TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/13 W169 2219865-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.2019
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Entscheidungsdatum

13.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2219865-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2019, Zl. 1100389203-190428088, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VIII des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2016 legal mit einem Studentenvisum in Österreich ein.

Am 26.04.2019 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag führte der Beschwerdeführer aus, dass er die Sprachen Hindi, Telugu, Englisch und Deutsch spreche und im Herkunftsland zehn Jahre die Grundschule, zwei Jahre ein College und drei Jahre eine Universität besucht habe. In Indien würden seine Eltern und seine beiden Brüder leben. Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in Indien eine Frau aus einer reichen Familie geliebt habe, wobei ihre Eltern den Beschwerdeführer nicht akzeptiert hätten. Sie hätten einen Anschlag auf ihn verübt und ihn töten wollen. Ihr Vater habe eine große Gefolgschaft und schicke immer Leute, um ihn zu misshandeln. Weil sie reich seien, könnten sie die Polizei bestechen, weshalb er nicht bei der Polizei um Schutz ansuchen könne. Einmal sei er geschlagen worden, danach sei noch weitere Male versucht worden, ihn zu schlagen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, umgebracht zu werden. Erst wenn diese Frau einen anderen Mann heirate, werde sich die Lage für ihn etwas beruhigen.

2. Am 30.04.2019 wurden dem Beschwerdeführer aktuelle Länderfeststellungen zu Indien ausgehändigt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, dazu schriftlich eine Stellungnahme abzugeben bzw. bei der Einvernahme mündlich dazu Stellung zu beziehen.

3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.05.2019 führte der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei und bisher die Wahrheit angegeben habe. Er habe sein Heimatland legal im Mai 2016 verlassen. Er gehöre der Volksgruppe der Kapus und der Religionsgemeinschaft der Hindus an. Er habe in Indien mit seinen Eltern und seinen beiden Brüdern im Heimatdorf gelebt und sei von seinem Vater finanziell unterstützt worden. Seine Familie würde ein kleines Haus und eine Landwirtschaft besitzen. Er habe in Indien nicht gearbeitet, er habe studiert; er habe den Bachelor in Commerce abgeschlossen. Seine Eltern hätten in Indien gearbeitet und ihn unterstützt; auch seine beiden Brüder hätten in der Landwirtschaft mitgeholfen. Zu seiner Familie im Heimatland habe er regelmäßig Kontakt.

Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor (LA: Leiter der Amtshandlung; VP nunmehriger Beschwerdeführer):

"(...)

LA: Aus welchem Grund haben Sie nunmehr Ihren Herkunftsstaat verlassen bzw. einen Asylantrag gestellt?

VP: Ich hatte eine Beziehung mit einer Frau, die aus einer wohlhabenden Familie stammt. Ihre Familie hatte auch großen politischen Einfluss. Ihre Familie war gegen unsere Beziehung und gegen mich. Einmal wurde auch ein Anschlag gegen mich verübt. Ich konnte allerdings von dort flüchten. Jedoch waren sie auf der Suche nach mir. Ich hatte Angst um mein Leben. Meine Eltern schlugen mir vor, das Land zu verlassen. Sie sagten, so lange das Problem nicht gelöst wird, soll ich ins Ausland gehen. Das ist der Grund.

LA: Wann haben Sie diese Frau kennen gelernt?

VP: Im Jahr 2013.

LA: Erzählen Sie weiter!

VP: Wir haben uns im selben College kennengelernt und kamen uns immer näher. Nach einem Monat fragte ich sie, ob sie mit mir zusammen sein möchte. Sie sagte ja. Zwei Jahre führten wir eine schöne und gesunde Beziehung. Bis zum Jahr 2015, als ihre Eltern von unserer Beziehung erfahren haben. Nachdem sie es erfahren haben, wollten sie mir Schaden zufügen. Ich wurde von ihnen geschlagen und meine Freundin wurde von ihnen gefoltert. Da ihr Vater ein sehr wohlhabender Mann ist und zu allem fähig ist, bin ich hierher geflüchtet.

LA: Wann genau haben die Eltern das erfahren?

VP: Ich kann mich nicht mehr erinnern. Es war vielleicht im Februar oder im März.

LA: Welchen Schaden wollte sie ihnen zufügen?

VP: Sie haben versucht, mich zu töten.

LA: Wann war das?

VP: Auch im Jahr 2015, als sie davon erfahren haben.

LA: Wann genau?

VP: Das weiß ich jetzt nicht ganz genau, aber es war im März.

LA: Was ist genau passiert? Schildern Sie die Situation!

VP: Ich lebe im Dorf. Sie leben in der Stadt. Als ich eines Tages auf dem Heimweg war, wurde ich mitten in der Straße von ihnen angehalten und geschlagen. Die Einwohner der Umgebung konnten den Vorfall miterleben. Sie retteten mich vor dem Anschlag. Sie haben es noch 2-3 Mal versucht, aber bis dahin bin ich schon geflüchtet.

LA: Woher wissen Sie dann, dass sie es noch zwei bis drei Mal versucht haben?

VP: Weil sie immer wieder kamen und fragten, wo ich bin.

LA: Was meinen Sie mit, sie wurden von "ihnen" angehalten? Von wem genau wurden Sie angehalten und geschlagen?

VP: Der Vater meiner Freundin hat einige Leute engagiert, damit sie mich schlagen.

LA: Woher wissen Sie das?

VP: AW lächelt. Der Angreifer fragte mich zuerst: " Warum führst du mit seiner Tochter eine Beziehung?"

LA: Wie viele Angreifer waren da? Mehrere?

VP: Sechs oder acht.

LA: Und die sind alle aus dem Auto ausgestiegen?

VP: Sie waren mit dem Motorrad unterwegs.

LA: Zu welcher Tageszeit war das?

VP: Es war am Abend. Nachgefragt gibt AW an, dass er sich an das Datum nicht erinnern kann. Es war ca. gegen 17 oder 18 Uhr. Ich war auf dem Weg nach Hause.

LA: Wurden Sie verletzt bei dem Angriff?

VP: Nicht so stark, aber auf dem Kopf viel. Auf dem Körper wurde ich auch verletzt.

LA: Waren Sie im Krankenhaus danach?

VP: Ja, wegen dem Kopf.

LA: Was wurde festgestellt?

VP: Sie haben gesagt, es ist nichts Gefährliches. Es ist eine normale Verletzung.

LA: Was passierte nach dem Vorfall?

VP: Ich ging nach Hause und beantragte das Visum. Bis zum Erhalt ging ich nicht aus dem Haus.

LA: Wie lange hat das gedauert?

VP: 2 Monate.

LA: In den zwei Monaten gab es keine weiteren Vorfälle?

VP: Nein, zu Hause nicht. Nur draußen, wo ich mich normalerweise aufgehalten haben.

LA: Was ist mit Ihrer Freundin passiert?

VP: Seitdem ich hier bin, habe ich keinen Kontakt mehr mit ihr. Ich weiß nicht, wie es ihr jetzt geht.

LA: Wann war der letzte Kontakt?

VP: Nachdem ihre Eltern davon erfahren haben, konnte ich sie danach nur mehr einmal kontaktieren.

LA: Gesehen haben Sie sich gar nicht mehr?

VP: Nein.

LA: Warum stellen Sie erst jetzt einen Asylantrag, obwohl sie schon seit 2016 in Österreich sind?

VP: Weil ich so lange ein Visum hatte.

LA: Was passierte in der Zwischenzeit zu Hause? Werden Sie noch immer gesucht?

VP: Ja, ab und zu fragen sie noch immer meine Freunde über meinen Aufenhalt.

LA: Woher wissen sie das?

VP: Meine Freunde erzählen das meiner Familie.

LA: Wann war der letzte Vorfall?

VP: Das weiß ich nicht. Ich habe nicht danach gefragt. Nachgefragt gibt AW an, dass im Dezember 2018 zwei Männer zu meinen Freunden hingingen und nach mir fragten.

LA: Haben sie jemals Anzeige erstattet?

VP: Nein. Es hätte nichts gebracht, weil die Polizei auf ihrer Seite wäre, weil sie ja wohlhabend sind und politischen Einfluss haben. Das bedeutet automatisch, dass die Polizei auf ihrer Seite ist.

LA: Das heißt, in Österreich haben Sie jetzt nicht studiert? Sie hatten ja ein Studentenvisum.

VP: Ja ich bin so eingereist, aber vorher muss ich C1 absolvieren, damit ich studieren kann. Ich habe bis jetzt nur Kurse besucht.

LA: Was möchten Sie dann studieren?

VP: Wirtschaftsinformatik.

LA: Theoretisch was befürchten sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

VP: Ich werde getötet.

LA: In Indien gibt es kein Meldewesen. Haben Sie daran gedacht, sich woanders in Indien niederzulassen?

VP: Ich könnte in Indien gefunden werden. Sie haben ein großes Netzwerk. Ich hätte immer Angst, gefunden zu werden.

(...)"

Zu seinen Lebensumständen in Österreich führte der Beschwerdeführer an, dass er im Bundesgebiet keinen Verwandten habe, mehrere Deutschkurse besucht habe und mittelmäßig Deutsch spreche. Er gehe keiner Beschäftigung nach, sei nicht Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation und stelle gelegentlich Zeitungen zu. Wenn er mehr Geld benötige, schicke ihm seine Familie aus Indien Geld.

Zu den dem Beschwerdeführer übermittelten aktuellen Länderfeststellungen zu Indien gab der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ab.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte der Beschwerdeführer diverse Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen, das ÖSD-Zertifikat B2 vom Februar 2019, eine Anmeldung für ein Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" sowie seinen Führerschein vor.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AslyG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt IV und V). Unter Spruchpunkt VI wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII). Unter Spruchpunkt VIII wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15 b Abs 1 AsylG aufgetragen, ab dem 26.04.2019 in einem namentlich genannten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werde. Darüber hinaus stehe dem Beschwerdeführer auch eine inländische Fluchtalternative offen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der relativ kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde -anders als im Spruch des Bescheides - damit begründet, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche. Hinsichtlich der Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15 b AsylG wurde festgehalten, dass aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrages auf internationalen Schutz eine Anordnung zur Unterkunftnahme geboten sei.

5. Gegen diesen Bescheid wurde durch die bevollmächtigte Vertreterin des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben und nach Wiederholung der Fluchtgründe ausgeführt, dass die indischen Behörden schutzunwillig und schutzunfähig seien. Dies wäre von der Behörde jedenfalls zu untersuchen gewesen, eventuell auch durch Recherchen vor Ort. Dadurch, dass das nicht passiert sei, liege ein schwerer Begründungsmangel vor. Unabhängig davon drohe dem Beschwerdeführer bei einer Abschiebung nach Indien die Gefahr, in eine existenzbedrohende Lage zu geraten, weshalb dem Beschwerdeführer jedenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren wäre. Auch hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers sei nur eine unzureichende Behandlung erfolgt. Somit hätte jedenfalls eine Rückkehrentscheidung als auf Dauer für unzulässig erklärt werden müssen. Zudem sei nicht zu verstehen, warum das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer die aufschiebende Wirkung aberkannt habe. Es gäbe keinen ersichtlichen Grund dafür und "führe ich dies wieder auf eine verfehlte Politik zurück". Auch sei die Unterkunftnahme in Traiskirchen nicht verständlich. Der Beschwerdeführer könne sich selbst erhalten und beziehe keine Grundversorgung. Es sei daher nicht einzusehen, warum das Bundesamt ihm auftrage, in Traiskirchen Unterkunft zu nehmen. Es werde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Andhra Pradesh und gehört der Religionsgemeinschaft der Hindus an. Seine Identität steht fest. Er spricht die Sprachen Telugu, Hindi, Englisch und Deutsch und besuchte im Heimatland zehn Jahre die Grundschule, zwei Jahre ein College und drei Jahre eine Universität, welche er mit dem Bachelor in Commerce abschloss. Der Beschwerdeführer lebte bis zur Ausreise mit seinen Eltern und seinen beiden Brüdern im Elternhaus im Heimatdorf. Den Lebensunterhalt konnte die Familie durch die familieneigene Landwirtschaft sichern. Sowohl die Eltern als auch die Brüder des Beschwerdeführers arbeiten in der familieneigenen Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und gesund. Der Beschwerdeführer reiste im Mai 2016 legal mit einem Studentenvisum in Österreich ein und stelle am 26.04.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hatte keine Probleme mit den Behörden im Heimatland. Die Fluchtgründe des Beschwerdeführers - Bedrohungen seitens der Familie der Freundin des Beschwerdeführers sind - nicht glaubwürdig und werden dem Verfahren nicht zugrunde gelegt. Unabhängig davon würde dem Beschwerdeführer in Indien eine inländische Schutz- bzw. Fluchtalternative offenstehen. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörigen in Österreich. Er hat mehrere Deutschkurse besucht und den B2-Deutschkurs abgeschlossen. Er ist nicht Mitglied in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation, geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung. Er wird in Österreich auch von seinen Eltern finanziell unterstützt. Er ist strafgerichtlich unbescholten und steht im erwerbsfähigem Alter. Der Beschwerdeführer hat das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" angemeldet. Im Herkunftsstaat leben nach wie vor die Eltern und die beiden Brüder des Beschwerdeführers. Zu diesen hat der Beschwerdeführer regelmäßigen Kontakt.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Sicherheitslage

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven, die sich oft in kommunal begrenzten Ausschreitungen entladen (GIZ 3.2018a). Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011 in Mumbai, September 2011 in New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 in Chennai und Dezember 2014 in Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Aber auch im Rest des Landes gab es Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund. Im März 2017 platzierte eine Zelle des "Islamischen Staates" (IS) in der Hauptstadt des Bundesstaates Madhya Pradesh eine Bombe in einem Passagierzug. Die Terrorzelle soll laut Polizeiangaben auch einen Anschlag auf eine Kundgebung von Premierminister Modi geplant haben (BPB 12.12.2017).

Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 3.2018a). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 18.9.2018).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 898 Todesopfer durch terrorismus-relevante Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 803 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 wurden 935 Menschen durch Terrorakte getötet. Bis zum 13.1.2019 wurden 12 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 13.1.2019).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.) einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie. Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, sondern vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2018).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 18.9.2018).

Pakistan und Indien

Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs in seiner Gesamtheit zu Indien nicht zur Disposition steht (AA 11.2018b). Seit 1947 gab es bereits drei Kriege aufgrund des umstrittenen Kaschmir-Gebiets (BBC 23.1.2018).

Nach dem friedlichen Unabhängigkeitskampf gegen die britische Kolonialherrschaft zeigte bereits die blutige Teilung Britisch-Indiens, die mit einer Massenflucht, schweren Gewaltausbrüchen und Pogromen einherging, wie schwierig es sein wird, die ethnisch, religiös, sprachlich und sozioökonomisch extrem heterogene Gesellschaft in einem Nationalstaat zusammenzuhalten. Die inter-religiöse Gewalt setzte sich auch nach der Teilung zwischen Indien und Pakistan fort (BPB 12.12.2017).

Indien wirft Pakistan vor, Infiltrationen von Terroristen auf indisches Staatsgebiet zumindest zu dulden, wenn nicht zu befördern. Größere Terroranschläge in Indien in den Jahren 2001 und 2008 und ein terroristischer Angriff auf eine Militärbasis im indischen Teil Kaschmirs im September 2016 hatten die Spannungen in den bilateralen Beziehungen erheblich verschärft. Gemäß Regierungserklärung reagierte Indien auf den Anschlag, bei dem 18 indische Soldaten ums Leben kamen, mit einer begrenzten Militäroperation ("surgical strike") im pakistanisch kontrollierten Teil Kaschmirs, die sich nach indischen Angaben gegen eine bevorstehende terroristische Infiltration richtete. Immer wieder kommt es zu Schusswechseln zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir. Indien sieht Pakistan in der Verantwortung für die terroristischen Bedrohungen an seiner Nordwestgrenze und erhöht den Druck auf den Nachbarn, um wirksame pakistanische Maßnahmen gegen den Terrorismus zu erreichen (AA 11.2018b).

Der von 2014-2015 Hoffnung gebende Dialogprozess zwischen beiden Seiten ist 2016 zum Stillstand gekommen. Aktuell sind die Beziehungen auf sehr niedrigem Niveau stabil (AA 11.2018b).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (11.2018b): Indien, Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/indien-node/-/206046, Zugriff 23.1.2019

-

BBC - British Broadcasting Corporation (23.1.2018): India country profile - Overview,

http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 29.1.2019

-

BPB - Bundeszentrale für Politische Bildung (12.12.2017):

Innerstaatliche Konflikte - Indien, http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/215390/indien, Zugriff 23.10.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2018a): Indien, https://www.liportal.de/indien/geschichte-staat/, Zugriff 11.10.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

-

SATP - South Asia Terrorism Portal (13.1.2019): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2019,

http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/database/indiafatalities.htm, Zugriff 23.1.2019

Religionsfreiheit

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit (USDOS 29.5.2018; vgl. AA 18.9.2018), ordnet eine säkularen Staat an, fordert den Staat auf, alle Religionen unparteilich zu behandeln und verbietet Diskriminierung auf religiöser Basis. Nationales und bundesstaatliches Recht gewähren die Religionsfreiheit jedoch unter dem Vorbehalt der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral (USDOS 29.5.2018). Der Schutz umfasst sowohl die innere Glaubensfreiheit als auch die Ausübung und im Prinzip auch die Verbreitung der Religion (AA 18.9.2018). Religionsfreiheit wird im Allgemeinen auch in der Praxis respektiert (FH 27.1.2018) und kaum eingeschränkt (AA 18.9.2018). Premierminister Modi hat sich im Februar 2015 zur Religionsfreiheit und der Gleichwertigkeit aller Religionen bekannt (AA 25.4.2015). Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Religionsgruppen werden von der Regierung nicht geduldet (AA 25.4.2015). Das friedliche Nebeneinanderleben im multi-ethnischen, multi-religiösen Indien ist zwar die Norm, allerdings sind in einigen Unionsstaaten religiöse Minderheiten immer wieder das Ziel fundamentalistischer Fanatiker, oft auch mit Unterstützung lokaler Politiker (ÖB 12.2018). Die existierenden Spannungen, haben in der Vergangenheit auch zu massiven Gewaltausbrüchen geführt (2013 in Muzzafarnagar/Uttar Pradesh mit mehr als 40 Toten) (AA 18.9.2018). Berichten zufolge kommt es zu religiös motivierten Morden, Überfällen, Unruhen, Zwangskonvertierungen, Aktionen, die das Recht des Einzelnen auf Änderung seiner religiösen Überzeugung zum Ziel haben sowie zu Diskriminierung und Vandalismus. Es kommt auch zu Bedrohungen und Übergriffen von Hindu-Nationalisten auf Muslime und Christen sowie zur Zerstörung ihres Eigentums aufgrund ihres Glaubens und im Zuge von Streitereien über die örtliche Lage von Kirchen und Moscheen (USDOS 29.5.2018).

Die größten religiösen Gruppen, nach ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung bei der Volkszählung aus dem Jahr 2011, sind Hindus (79,8 Prozent), Muslime (14,2 Prozent), Christen (2,3 Prozent) und Sikhs (1,7 Prozent) (CIA Factbook 15.1.2019). Muslime, Sikhs, Christen, Parsis, Janais und Buddhisten gelten als gesetzlich anerkannte Minderheitengruppen unter den religiösen Gruppierungen (USDOS 29.5.2018; vgl. AA 18.9.2018), deren Vertreter in einer staatlichen Nationalen Minderheitenkommission sitzen. Hinzu kommen eine schier unüberschaubare Vielzahl unterschiedlicher indigener Volksgruppen mit eigenen animistischen Riten ("Adivasis" genannt), und die zahlenmäßig kleinen jüdischen und Bahai-Gemeinschaften (AA 18.9.2018). Das Gesetz legt fest, dass die Regierung die Existenz dieser religiösen Minderheiten schützt und Konditionen für die Förderung ihrer individuellen Identitäten begünstigt. Bundesstaatliche Regierungen sind dazu befugt, religiösen Gruppen gesetzlich den Status von Minderheiten zuzuerkennen (USDOS 29.5.2018).

Die Gesetzgebung in mehreren Staaten mit Hindumehrheit verbietet religiöse Konversion, die aus Zwang oder "Verlockung" erfolgt, was sehr weit ausgelegt werden kann, um Personen, die missionarisch tätig sind, zu verfolgen. Manche Bundesstaaten fordern für Konversion eine Genehmigung der Regierung (FH 27.1.2018). In acht der 29 Bundesstaaten (Arunachal Pradesh, Chhattisgarh, Gujarat, Himachal Pradesh, Jharkhand, Madhya Pradesh, Odisha und Rajasthan) bestehen Anti-Konvertierungsgesetze. Ausländische Missionare jeglicher Religionszugehörigkeit benötigen "Missions-Visa" ("missionary visa") (USDOS 29.5.2018).

Die Nationale Kommission für Minderheiten, welcher Vertreter der sechs ausgewiesenen religiösen Minderheiten und der Nationale Menschenrechtskommission angehören, untersucht Vorwürfe von religiöser Diskriminierung. Das Ministerium für Minderheitenangelegenheiten ist auch befugt, Untersuchungen anzustellen. Diese Stellen verfügen über jedoch über keine Durchsetzungsbefugnisse, sondern legen ihre gewonnenen Erkenntnisse zu Untersuchungen auf Grundlage schriftlicher Klagen durch Beschwerdeführer bei, welche strafrechtliche oder zivilrechtliche Verstöße geltend machen, und legen ihre Ergebnisse den Strafverfolgungsbehörden zur Stellungnahme vor. Achtzehn der 29 Staaten des Landes und das National Capital Territory of Delhi verfügen über staatliche Minderheitenkommissionen, die auch Vorwürfe religiöser Diskriminierung untersuchen (USDOS 29.5.2018).

Gewalt gegen religiöse Minderheiten, wurde 2017 in Indien zu einer zunehmenden Bedrohung (HRW 18.1.2018). 2018 versäumte es die Regierung, wachsende Gewaltausübung gegen religiöse Minderheiten - oft von Gruppen, welche behaupten, die regierende Bharatiya Janata Party (BJP) zu unterstützen - zu verhindern oder glaubwürdig zu untersuchen. Gleichzeitig unterstützten einige hochrangige Persönlichkeiten der BJP öffentlich die Täter solcher Verbrechen, halten Hetzreden gegen Minderheitengruppen und unterstützen die hinduistische Vorherrschaft und den Ultranationalismus, was zu weiterer Gewalt führt (HRW 17.1.2019).

Personenstandsgesetze gelten nur für bestimmte Religionsgemeinschaften in Fragen der Ehe, Scheidung, Adoption und Vererbung. Die Regierung gewährt bei der Ausarbeitung dieser Gesetze erhebliche Autonomie für die Personenstandsgremien. Das hinduistische, das christliche, das Parsi und das islamische Personenstandsgesetz sind rechtlich anerkannt und gerichtlich durchsetzbar (USDOS 29.5.2018). Im Familienrecht genießen Muslime wie auch Christen besondere Freiheiten, die ihnen die Beachtung ihrer Traditionen ermöglichen (AA 18.9.2018).

Der Wahlsieg der Hindu-nationalistischen BJP im Jahr 2014 löste in der Öffentlichkeit eine intensive Diskussion über das Spannungsfeld zwischen den Werten einer säkularen Verfassung und einer in Teilen zutiefst religiösen Bevölkerung aus; die Debatte zu religiös motivierter Gewalt wird lebhaft und kontrovers geführt (AA 18.9.2018). Die Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen den Religionsgruppen hat im Jahr 2017 nach offiziellen Angaben zugenommen: Im Vergleich zum Vorjahr (2017: 706 Fälle) auf 822 erfasste Fälle mit insgesamt 111 Toten (2017: 86 Tote) (AA 18.9.2018).

Die Mehrzahl der Übergriffe dürfte hindu-fundamentalistisch motiviert sein; eine offizielle Aufschlüsselung gibt es nicht. Gewalttätige Übergriffe durch selbsternannte Retter der "gau mata" (Heilige Mutter Kuh im Hinduismus) haben an Intensität und Zahl zugenommen (AA 18.9.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (25.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

-

CIA - Central Intelligence Agency (15.11.2019): The World Factbook

-

India,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html, Zugriff 23.1.2019

-

FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018

-

HRW - Human Rights Watch(17.1.2019): World Report 2019 - India, ttps://www.ecoi.net/de/dokument/2002249.html, Zugriff 23.1.2019

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422455.html, Zugriff 23.10.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

-

USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2018 Report on International Religious Freedom - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436757.html, Zugriff 29.10.2018

Relevante Bevölkerungsgruppen

Die Verfassung verbietet Diskriminierung auf Basis von Rasse, Geschlecht, Invalidität, Sprache, Geburtsort, Kaste oder sozialen Status. Die Regierung arbeitet mit unterschiedlichem Erfolg an der Durchsetzung dieser Bestimmungen (USDOS 20.4.2018). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 12.2018).

Quellen:

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BICC - Bonn International Centre for Conversion (12.2018):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2018_indien.pdf, Zugriff 29.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

Meldewesen

Noch gibt es in Indien kein nationales Melde- bzw. Staatsbürgerschaftsregister. Die Regierung verfolgt seit einigen Jahren ein nationales Projekt zur Registrierung der Staatsbürger, und damit verbunden wird die Ausstellung von Personalausweisen ("Aadhar Card") sein. Von der Realisierung dieses Projektes ist man trotz einiger Vorarbeit aber noch weit entfernt. Es gibt kein Meldewesen in Indien (ÖB 12.2018; vgl. AA 18.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. Auch in jüngerer Zeit wurden bei rückgeführten abgelehnten indischen Asylbewerbern keine Benachteiligungen nach Rückkehr bekannt. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 18.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft des Beschwerdeführers, zu seiner schulischen und universitären Ausbildung, zu seinen familiären Verhältnissen im Herkunftsstaat und zu seiner Einreise nach Österreich sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat, mehrere Deutschkurse besuchte und den B2-Deutschkurs erfolgreich abgeschlossen hat, keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht, von seinen Eltern finanziell unterstützt wird, nicht Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation ist , ein Gewerbe angemeldet hat und gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und den diesbezüglich im Verfahren vorgelegten Unterlagen.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins Österreichische Strafregister.

Dass der Beschwerdeführer keine Probleme mit den Behörden in seinem Herkunftsstaat hatte, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine diesbezüglichen Probleme vorbrachte.

Die Fluchtgründe des Beschwerdeführers waren nicht glaubwürdig, zumal diese sehr oberflächlich und vage waren und der Beschwerdeführer keine detaillierte und umfassende Schilderung der Ereignisse vorbringen konnte. Zudem waren die Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.05.2019 auch widersprüchlich und nicht nachvollziehbar, zumal der Beschwerdeführer angab, dass die Eltern seiner Freundin im März 2015 versucht hätten, einen Anschlag auf ihn auszuüben, wobei der Beschwerdeführer nach diesem Anschlag nach Hause gegangen sei, ein Visum beantragt hätte und bis zum Erhalt des Visums nicht mehr das Haus verlassen hätte. Auf die anschließende Frage, wie lange die Ausstellung des Visums gedauert hätte, gab der Beschwerdeführer dann aber an, dass er zwei Monate darauf gewartet habe. Demnach müsste der Beschwerdeführer, würde man annehmen, der vom Beschwerdeführer behauptete Anschlag wäre Ende März 2015 gewesen, spätestens Anfang Juni 2015 Indien verlassen haben. Dies war jedoch nicht der Fall, da der Beschwerdeführer erst mehr als ein Jahr später, und zwar im Mai 2016, Indien verließ und nach Österreich einreiste. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich der von ihm behaupteten Bedrohung seitens der Familie seiner Freundin ausgesetzt gewesen, so hätte er wohl nicht mehr als ein Jahr zugewartet, um sein Heimatland zu verlassen und sich dabei der Gefahr ausgesetzt, von der Familie seiner Freundin verfolgt bzw. gar getötet zu werden, sondern hätte der Beschwerdeführer Indien wohl schon viel früher verlassen. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auch keine wie immer gearteten Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen seitens der Familie seiner Freundin bis zu seiner Ausreise aus Indien nach dem von ihm behaupteten Anschlag im März 2015 vorgebracht.

Selbst bei Wahrunterstellung der Bedrohungsbehauptungen des Beschwerdeführers würde sich vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen über die Lage in seinem Herkunftsstaat daraus keine ernsthafte Bedrohungssituation für den Beschwerdeführer ableiten lassen. Aus den Länderberichten ergibt sich deutlich, dass es in Indien kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Staatsbürger gibt und diese in der Mehrzahl keine Ausweise besitzen. Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Der Beschwerdeführer würde daher auch bei Zugrundelegung seiner Angaben über eine Bedrohungssituation die Möglichkeit haben, vor einer Verfolgung von dieser Seite durch Niederlassung außerhalb seiner Herkunftsregion Sicherheit zu finden. Dies erscheint für den Beschwerdeführer aufgrund seiner Sprachkenntnisse in Hindi, Telugu und Englisch, seiner langjährigen Schulausbildung und universitären Ausbildung zumutbar, zumal er seinen Lebensunterhalt auch durch Gelegenheitsarbeiten und die finanzielle Unterstützung seiner in Indien lebenden Familie sichern könnte. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die Familie des Beschwerdeführers diesen auch in Österreich finanziell unterstützt.

2.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichten, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben.

Den Länderberichten wurde weder in den Einvernahmen noch im Beschwerdeschriftsatz substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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