TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/11 W240 2150489-1

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Veröffentlicht am 11.06.2019
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Entscheidungsdatum

11.06.2019

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W240 2150489-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter nach Beschwerdevorentscheidung des Österreichischen Botschaft Islamabad vom 30.01.2017, Zl. Islamabad-OB/KONS/1670/2016, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , StA. Afghanistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 16.12.2016, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Afghanistan, stellte am 31.03.2016 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß §°35°AsylG. Begründend führte sie aus, dass sie die Ehefrau von XXXX , StA. Afghanistan, (in der Folge als Bezugsperson bezeichnet), sei. Diesem sei mit Erkenntnis des BVwG vom 22.04.2015, Zl. W151 1423994-1/31E, der Status des Subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden. Die befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz "BFA") in der Folge zunächst bis 07.03.2018 verlängert. Die Beschwerdeführerin gab an, die Hochzeit habe 2010 stattgefunden und sie sei 18 Jahre alt gewesen. Die Registrierung der Hochzeit sei 2016 erfolgt. Sie habe mit ihrem Ehemann ein Jahr lang zusammengelebt, dann sei er nach Österreich gegangen und nie mehr zurückgekommen. Die befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson wurde vom BFA in weiterer Folge bis 07.03.2020 verlängert.

Nach Verbesserungsauftrag vom 18.05.2016 legte die Beschwerdeführerin diverse Dokumente in Kopie vor.

In der Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2016, wurde ausgeführt, dass sich aus dem Ermittlungsverfahren bzw. den niederschriftlichen Angaben ergebe, dass die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinn von § 35 AsylG gar nicht bestehe. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz der Kinderehe verstoße. Aufgrund der aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, könne aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen anzunehmen sei, sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Die Bezugsperson habe bei seiner Erstbefragung angegeben, dass seine Ehefrau, die Beschwerdeführerin im August 2011 ca. 14 Jahre alt gewesen sei. Somit habe sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eheschließung im August 2010 im 13. Lebensjahr befunden. Eine Kinderehe widerspreche jedoch der österreichischen Rechtsordnung (ordre public). Aus den vorgelegten Kopien des afghanischen Reisepasses der Beschwerdeführerin gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin am XXXX geboren sei. Demnach hätte die Beschwerdeführerin bei der Asylantragstellung der Bezugsperson im August 2011 19 Jahre alt gewesen sein und sei somit auch älter als die Bezugsperson.

Mit Schreiben vom 03.10.2016 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Angaben der Beschwerdeführerin zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Es wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

In der fristgerechten Stellungnahme vom 10.10.2016 machte die Beschwerdeführerin im Wege ihres Rechtsvertreters geltend, dass die Bezugsperson am Tag seiner Asylantragstellung seinen Familienstand als verheiratet und seine Ehefrau namentlich angegeben habe. Dass die Bezugsperson in der am 13.08.2011 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme das Alter seiner Ehefrau mit 14 angegeben habe, könne sich die Bezugsperson nicht erklären. Einem beiliegenden psychiatrischen Befund vom 26.11.2015 sei zu entnehmen, dass die Bezugsperson an Gedächtnisstörungen, mangelnder Konzentrationsfähigkeit, dissoziativer Bewegungsstörung und Depression leide. Tatsächlich sei seine Ehefrau ein Jahr älter als die Bezugsperson. Dieses sollten die Hochzeitsfotos und Hochzeitsvideos belegen, welche dem BFA zugesandt worden seien. Die Tazkira sowie die eingereichte Heiratsurkunde würden dies bestätigen. Die Beschwerdeführerin sei bei ihrer Hochzeit 18 Jahre alt gewesen. Das im Jahr 2011 falsch festgehaltene Alter der Beschwerdeführerin lasse sich leicht durch die zugeschickten Beweismittel berichtigen. Falls dies nicht für eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose genüge, werde eine Altersdiagnose für die Beschwerdeführerin beantragt. Um Vermutungen der Behörde entgegenzutreten, dass die Bezugsperson die Beschwerdeführerin nach seiner Ankunft in Österreich geheiratet habe, werde Kopien der Fremdenpässe der Bezugsperson vorgelegt.

Dem vorgelegten, mit 26.11.2015 datierten, psychiatrischen Befund eines psychosozialen Zentrums, lässt sich u.a. Folgendes entnehmen:

"Der Patient wirkt gedrückt und ängstlich, er hat keine Denkstörungen, keine produktive Symptomatik. Derzeit glaubhaft von Suizid distanziert. In Folge der frühen Traumatisierung als Kind ist Herr (...) wenig resilient und kommt mit der derzeitigen Situation in Österreich schwer zurecht, was sich bei ihm in einer dissoziativen Bewegungsstörung (F44.4) und Depression (F33.1) äußert."

Nach Übermittlung der von der Beschwerdeführerin eingebrachten Stellungnahme erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.11.2016 eine neuerliche Rückmeldung, wonach die negative Prognose aufrecht bleibe. Ein Sachverständiger habe bereits im März 2015 festgestellt, dass die von der Bezugsperson vorgelegte Heiratsurkunde ein Gefälligkeitsdokument sei. Zudem seien auf der vorgelegten Hochzeits-CD die Eheleute nicht erkennbar bzw. sei das angebliche Hochzeitsvideo bereits im Jahr 2007 erstellt worden. Die vorgelegten, undatierten Fotos würden nicht beweisen, dass die Eheschließung bereits vor der illegalen Ausreise der Bezugsperson stattgefunden hätten und aus dem Ermittlungsverfahren bzw. den niederschriftlichen Angaben ergebe sich, dass die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinne von § 35 AsylG gar nicht bestehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.12.2016 verweigerte die ÖB Islamabad die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass das Stattgeben des Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, zumal die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 nicht vorlägen.

Am 18.01.2017 langten die übersetzten Dokumente der Beschwerdeführerin ein.

Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 13.01.2017, in welcher im Wesentlichen neuerlich betont wurde, dass die Einschätzung des BFA unrichtig sei. Anhand der im Verfahren eingereichten Dokumente ergebe sich, dass die Eheschließung am XXXX .2010 stattgefunden habe und die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits volljährig gewesen sei. Dass Urkunden aus Afghanistan für das BFA generell keinen Beweiswert besitzen würden, sei ein Umstand, der der Beschwerdeführerin nicht vorgeworfen werden könne, da ihr somit gar nicht die Möglichkeit bleibe, ihre Eheschließung durch Dokumente zu beweisen. Es seien als weitere Beweismittel bereits ein Hochzeitsvideo sowie Fotos vorgelegt worden. Wenn das BFA nun Zweifel an dem Beweiswert der Hochzeitsvideos habe, so hätte es der Bezugsperson die Möglichkeit geben müssen, zu diesen Zweifeln Stellung zu beziehen. Dass dies nicht geschehen sei und erst in der dem negativen Bescheid angehängten Stellungnahme diese Zweifel erwähnt werden, widerspreche sowohl dem Recht auf Parteiengehör, als auch dem Überraschungsverbot. Die vorgelegten Fotos seien zwar nicht datiert, dennoch sei auf diesen sehr offensichtlich, dass die Bezugsperson einige Jahre jünger gewesen sei als heute.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.01.2017 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und Verweis auf den angefochtenen Bescheid sowie auf die Stellungnahmen des BFA wurde insbesondere wie folgt ausgeführt:

"Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden ist. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) durch die Botschaft kommt daher nicht in Betracht (vgl. VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152).

Daran, dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gebunden sind (und damit keinen eigenen Entscheidungsspielraum haben), hat der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst im Erkenntnis vom 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, festgehalten. Danach unterliegt die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Rahmen des § 27 VwGVG nur einer Überprüfung durch das BVwG, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG Beschwerde erhoben wird. Nur das BVwG ist gehalten, unabhängig von einer negativen Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des BFA "auf die in der Beschwerde aufgestellten Behauptungen über [...] einzugehen und davon ausgehend selbst eine Einschätzung über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson vorzunehmen" (s. nochmals VwGH 30.06.2016, Ra 2015/21 /0068).

Auch nach dem Beschwerdevorbringen ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt hatte und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen ist. Auch wurde die Stellungnahme der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.12.2014, W212 2010725-1/2E, W212 2010726-1/2E). Als allein tragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß

§ 35 Abs. 1 AsylG kam somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf wurde im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich (entsprechend VwGH 12.09.2013, 2013/21/0113, mwN) Bezug genommen.

Jenseits und unabhängig von der ob angeführten Bindungswirkung teilt die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass eine Familienangehörigeneigenschaft i.S.d. AsylG wegen der aus den Stellungnahmen des BFA hervorgehenden Gründe nicht vorliegt.

Es ist darauf hinzuweisen, dass mit der Verweigerung des Einreisetitels nicht die Ausübung einer Berechtigung eingeräumt wird, weshalb die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht einem Beschwerdeführer von vornherein nicht jene Rechtsposition einzuräumen vermag, die er mit Hilfe der Beschwerde erst erreichen möchte (vgl. etwa VwGH 20.10.1992, 90/04/0266). Damit kommt einem allfälligen Vorlageantrag gemäß § 15 Abs. 2 Z 1 VwGVG von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zu."

Am 30.01.2016 [richtig 2017] wurde bei der ÖB Islamabad ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 15.03.2017, am 20.03.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

Mit Erkenntnis vom 15.09.2017 wurde die Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen.

Mit Erkenntnis vom 15. September 2017, W240 2150489-1/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab und führte darin insbesondere aus wie folgt:

"(...)

Wie bereits festgestellt[,] war [in der] nunmehr angefochtenen Entscheidung unter Verweis auf die Stellungnahmen des BFA schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt worden, dass als Beweismittel das Antragsformular sowie Beilagen, der Verfahrens[akt] der angeführten Bezugsperson, eine Stellungnahme zum Parteiengehör vom 10.10.2016 sowie eine CD mit Fotos einer Hochzeitsfeier berücksichtigt worden waren. Das BFA legte nachvollziehbar da[r], dass bereits die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen, weil im gegenständlichen Fall widersprüchliche Angaben die Eigenschaft als Familienangehörige nicht erkennen lassen. Im vorliegenden Fall hatten sich für das BFA gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinn von § 35 Abs. 5 AsylG) Familienverhältnisses ergeben, da aufgrund des aufliegenden Erkenntnisses über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht des BFA keineswegs davon ausgegangen werden könne, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinn eines vollen Beweises) anzunehmen sei. Verwiesen wurde insbesondere darauf, dass ein Sachverständiger bereits im Verfahren der Bezugsperson im März 2015 festgestellt hatte, dass es sich bei der von der Bezugsperson vorgelegten Heiratsurkunde um ein Gefälligkeitsdokument handelt. Das BFA hatte weiters dargelegt, dass die vorgelegte Hochzeits-CD die Eheleute nicht erkennbar zeigt und dass das angebliche Hochzeitsvideo bereist im Jahr 2007 erstellt worden war, obwohl die Hochzeit [behauptetermaßen] 2010 stattgefunden haben soll. Die vorgelegten, undatierten Fotos stellen einen unbrauchbaren Beweis dar, dass die Eheschließung bereits vor der illegalen Ausreise der Bezugsperson stattgefunden hat. Den Ausführungen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführerin der Zweifel an den Beweismitteln nicht vorgeworfen werden könne und ihr Ehemann zeugenschaftlich einzuvernehmen gewesen wäre, ist klar darauf zu verweisen, dass dem erkennenden Gericht bereits aufgrund des Ergebnisses des rechtkräftig abgeschlossenen Asylverfahrens des angeblichen Ehemannes der Beschwerdeführerin hinreichend Angaben von diesem vorliegen und die vorgelegten Beweismittel in Zusammenschau mit den widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin und ihrem angeblichen Ehemann vom BFA und in der Folge von der belangten Behörde schlüssig und hinreichend gewürdigt wurden. Es ergibt sich dadurch auch für das erkennende Gericht vor dem Hintergrund der widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson weder aus dem Ermittlungsverfahren noch aus den niederschriftlichen Angaben, dass die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinn von § 35 AsylG besteht."

(...)"

Mit Entscheidung des VfGH vom 26.11.2018, E 3812/2017-26, war die Entscheidung des BVwG behoben worden. Vom VfGH war insbesondere ausgeführt worden, dass das BVwG unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst ausgeführt habe, dass es nicht an die Mitteilung des BFA gebunden sei, die Einschätzung des BFA jedoch teile: Das BFA habe nachvollziehbar dargelegt, dass den vorgelegten Dokumenten keine Beweiskraft zukomme. Im Rahmen des Asylverfahrens der Bezugsperson habe ein Sachverständiger festgestellt, dass die Heiratsurkunde ein Gefälligkeitsdokument sei. Das BFA habe ausgeführt, dass die Eheleute auf dem vorgelegten Hochzeitsvideo nicht erkennbar seien und dass das Video aus 2007 stamme, obwohl die Hochzeit angeblich 2010 stattgefunden hätte. Die vorgelegten Fotos seien undatiert und daher als Beweismittel unbrauchbar. Es könne daher nicht festgestellt werden, ob zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson eine in Afghanistan rechtsgültig geschlossene Ehe bestehe.

Obwohl das Bundesverwaltungsgericht formelhaft darlegt, nicht an die Prognoseentscheidung des BFA gebunden zu sein, erschöpft sich die Begründung der angefochtenen Entscheidung in einer Wiedergabe eben dieser Prognoseentscheidung. Das Bundesverwaltungsgericht würdigt die Stellungnahme des BFA als "schlüssig und nachvollziehbar", anstatt die von der Beschwerdeführerin vorgelegten und von der Behörde erörterten Beweise selbst abzuwägen. Aus der Darlegung der Beweiswürdigung geht nicht hervor, dass sich das Bundesverwaltungsgericht selbst mit den Beweismitteln auseinandergesetzt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat es somit auch unterlassen, die gebotenen Ermittlungen vorzunehmen, um in der Sache selbst entscheiden zu können. Indem es auf die Begründung des verwaltungsbehördlichen Bescheides verweist, verkennt es die Natur seiner Entscheidungsbefugnis und belastet das angefochtene Erkenntnis mit Willkür.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 31.03.2016 bei der österreichischen Botschaft Islamabad einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005.

Das Geburtsdatum der Beschwerdeführerin kann nicht festgestellt werden, sie war jedoch zum Zeitpunkt der behaupteten Eheschließung mit der in Österreich lebenden Bezugsperson erst 13 Jahre alt.

Als Bezugsperson wurde XXXX , StA. Afghanistan genannt, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei.

Dem angegebenen Ehemann der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in Österreich mit Erkenntnis des BVwG vom 22.04.2015, Zl. W151 1423994-1/31E, der Status des Subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson wurde vom BFA in der Folge bis 07.03.2018 verlängert.

Eine in Afghanistan rechtsgültig geschlossene Ehe, welche nicht gegen den ordre public-Grundsatz verstoßt, kann zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin in Zusammenhalt mit den von ihr vorgelegten Urkunden und dem Akt der Österreichischen Botschaft Islamabad.

Aufgrund widersprüchlicher bzw. ungenauer Angaben kann das Geburtsdatum der Beschwerdeführerin sowie das Bestehen einer Ehe nicht festgestellt werden. So ist in der Tazkira der Beschwerdeführerin unter der Rubrik "Geburtsdatum und Alter" Folgendes eingetragen: "Das Alter der Inhaberin wurde aufgrund ihres Aussehens - im Jahr 2015 23 Jahre - bestimmt." Ein Geburtsdatum wird nicht genannt. In den Kopien des Reisepasses ist hingegen als genaues (!) Geburtsdatum der XXXX genannt.

In Widerspruch dazu, gab die Bezugsperson bei der Erstbefragung am 13.08.2011 sowie bei der niederschriftlichen Einvernahme am 18.08.2011 ausdrücklich an, dass seine Ehefrau XXXX ca. XXXX Jahre alt sei. Die Angaben der Erstbefragung bestätigte er auch ausdrücklich bei der Einvernahme am 18.08.2011 ("Ja, die Angaben stimmen. Ich habe zur Zeit nichts zu ergänzen"), zudem gab er als Alter der Beschwerdeführerin auch am 18.08.2011 "ca. 14 Jahre" an.

Laut der vorgelegten Heiratsurkunde wurde die angebliche Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson am XXXX .2010 geschlossen, womit sich die Beschwerdeführerin bei der Hochzeit im

13. Lebensjahr befunden hätte. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Bezugsperson lediglich ein Jahr nach der - behaupteter Maßen -stattgefundenen Hochzeit, das Alter seiner Ehefrau bei zwei Einvernahmen, nämlich am 13.08.2011 und gleichlautend am 18.08.2011 mit "ca. 14 Jahren" angegeben hätte, wenn dies nicht der Wahrheit entspricht. Die Ausführungen in der Stellungnahme vom 10.10.2016, wonach auf die psychische Situation der Bezugsperson und speziell auf den psychiatrischen Befund vom 26.11.2015 verwiesen wurde, können diesbezüglich keine nachvollziehbare Erklärung darstellen. So ist dem Befund klar zu entnehmen, dass die Bezugsperson keine Denkstörungen aufweist. Auch wenn der Befund aus dem Jahr 2015 stammt, die Erstbefragung jedoch bereits 2011 stattgefunden hat, ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer, befragt, ob er Beschwerden oder Krankheiten hat, die ihn an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen, diese Frage verneint hat.

In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 23.09.2014 brachte die Bezugsperson vor, dass er einmal die Woche eine psychologische/psychotherapeutische Sitzung habe. Er könne sich aber an den Inhalt nur schwer erinnern und folgen. Er habe Kopfschmerzen und brauche regelmäßige Pausen. Dies sei auch in den Therapiestunden so. Diese Beschwerden würden jedoch erst seit Erteilung des negativen Bescheides, dieser ist datiert mit 16.12.2011, auftreten, daher kann auch mit dieser Behauptung die Angabe des Alters der Beschwerdeführerin bei der Erstbefragung am 13.08.2011 sowie bei der niederschriftlichen Einvernahme am 18.08.2011 mit 14 Jahren nicht mit dem psychischen Zustand der Bezugsperson erklärt werden.

Sollte die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson tatsächlich geschlossen worden sein, hat die Beschwerdeführerin nicht unter Beweis stellen können, dass sie bei der angegebenen Eheschließung bereits volljährig gewesen ist. Somit würde es sich um eine Kinderehe handeln, welche gegen den ordre public-Grundsatz verstoßt.

Auch die vorgelegten undatierten Hochzeitsfotos, auf welchen die Beschwerdeführerin und die in Österreich lebende Bezugsperson erkennbar sind, sowie die CD über die behauptete Hochzeit stellen keine brauchbaren Beweismittel im gegenständlichen Fall dar. Insbesondere kann aufgrund des Bildmaterials nicht wie behauptet mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin zum behaupteten Zeitpunkt der Hochzeit im Jahr 2010 wesentlich älter als 14 Jahre (Anmerkung BVwG: eigentlich älter als 13 Jahre) alt wäre. Schließlich kann auch bei Berücksichtigung des vorgelegten Bildmaterials über die Hochzeit nicht glaubhaft dargelegt werden, dass die Eheschließung - wie behauptete - im Jahr 2010 erfolgt war oder die Beschwerdeführerin - wie behauptet - mit Sicherheit älter als 14 (bzw. 13) Jahre alt war zum Zeitpunkt der Eheschließung.

Schließlich ist auf die Ausführungen im Verfahren betreffend die Bezugsperson (in der Folge auch BP) in Österreich in deren Beschwerdeverfahren zu W151 1423994-1, insbesondere die Feststellungen des in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 23.09.2014 anwesenden Sachverständigen (in der Folge: SV) zur behaupteten Eheschließung der Bezugsperson zu verweisen, daraus ergibt sich insbesondere, dass die Urkunde über die behauptete Eheschließung erst ausgestellt worden ist, als die BP bereits in Österreich aufhältig gewesen ist, im in der Folge im Detail angeführt:

"(...)

R: Zu Ihrer Heirat in Afghanistan haben Sie eine Urkunde vorgelegt. Ist das die Urkunde, die Sie vorgelegt haben?

BP: Ja.

R: Können Sie Angaben machen, wo Sie geheiratet haben?

BP: Wir haben in XXXX geheiratet.

R: Wer war aller bei der Hochzeit anwesend?

BP: Wir haben traditionell geheiratet mit einem Mullah in XXXX . Erst nachdem ich in Österreich war, verlangten sie eine Heiratsurkunde von mir. Diese wurde erst dann ausgestellt. Die Moschee XXXX befindet sich vom Stadttor in der Richtung von XXXX . Es wurde die Heiratsurkunde in Afghanistan ausgestellt und mir zugeschickt. Es ist keine standesamtliche Hochzeit gewesen.

R: Wenn Sie sagen, Sie haben in XXXX geheiratet. Ist das im Distrikt XXXX oder in Ihrem Dorf gewesen?

BP: Im Heimatdorf XXXX habe ich geheiratet und dieses liegt im Distrikt XXXX .

SV: Die vom BF vorgelegte Urkunde ist eine traditionelle Heiratsurkunde. Wenn die Leute in Anwesenheit der Mullahs und Dorfältesten heiraten, wird handschriftlich eine solche Urkunde angefertigt. Am Ende befinden sich Namen und Fingerabdrücke des Mullahs und der Trauzeugen. Diese Urkunde ist am 02. Saur 1389 ausgestellt worden (entspricht XXXX 2010). Diese Angaben werden vom XXXX der Moschee XXXX bestätigt. Aber die Tatsache, dass die Heirat im Heimatdorf stattgefunden hat, wie der BF jetzt angegeben hat und diese Bestätigung im Nachhinein als der BF schon in Österreich war, in der Stadt XXXX ausgestellt wurde, ist das eine Gefälligkeitsbestätigung. Richtigerweise müsste die Urkunde von der Moschee ausgestellt werden, wo der BF tatsächlich geheiratet hat und nicht von einer fremden Moschee in der Provinzhauptstadt, von anderen Mullahs, die nicht bei der Hochzeit anwesend gewesen sind.

BP: Ja, ich war zu diesem Zeitpunkt in Österreich und sie verlangten von mir eine Heiratsurkunde. In unserem Heimatdorf sind die Taliban und der Mullah hat sich nicht getraut, diese Heiratsurkunde für mich auszustellen. Bei den Taliban sagt man, dass der Mullah eine Ehe traut und es seien keine Heiratsurkunden notwendig.

(...)"

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass in Afghanistan echte Dokumente unwahren Inhalts in erheblichen Umfang erhältlich sind. Daraus folgt, dass man fast alle afghanische Dokumente als Fälschungen für Geld anfertigen lassen und/oder kaufen kann und auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei den vorgelegten Unterlagen um Urkunden mit unrichtig ausgestelltem Inhalt oder Fälschungen handelt.

Im gegenständlichen Fall ist insbesondere abermals auf die widersprüchlichen Angaben der Bezugsperson im Rahmen der Erstbefragung und gleichlautend in der Einvernahme am 18.08.2011 zu verweisen, wonach die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eheschließung erst 13 Jahre alt war, diese Aussage ist jedoch nicht mit den vorgelegten Unterlagen, welche die Ehe bestätigen sollen, vereinbar.

Es ergibt sich für die erkennende Richterin, dass aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Bezugsperson auch bei Berücksichtigung des Bildmaterials über die - behaupteter Maßen im Jahr 2010 erfolgte - Hochzeit entweder eine Kinderehe mit der Beschwerdeführer vorliegt, welche gegen den ordre-public-Grundsatz verstoßt oder die Beschwerdeführerin, welche behauptet, älter als der Beschwerdeführer zu sein und einen afghanischen Reisepass vorlegte, wonach diese am XXXX geboren sei, sie somit zum Zeitpunkt der Antragstellung der Bezugsperson 19 Jahre (und bei der Hochzeit 2010 rund 18 Jahre) alt gewesen sei, eine andere Person ist als die von der Bezugsperson im Rahmen seiner Erstbefragung in Österreich sowie in der Einvernahme am 18.08.2011 genannte Frau, die er 2010 geheiratet hätte.

Jedenfalls konnte bei Berücksichtigung sämtlicher Angaben der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sowie der vorgelegten Unterlagen und Beweismittel in Summe die behauptete Eheschließung nicht glaubwürdig dargelegt werden und somit nicht festgestellt werden, dass zwischen der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin eine rechtskonforme Ehe zustande gekommen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A):

§ 34 Asylgesetz 2005 (AsylG) idF BGBl I 87/2012 lautet: "(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist. (4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß

§ 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn 1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[....]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[....]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird. Die Regelung der Ausübung der Eheschließungsfreiheit muss durch Gesetz erfolgen. Anerkannte Ehehindernisse sind beispielsweise Blutsverwandtschaft, Geschäftsfähigkeit und auch die fehlende freie Zustimmung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter lebende XXXX , StA. Afghanistan genannt, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei. Diesem war in Österreich mit Erkenntnis des BVwG vom 22.04.2015, Zl. W151 1423994-1/31E, der Status des Subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden.

Aus nachstehend angeführten Erwägungen bestehen jedoch gravierende Zweifel am Vorliegen einer in Österreich gültigen Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson:

Das afghanische Zivilgesetzbuch vom 05.01.1977 führt in Art. 70 aus, dass die Ehefähigkeit bei Frauen eintritt, wenn sie das 16. Lebensjahr vollendet haben, und bei Männern, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben. Nach Art. 71 Abs. 1 kann eine Ehe dann, wenn das Mädchen nicht das in Art. 70 vorgesehene Alter vollendet hat, durch den wahren gewalthabenden Vater oder durch das zuständige Gericht geschlossen werden. Nach Art. 71 Abs. 2 ist die Vermählung von Mädchen unter 15 Jahren jedoch unzulässig.

(Vgl. dazu den Bericht des Refugee Documentation Centre (Irland), Country Marriage Pack Afghanistan, April 2015, in dem es heißt:

Article 70 of the Civil Code of Afghanistan states: "Marriage shall not be considered adequate until the male [has reached] the age of 18 and the female the age of 16." See also Article 71 which states:

"(1) Where the girl does not complete the age provided under Article 70 of this law, the marriage may be concluded only through her father or the competent court. (2) The marriage of a minor girl whose age is less then 15 shall never be permissible.")

Aus den widersprüchlichen Angaben zum Geburtstag der Beschwerdeführerin, auf die bereits in der Beweiswürdigung eingegangen wurde, ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin - aufgrund der Angaben der Bezugsperson in deren Erstbefragung am 13.08.2011 und in der Einvernahme am 18.08.2011 - zum Zeitpunkt der Eheschließung erst 13 Jahre alt und somit nicht volljährig war. Nach österreichischen Recht ist eine Ehe, die von einer 13-Jährigen geschlossen wird, keinesfalls gültig. Eine Eheschließung durch den Vater oder das zuständige Gericht, wie es das afghanische Recht vorschreibt, wenn die Braut das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wurde nicht vorgebracht und widerspricht zudem den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung und kann die unbedingt notwendige freie Zustimmung zur Eheschließung in keinem Fall ersetzen.

Der Oberste Gerichtshof hat jeweils unter Verweis auf Art. 16 Haager Minderjährigenschutzabkommen und § 6 IPRG in seinen Entscheidungen zu den Zahlen 7 Ob 600/86, 9 Ob 34/10f und 6 Ob 138/13g dargelegt, dass außerhalb der verfassungsrechtlich geschützten Grundwertungen etwa die Einehe, das Verbot der Kinderehe und des Ehezwanges, der Schutz des Kindeswohles im Kindschaftsrecht oder das Verbot der Ausbeutung der wirtschaftlichen und sozial schwächeren Partei zum Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechts zählen.

Es ist daher im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass keine rechtskonforme Ehe gemäß dem Internationalen Privatrechtsgesetz mit einem subsidiär Schutzberechtigten in Österreich besteht. Nach § 6 IPRG ist eine Bestimmung des fremden Rechtes dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. Eine Kinderehe widerspricht eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung, und folgt aus § 6 IPRG, dass die von der Beschwerdeführerin angegebene, in Afghanistan geschlossene Ehe hier keinen Rechtsbestand hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt bei einem ähnlichen Sachverhalt in Bezug auf eine traditionell nach islamischem Recht geschlossene Ehe in seiner Entscheidung vom 11.10.2016, RA 2016/01/0025 bis 0026-11 die Revision gegen eine Entscheidung, in welcher eine "Ehe auf Zeit" als dem ordre public im Sinne des § 6 IPRG widersprechend angesehen wurde, zurückgewiesen.

Auch aus der Entscheidung des EGMR vom 08.12.2009 (Case of Munoz Diaz vs. Spain, No. 49.151/07) geht hervor, dass keine Verpflichtung besteht, Eheschließungen auf Grundlage fremder Rechtsordnungen anzuerkennen, die den Grundwerten der nationalen Rechtsordnung widersprechen.

Es ergibt sich für die erkennende Richterin, dass aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Bezugsperson auch bei Berücksichtigung des Bildmaterials über die - behaupteter Maßen im Jahr 2010 stattgefundene - Hochzeit entweder eine Kinderehe mit der Beschwerdeführer vorliegt, welche gegen den ordre-public-Grundsatz verstoßt oder die Beschwerdeführerin, welche behauptet, älter als der Beschwerdeführer zu sein und einen afghanischen Reisepass vorlegte, wonach diese am XXXX geboren sei, sie somit zum Zeitpunkt der Antragstellung der Bezugsperson 19 Jahre (und bei der Hochzeit 2010 rund 18 Jahre) alt gewesen sei, eine andere Person ist als die von der Bezugsperson im Rahmen seiner Erstbefragung in Österreich sowie in der Einvernahme am 18.08.2011 genannte Frau, die er 2010 geheiratet hätte.

Jedenfalls konnte bei Berücksichtigung sämtlicher Angaben der Bezugsperson und der vorgelegten Unterlagen sowie Beweismittel - wie beweiswürdigend im Detail dargelegt - in Summe die behauptete Eheschließung nicht glaubwürdig dargelegt werden bzw. konnte nicht festgestellt werden, dass zwischen der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin eine rechtskonforme Ehe zustande gekommen ist.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführerin in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, und da weiters auch aktuell keine andere Bezugsperson in Betracht kommt, von der die Beschwerdeführerin einen Schutzstatus ableiten könnte, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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