TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/4 W171 2216888-1

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Veröffentlicht am 04.04.2019
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Entscheidungsdatum

04.04.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §46 Abs2a
FPG §46 Abs2b
VwGVG §13 Abs2

Spruch

W171 2216888-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch RA Dr. Klaus SCHIMIK, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX zu Recht erkannt:

A)

I.

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG als unbegründet abgewiesen

II.

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. stattgegeben und dieser gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Beschwerdeführerin (in Folge auch BF) ist Staatsangehörige Indiens. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 10.09.2012 wurde erstinstanzlich gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und festgestellt, dass die Abschiebung nach Indien zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom XXXX nach mündlicher Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA) vom XXXX wurde der BF aufgetragen, gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken, im Konkreten habe sie binnen einer Woche ab Zustellung das beigelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit ihren richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und an das BFA zu übermitteln. Wenn sie diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe) nicht Folge leiste, müsse sie damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werde (Spruchpunkt I.) In Spruchpunkt II. wurde eine aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ausgeschlossen.

3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin durch ihren bevollmächtigten Vertreter fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass "kein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Vollzug der Abschiebung der Beschwerdeführerin" bestehe und eine Zurückweisung/Zurückschiebung bzw. Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr der Verletzung des Art. 8 EMRK darstelle. Die Beschwerdeführerin lebe aktuell in einer Lebensgemeinschaft und habe daher ein Recht auf Schutz ihres Privat- und Familienlebens. Deshalb habe sie auch einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 bzw. § 56 AsylG gestellt. Das Verfahren sei mangelhaft gewesen und basiere auf unrichtigen Tatsachenfeststellung sowie einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung sei zu Unrecht erfolgt.

Beantragt werde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

4. Am 03.04.2019 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde gemeinsam mit dem Verwaltungsakt vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin hat nach eigenen Angaben die indische Staatsbürgerschaft. Gegen die Beschwerdeführerin liegt - mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX - eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit Feststellung zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Indien vor.

Sie ist bisher nicht freiwillig aus Österreich ausgereist.

Der Beschwerdeführerin wurde bisher auch kein anderer Aufenthaltstitel gewährt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. IFA XXXX sowie aus den vorliegenden Gerichtsakten (inkl. Asylverfahren) des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht ist sowohl für Beschwerden gegen Schubhaften (§ 76 FPG), als auch für Beschwerden gegen bescheidmäßige Aufforderungen zur Mitwirkung (§ 46 Abs. 2a und 2b FPG) als auch für dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zuzurechnende Anwendungen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zuständig. Die gegenständliche Rechtssache fällt daher in die Zuständigkeit des BVwG.

Zu A)

2.3. Der mit "Abschiebung" betitelte § 46 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

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1.-die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.-sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.-auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.-sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es allfällige Gebühren und Aufwandersatzleistungen an ausländische Behörden im Zusammenhang mit der Abschiebung zu entrichten und sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

(7) Befindet sich der Fremde in einer Krankenanstalt (§§ 1 und 2 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten - KAKuG, BGBl. Nr. 1/1957) und steht seine Abschiebung zeitnah bevor, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt auf Anfrage unverzüglich über den feststehenden oder voraussichtlichen Zeitpunkt der Entlassung aus der Anstaltspflege zu informieren. Ändert sich der nach Satz 1 mitgeteilte Zeitpunkt, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt aus Eigenem zu informieren."

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.1. Da betreffend der Beschwerdeführerin eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht und sie das Bundesgebiet bisher nicht verlassen hat, ist die Erlassung eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG grundsätzlich zulässig.

3.2. In der Beschwerde wird in keiner Form dargelegt, worin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegen soll. Die Beschwerde stützt sich auf eine bisher nicht als hinreichend festgestellte Verbindung zu ihrem Lebensgefährten und ein offenbar laufendes Antragsverfahren gem. §§ 55 bzw 56 AsylG. Eine diesbezüglich negative Entscheidung des BVwG liegt hier bereits aus dem Asylverfahren vor. Die gesetzlich vorgesehenen Kriterien einer bescheidmäßigen Anordnung der Mitwirkung bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates lagen daher nach Ansicht des Gerichtes bei Bescheiderlassung vor. Für die Erlassung eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG bedarf es darüber hinaus keines "dringenden öffentlichen Interesses".

3.3. Der Vorwurf des mangelhaften behördlichen Verfahrens ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr legt das Bundesamt im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar dar, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin zur Mitwirkung bei der Vorbereitung ihrer Abschiebung verpflichtet ist. Umgekehrt gelingt es dem Vertreter der Beschwerdeführerin in keiner Form, substanzielle Argumente für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Mitwirkungsbescheides darzulegen. Die Beschwerde stützt sich im Wesentlichen auf den Schutz des Privat- bzw. Familienlebens, welches ohnehin Gegenstand eines eigenen Verfahrens sei. Hiezu wird bemerkt, dass die Einbringung eines Antrags nach § 55 AsylG gemäß § 58 Abs. 13 AsylG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründe. Der Antrag steht daher einer bescheidmäßig aufgetragenen Mitwirkungspflicht nicht entgegen.

4. Aufschiebende Wirkung:

4.1. Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Was die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG anbelangt, entsprechen diese großteils jenen, die § 64 Abs. 2 AVG normiert (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5ff.). Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zeigen, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet wurde (RV 2009 BlgNR XXIV. GP). Da der Judikatur zu § 64 Abs. 2 AVG die Notwendigkeit einer Abwägung bei Gegenüberstellung öffentlicher Interessen und jener des Berufungswerbers ebenfalls zu entnehmen ist (siehe VwGH 03.07.2002, 2002/20/0078), kann damit ohne Weiteres auf diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an Hand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen.

Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 VwGVG hat die zuständige Behörde eine Interessenabwägung durchzuführen und darzulegen, worin die Gefahr im Verzug besteht, die einen vorzeitigen Vollzug des Bescheides dringend gebietet (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen des BF gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte [2013], § 13 VwGVG K9), wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen. Nach der Rechtsprechung reicht das bloße Überwiegen öffentlicher Interessen aber nicht aus, um den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu rechtfertigen; vielmehr muss dargetan werden, dass die vorzeitige Vollstreckung zur Abwendung eines gravierenden Nachteils notwendig ist (Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgerichte, § 13 VwGVG K11ff.). Die Judikatur verlangt dabei eine sachverhaltsbezogene fachliche Begründung der Entscheidung (VwGH 22.03.1988, 87/07/0108), die Gefahr muss konkret bestehen (Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 64 Rz 31).

Nach der Judikatur des VwGH zur Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 64 Abs. 2 AVG hat die Berufungsbehörde in diesem Fall zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegeben waren (VwGH 29.09.2005, 2005/11/0123; 28.06.2001, 99/11/0243).

Im gegenständlichen Fall hat das BFA eine solche Gefahr im Verzug weder hinreichend dargelegt, noch ist eine solche für das Gericht zu erkennen gewesen.

Der Ausspruch betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde war daher mangels hinreichender Grundlage aufzuheben.

6. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt.

Insbesondere wird in der Beschwerde nicht dargelegt, welcher Sachverhalt nach Ansicht des Beschwerdeführers ungeklärt sein sollte. Unterschiedliche Ansichten des Beschwerdeführers und des Bundesamtes im Zusammenhang mit der Gewährung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG sind hingegen keine Sachverhaltsfrage sondern eine ausschließliche Rechtsfrage.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2216888.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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