TE OGH 2019/6/13 5Ob50/19t

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Veröffentlicht am 13.06.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Ing. R*****, vertreten durch Dr. Daniela Altendorfer-Eberl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegnerin G***** mbH, *****, vertreten durch die Mag. Michael Rudnigger, Rechtsanwalt-GmbH, Wien, wegen § 14 Abs 1 Z 2, § 22 Abs 1 Z 6 WGG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Dezember 2018, GZ 40 R 173/18i-55, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 10. April 2018, GZ 25 Msch 13/09h-49, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag, festzustellen, die Antragsgegnerin, eine gemeinützige Bauvereinigung, habe durch die Verrechnung zu hoher Zinsen für Fremd- und Eigenmittel im Zeitraum 1994 bis einschließlich November 2008 das gesetzlich zulässige Nutzungsentgelt für ein bestimmtes Objekt überschritten, ab und ein gleichlautendes Begehren für die Zeit von Dezember 2008 bis einschließlich 2011 zurück. Dem nur gegen die Abweisung seines Begehrens gerichteten Rechtsmittel gab das Rekursgericht nicht Folge. Die grundsätzliche Zulässigkeit von Fixzinsvereinbarungen sei in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nie in Frage gestellt worden; Fixzinsvereinbarungen seien auch in den förderungsrechtlichen Bestimmungen des Landes Wien alternativ zu variablen Zinssätzen vorgesehen. Unabhängig von deren Anwendbarkeit hätten die ursprünglichen Vereinbarungen (Darlehen 1991, Hypothekardarlehen 1 [1994] und Hypothekardarlehen 2 [1997]) den jeweils geltenden förderungsrechtlichen Vorschriften entsprochen. Die nachträgliche Änderung der Bedingungen des Hypothekardarlehens 1 per 1. 5. 1999 könne einem Neuabschluss nicht gleichgehalten werden. Die im Gegenzug zu einer Verlängerung der Fixzinsphase vereinbarte Zinsreduktion sei schon deshalb nicht zu beanstanden, weil sie – ex ante betrachtet – jedenfalls keinen Nachteil für die Mieter gebracht habe. Sie sei aber nur rechnerisch wertneutral; im Sinn eines der Gemeinnützigkeit anhaftenden sozialen Aspektes sei sie für die Mieter vorteilhaft gewesen, weil sich deren monatliche Belastung verringert habe. Die Änderung der Bedingungen sei daher ebenso zulässig gewesen, wie der ursprüngliche Vertragsabschluss, sodass die Antragsgegnerin berechtigt gewesen sei, die vereinbarten Zinsen gemäß § 14 Abs 1 Z 2 WGG weiter zu verrechnen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil gesicherte oberstgerichtliche Judikatur weder zur Frage der Maßgeblichkeit der landesgesetzlichen Förderungsbestimmungen für die Beurteilung der Angemessenheit der Zinsvereinbarung, noch zur Frage vorliege, nach welchen Kriterien eine nachträgliche Änderung der Darlehensbedingungen zu beurteilen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig (§ 71 Abs 1 AußStrG), was gemäß § 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG kurz zu begründen ist:

1.1 § 14 Abs 1 WGG regelt das angemessene Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraums. „Angemessenheit“ des vereinbarten Nutzungsentgelts bedeutet in diesem Zusammenhang die Zulässigkeit beziehungsweise rechtmäßige Höhe des Entgelts. Es geht um die Feststellung, ob das vereinbarte oder begehrte Entgelt den gesetzlichen Vorschriften über seine Höhe und Zusammensetzung entspricht (RIS-Justiz RS0118030).

1.2 Nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG idF der WRN 1999 (BGBl 1999/147) darf bei der Berechnung des angemessenen Entgelts (unter anderem) die aufgrund des Schuldscheins (der Schuldscheine) vorzunehmende angemessene Verzinsung von Fremdmitteln einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln angerechnet werden. Auch für die Rechtslage vor der Wohnrechtsnovelle 1999 galt, dass die im Zug der Berechnung des Entgelts nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG 1979 überwälzbaren Zinsen für Fremdmittel „angemessen“ im Sinn ihrer gesetzlichen Zulässigkeit zu sein hatten (RS0118032). Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass sich die Angemessenheit im Sinn der gesetzlichen Zulässigkeit eines Zinssatzes in der Regel aus generellen Normen wie etwa Wohnbauförderungsvorschriften ergibt (vgl RS0118034; RS0118036). Wenn eine förderungsrechtliche Zinssatzbegrenzung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung jedoch nicht anwendbar ist, erfolgt die Prüfung der Angemessenheit der Verzinsung des Darlehens durch einen Vergleich mit den am Kapitalmarkt orts- und marktüblichen Konditionen (5 Ob 67/11f; vgl 5 Ob 22/10m = RS0118034 [T2]; RS0125920). Damit besteht zu der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

2. In Bezug auf § 14 Abs 1 Z 2 WGG wurde bereits dargelegt, dass Fixzinsvereinbarungen zwischen einer Gemeinnützigen Bauvereinigung und ihren Darlehensgebern nicht jedenfalls unzulässig und daher unangemessen iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG sind (5 Ob 87/05p; 5 Ob 22/10m = RS0118032 [T2]; 5 Ob 67/11f). Dessen ungeachtet beharrt der Antragsteller auf seinem Standpunkt, dass die Antragsgegnerin bereits ursprünglich, insbesondere für die Hypothekardarlehen 1 und 2, keine Fixzinssatzklauseln anstelle eines variablen Zinssatzes vereinbaren hätte dürfen. Dabei übergeht er jedoch, dass die von ihm bemängelten Darlehensvereinbarungen nach den Feststellungen ohnedies den jeweils geltenden landesrechtlichen Förderbestimmungen entsprochen haben und bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Fixzinsvereinbarung auf die Gegebenheiten im Abschlusszeitpunkt abzustellen ist (5 Ob 67/11f; Rosifka, Der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Teil der Wohnrechtsnovelle 1999, wobl 1999, 321 ff [328]). Warum davon ausgehend die ursprünglichen Vereinbarungen unzulässig gewesen sein sollen, kann der Antragsteller mit seiner ausschließlich auf die nachfolgende Zinsentwicklung gestützten ex-post-Betrachtung nicht darlegen. Welche Auswirkungen der Umstand, dass „gegenständlich aufgrund der getroffenen Vereinbarung ab 2008 (2011) jeweils ohnedies eine Zinsgleitklausel gelten sollte“, auf die Gültigkeit der ursprünglichen Fixzinsvereinbarungen haben soll, kann nicht nachvollzogen werden.

3. Aus der Entscheidung zu 5 Ob 6/03y geht hervor, dass auch schon vor dem Inkrafttreten der Sondervorschrift des § 23 Abs 1a idF der WRN 1999 eine Pflicht der gemeinnützigen Bauvereinigung zur nachträglichen Anpassung der Finanzierungskonditionen an geänderte Kapitalmarktverhältnisse bestanden hat. Entgegen der offensichtlich vom Antragsteller vertretenen Auffassung kann diese Verpflichtung aber keinesfalls losgelöst von der ursprünglichen Vereinbarung gesehen werden (so auch 5 Ob 6/03y [nach der konkreten Vertragslage]; Würth in Rummel ABGB3 § 23 WGG Rz 2 [im Rahmen des rechtlich Möglichen]). Die Vertragsänderung zum Hypothekardarlehen 1 im Jahr 1999 hat den Mietern gegenüber der ursprünglichen Vertragslage jedenfalls keinen Nachteil gebracht (solche behauptet der Revisionsrekurswerber auch nicht). Warum das bestehende Vertragsverhältnis wegen der vereinbarten Verringerung des Fixzinssatzes unter gleichzeitiger Verlängerung seiner Dauer wie „ein Neuabschluss des Darlehensvertrags zu gesetzwidrigen bzw unzulässigen Konditionen“ zu beurteilen sein soll, wie der Revisionswerber meint, kann er nicht schlüssig darlegen. Auf die Entscheidung zu 5 Ob 87/05p kann sich der Antragsteller dabei schon deshalb nicht berufen, weil dort der Wechsel von der ursprünglich vereinbarten (zulässigen) Zinsgleitklausel zu einer späteren Fixzinsvereinbarung, die zum Zeitpunkt der Änderung ganz wesentlich über der Nominalverzinsung der Bundesanleihentranchen lag, zu beurteilen war.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 22 Abs 4 WGG).

5. Die Antragsgegnerin hat auf die fehlende Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen. Es entspricht daher der Billigkeit, dass sie die Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung selbst zu tragen hat (§ 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG).

Textnummer

E125499

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00050.19T.0613.000

Im RIS seit

12.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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