 2 Z 4 NSchG zu deklarieren.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das amtswegige Unterlassen einer mündlichen Verhandlung wird darauf gestützt, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage hinreichend geklärt erscheint. Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Sachverhaltsfeststellungen wurde in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten. Der Sachverhalt - wie er im Bescheid festgestellt wurde - war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

In der Beschwerde findet sich kein substantiiertes Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern. In der Beschwerde findet sich kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die NÖGKK vorangegangen. Es wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüberhinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Gutachten, Lärmbelastung, Nachtschwerarbeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W265.2150116.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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