TE Vwgh Erkenntnis 2001/6/28 99/11/0243

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2001
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §64 Abs2;
AVG §66 Abs4;
FSG 1997 §13 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1 Z2;
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs4;
FSG 1997 §3 Abs1;
FSG 1997 §37;
FSG 1997 §5 Abs4;
FSG 1997 §8 Abs3 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in H, vertreten durch Winkler - Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 30. Juni 1999, Zl. Ib-277- 163/98, betreffend Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Laut einer Strafanzeige des Gendarmeriepostens Lochau vom 6. Juli 1998 war der Beschwerdeführer geständig, im Zeitraum von 1991 bis April 1998 mit anderen ca. 15 Gramm Cannabiskraut an verschiedenen Orten in Holland, Deutschland, der Schweiz und Österreich geraucht zu haben (der letzte Cannabiskonsum habe im April 1998 in Holland stattgefunden).

Mit Bescheid vom 28. Juni 1998 forderte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz den Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 4 FSG auf, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B vorzulegen.

Im amtsärztlichen Gutachten vom 6. Oktober 1998 wird der Beschwerdeführer als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B "bedingt geeignet" bezeichnet. Als Grund für die empfohlene Befristung auf sechs Monate wird angegeben, laut Aktenlage und eigenen Angaben habe der Beschwerdeführer in größeren Abständen, und zwar von 1991 bis April 1998, ca. 10 g Cannabis konsumiert. Der letzte Cannabiskonsum habe im April 1998 in Holland stattgefunden. Zudem habe der Beschwerdeführer im Jänner 1998 ein Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt (0,57 mg/l Atemluftalkoholgehalt). Der "Führerschein" sei ihm für vier Wochen entzogen worden, zudem sei ihm die Entziehung der Lenkberechtigung angedroht worden, weil der Beschwerdeführer im April 1998 ein Kraftfahrzeug mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,27 mg/l gelenkt habe. Bei weiterem nachweisbaren Konsum von "illegalen" Drogen sei eine nervenfachärztliche Begutachtung erforderlich, bei "neuerlicher gravierender Verkehrsauffälligkeit (insbesondere Alkoholdelikt)" sei eine verkehrspsychologische Untersuchung indiziert. Der Harnbefund auf Cannabis vom 7. September 1998 habe "negativ" gelautet.

Mit Bescheid vom 18. November 1998 befristete die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für die Klasse B bis zum 6. April 1999 (Spruchpunkt I). Sie sprach weiters aus, dass gemäß § 13 Abs. 2 FSG  der Führerschein zwecks Neuausstellung und Eintragung der Befristung gemäß § 15 innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vorzulegen sei (Spruchpunkt II). Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde schließlich einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III). In der Begründung führte die Behörde nach Wiedergabe des amtsärztlichen Gutachtens vom 6. Oktober 1998 im Wesentlichen aus, auf Grund des Gutachtens des medizinischen Sachverständigen könne die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beim Beschwerdeführer nur bis zum Ablauf der Befristung angenommen werden, sodass eine Nachuntersuchung nach Ablauf dieser Zeit erforderlich sei. Es entspreche daher den Erfordernissen der Verkehrssicherheit, die Lenkberechtigung spruchgemäß zu befristen. Die Befristung sei im Interesse der Verkehrssicherheit ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid sei somit die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Mit Bescheid vom 30. Juni 1999 gab der Landeshauptmann von Vorarlberg der Berufung gegen Spruchpunkt I und Spruchpunkt II gemäß § 66 Abs. 4 AVG "mit der Maßgabe Folge", dass der Spruch des angefochtenen Bescheides in diesen Punkten wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 5 Abs. 4 FSG iVm § 3 Abs. 1 FSG wird G (...), geboren am 28. 8. 1973, die Lenkberechtigung für die Klasse B unbefristet erteilt."

Der Berufung gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben.

In der Begründung führte der Landeshauptmann von Vorarlberg im Wesentlichen aus, die Berufungsbehörde habe im Berufungsverfahren drei Gutachten bei der Amtsärztin beim Amt der Vorarlberger Landesregierung eingeholt. In ihrem Ergänzungsgutachten vom 14. Juni 1999 gelange die Amtsärztin unter Berücksichtigung der Stellungnahme eines Nervenfacharztes vom 1. April 1999 und der Laborbefunde vom 10. Juni 1999 zur Auffassung, dass der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet sei. Die Schlüssigkeit des Gutachtens der Amtsärztin ergäbe sich aus der nervenfachärztlichen Stellungnahme, dem Blutbefund vom 10. Juni 1999 und den Leberfunktionsproben. Da das Blutbild und die Leberfunktionsproben des Beschwerdeführers keinen Hinweis auf eine Suchterkrankung ergäben, bestehe nach Auffassung der Berufungsbehörde beim Beschwerdeführer kein Verdacht auf Suchtmittelabhängigkeit oder Suchtmittelmissbrauch. Diese Ansicht werde im Gutachten der Amtsärztin bestätigt. Eine Befristung der Lenkberechtigung wegen des Verdachtes der Suchtmittelabhängigkeit oder des Suchtmittelmissbrauches sei daher sachlich nicht gerechtfertigt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien Kraftfahrzeuglenker, denen eine der Eignungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 FSG fehlte, von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr (auch) für die Dauer des Berufungsverfahrens fernzuhalten. Es "entspreche daher dem Gesetz", einer Berufung gegen eine Entziehung der Lenkberechtigung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Die Erstbehörde habe daher zu Recht der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG, der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) sowie des AVG lauten (jeweils auszugsweise):

1.1 FSG:

"§ 8. ...

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:

„geeignet'', „bedingt geeignet'', „beschränkt geeignet'' oder „nicht geeignet''. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

...

2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Bedingung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten „bedingt geeignet'' für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Bedingungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

...

§ 13. ...

(2) In den Führerschein ist jede gemäß § 8 Abs. 3 Z 2 oder 3 ausgesprochene Bedingung, Befristung oder Beschränkung der Lenkberechtigung sowie die Vorschreibung etwaiger Auflagen einzutragen. ...

...

§ 15. (1) Ein neuer Führerschein darf nur von der Behörde ausgestellt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Hauptwohnsitz hat, nach Bestätigung der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, dass keine Bedenken gegen die Ausstellung bestehen; dies gilt auch für die Vornahme von Ergänzungen im Sinne des § 13 Abs. 2.

...

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

...

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

...

(4) Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 ... einzuholen.

...

§ 37. (1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30 000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

..."

1.2 Führerschein-Gesundheitsverordnung (FSG-GV):

"§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

...

4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a)

Alkoholabhängigkeit oder

b)

andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

...

(2) ...; bei Erkrankungen gemäß Abs. 1 Z 2, 3 und 4 ist eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme einzuholen, die die kraftfahrspezifischen psychophysischen Leistungsfunktionen mitzubeurteilen hat. Bei Erkrankungen gemäß Abs. 1 Z 4 lit. a und b ist zusätzlich eine verkehrspsychologische Stellungnahme einzuholen.

...

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

..."

1.3 AVG:

"§ 64. ...

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. ...

...

§ 66. ...

(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."

2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Entscheidung der belangte Behörde hätte auf Grund des ermittelten Sachverhaltes im Berufungsverfahren ausschließlich in der bloßen Kassation des erstinstanzlichen Bescheides bestehen müssen. Die Erteilung einer unbefristeten Lenkberechtigung sei die "falsche Entscheidungsform" gewesen. Damit ist der Beschwerdeführer im Recht.

Gegenstand der Entscheidung der Behörde erster Instanz war lediglich eine (nachträgliche) Befristung der dem Beschwerdeführer bereits am 5. November 1991 erteilten Lenk(er)berechtigung. Nur diese Befristung, nicht hingegen die Erteilung einer unbefristeten Lenkberechtigung war "Sache" des Berufungsverfahrens gemäß § 66 Abs. 4 AVG. Die belangte Behörde hätte auf Grund der ihr obliegenden Kontrollbefugnis die Rechtmäßigkeit der von der Unterinstanz ausgesprochenen Befristung der Lenkberechtigung zu prüfen und je nach dem Ergebnis dieser Prüfung den erstinstanzlichen Bescheid zu bestätigen oder abzuändern gehabt. Da die belangte Behörde im von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahren zur Ansicht gekommen ist, die von der Behörde erster Instanz ausgesprochene Befristung sei "sachlich nicht gerechtfertigt" (gemeint: nicht gesetzeskonform), hätte sie als Berufungsbehörde mit (ersatzloser) Kassation des erstinstanzlichen Befristungsbescheides vorzugehen gehabt. Indem sie statt dessen - über die "Sache" des Berufungsverfahrens hinausgehend - dem Beschwerdeführer, der gar keinen diesbezüglichen Antrag gestellt hatte, eine neue (wenn auch unbefristete) Lenkberechtigung erteilte, die erst mit Erlassung des Berufungsbescheides (ex nunc) wirksam wurde, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

3. Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Bestätigung des Ausspruches über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung seiner Berufung.

Dazu ist auszuführen, dass die belangte Behörde bei Entscheidung über diesen Teil des erstinstanzlichen Bescheides zu beurteilen hatte, ob die Erstbehörde § 64 Abs. 2 AVG zu Recht angewendet hat oder nicht, also darauf abzustellen hatte, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung gegeben waren (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/11/0161).

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG ist dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des zuletzt Gesagten anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/11/0266, und vom 24. April 2001, Zl. 2000/11/0337).

Ausführungen im dargelegten Sinn fehlen im Gutachten vom 6. Oktober 1998, auf das alleine sich der Erstbescheid gestützt hat. Dieses erschöpft sich, wie bereits dargestellt, in der Feststellung, der Beschwerdeführer sei zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B nicht geeignet, weil der Beschwerdeführer sieben Jahre hindurch ca. 10 g Cannabis geraucht und im Jahre 1998 zwei Alkoholdelikte gesetzt habe. Hingegen wird weder ausgeführt, der Beschwerdeführer sei drogenabhängig noch er sei alkoholabhängig. Eine allfällige Drogenabhängigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 4 lit. b und § 14 Abs. 1 FSG-GV oder Alkoholabhängigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 4 lit. a und § 14 Abs. 1 FSG-GV hätte zur Entziehung der Lenkberechtigung und nicht zu deren Befristung führen müssen. Abgesehen davon, dass ein gelegentlicher Konsum von Cannabis die gesundheitliche Eignung nicht berührt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2000, Zl. 99/11/0340), wird aber gar kein hinreichender diesbezüglicher Verdacht begründet, was die Beibringung einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme erfordert hätte (§ 14 Abs. 1 letzter Satz FSG-GV), sondern lediglich ausgeführt, "bei weiterem nachweisbaren Konsum von illegalen Drogen ist eine nervenfachärztliche Begutachtung erforderlich" bzw. "bei neuerlicher gravierender Verkehrsauffälligkeit (insbesondere Alkoholdelikt) ist eine verkehrspsychologische Untersuchung indiziert". Zusätzlich war der Harnbefund des Beschwerdeführers auf Cannabis vom 7. September 1998 negativ. Es finden sich weder im amtsärztlichen Gutachten noch im erstinstanzlichen Bescheid Ausführungen dazu, warum dieses Befundergebnis übergangen wird, das doch Anlass zur Annahme geben konnte, dass beim Beschwerdeführer kein Drogenmissbrauch vorliege. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer zum Lenken für Kraftfahrzeuge der Gruppe B bloß bedingt geeignet sein soll, sodass die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides offenkundig nicht ausreicht, die damit verfügte Befristung der Lenkberechtigung zu begründen.

Zwar ist es grundsätzlich zulässig, bei Bedenken gegen die Eignung einer Person zum Lenken von Kraftfahrzeugen diese für die Dauer des Verfahrens, in dem diese Frage geklärt wird, aus Gründen der Verkehrssicherheit von der Teilnahme am öffentlichen Verkehr auszuschließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/11/0128). Da aber im vorliegenden Fall wie oben dargelegt der erstbehördliche Bescheid klar rechtswidrig war, waren auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 64 Abs. 2 AVG nicht gegeben. Die belangte Behörde hätte daher auch den diesbezüglichen Spruchpunkt des erstinstanzlichen Bescheides aufzuheben gehabt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 99/11/0007). Entgegen den Ausführungen in der Gegenschrift wurde der Beschwerdeführer auch insofern in seinen Rechten verletzt, als er sich bei der von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise (Erteilung einer unbefristeten Lenkberechtigung unter gleichzeitiger Bestätigung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung) schon durch Nichtvorlage seines Führerscheines (entgegen Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides) gemäß § 37 FSG strafbar gemacht hat. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob bei einer nachträglichen Befristung einer bereits erteilten Lenkberechtigung auf mehr als fünf Monate im Hinblick auf die für das Berufungsverfahren zur Verfügung stehende Zeit überhaupt "Gefahr im Verzug" im Sinne des § 64 Abs. 2 AVG vorliegt.

4. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

5. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde unverzüglich den erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze aufzuheben haben, um den von der Rechtsordnung geforderten Zustand so bald wie möglich herzustellen.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis DiversesInhalt der Berufungsentscheidung KassationBesondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999110243.X00

Im RIS seit

10.09.2001

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten