TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 W173 2011960-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.2019
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Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

APG §4
ASVG §107
ASVG §414
AVG §69
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W173 2011960-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Dr. Rudolf Riegler, Hauptplatz 19, 2460 Bruck an der Leitha, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Niederösterreich, vom 24.7.2014, Zl. NLA2/2435 270551-1 01, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.1.2019

I.)

1.) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird, soweit Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 24.7.2014 bekämpft wird, als unbegründet abgewiesen.

2.) beschlossen:

Die Beschwerde wird,

a) soweit Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 24.7.2014 bekämpft wird,

b) soweit die Auferlegung des Kostenersatzes in der Höhe von €

2.620,-- an Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Niederösterreich, beantragt wird, zurückgewiesen.

II)

Die Revision ist zu den Spruchpunkten I.)1.), I.)2.)a) und I.)2.)b) gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit 18.12.2013 datiertem Antragsformular beantragte Herrn XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) die Gewährung der Korridorpension bei der belangten Behörde. Als Stichtag nannte er den 1.1.2014. Im genannten, vom BF ausgefüllten Antragsformular schien auszugsweise Nachfolgendes auf:

"..................................

5. UNSELBSTSTÄNDIGE ERWERBSTÄTIGKEIT (beachten Sie die Erläuterungen im Informationsblatt)

Ist Ihr Beschäftigungsverhältnis aufrecht?

X ja Höhe des monatlichen Bruttoeinkommens: Euro 4.333,25

Beabsichtigen Sie die Beschäftigung im Fall des Pensionsanspruches aufzugeben?

X ja, am: 01.01.2014 ? nein

? nein, beendet seit: .....................

Haben Sie Anspruch auf Abfertigung? X ja................. ? nein

Haben Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeit-

Vereinbarung abgeschlossen? ? ja................ X nein

Besteht Anspruch auf bzw. erhalten Sie folgende Leistungen:

.......................................

6. SELBSTSTÄNDIGE ERWERBSTÄTIGKEIT (beachten Sie die Erläuterungen im Informationsblatt):

· Sind Sie selbstständig erwerbstätig oder üben Sie eine (mehrere) Funktion(en) in einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus bzw. sind Sie an einer solchen beteiligt?

(Geben Sie uns Ihre selbstständige Erwerbstätigkeit auch an, wenn Sie daraus kein Einkommen erzielen.)

? ja: ? in einem Gewerbebetrieb ? freiberuflich

? als geschäftsführender Gesellschafter ? Funktion

? in einem land- und (forst)wirtschaftlichen Betrieb ? Beteiligung

? auf Basis eines Werkvertrages ? auf sonstige Art

Höhe des durchschnittlichen mtl. Einkommens: EUR

.......................................................

Name und Anschrift/Standort des Betriebes:

....................................................................

Genaue Bezeichnung Ihrer selbstständigen(freiberuflichen) Erwerbstätigkeit/Funktion:

.....................................................................................................................................................

Beabsichtigen Sie die selbstständige Erwerbstätigkeit im Falle des

Pensionsanspruches

aufzugeben?

? ja, am................................................... ? nein

X nein, beendet seit:....................................... 7.

ERGÄNZENDE FRAGEN ZUR SELBSTSTÄNDIGEN ERWERBSTÄTIGKEIT

Besteht eine Ausnahme von der Pflichtversicherung

Nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG), Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) oder Freiberuflichen Sozialversicherungsgesetz (FSVG)?

? ja ? nein

Haben (Hatten) Sie einen land-(forst)wirtschaftlichen Grundbesitz?

? ja, wo?

............................................................... von

wann bis wann? ...............................

? selbst bewirtschaftet ? verpachtet ? übergeben ? gepachtet oder zugepachtet?

X nein

8. POLITISCHE FUNKTION

Erhalten Sie auf Grund einer politischen Funktion Bezüge

nach bundes- oder landesgesetzlichen Bestimmungen? ? ja x nein

9. STONSTIGE BEZÜGE

................................................................................................"

2. Auf Basis der Angaben des BF in dem von ihm ausgefüllten Antragsformular zur Gewährung der Korridorpension und nach Nachschau in den Daten des Hauptverbandes wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 24.1.2014, Zl NLA2/2435 270551-1 01, sein Anspruch auf Korridorpension ab 1.1.2014 anerkannt. Dem BF wurde ab 1.1.2014 eine monatliche Pension in der Höhe von brutto 2.432,56 gewährt.

3. Die belangte Behörde erlangte in der Folge Anfang April 2014 von der für den BF mit 1.1.2014 beginnenden Pflichtversicherung gemäß GSVG Kenntnis. Mit Bescheid vom 8.4.2014, Zl NLA2/2435 270551, wurde von der belangten Behörde die Korridorpension des BF ab 1.4.2014 vorsorglich eingestellt.

4. Mit Schreiben vom 15.5.2014 gab der BF der belangten Behörde bekannt, seine Geschäftsanteile an dem Unternehmen " XXXX " mit Stichtag 1.1.2014 an

Frau XXXX abgetreten zu haben. Er habe dazu die Firmenbucheintragung veranlasst. Die ab 1.1.2014 bewilligte Korridorpension sei fortlaufend ohne Einschränkung auszubezahlen. Es bestehe bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Niederösterreich, (in der Folge SVA) keine Beitragspflicht. Dem Schreiben des BF waren keine Beilagen angeschlossen.

5. Mit Schreiben vom 14.7.2014 gab der BF der belangten Behörde bekannt, beiliegenden Unterlagen (Firmenbuchauszug und Gesellschaftsvertrag) zum 2. Mal - wie bereits am 15.5.2014 gesendet - zu senden. Dem genannten Schreiben des BF vom 14.7.2014 waren Kopien des genannten Beschlusses des LG Korneuburg, Zl 29 Fr 428/14t-3, sowie des Firmenbuchauszugs mit den aktuellen Daten des Unternehmens XXXX , FN XXXX , für den Stichtag 22.5.2014 angeschlossen. In diesem beiliegenden genannten Beschluss des LG Korneuburg wurde in der Firmenbuchsache XXXX , FN XXXX , festgehalten, dass auf Grund des am 19.5.2014 eingelangten Änderungsantrags des BF die Eintragung zur Funktion des Gesellschafters des BF gelöscht und Frau XXXX als Gesellschafterin beim genannten Unternehmen im Firmenbuch eingetragen werde. Im beiliegenden Firmenbuchauszug der genannten Gesellschaft mit Stand 22.5.2014 schien nunmehr Frau XXXX als Gesellschafterin auf.

6. Im Schriftsatz vom 23.7.2017 führte der BF aus, mit Schreiben vom 21.5.2014 der SVA den Notariatsakt zur Abtretung seiner Gesellschaftsanteile mit Stichtag 1.1.2014 zugesandt zu haben. Die Form der Abtretung entspreche den handelsrechtlichen Bestimmungen und üblichen Gepflogenheiten. Die SVA jedoch habe den Standpunkt vertreten, dass die Pflichtversicherung des BF am 31.5.2014 ende. Es sei damit offenbar der Abtretungsstichtag vom 1.1.2014 unbeachtet geblieben. Es handle sich dabei um eine unrichtige Rechtsansicht der SVA, da seit dem 1.1.2014 tatsächlich keine Pflichtversicherung bei der SVA bestehe. Der BF lehne den neuen vorgeschlagenen Pensionsstichtag mit 1.6.2014 ab, da er einen Anspruch auf fortlaufende Auszahlung seiner Pension ab 1.1.2014 habe. Andernfalls werde die Erlassung eines Bescheides begehrt. Es sei die Abtretung der Geschäftsanteile mit Stichtag 1.1.2014 gemäß dem Notariatsakt vom 16.5.2014 zu berücksichtigen und die bewilligte Pension ab 1.1.2014 fortlaufend auszubezahlen.

7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.7.2014, Zl NLA2/2435 270551-1 01, wurde unter Spruchpunkt 1. das Verfahren über den Anspruch auf Korridorpension von Amts wegen wiederaufgenommen und der Bescheid vom 24.1.2014 aufgehoben. Unter Spruchpunkt 2. wurde der Antrag auf Korridorpension abgelehnt und der entstandene Pensionsüberbezug in

der Höhe von € 5.362,56 rückgefordert. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde darauf, dass eine Wiederaufnahme im einem durch Bescheid rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren von Amts wegen erfolgen können und zulässig sei, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden sei. Die besonderen Anspruchsvoraussetzungen für die Korridorpension zum Stichtag 1.1.2014 seien vom BF auf Grund des Vorliegens einer Pflichtversicherung nicht erfüllt worden, sodass das Verfahren wiederaufzunehmen sei. In der Rechtsmittelbelehrung wurde der BF auf die unterschiedlichen Rechtswege zur Bekämpfung des Bescheides verwiesen. Während eine Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. an das Bundesverwaltungsgericht innerhalb einer vierwöchigen Beschwerdefrist zu richten sei, müsse gegen Spruchpunkt 2. eine Klage innerhalb von drei Monaten beim zuständigen Landes- bzw. Arbeits- und Sozialgericht eingebracht werden.

8. Mit Schriftsatz vom 14.8.2014 erhob der BF "Berufung" - gemeint wohl Beschwerde - gegen den Bescheid vom 24.7.2014 an das Bundesverwaltungsgericht. Der angefochtene Bescheid werde seinem gesamten Inhalt nach angefochten, nämlich insoweit als das Verfahren zum Anspruch auf Korridorpension wiederaufgenommen und der Bescheid vom 24.1.2014 aufgehoben und der Antrag auf Korridorpension abgelehnt werde. Es liege eine inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor. Auf Grund des Notariatsaktes vom 16.5.2014 seien vom BF seine Geschäftsanteile an der " XXXX " an Frau XXXX mit der Vereinbarung zum Übergang aller damit verbundenen Rechte und Pflichten ab 1.1.2014 übertragen worden. Diese diesbezügliche Vereinbarung zwischen dem BF und Frau

XXXX zur Wirksamkeit ab 1.1.2014 sei bereits vor dem 1.1.2014 getroffen worden und liege dem Notariatsakt vom 16.5.2014 zugrunde. Die formelle Erledigung dieser Vereinbarung sei mit Notariatsakt vom 16.5.2014 abgewickelt worden und die Eintragung ins Firmenbuch erfolgt. Dazu werde auf das Ergebnis der Beweisaufnahme der SVA vom 1.8.2014 verwiesen. Diese Übertragungsvorgangsweise bei Geschäftsanteilen an der " XXXX " entspreche sowohl den zulässigen privat- und unternehmensrechtlichen Bestimmungen als auch den üblichen Gepflogenheiten wie beispielsweise dem Umgründungssteuergesetz, in dem sogar mit nachträglicher Willenserklärung der Eintritt der Wirksamkeit rückwirkend bis zu 9 Monate vereinbart werden könne. Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Meinung sei die Abtretung der Geschäftsanteile rechtswirksam mit 1.1.2014 erfolgt. Es liege zu keinem Zeitpunkt der Vorsatz zur Ablegung eines falschen Zeugnisses zur Erschleichung einer Leistung vor. Die belangte Behörde sei willkürlich ohne vorhergehendes Ermittlungsverfahren vorgegangen, woraus die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliege. Es werde daher

beantragt, "in Stattgebung der ‚Berufung' den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften im Umfang der Anfechtung aufzuheben und der Sozialversicherung den Ersatz der verzeichneten Kosten von €

2.620,-- aufzuerlegen". Im genannten Schreiben der SVA vom 1.8.2014 wurde zum Ergebnis der Beweisaufnahme unter anderem festgehalten, dass der BF seit 18.4.1994 Gesellschafter der " XXXX " sei und dem Notariatsakt vom 16.5.2014 folgend seine Geschäftsanteile an der genannten Gesellschaft an Frau XXXX abgetreten habe. Laut diesem Notariatsakt sei als Tag des Übergangs der mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten der 1.1.2014 vereinbart worden. Der Löschungsantrag für den Gesellschafteranteil sei erst am 19.5.2014 eingelangt und Löschung für den Gesellschaftsanteil am 22.5.2014 durchgeführt worden.

9. Der Beschwerdeakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.9.2014 zur Entscheidung vorgelegt und der Gerichtsabteilung W173, protokolliert unter der Aktenzahl W173 2011960-1, zugeteilt. In der beiliegenden Stellungnahme der belangten Behörde vom 10.9.2014 zum Beschwerdevorbringen wurde auf die Angaben des BF in Punkt 6 zur Gewährung einer Korridorpension vom 23.12.2013 mit der Angabe des BF verwiesen, weder selbstständig erwerbstätig zu sein noch eine (mehrere) Funktion(en) in einer Personen- und Kapitalgesellschaft auszuüben bzw. bei einer solchen beteiligt zu sein. Gestützt auf diese Angaben sowie auf die beim Hauptverband gespeicherten Versicherungsdaten des BF, aus denen keine Pflichtversicherung des BF in der Pensionsversicherung gemäß GSVG aufgeschienen sei, habe die belangte Behörde am Pensionsstichtag vom Fehlen einer solchen Pensionspflichtversicherung infolge Erwerbstätigkeit des BF ausgehen müssen. Basierend darauf sei der Bescheid vom 24.1.2014 ergangen.

Erst im Zuge einer Meldung im Rahmen der Datendrehscheibe des Hauptverbandes sei bekannt geworden, dass der BF seit 1.1.2014 in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß GSVG pflichtversichert sei. Nach Urgenz habe der BF mitgeteilt, keine Kenntnis davon gehabt zu haben, da er geringfügig beschäftigt sei. Erst am 15.5.2014 habe der BF die Abtretung seiner Geschäftsanteile der XXXX mit 1.1.2014 an Frau XXXX bekannt gegeben und die Firmenbucheintragung veranlasst. Erst mit 27.6.2014 habe die SVA bekannt gegeben, dass die Pflichtversicherung des BF in der Kranken-und Pensionsversicherung gemäß GSVG mit 31.5.2014 ende. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass dem BF zum Zeitpunkt der Ausfüllung des Antragsformulars am 23.12.2013 bekannt sein habe müssen, zumindest laut Firmenbuch noch Beteiligungen an einer Personen- und Kapitalgesellschaft zu haben. Dies habe der BF im Bewusstsein der Notwendigkeit der vollständigen und richtigen

Beantwortung sämtlicher Fragen als Basis zur Überprüfung der Voraussetzung für die belangte Behörde im Antragsformular verschwiegen. Der BF habe diese irreführende Vorgangsweise zwecks Erlangung des Leistungsbezugs gewählt. Zum nunmehr vorgebrachten Rechtsirrtum werde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach das Risiko dafür, eine gestellte Frage nicht vollständig oder richtig beantwortet zu haben, vom BF zu tragen sei. Darüber hinaus stütze sich die belangte Behörde ergänzend auf den Tatbestand des § 69 Abs. 1 Z 3 AVG. Die belangte Behörde habe zum Zeitpunkt der Beurteilung dem Bescheid vom 24.1.2014 ihre eigene Rechtsanschauung zugrunde gelegt. Nachträglich habe die SVA als zuständiger Versicherungsträger über die maßgebliche Vorfrage des Bestehens einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ab 1.1.2014 in wesentlichen Punkten anders entschieden, zumal sie von einer Pflichtversicherung (auch) in der Pensionsversicherung des BF gemäß GSVG vom 1.1.2014 bis 31.5.2014 ausgegangen sei. Infolge des Eintritts der Pflichtversicherung gemäß GSVG ex lege, sei dieser Eintritt beim BF ab 1.1.2014 als neu hervorkommende Tatsache zu werten, die bereits zum Erlassungszeitpunkt des Bescheides vom 24.1.2014 bestanden habe, aber vom BF nicht habe geltend gemacht werden können. Damit sei auch der Tatbestand der Wiederaufnahme des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG erfüllt. Mangels diesbezüglicher gesetzlicher Grundlagen für den Kostenersatz in der gegenständlichen Fallkonstellation werde auch die Abweisung des Kostenbegehrens beantragt.

10. Eine weitere mit 25.9.2014 datierte Beschwerde des BF - gerichtet gegen den Bescheid der SVA vom 27.8.2014, in dem die Feststellung getroffen wurde, dass der BF in der Zeit vom 1.1.2014 bis 31.5.2014 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterliege - samt Beschwerdeakte wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der SVA mit Schreiben vom 8.10.2014 vorgelegt. Diese wurde unter der Aktenzahl W156 2012937-1 protokolliert und der Gerichtsabteilung W156 zugeteilt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.11.2018, Zl W156 2012937-1/4E, wurde die Beschwerde des BF vom 25.9.2014 als unbegründet abgewiesen.

11. Zur unter der Aktenzahl W173 2011960-1 protokollierten Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht für 30.1.2019 eine mündliche Verhandlung anberaumt, wobei dem BF in der Ladung die Stellungnahme der belangten Behörde vom 10.9.2014 übermittelt wurde. Zu der genannten mündlichen Verhandlung sind trotz ordnungsgemäßer Ladung der Vertreter des BF und der BF unentschuldigt nicht erschienen. Die belangte Behörde brachte vor, auf Grund der Meldung im Rahmen der Angaben der Datendrehscheibe des Hauptverbandes von der Pflichtversicherung des BF in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß GSVG ab 1.1.2014 erfahren zu haben. Grundsätzlich vertraue die belangte Behörde auf die Angaben im

Pensionsantrag. Es werde aber zusätzlich noch eine Abfrage beim Hauptverband durchgeführt. Gegenständlich sei zum Entscheidungszeitpunkt keine Pflichtversicherung des BF gemäß GSVG aufgeschienen. Es habe daher kein Anlass für einen Zweifel an den Angaben des BF bestanden. Die belangte Behörde sei auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht darüber informiert gewesen, dass der BF die Position des geschäftsführenden Gesellschafters der XXXX eingenommen habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.Der BF, geb. am XXXX , war seit 18.5.1994 Gesellschafter der XXXX , FN XXXX . Als Gesellschafter bekleidete der BF seit 7.12.1995 auch die Funktion des selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführers der genannten Gesellschaft. Der als Gesellschafter an der XXXX beteiligte BF war auch bis 31.12.2013 als Angestellter bei der Gesellschaft tätig und gemäß ASVG pflichtversichert.

1.2. Da der BF als Gesellschafter der XXXX die Gewährung einer Korridorpension ab 1.1.2014 bei der belangten Behörde anstrebte, zog er das diesbezügliche Antragsformular der belangten Behörde heran und machte Angaben zu den darin enthaltenen Vorgaben. Trotz seiner nach wie vor bestehenden Beteiligung als Gesellschafter bei der genannten Gesellschaft, die auch im Firmenbuch aufschienen, unterließ es der BF unter dem Punkt "Selbstständige Erwerbstätigkeit" anzugeben, an der genannten Kapitalgesellschaft beteiligt zu sein. Im Hinblick auf seine Bestrebungen, eine Korridorpension bei der belangten Behörde ab 1.1.2016 zu erlangen, sah er sich auch nicht veranlasst, bekannt zu geben, seit wann eine Beteiligung an der genannten Kapitalgesellschaft beendet ist. Vielmehr kreuzte der BF bei Frage der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Antragsformular das dafür vorgesehene Kästchen mit "nein" an und stellt sich auch nicht der darin anschließenden Frage "beendet seit". Für ihn bestand auch keine Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß GSVG.

1.3. Auf Basis der Angaben des BF im mit 18.12.2013 datierten und unterzeichneten Antragsformular und des Auszugs der Datendrehscheibe des Hauptverbandes, aus dem zu diesem Zeitpunkt keine Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung des BF nach dem GSVG hervorging, wurde dem BF von der belangen Behörde mit Bescheid vom 24.1.2014 eine

Korridorpension ab 1.1.2014 in der Höhe von 2.432,56 zuerkannt. Ab 1.3.2014 begann das geringfügige Angestelltenverhältnis des BF bei der XXXX

1.4. Auf Grund der nach wie vor bestehenden Stellung des BF als Gesellschafter der XXXX unterlag der BF ab 1.1.2014 der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG in der Kranken- und Pensionsversicherung. Diese wurde in der Folge in der Datendrehscheibe des Hauptverbandes beim BF vermerkt. Als die belangte Behörde Anfang April davon Kenntnis erlangte, wurde mit Bescheid vom 8.4.2014 die Korridorpension des BF ab 1.4.2014 vorsorglich eingestellt.

1.5. Am 16.5.2014 unterzeichnete der BF einen Notariatsakt über die Abtretung seines Gesellschaftsanteils an der XXXX an Frau XXXX . Es wurde darin als Tag des Übergangs aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten an Frau XXXX der 1.1.2014 genannt. Am 19.5.2014 wurde die Löschung des Gesellschaftsanteils des BF an der genannten Gesellschaft beantragt. Mit Beschluss des LG Korneuburg vom 22.5.2014 erfolgte die Eintragung der Löschung des Gesellschaftsanteils des BF an der genannten Gesellschaft ins Firmenbuch.

1.6. Mit Schreiben vom 24.6.2014 teilte die SVA das Ende der am 1.1.2014 beginnenden Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG mit 31.5.2014 unter Vorschreibung seiner Beitragsrückstände mit. In der Folge beantragte der BF die Ausstellung eines Bescheides zu seinem Anspruch auf Korridorpension gemäß ASVG ab 1.1.2014. Mit Bescheid vom 24.7.2014 wurde von der belangten Behörde unter Spruchpunkt 1. das Verfahren über den Anspruch auf Korridorpension von Amts wegen wiederaufgenommen und der Bescheid vom 24.1.2014 aufgehoben. Unter Spruchpunkt 2. wurde sein Antrag auf Korridorpension abgelehnt und der entstandene Überbezug an Pension in der Höhe von € 5.362,56 zurückgefordert. Den Bescheid vom 24.7.2014 bekämpfte der BF in sämtlichen Spruchpunkten in Verbindung mit einem Antrag auf Auferlegung der Kosten in der Höhe von €

2.620,-- an die belangte Behörde. Diese Beschwerde wurde beim Bundesverwaltungsgericht unter der Aktenzahl W173 2011960-1 protokolliert.

1.7. Eine weitere gegen den Bescheid der SVA vom 27.8.2014, Zl 2435 270551/21, in welchem über Antrag des BF die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG in der Zeit vom 1.1.2014 bis 31.5.2014 festgestellt wurde, eingebrachte Beschwerde des BF vom 25.9.2014 wurde beim Bundesverwaltungsgericht unter der

Aktenzahl W156 2012937-1 protokoliert, die mit Erkenntnis vom 2.11.2018, Zl W156 2012937, abgewiesen wurde.

1.8. Der für 1.8.2019 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zur unter der Aktenzahl W173 2011960-1 protokollierten Beschwerde blieb der BF unentschuldigt fern.

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt, sowie in den unter der Aktenzahl, W156 2012937-1, beim Bundesverwaltungsgericht protokollierten Beschwerdeakt Beweis erhoben.

Die Vorgangsweise des BF beim Ausfüllen des Antragsformulars der belangten Behörde im Dezember 2013, die von ihm gewählt wurde, um eine Korridorpension ab 1.1.2014 zu erlangen, spricht dafür, dass der BF sich seine Korridorpension ab 1.1.2014 erschleichen wollte. Obwohl er nach wie vor Gesellschafter der XXXX war, hat er dies nicht im von ihm ausgefüllten, mit 18.12.2013 datierten Antragsformular unter dem Punkt 6 (Selbstständige Erwerbstätigkeit) zur diesbezüglichen Frage einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft angegeben. Vielmehr hat er eine Beteiligung verneint, indem er das diesbezügliche Kästchen mit "Nein" ankreuzte. Für ihn war aber auch offensichtlich seine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft noch nicht beendet, da sich der BF zudem nicht veranlasst sah, die Frage zur Beendigung der Beteiligung an einer solchen zu beantworten. Dies findet seinen Ausdruck darin, dass der zur Beantwortung eines Beendigungszeitpunktes einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft vorgesehene Freiraum zur Beantwortung im Antragsformular frei blieb. Hätte der BF, der im Dezember 2013 noch geschäftsführender Gesellschafter der XXXX war, beabsichtigt, seinen Gesellschafts-anteil anzutreten, hätte er dies im Hinblick auf die ab 1.1.2014 angestrebte Korridorpension angeben müssen. Insofern kann auch die Behauptung des BF in seiner Beschwerde vom 14.8.2014 zur im Innenverhältnis mit Frau XXXX getroffenen Vereinbarung nicht überzeugen, bereits vor dem 1.1.2014 die Übertragung der dem Übergang des Geschäftsanteils verbundenen Rechte und Pflichten vereinbart zu haben. Dies wurde auch vom BF in keiner Weise hinreichend belegt. Dies gilt auch für den vorgelegten Notariatsakt vom 16.5.2014, der nur eine mit 1.1.2014 rückwirkende Abtretung belegt. Selbst der BF hat in seiner Beschwerde vom 14.8.2014 darauf verwiesen, dass die Bestimmungen im

Umgründungssteuergesetz eine nachträgliche Willenserklärung zum Eintritt der rückwirkenden Wirksamkeit mit bis zu neun Monaten ermöglichen würden. Abgesehen davon, dass davon nur das Innenverhältnis betroffen gewesen wäre, versucht der BF offensichtlich auf diese Weise sein Erschleichen der Korridorpension zu entkräften.

Vielmehr hat der BF erst im Mai 2014, nachdem die bereits ab 1.1.2014 laufende Korridorpension von der belangten Behörde eingestellt worden war, nach außen hin erkennbare Schritt zur Beendigung seiner Beteiligung an der XXXX gesetzt, in dem er am 16.5.2014 seinen Gesellschaftsanteil an Frau XXXX abgetreten hat und sein Gesellschaftsanteil an der XXXX erst am 22.5.2014 im Firmenbuch gelöscht wurde. Daran kann auch nichts ändern, dass im Notariatsakt der Übergang der mit dem Gesellschaftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten rückwirkend mit 1.1.2014 vereinbart wurde, und dies - wie vom BF behauptet - den üblichen Gepflogenheiten entspreche oder etwa im Einklang mit dem Umgründungssteuergesetz stünde. Auch die SVA hat ungeachtet dessen den Beginn der Versicherungspflicht des BF gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG zur Pensions- und Krankenversicherung mit 1.1.2014 festgestellt. Dies wurde im Übrigen mit oben zitierten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt.

Dafür, dass der BF sich eine Korridorpension ab 1.1.2014 bei der belangten Behörde erschleichen wollte, spricht auch, dass der BF dem diesbezüglichen Vorbringen der belangten Behörde im Vorlageschreiben vom 10.9.2014, das dem BF übermittelt wurde, nicht einmal schriftlich entgegengetreten ist. Der BF hat es zudem unterlassen, sich einer Befragung der erkennenden Richterin in der für 8.1.2019 anberaumten mündlichen Verhandlung zu stellen. Er zog es vor, dieser Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt fernzubleiben. Damit ist der BF auch nicht seiner Mitwirkungspflicht gemäß AVG nicht nachgekommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im gegenständlichen Fall liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrens-gesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1. Zu Spruchpunkt I.)

3.1.1. Spruchpunkt I.)1.) (zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides vom 24.7.2014)

3.1.1.1.Rechtsgrundlagen

Allgemeines Pensionsgesetz (APG)

Leistungen

Alterspension, Anspruch

§ 4. (1) Anspruch auf Alterspension hat die versicherte Person nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Regelpensionsalter), wenn bis zum Stichtag (§ 223 Abs. 2 ASVG) mindestens 180 Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz vorliegen, von denen mindestens 84 auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (Mindestversicherungszeit).

(2) Abweichend von Abs. 1 kann die Alterspension bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres beansprucht werden (Korridorpension), wenn die versicherte Person

1. mindestens 480 für die Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat und

2. am Stichtag (§ 223 Abs. 2 ASVG) weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs. 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt.

(3) .....................

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen

§ 107. (1) Der Versicherungsträger hat zu Unrecht erbrachte Geldleistungen sowie Aufwendungen für Heilbehelfe und Anstaltspflege und an Stelle von Sachleistungen erbrachte Kostenersätze beziehungsweise bare Leistungen (§§ 131, 131a, 132 und 150) zurückzufordern, wenn der Zahlungsempfänger (§ 106) beziehungsweise der Leistungsempfänger den Bezug durch bewußt unwahre Angaben, bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen oder Verletzung der Meldevorschriften (§ 40) herbeigeführt hat oder wenn der Zahlungsempfänger (§ 106) beziehungsweise der Leistungsempfänger erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Geldleistungen sind ferner zurückzufordern, wenn und soweit sich wegen eines nachträglich festgestellten Anspruches auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge herausstellt, daß sie zu Unrecht erbracht wurden.

(2) .......................

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)

Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

3.1.1.2. Erschleichung der Korridorpension ab 1.1.2014 durch den BF

Der Wiederaufnahmetatbestandes des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG setzt voraus, dass eine Verfahrenspartei vor der Behörde dazu für das Zustandekommen der Entscheidungsgrundlagen absichtlich, d. h. vorsätzlich entweder durch objektiv unrichtige Angaben oder durch Verschweigen entscheidungswesentliche Umstände oder Tatsachen beeinflusst hast, um daraus einen Nutzen in Form einer vorteilhaften Entscheidung der Behörde, die ansonsten nicht zu erwarten wäre, zu lukrieren (VwGH 23.3.2004, 2003/01/0549). Von einem Verschweigen von Tatsachen ist auszugehen, wenn die Partei zu deren Bekanntgabe verpflichtet war, sie aber absichtlich geheim hält (VwGH 10.4.1985, 83/09/0159). Beim unrichtigen oder unvollständigen Ausfüllen eines Fragebogens durch den Antragsteller, wodurch der Behörde Tatsachen zunächst verborgen geblieben sind, ist auf eine Irreführungsabsicht des Antragstellers zu schließen. Wie oben aufgezeigt ist der BF mit einer Erschleichungsabsicht vorgegangen, indem er im mit 18.12.2014 datierten Fragebogen das Vorliegen seiner Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft verneinte und von der Angabe einer Beendigung absah.

In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation sind im Hinblick auf die vor Bescheiderlassung zur Gewährung der Korridorpension im Jänner 2014 durchgeführte Abfrage beim Hauptverband, im Rahmen dessen zu diesem Zeitpunkt im Auszug der Datendrehscheibe

keine Kranken- und Pensionsversicherung des BF nach GSVG ab 1.1.2014 aufschien, für die belangte Behörde auch keine gegen die Angaben des BF im mit 18.12.2013 datierten Antragsformular sprechende Umstände hervorgekommen (vgl dazu VwGH 16.2.1999, 96/08/0270). Vor diesem Hintergrund konnte der belangten Behörde auch nicht zugemutet werden, über die Richtigkeit und daher auch Vollständigkeit der Angaben des BF im Fragebogen zur Gewährung der Korridorpension ab. 1.1.2014 hinausgehend noch Erhebungen von Amts wegen zu pflegen (vgl VwGH 19.12.2005, 2000/12/0051; 8.6.2006, 2004/01/0470). Vielmehr gab es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Angabe des BF im aufgefüllten, mit 18.12.2014 datierten Fragenbogen falsch oder lückenhaft wären (VwGH 29.1.2004, 2004/20/0346, 8.6.2006, 2004/01/0470).

Damit ist der Tatbestand des § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG für eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens zur Gewährung der Korridorpension des BF ab 1.1.2014 erfüllt. Die belangte Behörde hat damit im Einklang mit der genannten Bestimmung des § 69 leg.cit. unter Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides das Verfahren wiederaufgenommen und den Bescheid vom 24.1.2014 aufgehoben.

3.1.2. Spruchpunkt I.)2.)

3.1.2.1. Spruchpunkt I.)2.)a) (zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides vom 24.7.2014)

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder des Bundesministers für Gesundheit in Verwaltungssachen und wegen Verletzung ihrer (seiner) Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Um eine Verwaltungssache iSd § 414 Abs. 1 leg.cit. handelt sich beim Abspruch unter Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides vom 24.7.2014, in dem über die Wiederaufnahme gemäß § 69 AVG abgesprochen wurde. Dazu hat die belangte Behörde auch in der Rechtsmittelbelehrung des genannten angefochtenen Bescheides auf die mögliche Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen. Die Zuständigkeit zum Abspruch über die Rechtmäßigkeit von Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wurde vom Bundesverwaltungsgericht auch bejaht, indem in merito darüber - wie oben ausgeführt - abgesprochen wurde.

Wie bereits im angefochtenen Bescheid vom 24.7.2014 ausgeführt wurde, ist über die Verwaltungssache hinausgehend, nämlich zur Entscheidung, ob ein Anspruch auf Korridorpension ab 1.1.2014 besteht, worüber in Spruchpunkt 2. abgesprochen wurde, der Klagsweg an das zuständige Landes- bzw. Arbeits- und Sozialgericht zu beschreiten. Dies ist dem BF offensichtlich entgangen. Diesbezüglich liegt keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts vor.

3.1.2.2. Spruchpunkt I.)2.)b) (Antrag auf Auferlegung der Kosten an die belangte Behörde)

Das VwGVG enthält zur Kostentragung mit Ausnahme des § 35 leg.cit. (Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) keine Regelung. Vielmehr haben die Parteien des gegenständlichen Verfahrens die Kosten selbst zu tragen (vgl Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2017, § 49 E1). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In der gegenständlichen Fallkonstellation ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu den Spruchpunkten I.)1.), I.)2.)a) und I.)2.)b) nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

amtswegige Wiederaufnahme, Erschleichen, Korridorpension,
selbstständig Erwerbstätiger, Unzuständigkeit, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W173.2011960.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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