TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/6 L521 2126406-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.03.2019
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Entscheidungsdatum

06.03.2019

Norm

AsylG 2005 §57
AVG §59 Abs1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L521 2126402-2/3Z

L521 2126403-2/3Z

L521 2126404-2/3Z

L521 2126406-2/3Z

L521 2134113-2/3Z

Teilerkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. im Verfahren über die Beschwerden 1. XXXX , geb. XXXX ,

2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX , und 5. XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörigkeit Irak, alle vertreten durch Verein Menschenrechet Österreich, 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zlen. 1072640905-190035809, 1072640306-190035868, 1072640502-190035892, 1072640807-190035744 und 1124602006-190035914 zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird hinsichtlich des Spruchpunktes IV. der angefochtenen Bescheide Folge gegeben und Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide jeweils gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ersatzlos behoben.

Es wird festgestellt, dass den Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG jeweils die aufschiebende Wirkung zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

1. Der Erstbeschwerdeführer XXXX und die Zweitbeschwerdeführerin

XXXX sind verheiratet, die Drittbeschwerdeführerin XXXX , der Viertbeschwerdeführer XXXX und der Fünftbeschwerdeführer XXXX sind deren gemeinsames minderjährige Kinder. Sämtliche Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak.

2. Zur Vorgeschichte wird auf die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018, Zlen. L502 2126406-1/31E, L502 2126402-1/25E, L502 2126404-1/16E, L502 2126403-1/16E und L502 2134113-1/13E, verwiesen.

Mit diesen Erkenntnissen wurde der von den Beschwerdeführern im Gefolge ihrer schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 09.06.2015 bzw. in Ansehung des Fünftbeschwerdeführers nach dessen Geburt im Bundesgebiet am 29.07.2016 gestellte Antrag auf internationalen Schutz im Instanzenzug jeweils bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde schließlich eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt.

Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

3. Die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer am 14.12.2018 zugestellt.

4. Die Beschwerdeführer kamen in der Folge ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht fristgerecht nach und stellten beim Verwaltungsgerichtshof am 24.01.2019 einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018.

5. Bereits am 21.01.2019 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in arabischer Sprache niederschriftlich einvernommen.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin legten bei dieser Einvernahme nach Erörterung ihrer Lebensumstände im Bundesgebiet im Wesentlichen dar, nicht rückkehrwillig zu sein. Ihre rechtsfreundliche Vertretung habe ihnen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 mittels eines Briefes mitgeteilt, der erst am 07.01.2019 zugestellt worden sei. Nunmehr sei die Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 beabsichtigt.

6. Mit den nunmehr in diesem Verfahren angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019 wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 jeweils nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführer neuerlich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt III.). Den Beschwerden gegen die Rückkehrentscheidung wurde außerdem gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG jeweils die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 wurde den Beschwerdeführern schließlich keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und wider die Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 FPG 2005 jeweils ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den Spruchpunkten VI. der angefochtenen Bescheide aus, die Beschwerdeführer wären ihrer Ausreiseverpflichtung nicht fristgerecht freiwillig nachgekommen. Dieses Fehlverhalten sei geeignet, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden und laufe auch den Interessen des Art. 8 EMRK zuwider. Umgehungen und die Missachtung der Vorschriften des FPG 2005 und der daraus ableitenden Bescheide wären keinesfalls als mindere oder geringfügige Fehlverhalten einzustufen, da auch zB die unrechtmäßige Einreise oder der unrechtmäßige Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Wohnbevölkerung beeinflussen würde.

Da die Beschwerdeführer offensichtlich nicht bereit wären, die österreichische Rechtsordnung und die aus dieser Rechtordnung in Rechtskraft erwachsenen Entscheidungen der Behörden oder Gerichte zu achten und beachten, könne das Bundesamt nur zum Schluss kommen, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich jedenfalls eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Das Verhalten der Beschwerdeführer zeige deren Unwillen, sich den Entscheidungen der österreichischen Behörden und Gerichte zu fügen und müsse deshalb eine negative Zukunftsprognose getroffen werden. Die Beschwerdeführer wären außerdem mittellos und es erscheine deshalb im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die Gefahr der illegalen Beschaffung von Mitteln zum Unterhalt die Annahme gerechtfertigt, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführer auch unter diesem Gesichtspunkt eine Gefahr für die Öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde und deshalb ein Einreiseverbot auszusprechen sein.

Im Rahmen der Begründung zu Spruchpunkt IV der angefochtenen Bescheide wird auf die Erwägungen zu Spruchpunkt IV. verwiesen und daraus eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit abgeleitet.

7. Mit Verfahrensanordnung vom 04.02.2019 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigegeben.

8. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.02.2019, Ra 2019/18/0038 bis 0042, wurde den Beschwerdeführern die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 antragsgemäß bewilligt.

9. Gegen die den Beschwerdeführern am 04.02.2019 eigenhändig zugestellten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019 richtet sich die im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht am 19.02.2019 eingebrachte gemeinsame Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, wobei Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide ausdrücklich nicht angefochten wird.

In der Beschwerde wird hinsichtlich der weitere Spruchpunkt der angefochtenen Bescheide inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert und beantragt, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben. Hilfsweise wird die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes begehrt. In der Sache bringen die Beschwerdeführer nach neuerlicher Darlegung ihrer persönlichen Situation im Bundesgebiet vor, der Verwaltungsgerichtshofes habe die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 bewilligt und werde demnächst das Rechtsmittel eingebracht. Wörtlich wird ausgeführt: "Das Asylverfahren der BF läuft weiter." Darüber hinaus sei von einem schützenswerten Privatleben der Beschwerdeführer im Bundesgebiet auszugehen, sodass sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als dauerhaft unzulässig erweise. Das Einreiseverbot sei "nicht erforderlich".

10. Die Beschwerdevorlage langte am 28.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

11. Am 06.03.3019 wurde die außerordentlichen Revision der Beschwerdeführer gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 eingebracht.

12. Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten. Sie verfügen jeweils über einen meldebehördlich erfassten ordentlichen Wohnsitz in Innsbruck und beziehen derzeit Leistungen der Grundversorgung.

13. Der vorstehende Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten und ist unstrittig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Rechtslage und Judikatur:

1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt.

1.2. Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG hat das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Diese Entscheidung über die Zu- oder Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 13.12.2017, Ro 2017/19/0003). In Anbetracht des europarechtlichen Hintergrundes ist ein restriktives Verständnis dieser Bestimmung angezeigt

(Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, Kommentar, 2016, § 18 BFA-VG K.3). Art. 31 Abs. 8 lit. j der Richtlinie 2013/32/EU verlangt in diesem Zusammenhang schwerwiegende Gründe für die Annahme, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats darstellt oder er aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen wurde.

1.3. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

§ 53 Abs. 2 FPG zufolge ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige einen der in den Ziffern 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG angeführten Tatbestände verwirklicht.

2. Zum gegenständlichen Verfahren:

2.1. Das belangte Bundesamt stützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschließlich auf seine Erwägungen hinsichtlich des verhängten Einreiseverbotes. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Feststellung, dass schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass ein Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, eine Beurteilung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls voraus, um zu ermitteln, ob in Anbetracht der begangene Handlungen und der individuellen Situation des Asylwerbers tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht (vgl. hiezu VwGH 17.02.2015, Ra 2014/01/0172, zu § 6 AsylG 2005).

Das belangte Bundesamt wirft den Beschwerdeführern im gegebenen Zusammenhang vor, ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen zu sein, über keine finanziellen Mittel zur Sicherstellung des eigenen Unterhaltes zu verfügen und den Unterhalt deshalb ausschließlich aus Unterstützungsleistungen zu bestreiten. Weitere Gründe, weshalb die sofortige Ausreise der Beschwerdeführer im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, werden im angefochtenen Bescheid nicht dargetan.

2.2. Die rechtswidrige Einreise und der rechtswidrige Aufenthalt von Fremden stellen Verwaltungsübertretungen dar, die nach Maßgabe des § 120 FPG zu bestrafen sind. Dass bereits eine (rechtskräftige) Bestrafung erfolgte, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden.

Die Beschwerdeführer haben darüber hinaus von den ihnen gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 zu beantragten und wurde dieser Antrag bereits bewilligt und am 06.03.2019 auch die außerordentliche Revision gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 tatsächlich erhoben. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über diese außerordentliche Revision (und den unter einem gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung) liegt noch nicht vor, wobei der Aktenlage nach zumindest von einer Bewilligung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auszugehen ist.

Dem Revisionsverfahren liegen keine Folgeanträge auf internationalen Schutz zugrunde, sondern Erstanträge der Beschwerdeführer, über welche erst nach einer Gesamtverfahrensdauer von über dreieinhalb Jahren rechtskräftig entschieden wurde. Die Beschwerdeführer haben sich keiner Abschiebung wiedersetzt. Sie leben vielmehr seit dem 23.06.2015 bis gegenwärtig in derselben und dem belangten Bundesamt bekannten Unterkunft für Asylsuchende in Innsbruck und unterhalten dort ihren ordentlichen Wohnsitz.

Die Beschwerdeführer sind unbescholten. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin und der minderjährige Viertbeschwerdeführer sind schulpflichtig und befinden sich gegenwärtig in laufender schulischer Ausbildung. Das Abschließen des bereits begonnenen Schulsemesters eines schulpflichtigen Kindes ist nach der RV 1078 BlgNR XXIV. GP zu § 55 Abs. 3 FPG ein besonderer Umstand, aufgrund dessen die Behörde die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festsetzen kann. Der minderjährige Fünftbeschwerdeführer ist ein betreuungsbedürftiges Kleinkind.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann das Bundesverwaltungsgericht zunächst nicht zu erkennen, dass die minderjährige Drittbeschwerdeführerin, der minderjährige Viertbeschwerdeführer und minderjährige Fünftbeschwerdeführer eine derartige Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich darstellen würden, sodass nunmehr die sofortige Ausreise der Beschwerdeführer geboten wäre. Die vom belangten Bundesamt auf § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG gestützte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erweist sich insoweit schon als grundsätzlich verfehlt.

In der Beschwerde wird darüber hinaus zutreffend darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführer einen ordentlichen Lebenswandel führen, über eine Unterkunft verfügen und ihr Unterhalt derzeit - wenn auch im Wege des Bezuges von Leistungen der Grundversorgung - gesichert ist. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass von den Beschwerdeführern ausgehende Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen wären. Einerseits liegen keine Hinweise darauf vor, dass die Leistungen der Grundversorgung in Ansehung der Beschwerdeführer eingestellt wurden oder der Einstellung unmittelbar bevorsteht. Ausgehend davon ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Abgleiten in die Kriminalität zu besorgen, zumal die Beschwerdeführer bereits mehrere Jahre lang mit den Leistungen der Grundversorgung ihr Auslangen finden, ohne dass sie bislang strafffällig wurden.

Die potentielle Verwirklichung eines Verwaltungsstraftatbestandes alleine vermag kein überwiegendes öffentliches Interesse an einer raschen Außerlandesbringung zu rechtfertigen und liegt bislang auch keine rechtskräftige Bestrafung der Beschwerdeführer vor. Aufgrund der erhobene außerordentlichen Revision ist ferner die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Revisionsverfahren wahrscheinlich und demgemäß mit einer Sistierung der Rechtswirkungen der Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 zu rechnen.

Zusammenfassend sind aus dem von der belangten Behörde erhobenen Sachverhalt keine schwerwiegenden Gründe im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG abzuleiten, welche eine sofortige Ausreise der Beschwerdeführer im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich erscheinen ließe. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass im gegenständlichen Fall einer der sonstigen Tatbestände des § 18 Abs. 1 oder 2 BFA-VG heranzuziehen wäre.

2.3. Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide ist daher jeweils ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass den Beschwerden somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG jeweils die aufschiebende Wirkung zukommt.

2.4. Bereits an dieser Stelle ist festzuhalten, dass das Vorgehen des belangten Bundesamtes auch insoweit verfehlt ist, als die in der Sache der Beschwerdeführer ergangenen rechtskräftigen Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 (derzeit) eine hinreichende Grundlage für aufenthaltsbeendende Maßnahmen darstellt. Wenn das belangte Bundesamt die weitere Präsenz der Beschwerdeführer im Bundesgebiet als Störung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ansieht, steht es ihm frei, die Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat abzuschieben.

Der Aktenlage nach wurden bislang keine Anstrengungen unternommen, eine Abschiebung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat auch nur vorzubereiten. Dass nunmehr ein neues Verfahren - samt damit verbundenem Aufwand beim belangten Bundesamt und beim Bundesverwaltungsgerichte - eingeleitet wird, anstatt die rechtskräftigen Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 zu effektuieren, ist nicht nachvollziehbar und aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch nicht zweckmäßig.

2.5. Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkte IV. spruchreif war und die Trennung - auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerdeführerauch zweckmäßig erscheint. Über die Beschwerde gegen die weiteren Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wird gesondert entschieden werden.

2.6. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, da der für die Erlassung des gegenständlichen Teilerkenntnisses maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgeht. Darüber hinaus liegt bei Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage wie im gegenständlichen Fall eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Einreiseverbot, ersatzlose
Behebung, Grundversorgung, Interessenabwägung, öffentliche
Interessen, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit, private
Interessen, Spruchpunktbehebung, Verwaltungsübertretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L521.2126406.2.00

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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