TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/19 W209 2217857-1

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Veröffentlicht am 19.06.2019
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Entscheidungsdatum

19.06.2019

Norm

AuslBG §15
AuslBG §32a
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W209 2217857-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Sandra HUBER und Philipp KUHLMANN als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 20.12.2018, GZ: RGS 960/08111/1708948/2018, betreffend Ausstellung einer Freizügigkeitsbestätigung für kroatische Staatsangehörige gemäß § 32a Abs. 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nach Beschwerdevorentscheidung vom 26.02.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und gemäß § 32a Abs. 4 iVm Abs. 3 AuslBG bestätigt, dass XXXX , geb. XXXX , unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hat (Freizügigkeitsbestätigung).

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine kroatische Staatsangehörige, stellte am 03.07.2018 bei der belangten Behörde (im Folgenden: AMS) einen Antrag auf Ausstellung einer Freizügigkeitsbestätigung für kroatische Staatsangehörige gemäß § 32a Abs. 4 AuslBG. Dem Antrag angeschlossen waren die Kopien ihres Reisepasses, ein ZMR-Auszug, wonach die Beschwerdeführerin seit 13.03.2018 in gemeinsamem Haushalt mit ihrem Ehegatten in Wien hauptgemeldet ist, eine kroatische Heiratsurkunde und die Sterbeurkunde ihres Ehegatten.

2. Mit Parteiengehör vom 12.12.2018 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin nach Darstellung der Rechtslage mit, dass sie von ihrem am 18.03.2018 verstorbenen Gatten kein Recht auf einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt nach dem AuslBG ableiten könne. Anhand der vorgelegten Unterlagen sei auch sonst kein Anspruch auf eine Freizügigkeitsbestätigung erkennbar. Sollte die Beschwerdeführerin bis 20.12.2018 keine weiteren Unterlagen vorlegen, die einen Anspruch begründen könnten, müsse aufgrund der Aktenlage entschieden und der Antrag abgelehnt werden.

3. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 20.12.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung einer Freizügigkeitsbestätigung mit der Begründung ab, dass für die Beschwerdeführerin bislang keine Bewilligung nach dem AuslBG ausgestellt worden sei und sie damit die Voraussetzungen nach § 32a Abs. 2 Z 1 bis 3 AuslBG nicht erfülle. Auch könne die Beschwerdeführerin von ihrem verstorbenen Ehegatten kein Recht auf unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt ableiten, wodurch auch der Tatbestand des § 32a Abs. 3 AuslBG nicht erfüllt sei.

4. Mit Schreiben vom 20.01.2019 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Bescheid vom 20.12.2018. Begründend führt sie aus, dass sie seit 1982 mit ihrem verstorbenen Ehegatten, einem kroatischen Staatsangehörigen, verheiratet gewesen sei. Ihr Ehegatte sei am 18.03.2018 verstorben. Vor seinem Tod hätten sie gemeinsam an der Adresse XXXX , XXXX , gelebt. Als EWR-Bürgerin und Witwe eines freizügigen EWR-Bürgers mit Anspruch auf Daueraufenthalt erfülle sie gemäß der Richtlinie 2004/38/EG (Unionsbürgerrichtlinie) auch nach dessen Tod die Voraussetzungen für die Freizügigkeit.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.02.2019 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das AMS zusammengefasst aus, dass § 32a Abs. 3 AuslBG einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt nur führ Ehegatten vorsehe, deren Ehe aufrecht sei und die einen gemeinsamen Wohnsitz im Bundesgebiet hätten. Dass treffe im Fall der Beschwerdeführerin nicht zu, da ihr Ehegatte am 18.03 2018 verstorben sei. Auch sei für die Beschwerdeführerin bislang keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden und eine fünfjährige Niederlassung in Österreich habe sie selbst nicht behauptet. Damit seien auch die Voraussetzungen für eine Freizügigkeitsbestätigung gemäß § 32a Abs. 4 iVm § 32a Abs. 2 Z 1 und Z 3 AuslBG nicht erfüllt. Auch die Voraussetzung des § 32a Abs. 2 Z 2 iVm § 15 Abs. 1 Z 1 AuslBG seien nicht erfüllt, da keine zweijährige rechtmäßige Niederlassung in Österreich vorliege und das Modul 1 der Integrationsvereinbarung nicht erfüllt sei.

6. Aufgrund des rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages der Beschwerdeführerin legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 24.04.2019 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin ist kroatische Staatsangehörige und war seit 1982 mit dem kroatischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet.

Die Beschwerdeführerin wohnte ab 13.03.2018 gemeinsam mit ihrem Ehemann an der Adresse XXXX , XXXX .

Ihr Gatte war seit 01.02.1991 mit Unterbrechungen in Österreich unselbständig erwerbstätig, bezog seit 01.11.2006 in Österreich eine Invaliditätspension, besitzt seit 28.08.2013 eine Anmeldebescheinigung und ist am 18.03.2018 verstorben.

2. Beweiswürdigung:

Die kroatische Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin und ihres Gatten steht ebenso wie die Ehe der beiden aufgrund der Aktenklage als unstrittig fest.

Die Feststellungen zum Wohnsitz der Beschwerdeführerin und ihres Gatten gründen auf dem im Verfahren vorgelegten ZMR-Auszug.

Die Feststellungen zum Arbeitsmarktzugang und zum Bezug einer Arbeitsunfähigkeitspension des verstorbenen Gatten der Beschwerdeführerin gründen auf einem von Amts wegen eingeholten Versicherungsdatenauszug.

Der Besitz einer Anmeldebescheinigung ab dem angegebenen Zeitpunkt ergibt sich aus einer vom AMS eingeholten Auskunft der Magistratsabteilung 35.

Der Zeitpunkt des Todes ergeht aus der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Sterbeurkunde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die im vorliegenden Fall anzuwendenden maßgebenden Bestimmungen des AuslBG lauten:

"Übergangsbestimmungen zur EU-Erweiterung

§ 32a. (1) Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am 1. Jänner 2007 aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag von Luxemburg), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 157 vom 21. Juni 2005, Seite 11, der Europäischen Union beigetreten sind, genießen keine Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l, es sei denn, sie sind Angehörige eines gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigten Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG.

(2) EU-Bürger gemäß Abs. 1 haben unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie

1. am Tag des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens zwölf Monate zum Arbeitsmarkt zugelassen waren oder

2. die Voraussetzungen des § 15 sinngemäß erfüllen oder

3. seit fünf Jahren im Bundesgebiet dauernd niedergelassen sind und über ein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügen.

(3) Ehegatten und eingetragene Partner von EU-Bürgern gemäß Abs. 2 und deren Verwandte in gerader absteigender Linie, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und darüber hinaus, sofern ihnen von diesen Unterhalt gewährt wird, haben unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie mit diesen einen gemeinsamen rechtmäßigen Wohnsitz im Bundesgebiet haben.

(4) Das Recht auf unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Abs. 2 und 3 ist von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu bestätigen. Die Bestätigung ist vor Beginn der Beschäftigung einzuholen. Der Arbeitgeber hat eine Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereitzuhalten. Die Bestätigung erlischt bei Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem nicht nur vorübergehenden Grunde.

(5) bis (10) [...]

(11) Aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union, ABL. Nr. L 112 vom 24.04.2012 S. 10, gelten die Abs. 1 bis 9 ab dem EU-Beitritt Kroatiens sinngemäß für Staatsangehörige der Republik Kroatien und für Arbeitgeber mit Betriebssitz in der Republik Kroatien. Kroatischen Staatsangehörigen, die bis zum Beitritt gemäß § 17 zur Ausübung einer Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet berechtigt waren, ist ohne weitere Prüfung ein unbeschränkter Arbeitsmarktzugang zu bestätigen. Die Abs. 3 und 4 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass den dort genannten Familienangehörigen in den ersten zwei Jahren ab dem Beitritt unbeschränkter Arbeitsmarktzugang nur dann zu bestätigen ist, wenn sie mit dem kroatischen Staatsangehörigen, der bereits unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hat, am Tag des Beitritts oder, sofern sie erst später nachziehen, mindestens achtzehn Monate einen gemeinsamen rechtmäßigen Wohnsitz im Bundesgebiet hatten. Diese Frist entfällt, wenn der kroatische Staatsangehörige bis zum Beitritt über eine "Rot-Weiß-Rot - Karte", eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus", eine "Blaue Karte EU" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" verfügt hat.

(12) [...]"

§ 15 AuslBG lautet:

"Niedergelassene Ausländer

§ 15. (1) Ausländern, die im Besitz einer "Niederlassungsbewilligung" oder einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" sind, wird im Rahmen eines Zweckänderungsverfahrens zur Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" unbeschränkter Arbeitsmarktzugang eingeräumt (§ 17), wenn sie

1. seit zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen und fortgeschritten integriert sind oder

2. im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines gültigen Befreiungsscheines sind oder

3. Ehegatte, eingetragener Partner oder minderjähriges lediges Kind (einschließlich Stief- und Adoptivkind) eines Ausländers gemäß Z 1 oder 2 und bereits zwölf Monate rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen sind.

(2) Als fortgeschritten integriert im Sinne des Abs. 1 Z 1 gelten Personen, die bereits erlaubt im Bundesgebiet beschäftigt waren oder deren Zulassung zu einer Beschäftigung im Hinblick auf ihre besondere soziale und familiäre Verankerung in Österreich geboten ist. Dazu gehören insbesondere nachgezogene Familienangehörige, die das Modul I der Integrationsvereinbarung erfüllt haben. Bei Opfern familiärer Gewalt kann vom Erfordernis einer zweijährigen rechtmäßigen Niederlassung abgesehen werden, wenn die Aufnahme einer Beschäftigung zur Sicherung einer selbständigen Lebensführung geboten ist."

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Den Feststellungen zufolge war der Ehegatte der Beschwerdeführerin seit 28.08.2013 im Besitz einer Anmeldebescheinigung gemäß § 53 NAG, die bestätigt, dass ihm ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht für einen drei Monate übersteigenden Aufenthalt zukam (§§ 51 und 52 NAG). Somit gilt der Ehegatte der Beschwerdeführerin zumindest seit 28.08.2013 als rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen.

Unbestritten fest steht auch, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin seit 01.02.1991 mit Unterbrechungen in Österreich unselbständig erwerbstätig war und seit 01.11.2006 mit aufrechtem Wohnsitz in Österreich eine Invaliditätspension bezog. Damit ist auch die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 15 Abs. 1 Z 1 AuslBG - die fortgeschrittene Integration - zweifelsfrei erfüllt und zunächst festzuhalten, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin (zumindest) seit September 2015 gemäß § 32a Abs. 2 Z 2 iVm § 15 Abs. 1 Z 1 AuslBG einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hatte.

Gemäß § 32a Abs. 3 AuslBG haben Ehegatten von EU-Bürgern mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang ebenfalls unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie mit diesen einen gemeinsamen rechtmäßigen Wohnsitz im Bundesgebiet haben.

§ 32a Abs. 11 AuslBG normiert jedoch für kroatische Staatsangehörige hiervon insofern eine Ausnahme, als § 32a Abs. 3 AuslBG in den ersten beiden Jahren nach dem Beitritt Kroatiens zur EU erst zur Anwendung gelangt, wenn der Ehegatte sowie der - unbeschränkten Arbeitsmarktzugang genießende - EU-Bürger gemäß § 32a Abs. 2 leg.cit. mindestens achtzehn Monate einen gemeinsamen rechtmäßigen Wohnsitz im Bundesgebiet hatten. Im vorliegenden Fall erfolgte die Begründung des Wohnsitzes nach dem zweiten Jahr des Beitritts Kroatiens und ist daher nicht mehr auf die Dauer des gemeinsamen Wohnsitzes abzustellen (Wegfall der 18-monatigen Wartefrist). Somit gelangte § 32a Abs. 3 AuslBG mit der Begründung des gemeinsamen Wohnsitzes (am 13.03.2018) auf die Beschwerdeführerin zur Anwendung und hatte sie daher ab diesem Zeitpunkt einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Ehegatte der Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt bereits im Krankenhaus befand, zumal dies nichts am Bestand seines rechtmäßigen Wohnsitzes ändert (vgl. § 1 Abs. 6 MeldeG).

Nummer 1 der Übergangsmaßnahmen zur Freizügigkeit (Anhang V der Liste nach Artikel 18 der Beitrittsakte Punkt 2.) normiert hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Dienstleistungsfreiheit mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften iSd Art. 1 der Richtlinie 96/71/EG, dass Art. 45 und Art. 56 Abs. 1 AEUV zwischen Kroatien einerseits und den derzeitigen Mitgliedstaaten andererseits in vollem Umfang nur vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen der Nummern 2 bis 13 gelten. Hinsichtlich der Bestimmungen über die Einreise und den Aufenthalt gelten keine Übergangsregeln (Deutsch/Nowotny/Seitz, AuslBG2 (2018) S, 566).

Somit kommt - die in Umsetzung des Art. 45 AEUV und des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG (Unionsbürgerrichtlinie) ergangene Bestimmung des - § 52 Abs. 2 NAG uneingeschränkt zur Anwendung, wonach der Tod des Unionsbürgers oder sein Wegzug aus dem Aufnahmemitgliedstaat das Aufenthaltsrecht seiner Familienangehörigen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, nicht berührt. Damit ging durch den Tod des Ehegatten der Beschwerdeführerin auch die gemäß Art. 23 der Richtlinie 2004/38/EG mit dem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht verbundene Arbeitnehmerfreizügigkeit, die wie bereits oben dargelegt mit der Begründung des Wohnsitzes erworben wurde, nicht verloren und ist daher im Ergebnis festzuhalten, dass die Voraussetzungen des § 32a Abs. 3 AuslBG auch nach dem Tod des Ehegatten (am 18.03.2018) weiter vorliegen.

Dementsprechend ist der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG Folge zu geben und der Beschwerdeführerin gemäß § 32a Abs. 4 AuslBG zu bestätigen ist, dass sie unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hat (Freizügigkeitsbestätigung).

Das entsprechende Dokument "Freizügigkeitsbestätigung" ist vom AMS auszustellen. Eines eigenen Ausspruches darüber bedarf es nicht. Diese Verpflichtung der Behörde besteht ex lege (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. überarbeitete Auflage, § 28 VwGVG K 39).

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Beschwerdeführerin hat einen solchen Antrag gestellt. Der erkennende Senat erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beschwerdevorentscheidung aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. Beschluss des VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ehepartner, Freizügigkeitsbestätigung, Wohnsitz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2217857.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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