TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/3 W111 1406138-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.2019
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Entscheidungsdatum

03.04.2019

Norm

AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W111 1406139-6/11E

W111 1406138-7/13E

W111 1406140-7/9E

W111 1406141-7/9E

W111 2172627-3/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , und 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation und vertreten durch die XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 09.01.2019, Zln. 1.) 800194000-180863054, 2.) 821313309-180838084, 3.) 821313407-180838068, 4.) 821313505-180838033 und 5.) 1163725004-180837851,

A) I. beschlossen:

Den Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. bis VI. der angefochtenen Bescheide wird gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG iVm § 68 Abs. 1 AVG stattgegeben und die angefochtenen Bescheide insoweit behoben.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte VII. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 15b Abs. 1 und Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Vorangegangene Verfahren:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden auch: BF) sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der tschetschenischen Volksgruppe an und sind muslimischen Glaubens. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden auch: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden auch: BF2), ein Ehepaar, sowie der Drittbeschwerdeführer (im Folgenden auch: BF3), ihr minderjähriger Sohn, haben laut eigenen Angaben am 07.03.2009 das Herkunftsland verlassen, seien am 10.03.2009 nach Polen und am 11.03.2009 illegal nach Österreich eingereist, wo sie am 12.03.2009 Anträge auf internationalen Schutz stellten. Sie waren im Herkunftsland in XXXX in der autonomen Republik Tschetschenien wohnhaft. Im März 2009 wurde die Viertbeschwerdeführerin (im Folgenden auch: BF4), die Tochter des BF1 und der BF2, in Österreich geboren. Für sie wurde am 27.03.2009 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

1.2. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 02.04.2009 wurden die Anträge der BF gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO Polen zuständig. Unter einem wurden die BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nach Polen ausgewiesen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei.

1.3. Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnissen vom 06.05.2009 die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden ab.

1.4. Der BF1 stellte am 02.03.2010 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Er habe sich in XXXX aufgehalten, als die übrigen BF nach Polen abgeschoben worden seien. Einige Tage später sei er nach Polen gefahren. Als er dort seine Familie nicht mehr gefunden habe bzw. weil diese in Schubhaft gewesen sei, sei er nach Russland zurückgekehrt. Dort habe er sich von Ende Juni 2009 bis zu seiner illegalen Ausreise am 23.02.2010 aufgehalten. Die übrigen BF würden in XXXX leben. Er habe 10 Jahre Grundschule im Herkunftsstaat absolviert und sei zuletzt als Hilfsarbeiter tätig gewesen. Seine Mutter, vier Schwestern, seine Gattin und seine Kinder würden in Tschetschenien leben.

In der Einvernahme vom 01.06.2010 gab der BF1 u.a. an, dass er keine persönlichen Beziehungen und Verwandten in Österreich habe. Seine Gattin befinde sich mit den beiden Kindern bei ihrer Mutter in XXXX und pflege diese, weil ihr Vater gestorben sei. Der BF1 habe sich nach der Rückkehr in Dagestan bei einer Tante aufgehalten und hin und wieder seine Mutter in XXXX besucht. Er habe gehofft, dass sich die Lage zu Hause beruhigt habe. Die Mutter der BF2 beziehe eine Pension, die Gattin Kindergeld, es gebe einen Gemüsegarten und die Familie helfe zusammen. Der BF1 habe bei einer Firma in der Metallbranche im Logistikbereich gearbeitet. Er besuche jetzt einen Deutschkurs. Zu seinen Fluchtgründen brachte er im Wesentlichen vor, dass er im Herkunftsland wiederholt von Sicherheitskräften misshandelt worden sei, weil er gegen das russische Regime in Tschetschenien sei. Weiters sei er bei seiner Rückkehr nach Tschetschenien im Jahr 2009 von Leute von Kadyrov, die ihn zu einer Zusammenarbeit zwingen hätten wollen, kurzfristig angehalten worden.

1.5. Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom 14.06.2010 sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ab und wies den BF1 unter einem gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 in die Russische Föderation aus.

1.6. Der Asylgerichtshof gab mit Erkenntnis vom 14.10.2011 der Beschwerde statt und verwies das Verfahren zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG an das Bundesasylamt zurück.

In der Einvernahme am 03.01.2012 gab der BF1 u.a. an, nur weitschichtige Verwandte in Österreich zu haben. Er habe einen Freund, der ihn schon zwei Mal zum Cafétrinken eingeladen habe. Er spreche und verstehe nur ganz wenig Deutsch. Er habe keine besonderen Krankheiten, nur im Fall von Stress bekomme er manchmal hohen Blutdruck. Er habe telefonischen Kontakt zum Herkunftsstaat, insb. zum ehem. Leiter der Firma, für die er gearbeitet habe. Seine Gattin lebe mit ihren Brüdern und ihrer Mutter in XXXX . Sie seien traditionell geschieden, aber nicht offiziell. Alle würden glauben, dass sie getrennt seien, aber sie seien immer noch ein Paar. Manchmal würde er mit seiner Gattin telefonieren.

1.7. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.01.2012, Zl. 10 01.940 - BAG, wurde der Antrag des BF1 abermals sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der BF1 unter einem gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 in die Russische Föderation ausgewiesen.

1.8. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 07.05.2012, Zl. D12 406139-3/2012/3E, gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet ab. Als Begründung wurde im Wesentlichen von der Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe des BF1 ausgegangen.

Der Antrag des BF1 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gegen diese Entscheidung wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.06.2012, zugestellt am 06.07.2012, zurückgewiesen.

1.9. Am 21.09.2012 stellten die BF2, der BF3 und die BF4 Anträge auf internationalen Schutz. Sie gaben an, am Im Juni 2009 nach Polen abgeschoben worden zu sein, wobei sie in Oktober 2009 nach Tschetschenien zurückgekehrt und in XXXX gelebt hätten. Am 05.09.2012 seien sie ausgereist und am 21.09.2012 illegal nach Österreich eingereist. Im Herkunftsstaat habe die BF2 1988-2001 die Volks- und Hauptschule besucht und 2001-2007 die Universität. Sie habe Philologie, tschetschenische und russische Sprache sowie Literatur studiert und sei zuletzt als Sozialarbeiterin tätig gewesen.

In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 15.01.2013 gab die BF2 u. a. an, dass ihre Mutter und zwei Brüder im Herkunftsstaat lebten und sie selten Kontakt zu ihnen habe. Mit ihrem in Österreich lebenden Gatten habe sie ca. 1 Mal im Monat telefoniert. Sie sei geflohen, weil ein Bruder von Militärangehörigen mitgenommen worden sei und die Militärangehörigen auch nach ihr gesucht hätten, weil sie nach dem Tod eines weiteren Bruders Ende Juli 2012 Waffen an einen ehemaligen Freund übergeben habe. Der Bruder sei verschwunden. Die Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.

1.10. Das Bundesasylamt wies die Anträge auf internationalen Schutz mit Bescheiden vom 19.02.2013, gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 ab und die BF2 - BF4 unter einem gemäß § 10 AsylG 2005 in die Russische Föderation aus. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen der BF2 unglaubwürdig sei.

1.11. Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnissen vom 03.10.2013, Zln. D12 406138-2/2013/4E, D12 4061340-2/2013/4E und D12 4061341-2/2013/4E, die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden der BF2 - BF4 als unbegründet ab.

Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung von Beschwerden gegen diese Entscheidungen wurden mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.2013, Zln. U 2354/2013, U2355/2013 und U 2356/2013, abgewiesen.

1.12. Am 07.02.2014 stellten die BF1-BF4 Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8

EMRK.

Handschriftlich führt die BF2 auf Deutsch u.a. aus, dass sich der BF1 seit 4 Jahren in Österreich aufhalte, sie und die minderjährigen BF hielten sich seit 1,5 Jahren in Österreich auf. Die Erziehung ihrer Kinder sei ihr wichtig. Sie erwarte eine positive Antwort.

In einer Stellungnahme zum Antrag führten die BF im Wesentlichen aus, dass sie seit ihrer Ankunft in Österreich stets bemüht seien, sich aktiv in die Gesellschaft zu integrieren und ein selbständiges Leben in Österreich zu führen. Die BF2 habe die Prüfung des ÖIF auf dem Niveau B1 bestanden, der BF1 werde zur Prüfung auf dem Niveau A2 antreten. Die BF würden daher über gute Deutschkenntnisse verfügen und in der Lage sein, auch komplexere Alltagssituationen auf Deutsch zu meisten. Die BF2 gehe seit Oktober 2013 einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der XXXX nach. Zudem sei sie seit November 2013 freiwillige Mitarbeiterin des XXXX . Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sei bisher aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen. Der BF1 verfüge aber über eine Einstellungszusage als Landarbeiter. Der BF3 und die BF4 besuchten den Kindergarten, seien dort gut integriert und hätten bereits Freundschaften schließen können.

Dazu wurden u.a. diverse Unterstützungsschreiben, eine Teilnahmebestätigung einer Basisbildungsmaßnahme sowie ein ÖIF-Prüfungszeugnis vom 24.05.2013, mit welchem bestätigt wird, dass die BF2 die Prüfungsteile Hören/Lesen, Schreiben und Sprechen auf dem Niveau B1 bestanden habe, vorgelegt.

Am 11.06.2014 gab der BF1 in einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im folgenden Bundesamt) an, dass es ihm gut gehe. Er könne einen Vorvertrag und Empfehlungsschreiben vorlegen. Seine Gattin und seine Kinder lebten in Österreich, es bestehe aber kein gemeinsamer Wohnsitz, weil es ihm bisher verwehrt geblieben sei, bei seiner Gattin und den Kindern zu wohnen. Er habe viele Freunde, auch Österreicher, die ihn unterstützen würden. Er schlafe abwechselnd bei ihnen. Sonstige Verwandte oder Familienangehörige habe er nicht in Österreich. Seine Bekannten würden ihn in finanziell schwierigen Situationen unterstützen. Er habe einen Deutschkurs besucht, aber kein Geld für die Prüfung gehabt. Er verstehe aber die Leute und die Leute würden ihn verstehen. Mit dem Sprachniveau A2 werde er kein Problem haben. Er helfe älteren Damen unentgeltlich im Haushalt. In seiner Freizeit sei er in seinem Zimmer und surfe im Internet. Er sehe seine Familie alle zwei Wochen. Er habe in Österreich noch nie das Gesetz verletzt und habe hier sehr viele Freunde. Er habe hier noch nie Probleme gehabt. Hätte er eine Arbeitserlaubnis, könne er mit der Arbeit beginnen; auf Baustellen könne er alles machen. Er habe sehr viele Freunde in Österreich. Er brauche keine Sozialhilfe.

Die BF2 brachte am 11.06.2014 im Wesentlichen vor, Grundversorgung zu beziehen und in einem Quartier der Grundversorgung zu wohnen. Über die Grundversorgung sei sie krankenversichert. Sie arbeite bzw. werde als Dolmetscherin in ihrer Umgebung beigezogen. Damit verdiene sie € 30,- p.m. Sie habe außerhalb der Kernfamilie keine Verwandten in Österreich. Sie haben den Deutschkurs B1 positiv absolviert. Sie helfe jede zweite Woche zwei Tage beim XXXX und jede Woche zwei Tage bei der XXXX . In ihrer Freizeit lerne sie Deutsch und helfe behinderten Menschen. Ihre Kinder besuchten den Kindergarten. Die BF2 sei mit vielen Österreichern befreundet. Sie lebe von ihren Mann getrennt, weil eine Familienzusammenführung nicht möglich sei; er halte sich bei Freunden auf, weil er Angst habe, abgeschoben zu werden.

Dazu wurden u.a. vorgelegt: diverse Unterstützungsschreiben; eine Teilnahmebestätigung des BF1 betreffend die ÖSD Prüfung auf dem Niveau A2 am 21.02.2014; eine undatierte psychotherapeutische Stellungnahme über eine Psychotherapie der BF2 ohne Nennung einer Diagnose; eine Vereinbarung der BF2 mit der XXXX betreffend freiwilliges Engagement ab 01.10.2013; eine Bestätigung des XXXX über die freiwillige Mitarbeit der BF2 ab 01.11.2013 vom 23.01.2014; ein mit Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung aufschiebend bedingter Dienstvertrag des BF1 betreffend einer Einstellung als Hilfskraft im Ausmaß von 25 Stunden/Woche für €

777,- brutto, vom 24.01.2014; Kindergarten-Besuchsbestätigungen hinsichtlich des BF3 und der BF4.

1.13. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2014, Zln. 800194000/14088242/BMI-BFA-RD-St, 821313309/14088255/BMI-BFA-RD-St, 821313407/14088226/BMI-BFA-RD-St und 82131505/14088234/BMI-BFA-RD-St, stellte das Bundesamt fest, dass den BF1 - BF4 Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werden und gegen sie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG, erlassen wurde. Unter einem stellte das Bundesamt fest, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG eine Abschiebung der BF1 - BF4 gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

1.14. Die dagegen erhobenen Beschwerden vom 04.08.2014 wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.11.2014, Zln. W112 1406139-4/10E, W112 1406138-3/11E, W112 1406140-3/10E und W112 1406141-3/10E mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Anträge der BF1 - BF4 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen werden (Spruchpunkt I.). Den BF1 - BF4 wurde gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 iVm § 57 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" von Amts wegen nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und gegen sie gemäß § 10 Abs. 3 iVm § 58 Abs. 9 AsylG 2005, § 52 Abs. 3 FPG und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.) Gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt IV.), wobei die Frist für ihre freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt V.).

Dazu wurde begründend im Hinblick auf die BF2 - BF4 im Wesentlichen ausgeführt, dass mit den Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 03.10.2013, die Frage, ob die Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben der BF2-BF4 eingreife, verneint worden sei, wobei die ausgesprochenen Ausweisungen rechtskräftig geworden seien. Bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den nur einen Monat nach der Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes betreffend den Asylantrag der BF2 gestellten Antrag seien - gerechnet ab Entscheidung des Asylgerichtshofes - nur neun Monate vergangen. Dieser Zeitraum sei zu gering, als dass der bloße Zeitablauf zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und der angefochtenen Entscheidung eine Sachverhaltsänderung bewirken könnte, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätte. Auch in ihren Anträgen hätten die BF2 - BF4 keine Sachverhaltsänderung vorgebracht, die geeignet gewesen wären, eine andere Beurteilung des Art. 8 EMRK herbeizuführen. Im Hinblick auf den BF1 sei die Ausweisung, nunmehr Rückkehrentscheidung, mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 07.05.2012 rechtskräftig geworden. Die bis zur Entscheidung des Bundesamtes vergangenen zwei Jahre und zwei Monate seien angesichts der insgesamt nicht sehr langen Aufenthaltsdauer von viereinhalb Jahren bis zur Entscheidung des Bundesamtes zu gering, als dass der bloße Zeitablauf zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und der angefochtenen Entscheidung eine Sachverhaltsänderung bewirken könnte, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätte. Auch der BF1 habe in seinem Antrag keine Sachverhaltsänderung vorgebracht, die geeignet wäre, eine andere Beurteilung des Art. 8 EMRK herbeizuführen. Hinsichtlich der BF1 - BF4 bestehe im Bundesgebiet kein schützenswertes Familienleben mit Personen außerhalb der Kernfamilie, alle Mitglieder der Kernfamilie seien von der Rückkehrentscheidung im gleichen Ausmaß betroffen und auch der Eingriff in das Privatleben der BF1 - BF4 durch eine Rückkehrentscheidung sei im Hinblick auf Art 8 EMRK verhältnismäßig.

Die Erkenntnisse wurden der Vertretung der BF am 13.11.2014 zugestellt und rechtskräftig.

1.15. Am 01.12.2014 brachten die BF2 - BF4 ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz ein. Im Zuge der darauffolgenden Befragung vor einer Polizeiinspektion am 01.12.2014 gab die BF2 für sich und die BF3-BF4 im Wesentlichen an, dass die alten Gründe nach wie vor aufrecht bleiben und sich nichts verändert habe. Die BF2 habe im September 2014 telefonisch mit der Frau ihres Bruders gesprochen und hätte diese ihr mitgeteilt, dass sie 700.000,- Rubel Strafe zahlen hätte müssen, weil sie nicht nach Hause gekommen sei. Wenn die BF2 zurückkehre, werde sie verhaftet. In einer Einvernahme beim Bundesamt am 17.02.2015 brachte sie im Wesentlichen vor, dass ihre Schwägerin ihr Ende September 2014 telefonisch mitgeteilt habe, gezwungen worden zu sein, nach Aserbaidschan auszureisen, da sie vom Militär erpresst worden sei. Diese hätten von ihr verlangt, eine Million Rubel zu bezahlen, da die BF2 seinerzeit Waffen des Bruders an die Rebellen herausgegeben habe. Da die Schwägerin das Geld nicht gehabt habe, sei ihr Bruder mitgenommen worden. Die Schwägerin habe dann 700.000,- Rubel und einen Kleinbus aufgetrieben, die als Lösegeld für die Freilassung ihres Bruders bezahlt worden seien. Dies habe sich im September 2014 zugetragen und seien neue Fluchtgründe. Ihre Brüder seien mehrmals von Kadyrov-Leuten vorgeladen und nach ihrem Verbleib befragt worden. Das Haus, in dem die BF2 damals gewohnt habe, sei ihnen von den Kadyrov-Leuten weggenommen worden. Ihre Mutter und ihr Bruder seien nach Aserbaidschan geflüchtet.

1.16. Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 27.08.2015, Zln. 821313309-140233145, 821313407-140233221 und 821313505-140233272 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF2 - BF4 vom 01.12.2014 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend führte die Behörde aus, dass die in diesem Verfahren ergänzend vorgebrachten Fluchtgründe seitens der erkennenden Behörde nicht als neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt qualifiziert werden könnten. Die Lage im Herkunftsland sei nicht derart, dass die Rückführung der beschwerdeführenden Parteien mit einer Gefahr für Leib und Leben verbunden wäre und liege kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK durch eine Außerlandesbringung vor.

1.17. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015, Zln. W171 1406138-4/4E, W171 1406140-4/3E und W171 1406141-4/3E gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm. § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen. Dazu wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass das neue Vorbringen der BF2 im Zusammenhang mit ihrer Schwägerin und dem Bruder in keiner Weise auch nur ansatzweise einen glaubwürdigen Kern aufweise. Zur Situation im Fall einer Rückkehr der BF2 - BF4 wurde ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass die BF2 im Falle ihrer Rückkehr wieder bei ihrer Familie wird wohnen können. Davon abgesehen habe sie angegeben, arbeitsfähig und -willig zu sein. Sie verfüge über eine mehrjährige Schul- und Universitätsbildung sowie Arbeitserfahrung im Herkunftsstaat und Erfahrung in ehrenamtlicher Arbeit in Österreich; überdies habe sie neben Deutschkenntnissen auf dem Niveau B1 Russisch und Tschetschenisch studiert. Sie sei im Herkunftsstaat zuletzt als Sozialarbeiterin tätig gewesen. Zwischen den beiden Asylverfahren in Österreich habe sie in Tschetschenien gelebt und ihre Mutter gepflegt, wobei ihr Auskommen durch Kindergeld, die Pension ihrer Mutter, den Gemüsegarten und den Familienzusammenhalt gesichert gewesen sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass die BF2 im Falle ihrer Rückkehr in die Russische Föderation in eine ihre Existenz gefährdende Notlage geraten würde.

Die Bescheide wurden am 06.11.2015 zugestellt und rechtskräftig.

1.18. Im Juli 2016 wurde seitens des Bundesamtes hinsichtlich der BF1 - BF4 ein Ersuchen um Ausstellung von Heimreisezertifikaten bei der Botschaft der Russischen Föderation gestellt.

1.19. Am 19.08.2016 langten beim Bundesamt Anträge der BF2 - BF4 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 sowie der Antrag des BF1 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Im Antragsschreiben vom 18.08.2016 wurden im Wesentlichen die bisherigen Antragstellungen der BF zusammengefasst und allgemein auf die integrativen Bemühungen und die individuelle Entwurzelung hinsichtlich des Herkunftsstaates hingewiesen. Konkret wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die BF2 über nachgewiesene Deutschkenntnisse B1 verfüge, seit Oktober 2013 einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der XXXX nachginge und seit November 2013 als freiwillige Mitarbeiterin des XXXX im Bereich der Betreuungsdienste des LKH XXXX tätig sei. Der BF1 würde sich mit der Herstellung von Kinderfahrzeugen aus recycelten Materialien intensiv auseinandersetzen und verfolge diesbezüglich den Wunsch, ein Unternehmen zu gründen. Der BF3 und die BF4 besuchten gegenwärtig die Volksschule und einen Schülerhort, und seien Mitglieder eines Kinderchors. Der BF3 sei zudem in einem Karateclub aktiv. Die BF1-BF4 würden im Inland über ein großes Netz an Freunden und Bekannten verfügen. Im Herkunftsland würden die BF1 - BF4 über keine Bezugspunkte mehr verfügen.

Dem Antrag beigefügt war ein Konvolut an Empfehlungs- und Bestätigungsschreiben sowie diverse Dokumente, die überwiegend bereits in den vorhergehenden Verfahren vorgelegt wurden. Neu vorgelegt wurden ein ÖSD-Zertifikat vom 04.04.2016, wonach die BF2 die Prüfung über B2 nicht bestanden habe, ein Versicherungsdatenauszug hinsichtlich der BF2 vom 24.08.2016, der keine gemeldeten Beschäftigungszeiten aufweist und Krankenversicherungszeiten als Asylweberin und Flüchtling nachweist; eine Bestätigung des Österreichischen XXXX ) hinsichtlich der BF2 über monatliche Sozialstunden (LKH XXXX und Team XXXX ) vom 18.07.2016 sowie entsprechende undatierte Unterstützungsschreiben von ehrenamtlichen XXXX -MitarbeiterInnen; ein Schreiben des BF1 über von ihm hergestellte Kinderfahrzeuge aus recycelten Material mit dem Ersuchen, dass man ihm diesbezüglich die Möglichkeit gebe, in Österreich ein kleines Produktionsunternehmen zu eröffnen, sowie entsprechende Fotografien der Kinderfahrzeuge;

Schulbesuchsbestätigung über das Schuljahr 2014/2015 sowie 2015/2016, wonach der BF3 zuletzt die zweite Klasse einer Volksschule besucht hätte, wobei für das Schuljahr 2015/2016 eine Beurteilung der schulischen Leistungen "wegen mangelnder Sprachkenntnisse" nicht erfolgt sei; Schulbesuchsbestätigung über das Schuljahr 2015/2016, wonach die BF4 die erste Klasse einer Volksschule besuche, wobei für das Schuljahr 2015/2016 u.a. ausgeführt wird, dass die BF4 schon sehr viel verstehe, im Gebrauch der deutschen Sprache noch sehr unsicher sei; eine Besuchsbestätigung eines Schülerhortes hinsichtlich des BF3 und der BF4 vom 22.09.2015; eine Bestätigung eines Pfarramtes, wonach der BF3 und die B4 bei den wöchentlichen Kinderchorproben teilgenommen haben; eine Bestätigung eines Obmannes eines Karate-Vereins vom Mai 2015, wonach der BF3 regelmäßig zum Training komme;

Eine Einvernahme beim Bundesamt am 20.12.2016 mit dem BF1 musste aufgrund Verständigungsschwierigkeiten in Deutsch - der BF1 gab dazu an, nicht so gut Deutsch zu verstehen - abgebrochen werden.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 28.12.2016 brachte der BF1 zur Situation in seinem Herkunftsstaat im Wesentlichen vor, dass seine Mutter und vier Schwestern mit ihren Familien sowie Tanten noch alle im Herkunftsland leben würden. Seine Mutter habe zuletzt vor mehr als einem Jahr angerufen, mit seinen Schwestern habe er keinen Kontakt. Vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat habe er ein Haus mit sechs Zimmern sowie eine Wohnung gehabt. Er habe bei einem Freund gearbeitet und sei es ihnen nicht schlecht gegangen. In Österreich würden sich außer seiner Frau und den Kindern keine Familienangehörigen aufhalten. Er habe jedoch viele Freunde und Bekannte. Er wohne immer bei verschiedenen Freunden. Er helfe alten Menschen, sei aber offiziell bei keiner Organisation. Er wolle eine Firma gründen und habe dazu eine Vision. Er lebe nicht von der Grundversorgung, sondern versorge sich schon seit sechs Jahren selbst. Der BF habe keine gesundheitlichen Probleme. Wenn er ausgewiesen werde, würde er das nicht überleben.

Die BF2 brachte zur Situation in ihrem Herkunftsstaat im Wesentlichen vor, dass ihre Mutter und zwei Brüder (mit Familien) nach Aserbaidschan übersiedelt seien, wobei ihre Mutter mittlerweile ein Pflegefall sei. Vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat haben die BF2 und ihre zwei Kinder bei ihrer Mutter gelebt. Sie hätten von ihrer Rente gelebt und habe die BF2 zum Schluss auch im Kindergarten, den der BF3 besucht habe, mitgearbeitet. Befragt, ob sie Kontakt zu ihren Verwandten hätte, gab die BF2 an, dass sie ab und zu telefonieren würden. Dazu befragt, wie sich ihre Lebensumstände im Inland nach Abschluss des letzten Verfahrens auf internationalen Schutz geändert haben, brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie nach wie vor in der Grundversorgung sei, derzeit ihre Prüfung für B2 positiv zum Abschluss zu bringen versuche und beim XXXX nach wie vor in der Unfallambulanz als Hilfskraft arbeite. Sie dolmetsche viel für die Heimleitung und mache auch in ihrer Unterkunft Reinigungsarbeiten oder male auch Zimmer aus. Bei der XXXX arbeite sie nicht mehr. Auf die Frage, warum ihr Ehegatte, der BF1, an einem anderen Wohnort gemeldet sei und nicht mit ihr zusammenlebe, gab die BF2 an, dass sie gemeinsam leben hätten wollen, aber es ihnen nicht erlaubt worden sei. Die BF2 habe keine gesundheitlichen Probleme. Gegen sie existiere seit November 2014 eine rechtskräftige Ausweisung, der sie bis zum heutigen Tag nicht Folge geleistet habe und gegen ihre Zusicherung auch nicht ausgereist sei, da sie in Russland keine Zukunft habe.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 28.03.2017 gab die BF2 auf die Frage, warum Sie mit ihrem Gatten nicht im gemeinsamen Haushalt wohne, im Wesentlichen an, dass dieser bereits zweimal einen negativen Asylbescheid erhalten habe, bevor sie nach Österreich gekommen sei. Er sei bereits illegal in Österreich gewesen und habe die Sozialarbeiterin der BF2 versucht, für ihren Mann und sie und die Kinder eine gemeinsame Unterkunft zu bekommen. Es sei allerdings gesagt worden, dass es nicht gehen würde, da ihr Mann nicht mehr legal im Bundesgebiet sei. Auch später sei einem gemeinsamen Wohnsitz seitens der Behörde nicht zugestimmt worden. Die BF sei aktuell schwanger, wobei der voraussichtliche Geburtstermin im Mai 2017 sei.

Von der BF2 wurden ua. Unterstützungsschreiben von Inländerinnen, ein Unterstützungsschreiben der Klassenlehrerin des BF3 vom Jänner 2017 sowie eine Bestätigung des XXXX vom 09.01.2017, wonach die BF2 das XXXX als Mitarbeiterin mit 20 Stunden im Monat unterstütze, vorgelegt.

Im Juni 2017 wurde der Fünftbeschwerdeführer (im Folgenden auch: BF5), ein Sohn des BF1, von der BF2, im Bundesgebiet geboren.

1.20. Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 14.09.2017, Zln. 821313309/161146089, 800194000/161227348, 821313407/161146089/BMI-BFA_STM_RD, 821313505/161146216/BMI-BFA_STM_RD und 1163725004/170937603/BMI-BFA_STM_RD, wurden die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 idgF abgewiesen. Dazu wurde vorweg festgestellt, dass die BF in Österreich mit der Kernfamilie leben würden.

Hinsichtlich des BF1 wurde festgestellt, dass er am 12.03.2009 rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist sei, seinen Aufenthalt lediglich durch Stellung mehrerer schlussendlich unbegründeter Asylanträge vorübergehend legalisieren habe können, in Österreich unterstandslos sei und nur über eine Zustelladresse verfüge. Er sei nicht erwerbstätig und somit nicht selbsterhaltungsfähig. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe. Er beherrsche die deutsche Sprache nicht. Beweiswürdigend wurde hinsichtlich des BF1 u.a. ausgeführt, dass er durch das Stellen immer neuer und schlussendlich aussichtsloser Anträge seinen Aufenthalt mutwillig zu verlängern versuche und mit diesem Verhalten aufgezeigt habe, dass er nicht gewillt sei, sich an die österreichische Rechtsordnung und die geltenden Gesetze zu halten, sondern durch mutwilliges Verharren seinen Aufenthalt zu erzwingen versuche. Nicht unerwähnt bleiben könne, dass er mit der BF2 seit Mai 2009 nicht in gemeinsamen Haushalt lebe. Eine schlüssige Antwort auf eine diesbezügliche Befragung sei er schuldig geblieben. Behördeneigene Recherchen beim Amt der steiermärkischen Landesregierung hätten jedoch ergeben, dass er sich auch nicht um einen gemeinsamen Wohnsitz bemüht habe. In der rechtlichen Beurteilung wurde zum BF1 im Wesentlichen ausgeführt, dass die familiären Beziehungen in Österreich die Angehörigen seiner Kernfamilie umfassen, wobei diese von den selben aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen seien wie er selbst, weshalb durch eine potentielle Außerlandesbringung auch keine Verletzung des Familienlebens vorliege. Der BF1 habe sein Privatleben zu einem Zeitpunkt begründet, als der Aufenthalt durch Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert worden sei. Die vorgelegten Unterstützungserklärungen und Empfehlungsschreiben verschiedener Privatpersonen würden ebenfalls nichts an den unzureichenden Voraussetzungen für den Verbleib in Österreich zu ändern vermögen und seien, so mit einem Datum versehen, bereits großteils aus dem Jahr 2014 und somit bereits in der Entscheidung des vorherigen Verfahrens eingeflossen. Vertiefende freundschaftliche Kontakte und wie sich diese im konkreten gestalten würden, seien vom BF1 bei seiner Befragung nicht dargetan worden. Zu diesen bestehenden privaten Anknüpfungspunkten in Österreich sei auch festzuhalten, dass der BF1 diese durch das Verlassen des Bundesgebietes nicht gänzlich abbrechen müsse, sondern stehe es ihm etwa frei, diese brieflich, telefonisch, elektronisch bzw. im Wege gegenseitiger Besuche aufrechtzuerhalten. Festzuhalten sei, dass er illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und seit März 2009 in Österreich aufhältig sei. Er habe hier keine nachweisbaren Deutschkenntnisse in Form eines Zertifikats erworben und beherrsche die deutsche Sprache bis heute nur unzureichend. Auch sonst seien keine Umstände erkennbar, die auf eine außergewöhnliche Integration schließen lassen würden. Der BF1 sei nicht selbsterhaltungsfähig und habe während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet vorerst Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch genommen. Er verfüge über keinen festen Wohnsitz, nächtige bei verschiedenen Personen und werde nun angeblich auch von diesem finanziell unterstützt. Es sei auch nicht möglich, den Besuch seiner Kinder vom Kindergarten bzw. Schule als fortgeschrittene Integration zu werten, da die Schulpflicht und das verpflichtende Kindergartenjahr gesetzliche Vorgaben seien und somit nicht auf seine Eigeninitiative zurückzuführen seien. Daraus resultierende Kontakte würden über die sich ergebende Notwendigkeit nicht hinausgehen und seien vom BF1 auch nicht dargetan worden. Der BF1 habe den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsland verbracht, sei dort sozialisiert und spreche die dortige Mehrheitssprache auf Muttersprachenniveau. Ebenso sei davon auszugehen, dass im Herkunftsland mit seiner Mutter und Geschwistern und weiteren Verwandten Bezugspersonen existieren, auf deren Unterstützung und Hilfe er zurückgreifen könne.

Hinsichtlich der BF2 wurde festgestellt, dass sie seit September 2012 durchgehend in Österreich aufhältig sei. Ihr zweites Asylverfahren sei im Oktober 2013 mit einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung rechtskräftig abgewiesen worden. Seitdem sei ihr Aufenthalt in Österreich illegal. Die Beweiswürdigung deckt sich im Wesentlichen mit der hinsichtlich des BF1. In der rechtlichen Beurteilung wurde zur BF2 ebenfalls dargetan, dass die Angehörigen ihrer Kernfamilie von denselben aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen seien wie sie selbst, weshalb durch eine potentielle Außerlandesbringung auch keine Verletzung des Familienlebens vorliege. Sie wohne gemeinsam mit ihren Kindern, ihr Gatte sei in einer anderen Stadt gemeldet, wohne aber bei verschiedenen Freunden. Die BF2 habe nachweisbare Deutschkenntnisse in Form eines Zertifikats erworben und beherrsche die deutsche Sprache. Sie sei nur unzureichend selbsterhaltungsfähig und habe während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet laufend Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch genommen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die BF2, wenn auch mangels der Möglichkeit eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, selbsterhaltungsfähig wäre. Sie sei lediglich aufgrund der Asylantragstellung vorübergehend zum Aufenthalt berechtigt gewesen. Die Schwangerschaft und Geburt ihres letzten Kindes habe neuerlich ihre Außerlandesbringung verzögert. Sie habe den überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht, sei dort sozialisiert und spreche die dortige Mehrheitssprache auf Muttersprachenniveau. Ebenso sei davon auszugehen, dass im Herkunftsland mit ihrer Mutter und Geschwistern und weiteren Verwandten Bezugspersonen existieren, auf deren Unterstützung und Hilfe sie zurückgreifen könne. Sie sei bereits im Jahr 2009 in ihre Heimat zurückgekehrt und habe dort bis 2012 gelebt. Es sei daher davon auszugehen, dass es bei der Rückkehr möglich sei, sich in die dortige Gesellschaft neu zu integrieren. Es werde zwar die Tatsache der Deutschkenntnisse der BF2 gewürdigt, aber auch, dass die vorhandenen Integrationsmerkmale letztlich ausschließlich aufgrund der nachhaltigen Weigerung, der rechtskräftigen Ausweisung Folge zu leisten, geschaffen worden seien, wobei diese keinesfalls als derart schwerwiegend angesehen werden könnten, dass die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels geboten wäre.

Hinsichtlich des BF3 und der BF4 wurde festgestellt, dass ersterer im Herkunftsland geboren worden sei und sich beide seit September 2012 durchgehend in Österreich aufhalten würden. Ihr zweites Asylverfahren sei im Oktober 2013 mit einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung rechtskräftig abgewiesen worden. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass sie einen Übungskindergarten und derzeit die Volksschule besuchen würden. Aus der Schulnachricht vom Februar 2016 über den Besuch der zweiten Klasse Volksschule gehe hinsichtlich des BF3 hervor, dass aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse keine Beurteilung erfolgen habe können; aus den Schulnachrichten hinsichtlich der BF4 gehe hervor, dass ihre Deutschkenntnisse noch sehr eingeschränkt seien. Der Verdacht liege daher nahe, dass beide zum weitaus überwiegenden Teil mit der russischen Sprache aufwachsen würden. Sie seien nicht selbsterhaltungsfähig und seien auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. Diese hätten während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet laufend Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch genommen. Es sei auch nicht möglich, den Besuch von Kindergarten bzw. Schule als fortgeschrittene Integration zu werten, da die Schulpflicht und das verpflichtende Kindergartenjahr gesetzliche Vorgaben seien und somit nicht auf ihre Eigeninitiative zurückzuführen seien. Daraus resultierende Kontakte würden über die sich ergebende Notwendigkeit nicht hinausgehen. Diese könnten daher einen Verbleib der Familie in Österreich nicht rechtfertigen, weil auch zu berücksichtigen sei, dass die Kinder in einem anpassungsfähigen Alter seien, und insbesondere in Begleitung ihrer Eltern in den Herkunftsstaat zurückkehren, wodurch ihnen die neuerliche Eingliederung in den Herkunftsstaat erleichtert werde. Sie würden die Sprache ihres Heimatlandes beherrschen. Ebenso sei davon auszugehen, dass sie in ihrem Herkunftsland durch ihre noch dort lebenden Verwandten sogleich soziale Anknüpfungspunkte hätten und nicht in völliger sozialer Isolation leben müssten. Es deute nichts daraufhin, dass es ihnen bei einer Rückkehr nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Letztlich sei festzustellen gewesen, dass eine Gegenüberstellung der von den BF in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessenabwägung zu keinem Überwiegen privater Interessen am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen am Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Da im Fall der BF1-BF4 weiterhin aufrechte Rückkehrentscheidungen vorliegen würden, sei gemäß 59 Abs. 5 FPG die Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung nicht zu prüfen gewesen.

1.21. Gleichzeitig mit den die BF1 - BF4 betreffenden Bescheiden wurde dem BF5 mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.09.2017, Zl. 1163725004/170937603/BMI-BFA_STM_RD, gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 3 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wurde (Spruchpunkt I.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF im Juni 2017 im Bundesgebiet geboren sei, er Staatsangehöriger der Russischen Föderation sei, nicht selbsterhaltungfähig sei, sein Aufenthalt wie auch jener seiner Eltern und gesetzlichen Vertreter illegal sei und auch keine Anträge für ihn gestellt worden seien. Weiters sei davon auszugehen, dass er im Herkunftsland durch seine noch dort lebenden Großeltern und weitere Verwandte sogleich soziale Anknüpfungspunkte hätte. Seine gesetzlichen Vertreter hätten aussichtslose Asylanträge gestellt und seien ihren Ausreiseverpflichtungen bis dato nicht nachgekommen. Durch ihr beharrliches Verbleiben im Bundesgebiet würden diese zeigen, dass sie nicht bereit seien, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Den gesetzlichen Vertretern hätte klar sein müssen, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung der eigenen Anträge auch für den BF5 nur ein vorübergehender sein könne. Die Geburt des BF5 im Inland impliziere kein Bleiberecht seiner Person. Letztlich sei festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der Interessenslagen im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen des BF5 an einem Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes durch den BF5 führe.

1.22. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen vom 13.10.2017 hinsichtlich der Erst- bis ViertbeschwerdeführerInnen mit der Maßgabe ab, dass der Spruch der angefochtenen Bescheide wie folgt zu lauten habe: "Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen."

Hinsichtlich des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurden in keinem Beschwerdefall zugelassen.

1.23. Gegen dieses Erkenntnis brachte die Zweitbeschwerdeführerin, nach vorheriger Bewilligung der Verfahrenshilfe, am 15.01.2018 eine außerordentliche Revision ein, welcher vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29.01.2018 keine aufschiebende Wirkung erteilt wurde.

1.24. Am 29.03.2018 stellte die Zweitbeschwerdeführerin für sich und die minderjährigen Dritt- bis FünftbeschwerdeführerInnen weitere Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen sie am gleichen Datum polizeilich erstbefragt wurde und nach Schilderung ihrer Antragsgründe anmerkte, von ihrem Mann seit dem 14.06.2009 getrennt zu sein. Sie seien aber nicht offiziell geschieden. Vermutlich befinde sich ihr Mann derzeit in XXXX , sie habe aber seit einer Woche keinen Kontakt mehr mit ihm, er sei nicht erreichbar.

Im Zuge ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.04.2018 gab die BF2 im Wesentlichen an, dass ihre Mutter sowie zahlreiche Verwandte in XXXX leben. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe gab sie an, dass ihr Mann in der Heimat Probleme habe, deswegen seien sie auch nach Österreich gekommen. Sie selbst habe keine Probleme, sie wolle aber mit ihrem Ehemann zusammenleben, wobei ihr dessen Aufenthalt seit Februar 2018 unbekannt sei. Im Falle der Rückkehr hätte sie keine Probleme, nur ihr Ehemann hätte Probleme. Auch auf mehrfache Nachfragen brachte die BF2 keine weiteren Fluchtgründe vor. Neuerlich verwies sie auf ihre Integration sowie jene der minderjährigen BF3 und BF4 und legte mehrere (bereits bekannte, weil aus den Jahren 2013 und 2014 stammende) Unterstützungsschreiben sowie ihre Deutschzeugnisse vor.

1.25. Mit Bescheiden vom 22.04.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz der BF2 bis BF5 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkte I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation ab (Spruchpunkte II.) und erteilte den BF2-5 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF2-5 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkte III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen die BF2 ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV. deren Bescheides) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidungen gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 und Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkte IV. bzw. V.).

Begründend führte die belangte Behörde darin im Wesentlichen aus, dass die BF2 in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt mehrmals betont habe, keine eigenen Fluchtgründe zu haben, sondern wegen der Probleme ihres Mannes gemeinsam mit diesem geflohen zu sein. Eine Verfolgung durch staatliche Organe in der Russischen Föderation habe vor diesem Hintergrund nicht festgestellt werden können. Da die BF2 in der Russischen Föderation über zahlreiche (namentlich genannte) Verwandte verfüge, könne - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen und dem Umstand, dass es sich bei der BF2 um eine junge, gesunde, gebildete und arbeitsfähige Personen handle und keiner der Beschwerdeführer an einer schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung leide - keine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer nach Art. 2 und 3 EMRK im Falle ihrer Rückkehr in die Russische Föderation erkannt werden. Eine der Rückkehr entgegenstehende Integration könne vor dem Hintergrund der zahlreichen rechtskräftig negativen Verfahren nicht erkannt werden. Familiäre Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführer in Österreich, die über die Kernfamilie hinaus gehen und einer Ausweisung entgegenstünden, lägen nicht vor. Der Aufenthalt des Ehemannes bzw. des Vaters sei derzeit unbekannt. Es sei daher eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen, wobei die Abschiebung der Beschwerdeführer zulässig sei. Da die BF2 keine Verfolgungsgründe vorgebracht habe und zudem gegen die Beschwerdeführer vor der Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz bereits durchsetzbare Rückkehrentscheidungen erlassen worden seien, sei die aufschiebende Wirkung einer gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 und Z 6 BFA-VG abzuerkennen gewesen. Hinsichtlich des auf eine Dauer von fünf Jahren befristeten Einreiseverbots der BF2 wurde ausgeführt, dass die Aufzählung des § 53 Abs. 2 FPG lediglich demonstrativ sei. Es seien daher weitere Verhaltensweisen, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden, jedenfalls auch geeignet, ein Einreiseverbot zu rechtfertigen. Gemäß Art. 11 Abs. 1 lit.a der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) gingen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher, falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt worden sei. Da die aufschiebende Wirkung einer gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde aberkannt worden sei, bestehe gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise. Darüber hinaus hätten die Beschwerdeführer nicht dargelegt, über entsprechende Mittel zu verfügen, um ihren Unterhalt zu sichern und sei auch zu bedenken, dass aus der sich aus dem "rechtskräftig negativen Abschluss des Asylverfahrens" ergebenden Mittellosigkeit die Gefahr einer illegalen Mittelbeschaffung resultiere. Es sei daher ein Einreiseverbot zu erlassen gewesen.

1.26. Gegen diese Bescheide erhoben die BF2-5 fristgerecht Beschwerde, in welcher mangelhafte Länderfeststellungen (weil nicht auf das konkrete Vorbringen der Beschwerdeführer eingehend) sowie eine mangelhafte Beweiswürdigung moniert würden. Die BF2 sei nicht ausführlich genug zu ihren beachtlichen und sehr weit fortgeschrittenen Integrationsleistungen befragt worden, wobei neuerlich auf deren Deutschkenntnisse, ihre ehrenamtliche Arbeit beim XXXX und der XXXX sowie ihre zahlreichen Freundschaften und Bekanntschaften verwiesen wird.

1.27. Mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.06.2018, Zln. W236 1406138-6/7E, W236 1406140-6/7E, W236 1406141-6/7E und W236 2172627-2/7E, wurden die Spruchteile betreffend das gegen die Zweitbeschwerdeführerin erlassene Einreiseverbot sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in insoweiter Stattgabe der Beschwerde ersatzlos behoben; im Übrigen wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurden jeweils zurückgewiesen und die die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

2. Gegenständliche Verfahren auf internationalen Schutz:

2.1. Am 04.09.2018 stellte die Zweitbeschwerdeführerin für sich sowie die von ihr gesetzlich vertretenen minderjährigen dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien die gegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz, zu welchen sie am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurde. Ihre neuerliche Antragstellung begründete die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen damit, dass ihre alten Asylgründe aufrecht blieben; von ihrer Cousine habe sie einen Monat zuvor von der Festnahme ihres namentlich genannten Cousins erfahren. DieGründe der Festnahme sowie der seitherige Aufenthaltsort des Genannten seien unbekannt. Nachdem sie dies alles ihrem Mann erzählt hätte, habe dieser einige Tage später einen Herzinfarkt erlitten und sei in ein Krankenhaus gekommen, wo er sich mehrere Tage im Tiefschlaf befunden hätte. Ihr Mann befände sich seit dem Vortag neuerlich in einem Krankenhaus.

Am 11.09.2018 stellte auch der Erstbeschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde, wobei er zu den Gründen seiner Folgeantragstellung angab, ihm seien keine neuen Gründe bekannt; darüber hinaus verwies er auf seine gesundheitlichen Probleme und erklärte, im Falle einer Rückkehr in die Heimat gesundheitliche Probleme aufgrund dort fehlender Medikamente zu befürchten.

Mit vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin am gleichen Datum persönlich übernommenen Verfahrensanordnungen vom 04.09.2018 wurde den beschwerdeführenden Parteien durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 15b AsylG 2005 iVm § 7 Abs. 1 VwGVG aufgetragen, ab sofort in einer näher bezeichneten Bundesbetreuungseinrichtung bis zur Rechtskraft der Entscheidung über deren Anträge auf internationalen Schutz Unterkunft zu nehmen.

Mit Eingabe vom 13.12.2018 wurden im Verfahren des Erstbeschwerdeführers ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen sowie Unterstützungsschreiben aus seinem privaten Umfeld vorgelegt.

Am 08.01.2019 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache sowie einer Rechtsberaterin niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

Der Erstbeschwerdeführer gab auf entsprechende Befragung hin zusammengefasst zu Protokoll, er fühle sich zur Durchführung der Einvernahme in der Lage und habe bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben erstattet, welche korrekt zu Protokoll genommen und rückübersetzt worden seien. Sein Gesundheitszustand schaue nicht so gut aus; er habe einen Herzinfarkt erlitten und sich aufgrund dessen drei Wochen im Koma befunden. Zu seinem jetzigen Zustand führte der Erstbeschwerdeführer aus, ihm ginge es "nicht ganz gut, sondern nur halbwegs." Am 14.01.2019 habe er einen Termin bei einer Fachärztin für Innere Medizin, bei welchem sein Herz untersucht werden würde. Wenn er ehrlich sei, wisse er nicht mehr, wie seine Erstbefragung im gegenständlichen Verfahren verlaufen wäre. Seine Frau habe ihm seine Angaben später vorgelesen; in seinem damaligen Zustand sei es ihm egal gewesen, was er gesagt hätte. Nach seinem nunmehrigen Fluchtgrund befragt, verwies der Erstbeschwerdeführer zunächst auf seine Erkrankung; darüber hinaus schilderte er, dass ihm seine Nachbarn Ende März 2018 zehn Meter von ihrem Hof weggenommen hätten, zumal diese Schutz durch einen Staatssekretär genießen würden. Der Erstbeschwerdeführer habe großen Stress gehabt, als er dies erfahren hätte und nur seiner Frau davon berichtet; diese hätte dann mit ihrem Cousin darüber gesprochen, welcher daraufhin hingefahren wäre, um nachzusehen, was los wäre. Der Cousin sei sodann in eine größere Auseinandersetzung sowie eine Schlägerei verwickelt worden. Der Cousin sei folglich nach Hause gefahren und sei einige Zeit später von Männern abgeholt worden. Der Erstbeschwerdeführer wolle keinen Kontakt mehr nach Hause, da es von dort nur negative Nachrichten gebe. Danach gefragt, was sich im zweiten Verfahren hinsichtlich seiner Fluchtgründe geändert hätte, erklärte der Erstbeschwerdeführer, er sei immer in Österreich gewesen; solange er hier sei, hätten sie keinen Zugang zu ihm. Er habe mit mehreren Nachbarn Probleme, diese seien gerade an der Macht in Tschetschenien, hätten zehn Meter seines Eigentums weggenommen und würden Druck auf ihn ausüben. In Österreich lebe der Erstbeschwerdeführer von Grundversorgung, sei kein Mitglied in Vereinen oder Organisationen, habe keine Ausbildungen oder Kurse absolviert und habe hier keine Verwandten. Im Heimatland hielten sich noch seine Schwestern und seine Mutter auf. Auf Vorhalt der beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages wegen entschiedener Sache, gab der Erstbeschwerdeführer an, er wolle auf keinen Fall Bittsteller in Österreich sein und auch nicht unbedingt Asyl haben. Er wolle Kinderautos herstellen und verkaufen. Diese negative Entscheidung und die Probleme zuhause hätten ihn fertiggemacht. Er möchte nicht um Asyl bitten, sondern nur eine Chance erhalten, sich hier zu entwickeln. Seitens der anwesenden Rechtsberaterin wurde die Einholung eines PSY III-Gutachtens beantragt.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab zusammengefasst zu Protokoll, sie fühle sich zur Durchführung der Einvernahme in der Lage und sei, ebenso wie ihre Kinder, gesund. Ihre bisher erstatteten Angaben seien wahrheitsgemäß und vollständig gewesen. Zu den Gründen ihrer nunmehrigen Antragstellung führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, sie hätten derzeit mehr Probleme. Ihr Cousin sei wegen ihnen von zu Hause abgeholt worden. Sie hätten ihr Haus gehabt und dann erfahren, dass die Umzäunung weggerissen worden und Baumaterial auf ihr Grundstück gebracht worden wäre. Es habe so gewirkt, als ob jemand ein Bauwerk auf ihrem Grundstück errichten wolle. Nachdem sie dies erfahren hätte, sei die Zweitbeschwerdeführerin sehr verärgert gewesen und habe ihren Cousin gebeten, nachzuschauen. Der Genannte habe ihr in der Folge mitgeteilt, dass tatsächlich bereits mit Bauarbeiten begonnen worden wäre; er hätte die Nachbarn zur Rede gestellt und es sei zu Streit gekommen. In weiterer Folge habe es auch eine Schlägerei gegeben, an diesem Abend sei ihr Cousin vom Militär abgeholt und das Grundbuch mitgenommen worden. Sie seien also enteignet worden. Der Cousin sei drei Monate lang im Gefängnis gewesen und Mitte November 2018 wieder entlassen worden. Die Ehefrau von den Nachbarn sei eine Cousine des Staatssekretärs. Das heißt, dass sie Schutz von oben hätten und nicht bestraft würden. Die Situation sei nicht zu verharmlosen. Ihr Mann sei zusammengeschlagen und befragt worden. Dies könne nicht wie in Österreich durch ein Gericht geklärt werden. Die Staatsleute hätten ihre Situation ausgenutzt und sie seien schutzlos. Ihre Kinder hätten die gleichen Fluchtgründe wie sie selbst. In Österreich sei die Zweitbeschwerdeführerin Mitglied beim XXXX , sie habe einen B2-Kurs mündlich, nicht jedoch schriftlich, bestanden und habe keine Verwandten mehr im Heimatland. Auf Vorhalt der beabsichtigten Zurückweisung ihrer Anträge wegen entschiedener Sache erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, sie würden gefoltert werden und irgendwann ginge es mit ihnen zu Ende. Sie hätten ihr Land wegen des Vizeministers des Innenministeriums verlassen. Sie hätte schon einmal darüber berichtet, dass ihr Mann fast tot gewesen wäre, als sie ihn aus dem Auto rausgeworfen hätten. Sie habe dazu noch ihre eigenen Probleme, von denen sie ebenfalls bereits berichtet hätte. Als ihr Bruder getötet worden sei, hätte ihr Vater Waffen in einem Gartenhaus versteckt und der Freund ihres Bruders habe diese Waffen haben wollen. Damit dieser Freund Ruhe gebe, habe die Zweitbeschwerdeführerin diesem mitgeteilt, wo er die Waffen abholen könne. Als der Freund des Bruders gefangen worden wäre, habe er alles über den Bruder erzählt, dann sei das Militär zu ihnen nach Hause gekommen. Als sie laute Gespräche gehört hätte, sei sie zu den Nachbarn gegangen, ihr Bruder sei festgenommen worden. Aus diesem Grund habe sie das Land verlassen.

2.2. Die Folgeanträge der beschwerdeführenden Parteien wurden mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2019 in den Spruchpunkten I. und II. sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten als auch in Bezug auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In den Spruchpunkten III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BeschwerdeführerInnen jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte III. und VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte VI.). In den Spruchpunkten VII. wurde festgehalten, das den beschwerdeführenden Parteien gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen worden sei, in einem näher angeführten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, die vorherigen Asylverfahren der beschwerdeführenden Parteien seien jeweils in zweiter Instanz rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. In diesen Verfahren seien alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden. Zusammenfassend hätten sie keine asylrelevante Verfolgung oder sonstige Umstände glaubhaft gemacht, welche bei einer Rückkehr in ihr Heimatland eine tatsächliche Gefahr für Leben und körperliche Unversehrtheit darstellen könnten. Soweit die beschwerdeführenden Parteien nunmehr vorgebracht hätten, aufgrund von Grundstückstreitigkeiten nicht in ihr Heimatland zurückkehren zu können, sei entgegenzuhalten, dass Grundstückstreitigkeiten nicht unter den Verfolgungsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumieren seien. Auch ließe sich kein Grund erkennen, weshalb der Staat nicht willens oder in der Lage sein sollte, sie vor den geschilderten Ereignissen zu schützen. Das Vorliegen einer geänderten Sachlage in der Russischen Föderation sei im gegenständlichen Verfahren nicht substantiiert vorgebracht worden. Die dargelegten Gründe, weshalb es ihnen nicht möglich wäre, in ihr Herkunftsland zurückzukehren, seien somit nicht geeignet, eine neue inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und könne in diesen kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage, noch der wesentliche Sachverhalt geändert hätte.

Zum Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers finden sich im seine Person betreffenden Bescheid die folgenden Ausführungen: "Sie hatten einen Herzinfarkt, da Sie Ihre Medikamente aufgrund einer depressiven Stimmungslage nicht eingenommen hatten. Sie leiden weder an einer ansteckenden Krankheit, noch an einer psychischen Krankheit, welche einer Überstellung in Ihr Heimatland entgegenstehen würden" (vgl. Seite 7 des seine Person betreffenden Bescheides).

Die beschwerdeführenden Parteien seien sich der Unsicherheit ihres Aufenthaltes immer bewusst gewesen, weshalb kein unzulässiger Eingriff in deren Recht auf Schutz ihres Privat- und Familienlebens vorliege.

Zur Anordnung der Unterkunftnahme wurde auf die Notwendigkeit weiterer Erhebungen zur Identität der beschwerdeführenden Parteien sowie ein öffentliches Interesse an einer raschen Bearbeitung der vorliegenden Verfahren verwiesen.

2.3. Mit für alle Familienmitglieder gleichlautendem Schriftsatz vom 23.01.2019 brachten die beschwerdeführenden Parteien fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein. Darin wurde zusammenfassend ausgeführt, dass es sich bei den im nunmehrigen Verfahren vorgebrachten Gründen um keine einfache Grundstückstreitigkeit zwischen Privatpersonen handle, da die Nachbarin der beschwerdeführenden Parteien die Cousine des Staatssekretärs sei, welcher mit Ramsan Kadyrow befreundet wäre. Der Erstbeschwerdeführer sei zuletzt am 18.01.2019 in ein Krankenhaus eingeliefert und am 20.01.2019 notoperiert worden; sein Zustand

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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