TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/1 W209 2203635-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.2019
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Entscheidungsdatum

01.07.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
ASVG §83
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W209 2203635-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 08.03.2018, GZ: 11-2015-BE-VER10-000AY, betreffend Haftung gemäß § 67 Abs. 10 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) für auf dem Betragskonto der XXXX GmbH mit Sitz in XXXX , XXXX , unberichtigt aushaftende Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Februar 2013 bis Oktober 2013 in Höhe von € 7.379,93 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % p.a. ab 08.03.2018 aus € 5.393,93 nach Beschwerdevorentscheidung vom 13.07.2018, GZ: BE 18061418/Mag.Rö, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der Beschwerdeführer verpflichtet, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Erkenntnisses die von der XXXX GmbH in den Beitragszeiträumen Februar 2013 bis September 2013 zu entrichten gewesenen Beiträge samt Nebengebühren in Höhe von € 6.617,45 zuzüglich der ab 23.05.2019 auflaufenden Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % p.a. aus €

4.536,79 an die Wiener Gebietskrankenkasse zu bezahlen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 08.05.2015, rechtswirksam zugestellt am 13.05.2015, teilte die belangte Behörde (im Folgenden: WGKK) dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Beitragskonto der XXXX GmbH mit Sitz in XXXX (im Folgenden: Primärschuldnerin) aus den Beiträgen Jänner 2013 bis November 2013 ein Beitragsrückstand in Höhe von €

11.911,09 zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen aushafte. Da der Beschwerdeführer Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei und der offene Betrag trotz Fälligkeit bisher nicht eingebracht werden habe können, hafte er dafür, wenn die Uneinbringlichkeit auf einer schuldhaften Verletzung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten Pflichten beruhe. Der Beschwerdeführer werde ersucht, den erwähnten Rückstand bis spätestens 10.06.2015 zu begleichen bzw. innerhalb dieser Frist alle Tatsachen vorzubringen, die seiner Ansicht nach gegen eine Haftung sprächen. Beigelegt war dem Schreiben ein Rückstandsausweis vom gleichen Tag, in dem der oben angeführte Betrag näher aufgeschlüsselt wurde.

2. Mit Schreiben vom 27.05.2015 teilte der Beschwerdeführer mit, dass versucht worden sei, die Primärschuldnerin durch Ratenvereinbarungen mit allen Gläubigern zu sanieren. Dies sei nicht geglückt und in der Folge ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Laut seinem Anwalt sei das Konkursverfahren weder verschleppt noch seien andere Gläubiger bevorzugt worden. Eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG bestehe somit nicht.

3. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens erging am 20.10.2017, rechtswirksam zugestellt am 25.10.2017, neuerlich ein Schreiben an den Beschwerdeführer, in dem er ersucht wurde, bis spätestens 10.11.2017 die auf dem Beitragskonto der Primärschuldnerin aushaftenden Beitragsschulden aus den Beiträgen Dezember 2012 bis November 2013 in Höhe von € 7.534,18 zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen zu begleichen bzw. innerhalb dieser Frist alle Tatsachen vorzubringen, die seiner Ansicht nach gegen die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sprächen. Auch diesem Schreiben war ein Rückstandsausweis vom gleichen Tag angeschlossen, in dem der angeführte Betrag näher aufgeschlüsselt wurde.

4. In seiner Stellungnahme vom 06.11.2017 wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen. Darüber hinaus führte er ergänzend aus, dass die Beiträge aus dem Jahr 2013 Geschäftsführerbezüge und Lohnzahlungen beträfen, die nicht ausbezahlt worden seien. Der dementsprechende Abgabenbereich sei nicht abgeführt worden, um keine Gläubigerbevorzugung zu verursachen. Davon ausgehend liege keine Haftung vor. Die Forderung sei auch im Insolvenzverfahren des XXXX angemeldet worden. Die bereits erhaltenen Quotenzahlungen seien von der Kasse zu berücksichtigen. Ebenfalls sei die Verteilungsquote aus dem Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin zu berücksichtigen. Weiters sei die Haftung bereits mit Schreiben vom 08.05.2015 geltend gemacht worden. Nachdem mehr als 28 Monate kein Verfahren eingeleitet worden sei, gehe er davon aus, dass bereits Verjährung eingetreten sei.

5. Mit Schreiben vom 05.02.2018, rechtswirksam zugestellt am 07.02.2018, wurde der Beschwerdeführer von der WGKK ersucht, durch Vorlage einer Aufstellung, aus der sämtliche Verbindlichkeiten und Zahlungen für die jeweiligen monatlichen Fälligkeitszeiträume der Beitragsabrechnungen Februar 2013 bis September 2013 hervorgehen, den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen.

6. Mit Schreiben vom 20.02.2018 nahm der Beschwerdeführer dazu Stellung und teilte mit, dass neben der WGKK auch ein Teil der ehemaligen Mitarbeiter nicht bezahlt worden sei. Im besagten Zeitraum seien Zug-um-Zug-Geschäfte getätigt und Ratenvereinbarungen abgeschlossen worden. Angeschlossen war der Stellungnahme das Anmeldeverzeichnis aus dem Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin.

7. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 08.03.2017 wurde der Beschwerdeführer sodann als ehemaliger Geschäftsführer der Primärschuldnerin gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG verpflichtet, binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides die zu entrichten gewesenen Beiträge samt Nebengebühren aus den Beitragszeiträumen Februar 2013 bis Oktober 2013 in Höhe von € 7.379,93 zuzüglich der ab 08.03.2018 auflaufenden Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % p.a. aus € 5.393,93 an die WGKK zu bezahlen. Begründend führte die WGKK aus, dass die Primärschuldnerin aus den genannten Beitragszeiträumen Beiträge in genannter Höhe zuzüglich Verzugszinsen schulde. Sämtliche Einbringungsmaßnahmen seien erfolglos geblieben. Über das Vermögen der Primärschuldnerin sei am 20.05.2014 die Insolvenz eröffnet und am 12.10.2017 nach Verteilung gemäß § 139 IO aufgehoben worden. Da die Primärschuldnerin keine Tätigkeit mehr ausübe, sei die Hereinbringung der Forderung nicht mehr möglich. Gemäß §§ 67 Abs. 10 und 58 Abs. 5 ASVG hätten die Vertreter juristischer Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

8. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der er zusammenfassend vorbrachte, dass aufgrund einer Steuerprüfung im Jahr 2014, die zu einer vermeintlichen Steuerschuld in Höhe von EUR 250.000,-- geführt habe, das Insolvenzverfahren über die Primärschuldnerin eröffnet worden sei. Diese Steuerschuld sei kurz vor Ende des Insolvenzverfahrens auf wenige Tausend Euro reduziert worden. Eine Insolvenz wäre sohin vermeidbar gewesen. Das Konkursverfahren sei weder verschleppt noch seien Gläubiger bevorzugt worden. Die Beiträge der Primärschuldnerin beträfen Geschäftsführerbezüge und Lohnzahlungen, welche nicht ausbezahlt worden seien. Um keine Gläubiger zu bevorzugen, sei auch der demensprechende Abgabenbereich nicht abgeführt worden. Es liege daher keine persönliche Haftung vor.

9. Am 30.05.2018 forderte die WGKK den Beschwerdeführer nochmals auf, den geforderten Gleichbehandlungsnachweis zu erbringen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Vergleichsanbot (50 %) unterbreitet.

10. Mit Schreiben vom 11.07.2018, bei der WGKK eingelangt am 15.07.2019, brachte der Beschwerdeführer näher vor, dass auch eine nachträgliche Quotenzahlung in Höhe von € 606,13 sowie die im Rahmen des Insolvenzverfahren vom solidarisch haftenden XXXX zu leistenden sechs Zahlungen á € 251,76 zu berücksichtigen seien.

11. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.07.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, dass die Uneinbringlichkeit der Forderungen der Gebietskrankenkasse feststünde. Der Beschwerdeführer sei vom 05.07.2011 bis 24.04.2014 im Firmenbuch als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin eingetragen gewesen und habe trotz mehrmaliger Aufforderung keinen Gläubigergleichbehandlungsnachweis erbracht. Darüber hinaus habe er selbst ausgeführt, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Zug-um-Zug-Geschäfte getätigt und Ratenvereinbarungen abgeschlossen worden seien. Dies spreche gegen die vom Beschwerdeführer behauptete Gläubigergleichbehandlung. Die Beiträge seien auch nicht verjährt, da es sich vorliegend um eine Ausfallshaftung handle, die erst zum Tragen komme, wenn die Uneinbringlichkeit feststehe. Dies sei erst mit der Aufhebung der Insolvenz durch Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 12.10.2017 der Fall gewesen. Sämtliche Quotenzahlungen sowie die Zahlungen des Insolvenzentgeltfonds seien berücksichtigt worden.

12. Aufgrund des rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages des Beschwerdeführers legte die WGKK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 17.08.2018 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

13. Über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichts übermittelte die WGKK eine Stellungnahme samt aktuellem Rückstandsausweis vom 23.05.2019, wonach die vom Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 11.07.2018 erwähnte Nachtragsverteilung sowie die Quotenzahlung des solidarisch haftenden XXXX Berücksichtigung fanden. Insgesamt wurde ein Rückstand in Höhe von € 6.617,45 (davon € 2.080,66 an Zinsen) ausgewiesen.

14. Mit Schreiben vom 14.06.2019 nahm der Beschwerdeführer zum Rückstandsausweis vom 23.05.2019 Stellung und führte dazu aus, dass lediglich eine einzige Quotenzahlung des mithaftenden XXXX berücksichtigt worden sei. Insgesamt habe dieser aber sieben Quotenzahlungen - eine pro Jahr - zu leisten, wodurch sich der aushaftende Betrag jedes Jahr entsprechend reduziere. Darüber hinaus brachte er erneut vor, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb er zur Haftung herangezogen werde. Schließlich handle sich es um Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin und nicht um Verbindlichkeiten seiner Person gegenüber der WGKK. Die Stammeinlage der Primärschuldnerin sei vollständig einbezahlt worden. Auch deswegen könne es nicht zu einer Haftung kommen. Zudem sei er zum Zeitpunkt der Insolvenz nicht mehr Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen und habe daher keinen Einfluss mehr auf deren Geschäftsgebarung gehabt. Er sei per Generalversammlung vom 23.04.2014 als Geschäftsführer abberufen worden. Schließlich hätten auch einige Mitarbeiter der Primärschuldnerin im Insolvenzverfahren Gehaltsforderungen angemeldet. Weil diese Gehälter offenbar nicht ausbezahlt worden seien, liege keine Gläubigerbevorzugung vor. Außerdem wäre die Insolvenz vermeidbar gewesen und hätte die Primärschuldnerin ihre Verbindlichkeiten gegenüber der WGKK bezahlen können.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer war von 05.07.2011 bis 22.04.2017 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der XXXX GmbH mit Sitz in XXXX , XXXX (Primärschuldnerin).

Mit zu 28 S 57/14 g ergangenem Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 12.10.2017 wurde das am 20.05.2014 über das Vermögen der Primärschuldnerin eröffnete Insolvenzverfahren nach Verteilung einer Quote von 10,462968 % gemäß § 139 IO aufgehoben.

Die Primärschuldnerin schuldet aus den Beitragszeiträumen Februar 2013 bis September 2013 unter Berücksichtigung der Quotenzahlungen und der Zahlungen des Insolvenzentgeltfonds Beiträge samt Nebengebühren in Höhe von € 6.617,45 (davon € 2.080,66 an Zinsen) zuzüglich der ab 23.05.2019 auflaufenden Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % p.a. aus € 4.536,79.

Bis dato wurde durch den Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Aufforderung kein Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht.

2. Beweiswürdigung:

Die Organstellung des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin im oben angegebenen Zeitraum ist einem von Amts wegen eingeholten Firmenbuchauszug (FN XXXX ) zu entnehmen und wurde vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 14.06.2019 bestätigt, wonach er per Generalversammlung vom 23.04.2014 als Geschäftsführer abberufen worden ist.

Die Zahlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin ergibt sich aus dem vorliegenden Beschluss des Handelsgerichts Wien.

Der Haftungsbetrag ergeht aus dem Rückstandsausweis vom 23.05.2019. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, es seien auch eine nachträgliche Quotenzahlung in Höhe von € 606,13 sowie die im Rahmen des Insolvenzverfahrens des solidarisch haftenden XXXX zu leistenden sechs Ratenzahlungen á € 251,76 zu berücksichtigen, ist darauf hinzuweisen, dass die Nachtragsverteilung und eine Ratenzahlung des XXXX im o.a. Rückstandsausweis bereits Berücksichtigung fanden. Weitere Ratenzahlungen wurden laut WGKK (noch) nicht geleistet. Soweit der Beschwerdeführer ausführt, dass seines Wissens nach bereits zwei Raten bezahlt worden seien, blieb er hierfür einen Nachweis schuldig.

Dass vom Beschwerdeführer bislang kein Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht wurde, ergibt sich aus den übermittelten Verwaltungsakten und dem gegenständlichen Gerichtsakt (zu den Anforderungen eines solchen Nachweises siehe die rechtlichen Erwägungen weiter unten).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 4 (Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ASVG) entschieden wird und auch nicht eine Angelegenheit gemäß § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG als Vorfrage zu beurteilen ist, liegt im gegenständlichen Beschwerdeverfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

Die im beschwerdegegenständlichen Zeitraum anzuwendenden Rechtsvorschriften lauten:

§ 58 ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2010:

"Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge; Beitragsvorauszahlung

§ 58. (1) bis (4) ...

(5) Die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(6) bis (8) ..."

§ 67 ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 86/2013:

"Haftung für Beitragsschuldigkeiten

§ 67. (1) bis (9) [...]

(10) Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend."

§ 83 ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 588/1991:

"Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze

§ 83. Die Bestimmungen über Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen gelten entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung."

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

§ 67 Abs. 10 ASVG zufolge haften u.a. die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Voraussetzung für den Eintritt der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist, dass die betreffenden Sozialversicherungsbeiträge beim Primärschuldner uneinbringlich sind. Erst wenn dies feststeht, ist auf die Prüfung der für die Haftung nach dieser Bestimmung maßgebenden weiteren, an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen (VwGH 16.09.1991, 91/15/0028; 09.02.1982, 81/14/0072).

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 12.10.2017 wurde das am 20.05.2014 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin nach Verteilung einer Quote von 10,462968 % gemäß § 139 IO aufgehoben. Damit sind die darüber hinausgehenden Beitragsschulden der Gesellschaft uneinbringlich.

Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 - 2. SVÄG 2010, BGBl. I Nr. 102/2010, besteht neben den im § 67 Abs. 10 ASVG auferlegten Pflichten auch eine allgemeine, die Vertreter der Beitragsschuldner gegenüber den Beitragsgläubigern treffende Pflicht, aus den von ihnen verwalteten Mitteln für die Abfuhr der Beiträge zu sorgen. Damit ist zur bisherigen Haftung für nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge und Meldeverstöße (gleichrangig) eine neue Haftung wegen Ungleichbehandlung (von Gläubigern) hinzugetreten (Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG6 (2017) § 67 Rz 77a).

Gemäß der auf die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG übertragbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parallelbestimmung des § 25a Abs. 7 BUAG liegt Gläubigergleichbehandlung dann vor, wenn das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, die zu Beginn des Beurteilungszeitraumes bereits fällig waren oder bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes fällig wurden, dem Verhältnis der in diesem Zeitraum erfolgten Beitragszahlungen zu den insgesamt fälligen Beitragsverbindlichkeiten entspricht. Unterschreitet die Beitragszahlungsquote die allgemeine Zahlungsquote, so liegt eine Ungleichbehandlung des Sozialversicherungsträgers vor (vgl. VwGH 29.01.2014, 2012/08/0227).

Im vorliegenden Fall bezieht sich die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Gläubigerungleichbehandlung auf die Beitragszeiträume Februar 2013 bis September 2013.

Unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Rechtsprechung zur abgabenrechtlichen Haftung (vgl. u.a. VwGH 19.06.1985, Slg. Nr. 6012/F, 17.09.1986, 84/13/0198, 16.12.1986, 86/14/0077, und 06.03.1989, 88/15/0063) ist es auch im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren Sache des haftungspflichtigen Geschäftsführers dazulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig (zur Gänze) entrichtet wurden, und dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten. Denn ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt - über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (VwGH 13.03.1990, 89/08/0217).

Der Beschwerdeführer wurde mehrmals aufgefordert, eine Aufstellung aller im Beurteilungszeitraum (hier: ab Fälligkeit der ältesten offen gebliebenen Beitragsschulden Ende Februar 2013 bis zum Wegfall der Vertretungsbefugnis als Geschäftsführer im April 2014; vgl. Derntl a.a.O. § 67 Rz 80m) insgesamt fälligen Beitragsforderungen einerseits und aller sonstigen Geschäftsforderungen andererseits sowie aller auf diese Forderungen geleisteten Zahlungen vorzulegen. Der Beschwerdeführer ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Damit ist im Lichte der o.a. Rechtsprechung davon auszugehen, dass er seine Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Gläubiger schuldhaft verletzt hat.

Die Kausalität der dem Beschwerdeführer anzulastenden Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit und der Rechtswidrigkeitszusammenhang sind mangels eines stichhältigen Bestreitungsvorbringens bzw. gegenteiliger Anhaltspunkte ebenso zu bejahen.

Im Falle der Nichterbringung eines Nachweises der Gläubigergleichbehandlung haftet der Vertreter für die von der Haftung betroffenen Beitragsschulden zur Gänze (vgl. nochmals VwGH 04.10.2001, 98/08/0368). Somit besteht im vorliegenden Fall die Haftung des Beschwerdeführers für die gesamte, die oben angeführten Beitragszeiträume betreffende und die Quotenzahlungen sowie die Zahlungen des Insolvenzentgeltfonds übersteigende Beitragsschuld.

Soweit der Beschwerdeführer die festgestellten Beitragsschulden dem Grunde nach bestritt, ist darauf hinzuweisen, dass diese im Insolvenzverfahren anerkannt wurden. Der Einwand, dass die Primärschuldnerin der WGKK gar keine Beiträge schuldete, verfängt daher nicht.

Gleiches gilt für die Einwendung der Verjährung, die grundsätzlich erst drei Jahre nach der Feststellung der Uneinbringlichkeit eintritt (vgl. VwGH 26.05.2004, 2001/08/0209). Im vorliegenden Fall wurde die Uneinbringlichkeit erst mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 12.10.2017 festgestellt. Insofern kann daher auch noch keine Verjährung eingetreten sein.

Die Haftung umfasst im Hinblick auf die §§ 58 Abs. 5, 83 ASVG auch die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen nach § 59 Abs. 1 ASVG (VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).

Damit ist die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass der Haftungsbetrag im Ausmaß des zuletzt von der WGKK übermittelten Rückstandsausweises festgesetzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung folgt in allen wesentlichen Rechtsfragen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die in den rechtlichen Erwägungen zu Spruchpunkt A) an der jeweiligen Stelle zitiert wird (s. dazu insbesondere das Erkenntnis des VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragsrückstand, Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung,
Nachweismangel, Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2203635.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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