TE Bvwg Beschluss 2019/6/28 W274 2173979-2

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Veröffentlicht am 28.06.2019
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Entscheidungsdatum

28.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W274 2173979-2/3E

BESCHLUSS

Asylsache: XXXX , geboren 21.03.1987, XXXX ,

vertreten durch: Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt, Mozartstraße 11,4020 Linz,

belangte Behörde: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau zum Bescheid Zl. 1088442109-190451551/BMI-EALST_WEST, vom 03.06.2019.

Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der Beschwerdeführer (BF) begehrte erstmals am 23.09.2015, gemeinsam mit seiner mitgereisten Ehefrau XXXX , vor der PI Leopoldschlag (Oberösterreich) internationalen Schutz und gab als Fluchtgrund an, er sei geborener Moslem gewesen und habe die Religion gewechselt. Deshalb habe er Probleme im Iran bekommen. Jemand habe ihn bei der iranischen Behörde verraten. Einige von ihrer Gruppe seien festgenommen worden.

Vor dem BFA gab der BF am 27.07.2017 an, seine Frau und er hätten bei einem christlichen Hauskreis teilgenommen. Sie seien dort 6 bis 7 Monate gewesen. Eines Tages hätte ihn seine Mutter angerufen und ihm erzählt, dass vier zivile Personen hier gewesen seien und sein Zimmer durchsucht hätten. Er müsse sich bei der Polizei melden. Er habe dann durch einen Anruf eines Hauskreis-Freundes erfahren, dass der Hauskreis verraten worden sei und einige Freunde festgenommen worden seien. Sie seien dann in die Grenzstadt Urumjie gefahren und geflohen.

Mit Bescheid vom 18.09.2017 des BFA wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich Asyl und Subsidiärschutz abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung zulässig sei.

Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 14.03.2018 zu L519 2173979, verbunden mit L519 20173977, als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen begründend ausgeführt, nicht festgestellt habe werden können, dass die BF aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert seien, obwohl sie am 08.01.2017 protestantisch getauft worden seien. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass den BF im Iran eine begründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung drohe. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 19.03.2019 zu Ra 218/01/0223 wurde die Revision zurückgewiesen.

Am 03.05.2019 fand in der PI Fremdenpolizei Wels eine neuerliche Niederschrift statt, in der der BF zusammengefasst ausführte, seit April 2018 habe er einen noch stärkeren Bezug zum Christentum, weil er viele Postings über das Christentum auf Facebook und Telegramm gepostet habe. Er habe die Liebe, die er gespürt habe, mit anderen teilen wollen. Das hätten auch Leute im Iran gelesen. Er habe sich noch stärker für die Kirche eingesetzt. Er organisiere viele Aufgaben für die evangelische Kirche Windischgarsten. Im August 2018 sei seine Familie im Iran wegen seinen Postings bedroht worden. Er habe mit zwei weiteren Personen zwei Chat-Gruppen über das Christentum veröffentlicht. Er sei dort Administrator. Eine dieser Gruppen habe über 230 Follower. Am 08.01.2017 sei er getauft worden. Ab 01.01.2019 besuche er auch eine Bibelrunde, die in Deutsch abgehalten werde. Im Iran habe seine Familie eine besondere Stellung, weil es in dieser zwei Märtyrer gebe. Es gehörten auch Personen der Familie zur Revolutionsgarde Sepah. Sein Vater habe ihn verstoßen, weil die Familie stark bedroht werde. Er sei im April 2018 und im August 2018 von seiner Familie wegen seiner Postings stark bedroht worden.

Am 14.05.2019 und am 22.05.2019 fanden Befragungen vor dem BFA statt, in denen Niederschriften errichtet wurden. Der BF führte die genannten weiteren Nachfluchtgründe detailliert aus. Weiters legte er Ausdrucke aus dem Internet vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend Asyl (Spruchpunkt I.), als auch subsidiären Schutz (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt III. bis V.). Begründend führte es aus, dass im neuerlichen Asylverfahren keine asylrelevanten Gründe vorgebracht worden sei bzw. sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe. Rechtlich führte das BFA erkennbar aus, aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergebe sich, dass der BF im Zuge des Verfahrens keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe. Es liege entschiedene Sache vor. Nur Tatsachen, die erst nach Abschluss des Verfahrens entstanden seien, seien von der Rechtskraft der früheren Entscheidung nicht erfasst.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit den Anträgen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, das Verfahren zuzulassen und der belangten Behörde die inhaltliche Entscheidung über den Asylantrag aufzutragen. Er habe die nach Beendigung des erstens Asylverfahrens gesetzten Glaubensaktivitäten und die Ernsthaftigkeit seines Glaubenswechsels eindeutig unter Beweis gestellt. Er habe sich im neuen Asylverfahren ausschließlich auf Sachverhalte berufen, die zeitlich nach dem Abschluss des ersten Asylverfahrens liegen. Es bestehe keinesfalls res iudicata. Es liege eine offenkundige Fehlentscheidung vor. Ohne aufschiebende Wirkung der Beschwerde bestehe für ihn ernsthafte Lebensgefahr und die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens.

Gemäß § 16 Abs. 2 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der

1. ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist,

2. ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht oder

3. eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird, sowie einem diesbezüglichen Vorlageantrag

die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom Bundesveraltungsgericht zuerkannt.

Gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht,

sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs.1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Gemäß Abs. 3 ist bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 1 der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechts Bedacht zu nehmen.

Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhalts nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers, insbesondere angesichts der behaupteten langjährigen Aufenthaltsdauer in Österreich, eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde, sodass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 Abs. 1 BFA-VG geboten ist.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG unterbleiben.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal der nunmehrigen Entscheidung eine Einzelfallbeurteilung zugrunde liegt.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W274.2173979.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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