TE Lvwg Erkenntnis 2016/6/29 405-9/66/1/2-2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.06.2016
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Entscheidungsdatum

29.06.2016

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch die Richterin Mag.Dr. Eva Lackinger-Vogl über die Beschwerde der Frau M. L., geb. am xxx, N., 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. O. P., Rechtsanwalt, Q., 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 18.03.2016, Zahl 3/01-BMS/xxx103/4-2016,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 18.03.2016, Zahl 3/01-BMS/xxx103/4-2016, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 26.02.2016 auf Gewährung von Bedarfsorientierter Mindestsicherung für den Monat Februar 2016 zurückgewiesen. In der Begründung heißt es dazu, dass der Antrag am 26.02.2016 bei der belangten Behörde eingegangen sei. Dieser sei jedoch mangelhaft gewesen, da für die Bearbeitung des Antrages erforderliche Unterlagen gefehlt haben. Dabei handle es sich um die Einnahmen- und Ausgabenrechnung (aufgrund der Selbständigkeit des L. A.) für den Monat Jänner 2016. Mit Schreiben vom 01.03.2016 sei die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs 3 AVG aufgefordert worden, den Antrag auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung bis längstens 15.03.2016 zu vervollständigen und die fehlenden Unterlagen beizubringen. Gleichzeitig sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden, dass der Antrag bei Nicht-Vorlage jener Unterlagen nach Ablauf dieser Frist zurückgewiesen werde. Dieser Aufforderung sei die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen, weshalb keine Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen nach dem Salzburger Mindestsicherungsgesetz erfolgen konnte und der Antrag daher gemäß § 13 Abs 3 AVG als mangelhaft zurückzuweisen sei.

Gegen diesen Bescheid wurde am 13.04.2016 bei der belangten Behörde Beschwerde erhoben. Darin bringt die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung vor, dass die Unterlagen, die nach Angabe der belangten Behörde zur Bearbeitung des Antrages fehlen, bisher deswegen nicht vorgelegt worden seien, da das Taxiunternehmen, an dem Herr A.-B. L. zu einem Drittel beteiligt sei, erst kürzlich gegründet worden sei. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin habe seine UID-Nr. erst am 01.03.2016 erhalten, weshalb die Einnahmen-Ausgabenrechnung erst danach durch seinen Steuerberater erstellt worden sei. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin habe im Zeitraum von Jänner bis Februar 2016 einen Gewinn aus der L.-Taxi-OG in der Höhe von € 399,- (durchschnittlich € 199,50/Monat) bzw im Zeitraum Jänner bis März 2016 einen Gewinn von € 1.447,- (durchschnittlich € 482,34/Monat) erzielt. Gemäß § 39 AVG iVm § 17 VwGVG habe das Landesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen, wenn sie allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens eine anderslautende Entscheidung der Sache herbeiführen hätte können. Dies sei durch die Vorlage der Einkommensunterlagen des Ehemannes der Beschwerdeführerin jedenfalls der Fall. Deshalb werde beantragt, eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 VwGVG durchzuführen und in der Sache selbst zu entscheiden und dem Antrag auf Gewährung von Bedarfsorientierter Mindestsicherung stattzugeben. In eventu werde beantragt, den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuweisen.

Mit der Beschwerde wurde der Bescheid über die Erteilung einer UID-Nr., die Einkommensbestätigung von Jänner/Februar 2016, die Einkommensbestätigung Jänner bis März 2016 und die Ergebnisübersicht von Jänner, Februar und März 2016 vorgelegt.

Diese Beschwerde wurde am 02.05.2016 dem Landesverwaltungsgericht Salzburg zur Entscheidung vorgelegt. Darin bringt die belangte Behörde vor, dass eine Beschwerdevorentscheidung nicht getroffen worden sei, da laut ihrer Ansicht durch das Beschwerdeschreiben keine neuen, relevanten Entscheidungssachverhalte bekannt geworden seien. Unter Fristsetzung gemäß § 13 Abs 3 AVG sei die Antragstellerin bis 15.03.2016 aufgefordert worden, eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung betreffend des Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit ihres Ehegatten für Jänner 2016 und den Nachweis der Einzahlung der Miete vorzulegen. Auf telefonisches Ersuchen der Antragstellerin sei die Frist für die Vorlage einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung bis 18.03.2016 erstreckt worden. Am 18.03.2016 habe die Antragstellerin erneut angerufen und mitgeteilt, dass sie bis auf weiteres keine Einnahmen- und Ausgabenrechnung für Jänner 2016 vorlegen könne. In weiterer Folge sei der Antrag vom 26.02.2016 zurückgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. P., habe in ihrer Beschwerde vom 13.04.2016 angegeben, dass Herr L. erst kürzlich das Unternehmen gegründet habe und seine UID-Nr. erst am 01.03.2016 bekommen habe, weshalb die Einnahmen- und Ausgabenrechnung erst danach durch seinen Steuerberater erstellt worden sei. Seitens des Sozialamtes Salzburg sei jedoch nie explizit eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung von einem Steuerberater verlangt worden. Es hätte eine einfache Aufstellung der Beschwerdeführerin genügt. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG beantragte die belangte Behörde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht.

Trotz Parteienantrag ist die erkennende Richterin zum Schluss gekommen, von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht abzusehen. Die Akten lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsfrage nicht erwarten lässt und der Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegensteht. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war einzig und alleine die Klärung einer Rechtsfrage, nämlich jener, ob in diesem Verfahren § 13 Abs 3 AVG zur Anwendung kommen kann oder nicht. Zur Klärung dieser Rechtsfrage war die Ermittlung des Sachverhaltes über den vorliegenden Verwaltungsakt hinaus im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht angezeigt.

I. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin Frau L. M. lebt in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehegatten A.B. L. und den minderjährigen Kinder L. C., geb. xx, D., geb. y, E., geb. yy, und F., geb. yyy, in der N., 5020 Salzburg. Zuletzt wurde der Bedarfsgemeinschaft aufgrund des Antrages vom 01.02.2016 eine Leistung aus Bedarfsorientierter Mindestsicherung in der Höhe von € 769,05 für den Zeitraum 01.01.2016 bis 31.01.2016 zuerkannt. Darüber hinaus wurde eine ergänzende Wohnbedarfshilfe in der Höhe von € 121,17 für den gleichen Zeitraum gewährt. Aus dem beiliegenden Berechnungsbogen ist ersichtlich, dass die vier Kinder bei der Berechnung des Lebensunterhaltes sowie der aliquoten Wohnkosten berücksichtigt wurden. Hinsichtlich der Beschwerdeführerin wurde kein Einkommen berücksichtigt. Hinsichtlich des Ehegatten wurde ein Einkommen aus Unselbständigkeit in der Höhe von € 932,80 abzüglich Berufsfreibetrag in die Berechnung miteinbezogen. Auch hinsichtlich der Tochter L. E. wurde ein unselbständiges Einkommen in der Höhe von € 314,41 abzüglich des Berufsbeitrages in der Höhe von € 75,40 berücksichtigt. Im Bescheid für Jänner 2016 wurde unter "Hinweis" vermerkt, dass wenn für Februar 2016 eine Weitergewährung der Leistungen aus Mitteln der Bedarfsorientierten Mindestsicherung benötigt werde, bestimmte Nachweise einem schriftlichen Antrag beizulegen sind. Dabei ist angeführt:

-    Lohnabrechnung Herr L. sowie

-    Nachweis der Einzahlung der Miete sowie

-    Lohnabrechnung Frau E. L..

Der Gehaltszettel für Frau E. L. für Jänner 2016 wurde am 26.02.2016 der belangten Behörde vorgelegt. Im Weitergewährungsantrag für Februar 2016 hat die Beschwerdeführerin angeführt:

„Die A.B. L. hat keine Lohnzettel bis Ende März zugesagt die Steuerberater. Und ich kann nicht sagen wie viel verdienen monatlich“

Im Akt liegt ein Versicherungsdatenauszug hinsichtlich des Ehegatten der Beschwerdeführerin auf, aus dem ersichtlich ist, dass dieser seit 01.01.2016 laufend als gewerblich selbständiger Erwerbstätiger gemeldet ist. Daraufhin erging am 01.03.2016 ein Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG. Dieser trägt folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrte Frau L.!

Bezug nehmend auf Ihren am 26.02.2016 gestellten Antrag wurde festgestellt, dass noch folgende, für die Entscheidung notwendige Unterlagen benötigt werden:

?    Einnahmen- und Ausgabenrechnung für den Monat Jänner 2016

?    Nachweisung der Einzahlung der Miete

Die fehlenden Unterlagen stellen einen Mangel gemäß § 13 Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) dar und ergeht deshalb die

V E R F A H R E N S A N O R D N U N G

Diese Unterlagen bis längstens 15.03.2016 vorzulegen.

Sollten die Unterlagen nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgereicht werden, muss Ihr Antrag zurückgewiesen werden. Eine weitere inhaltliche Prüfung Ihres Anspruches erfolgt dann nicht.“

Mit Datum 14.03.2016 ist ein neuerlicher Weitergewährungsantrag der Beschwerdeführerin im Akt. Unter Anmerkung ist verzeichnet:

„die Steuerberater gesagt das wird fertig bis Freitag. Weil alles liegt bei ihm.

Dr. Peter K.

Tel. 0xxx/xxxxxx“

Mit diesem wurde der belangten Behörde der im Mängelbehebungsauftrag geforderte Nachweis der Einzahlung der Miete vorgelegt.

Mit 18.03.2016 wurde schließlich der verfahrensgegenständliche Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde erlassen, aus dem hervorgeht, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Unterlagen noch nicht vorgelegt wurden. Die fehlenden Unterlagen wurden erst mit Erhebung der Beschwerde am 15.04.2016 der belangten Behörde vorgelegt. Aus der Beschwerdevorlage ist ersichtlich, dass am 18.03.2016 ein Telefonat stattgefunden hat, wonach die Beschwerdeführerin mitgeteilt hat, dass bis auf weiteres keine Einnahmen- und Ausgabenrechnung für Jänner 2016 vorgelegt werden kann. Dazu gibt es allerdings keinen schriftlichen Aktenvermerk im Akt.

Die Beschwerdeführerin und ihre Familie stehen bereits seit mehreren Jahren in Bezug von Bedarfsorientierter Mindestsicherung.

Mit der Beschwerde wurde der Bescheid über die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie Einkommensbestätigungen für den Zeitraum Jänner bis März 2016 samt Ergebnisübersicht vorgelegt.

Beweiswürdigend ist zu oben festgestellten Sachverhalt auszuführen, dass sich dieser unbestritten aus dem Verwaltungsakt ergeben hat. Entscheidungswesentlich in vorliegender Angelegenheit ist zum einen, dass von der belangten Behörde, wie im Mängelbehebungsauftrag festgehalten, die Vorlage einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung für den Monat Jänner 2016 verlangt wurde und zum anderen dass diese Vorlage erst mit Erhebung der Beschwerde erfolgt ist.

II. Rechtsgrundlagen

§ 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte

§ 13 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG):

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

(6) Die Behörde ist nicht verpflichtet, Anbringen, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen, in Behandlung zu nehmen.

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

(8) Der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

(9) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 10/2004)

§ 20 Salzburger Mindestsicherungsgesetz BGBl Nr 63/2010 idgF - Anträge:

(1) Antragsberechtigt sind:

1.

die Hilfe suchende Person selbst, soweit sie eigenberechtigt ist;

2.

für die Hilfe suchende Person:

a)

ihre gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreter;

b)

ihre Haushaltsangehörigen, auch ohne Nachweis der Bevollmächtigung, wenn keine Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis bestehen;

c)

ihr Sachwalter oder ihre Sachwalterin, wenn die Antragstellung zu dessen bzw deren Aufgabenbereich gehört.

(2) Anträge auf Leistungen nach diesem Gesetz sind bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen. Für Bedarfsgemeinschaften genügt die Einbringung eines gemeinsamen Antrags.

(3) Bei den Gemeinden oder den Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice eingebrachte Anträge sind von diesen unverzüglich an die Bezirksverwaltungsbehörde weiterzuleiten.

§ 23 Salzburger Mindestsicherungsgesetz BGBl Nr 63/2010 idgF – Informations- und Mitwirkungspflichten, Bedingungen:

(1) Die Behörde hat die Hilfe suchende Person sowie die sonstigen zur Antragstellung berechtigten Personen der jeweils festgestellten Sachlage entsprechend zu informieren, zu beraten und anzuleiten, soweit dies zur Erreichung der Ziele und nach den Grundsätzen dieses Gesetzes notwendig ist.

(2) Die Hilfe suchenden Personen sowie deren zur Vertretung berechtigten Personen sind verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im Rahmen der behördlichen Aufträge mitzuwirken. Insbesondere sind die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen sowie die dafür erforderlichen Urkunden und Unterlagen beizubringen. Die Hilfe suchende Person hat sich auch den für die Entscheidungsfindung unerlässlichen Untersuchungen zu unterziehen.

(3) Kommen Personen gemäß Abs 2 ihrer Mitwirkungspflicht ohne triftigen Grund nicht nach, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch jenen Sachverhalt zugrunde legen, der bisher festgestellt worden ist, wenn auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

(4) Die Gewährung von Leistungen nach diesem Gesetz kann auch von Bedingungen und Befristungen abhängig gemacht werden, die Hilfe suchende Personen sowie deren Vertreter und Sachwalter zu erfüllen haben.

III. Erwägungen

Gemäß § 13 Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Gegenstand des Prüfungsumfanges des Verwaltungsgerichtes ist im vorliegenden Verfahren die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrags auf Weitergewährung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Der Verwaltungsgerichtshof hat zum früheren Berufungsverfahren in seiner Entscheidung vom 21.03.2013, 2012/09/0120 ausgesprochen, dass "Sache" iSd § 66 Abs. 4 AVG und Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die Frage ist, ob dem Antragsteller von der unterinstanzlichen Behörde zu Recht eine Sachentscheidung verweigert wurde. Auch die Behebung des zu der Zurückweisung des Anbringens führenden Mangels kann im Berufungsverfahren nicht mehr nachgeholt werden. (vgl auch VwGH vom 27.06.2002, 98/07/0147). Nichts anderes hat daher auch für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht zu gelten. Daher hat sich das vorliegende Verfahren auf die Frage zu beschränken, ob der Beschwerdeführerin zu Recht eine inhaltliche Entscheidung verweigert wurde oder nicht.

In vorliegender Angelegenheit wurde am 26.02.2016 ein Antrag auf Weitergewährung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gestellt. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Einkommensnachweise des Ehegatten, der Tochter, sowie Nachweise der Einzahlung der Miete vorzulegen (auch bereits im Bescheid für Jänner 2016). Da für Februar 2016 diese Unterlagen noch nicht vorgelegen sind, wurden gemäß § 13 Abs 3 AVG der verfahrensgegenständliche Mängelbehebungsauftrag erlassen. Dazu ist allerdings darauf hinzuweisen, dass eine Behörde nur dann gemäß § 13 Abs 3 AVG vorgehen darf, wenn das Anbringen einen „Mangel“ aufweist, also von für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes oder des AVG an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht. Fehlt es hingegen an einer derartigen hinreichend deutlichen Anordnung hinsichtlich eines fehlerfreien Antrages, so kommt dementsprechend bei deren Nicht-Vorlage weder die Erteilung eines Verbesserungsauftrages noch – nach fruchtlosem Verstreichen der zu Unrecht gesetzten Frist – die Zurückweisung des Anbringens in Frage. Vielmehr kann die unterlassene Beibringung von Unterlagen, welche die Behörde benötigt und die sie sich nicht selbst beschaffen kann, allenfalls – als Verletzung der Mitwirkungspflicht – bei der Sachenscheidung Berücksichtigung finden (vgl Hengstschläger/Leeb, § 13 AVG Rz 27).

In einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zum Oberösterreichischen Sozialhilfegesetz (VwGH vom 22.10.2013, Zahl 2012/10/0213) hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage des Mängelbehebungsverfahrens nach § 13 Abs 3 AVG beschäftigt. Unter Verweis auf das obige Literaturzitat führt der Gerichtshof aus, dass von materiellen und formellen Mängeln eines vollständigen und fehlerfreien Anbringens jene Mängel zu unterscheiden sind, die Erfolgsvoraussetzung für die meritorische Erledigung des Antrages sind. Dazu verweist der Verwaltungsgerichtshof auf die Rechtsprechung zum Fremdenrecht, in der das Höchstgericht als derartige Erfolgsvoraussetzung die Vorlage von Urkunden zum Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes eines Niederlassungswerbers qualifiziert hat. Dies unter der Voraussetzung, dass im Gesetz lediglich beispielhaft und nicht ausreichend konkret aufgezählt wird, welche Nachweise dafür zu erbringen sind

(VwGH vom 29.04.2010, Zahl 2008/21/0302). In der Entscheidung vom 16.09.2009, Zahl 2008/05/0206, führt das Höchstgericht aus, dass als Mangel insbesondere das Fehlen von Belegen anzusehen ist, wenn die Partei aufgrund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind. Nicht verbesserungsfähig sind hingegen auch nunmehr Mängel, die die Erfolgsaussichten eines Anbringens beeinträchtigen, die also einer inhaltlich positiven Erledigung eines Anbringens entgegenstehen. In einer anderen Entscheidung (13.05.2011, Zahl 2007/10/0201) hat der Verwaltungsgerichtshof zum Steirischen Sozialhilfegesetz ausgeführt, dass die nicht ausreichende Glaubhaftmachung der Hilfsbedürftigkeit im Antrag auf Spitalskostenrückersatz keinen Mangel im Sinne von § 13 Abs 3 AVG darstellt. Vielmehr würde in einem solchen Fall gegebenenfalls eine Unvollständigkeit des Sachvorbringens vorliegen, die die Entscheidung der Behörde in der Sache allerdings nicht hindert. Zur bereits erwähnten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zum Oberösterreichischen Sozialhilfegesetz hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Frage, ob es sich beim Fehlen der Einkommensbestätigung des Beschwerdeführers um einen Mangel des Antrages handelt, oder um eine sonstige Unzulänglichkeit, die nicht die Vollständigkeit des Antrages, sondern seine Erfolgsaussichten betrifft, nach dem Oberösterreichischen Sozialhilfegesetz zu beurteilen ist. Im Oberösterreichischen Gesetz ist zum damaligen Zeitpunkt als Voraussetzung für die Gewährung von Sozialhilfe gemäß dessen § 7 das Vorliegen einer „sozialen Notlage“ angeführt. Eine solche liegt gemäß § 7 Abs 1 Z 1 bei Personen vor, die ihren Lebensunterhalt nicht decken können. Welche Unterlagen zum Nachweis dieser Voraussetzung vorzulegen sind, wird im Gesetz allerdings nicht konkret geregelt. § 24 Abs 2 Oberösterreichisches Sozialhilfegesetz 1998 verpflichtet die hilfesuchende Person lediglich dazu, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken und im Rahmen dieser Mitwirkungspflicht die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen und die „dafür erforderlichen Urkunden oder Unterlagen“ beizubringen. Die Folgen der Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ohne triftigen Grund sind in § 24 Abs 3 OÖSHG ausdrücklich geregelt. Demnach kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen, wenn die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf diese Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof kommt zum Schluss, dass sich aus dem maßgeblichen Materiengesetz somit eindeutig ergibt, dass es sich bei der Vorlage eines Einkommensnachweises aus einem bestimmten Beschäftigungsverhältnis nicht um eine einem Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG zugängliche Voraussetzung für einen vollständigen Sozialhilfeantrag, sondern um eine Erfolgsvoraussetzung handelt, bei deren Fehlen der Antrag – mangels Nachweis einer sozialen Notlage – abzuweisen ist. Inzwischen wurde das Oberösterreichische Sozialhilfegesetz wie auch in Salzburg durch das Oberösterreichische Mindestsicherungsgesetz abgelöst. In den Erläuterungen dazu ist ausgeführt, dass nun in § 28 Abs 5 Oberösterreichisches Mindestsicherungsgesetz klargestellt wird, welche Unterlagen (erforderlichenfalls) bei der Antragstellung beigebracht werden müssen. Werden diese Unterlagen auch nach Erteilung eines Verbesserungsauftrages nicht vorgelegt, so ist der Antrag zurückzuweisen. Zu dieser Festlegung hat man sich entschieden, da laut den Erläuterungen in der Praxis die Frage der Abgrenzung von

§ 13 Abs 3 AVG und § 24 Abs 3 bzw § 26 Abs 3 Oberösterreichisches Sozialhilfegesetz 1998 immer wieder Fragen aufgeworfen hat.

Das Salzburger Mindestsicherungsgesetz kennt nun keine gesetzlichen Vorgaben darüber, welche Unterlagen bei Antragstellung auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung vorzulegen ist. § 20 MSG enthält Ausführungen über die antragsberechtigten Personen, über den Ort der Einbringung und sowie über die sachliche und örtliche Zuständigkeit. Gesetzliche Bestimmungen, wonach ein Hilfsbedürftiger aus dem Gesetz ablesen könnte, welche Unterlagen vorzulegen sind - und das in unzweifelhafter und eindeutiger Weise - finden sich im Salzburger Mindestsicherungsgesetz nicht. In Entsprechung der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher davon auszugehen, dass ein Mängelbehebungsverfahren gemäß § 13 Abs 3 AVG für die Vorlage einer Einnahmen-Ausgabenrechnung des selbstständigen Ehegattens der Beschwerdeführerin nicht durch das Verfahrensrecht gedeckt ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, ist die Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens verpflichtet, die Vorlage der Unterlagen aufzutragen und ist die hilfesuchende Person durch die Mitwirkungspflicht nach § 23 Abs 2 MSG verpflichtet, dem nachzukommen. Unterlässt die hilfesuchende Person dies, dann hat die belangte Behörde, wenn auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen wurde, der Entscheidung über den Leistungsanspruch jenen Sachverhalt zugrunde zu legen, der bisher festgestellt worden ist. Die Vorlage einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung des selbständigen Ehegatten der Beschwerdeführerin ist als Erfolgsvoraussetzung für das vorliegende Mindestsicherungsverfahren zu qualifizieren, jedoch keine Antragsvoraussetzung, die aus dem Materiengesetz oder dem Verfahrensgesetz abzulesen ist. Daher war der Bescheid der belangten Behörde ersatzlos zu beheben, da ein Mängelbehebungsverfahren nach § 13 Abs 3 AVG für die Vorlage der Einnahmen- und Ausgabenrechnung nicht angezeigt ist.

Zur Frage des Unterbleibens einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht darf auf die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 VwGVG verwiesen werden. In seiner Entscheidung vom 16.11.2015, Ra 2015/12/0026 hat das Höchstgericht ausgeführt, dass gemäß der zu § 24 Abs 4 VwGVG 2014 ergangenen Rechtsprechung die Akten dann erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann (vgl VwGH vom 17.02.2015, Ra 2014/09/0007, Ra 2014/09/0008, Ra 2014/09/0023, Ra 2014/09/0035). Der EGMR lässt wiederum eine Ausnahme von der Verhandlungspflicht zu, wenn das Verfahren nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder nur hochtechnische Fragen betrifft (vgl. VwGH 27.05. 2015, Ra 2014/12/0021, und VwGH vom 21.04.2015, Ra 2015/09/0009). In vorliegender Angelegenheit war rechtlich zu überprüfen, ob die Vorlage einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung eines selbstständigen Hilfesuchenden einem Mängelbehebungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG zugänglich ist. Der in dieser Hinsicht entscheidungserhebliche Sachverhalt stand unbestritten fest (vgl dazu auch VwGH vom 24.02.2016, Ra 2015/10/0047) und führt auch nicht zur Anwendung des Unionsrechts im Sinne des Art 47 GRC. Das Absehen von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht steht daher in dieser Angelegenheit weder im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben im VwGVG, noch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

IV. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Zur vorliegenden Rechtsfrage der Anwendungsvoraussetzungen des § 13 Abs 3 AVG liegt umfangreiche und eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, von der durch das erkennenden Gericht im Rahmen dieser Entscheidung nicht abgewichen wurde. Aufgrund der klaren Rechtslage im Verfahrensrecht in Zusammenschau mit der einschlägigen Judikatur und Literatur war daher die ordentliche Revision mangels des Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einnahmen-Ausgabenrechnung kein Mangel, sondern Erfolgsvoraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2016:405.9.66.1.2.2016

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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