Entscheidungsdatum
08.03.2019Norm
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1Spruch
W252 2165285-2/12E
Schriftliche Ausfertigung des am 31.01.2019 verkündeten Erkenntnisse:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth SHALA LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX ; StA: Somalia, gegen den Bescheid des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.10.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 01.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wurde am Folgetag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 20.02.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.
2. Mit Bescheid vom 13.06.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab und erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 16.06.2018 erteilt.
Hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde seitens der belangten Behörde festgestellt, dass die Sicherheitslage in Lower Shabelle, in der Herkunftsregion des BF, gegenwärtig unzureichend sei. Aufgrund der gegenwärtigen Sicherheitslage in der Region Lower Shabelle wurde der subsidiäre Schutz gewährt, eine Interne Fluchtalternative wurde gegenwärtig nicht angenommen. Die Feststellungen zur Lage in Somalia würden auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 25.04.2016 (letzte KI eingefügt am 13.02.2017) beruhen.
3. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig gegen Spruchpunkt I. Beschwerde eingebracht.
4. Am 06.06.2018 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF bis 16.06.2020 verlängert.
5. Am 16.08.2018 wurde der BF vom Bundesamt gemäß § 9 AsylG niederschriftliche einvernommen. Der BF wurde zu seinen Deutschkenntnissen, Arbeits- und Integrationsbemühungen und Wohnumständen befragt. Auf Vorhalt der Behörde, dass beabsichtigt sei, ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, weil dieser Status nicht mit der Straffälligkeit des BF zu vereinbaren sei und sollte die Außerlandesbringung nicht möglich sein, sei beabsichtigt den Aufenthalt des BF in Österreich zu dulden, gab der BF an, dass seine Verurteilung schon lange zurückliege und er so etwas nicht mehr machen würde.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA (zugestellt am 16.10.2018) wurde der dem BF mit Bescheid vom 13.06.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Es wurde ein auf acht Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Folgende Feststellungen wurden im Wesentlichen dem Bescheid zugrunde gelegt:
Der BF sei in XXXX , Middle Juba, Somalia, geboren und ist in seinem ersten Lebensjahr mit seiner Familie nach Marka gezogen, sei gesund und arbeitsfähig. Er behaupte verheiratet zu sein. Der BF sei am 12.04.2018 wegen eines Verbrechens verurteilt worden.
Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Situation des BF im Fall seiner Rückkehr wurde festgestellt, dass die Aberkennung aufgrund der grundlegenden Veränderungen und Verbesserungen der Versorgungslage in seinem Herkunftsstaat Somalia, insbesondere in Mogadischu, erfolge. Der seinerzeit maßgebliche Grund, die instabile Sicherheitslage, sei zwischenzeitlich nicht mehr in ganz Somalia gegeben und sei der BF eine Rückkehr nach Somalia, genauer gesagt nach Mogadischu, zuzumuten. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF zum Entscheidungszeitpunkt im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Nicht festgestellt werden könne darüber hinaus, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Somalia die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre oder er in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde hinsichtlich der Gründe für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass die Herkunftsregion des BF nach wie vor volatil sei, jedoch keine Gründe ersichtlich seien, warum BF nicht die Interne Fluchtalternative Mogadischu in Anspruch nehmen könne. Die Mutter des BF beabsichtige nach Mogadischu zu ziehen und die Familie des BF könne ihn anfänglich unterstützen.
In der rechtlichen Beurteilung stützte sich die belangte Behörde auch ausdrücklich darauf, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden (§ 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005). Der BF sei aufgrund der Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion sowie dem Nicht-Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative der Status des subsidiär Schutzberechtigten gewährt worden. Die belangte Behörde führte weiter aus, dass die Gründe für den subsidiären Schutz insofern nicht mehr gegeben seien, als sich Mogadischu mittlerweile unter der Kontrolle der Regierung und AMISOM befinde und die Versorgungslage aufgrund der Regenfälle wieder entspannt hätte und die Nahrungsmittelpreise wieder den Normalwert erreicht hätten. Es sei auch nicht wahrscheinlich, dass er im Fall einer Rückkehr, vor allem nach Mogadischu, einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Mit EGMR- und UKUT-Judikatur aus 2014 und 2015 (und somit vor dem Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes 2017) wurde begründet, dass die Sicherheitslage in Mogadischu nicht derartig sei, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Da dem Bescheid nicht entnommen werden könne, dass der BF in Somalia einer Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK ausgesetzt wäre, stehe ihm jedenfalls die Möglichkeit einer Rückkehr offen.
7. Mit Schriftsatz vom 22.10.2018 (am selben Tag eingebracht) erhob der BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des Bescheides und brachte darin im Wesentlichen vor, dass sich die von der belangten Behörde herangezogenen Länderberichte wenig über eine tatsächliche Verbesserung der Versorgungssicherheit in Mogadischu aussagen würden. Tatsächlich habe sich die Lage in Mogadischu nicht wesentlich verändert. Vielmehr hätten überdurchschnittlich starke Regenfälle zu Überflutungen und Cholera geführt. Auch würde die Mutter des BF nur unter Umständen aus gesundheitlichen Gründen nach Mogadischu ziehen und die Mutter des BF könne den BF daher auch nicht finanziell unterstützen.
8. Mit Schriftsatz vom 29.10.2018 (eingelangt am 07.11.2018) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.01.2019 eine Strafregisterabfrage durch.
10. Am 31.01.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes vom 13.06.2017 und die gegenständliche Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2019, Zl. W252
XXXX -1, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vom 13.06.2017 abgewiesen und wurde rechtskräftig. Mit Erkenntnis vom 31.01.2019, Zl. W252 XXXX -2 wurde in der Verhandlung mündlich verkündet. Mit Schreiben vom 07.02.2019, eingebracht per Fax, beantragte das Bundesamt die Ausfertigung der Erkenntnisse zu W252 XXXX -2 und W252 XXXX -1. Den Antrag zur Ausfertigung zu W252
XXXX -1 zog das Bundesamt mit Schreiben vom 11.02.2019 zurück.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Dem BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.06.2017, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ist diese Entscheidung rechtskräftig. Begründet wurde festgestellt, dass dem BF die Rückkehr nach Somalia aufgrund der Sicherheitslage in seine Heimatregion Lower Shabelle und dem Nicht-Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht zumutbar ist. Die Länderfeststellungen sind im Bescheid wiedergegeben.
1.2. Die allgemeine Lage in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.
1.3. Die Sicherheitslage in der Heimatregion des BF, Lower Shabelle, hat sich nicht verbessert.
1.4. Die persönliche Situation des BF hat sich nicht wesentlich geändert. Es wird festgestellt, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk in Somalia, insbesondere in Mogadischu, verfügt. Deshalb kann nicht festgestellt werden, dass er von der allgemein schlechten Lage im Falle einer Rückkehr weniger intensiv betroffen wäre.
1.5. Die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.
1.6. Die Lage in Somalia hat sich auch aus anderen Gründen nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen.
1.7. Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zur Frage der Gewährung subsidiären Schutzes ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten.
1.8. Der BF ist in Österreich wegen § 84 Abs.4, Abs.5 Z2 StGB und § 142 Abs.1 StGB sowie § 83 Abs.1 StGB und § 15 StGB iVm § 84 Abs.4 StGB strafrechtlich verurteilt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2017, Zl. XXXX . Die Feststellungen hinsichtlich der Lage in Somalia, insbesondere Mogadischu, und möglichen Änderungen ergeben sich insbesondere aus einem Vergleich der dem Bescheid des Bundesamtes vom 13.06.2017 und dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 12.10.2018 zugrundeliegenden Länderberichte, nämlich der Länderinformationsblätter (in der Folge: LIB) der Staatendokumentation zu Somalia vom 25.04.2016 (aktualisiert am 27.06.2017, in der Folge LIB 2017) bzw. vom 12.01.2018 (aktualisiert am 17.09.2018, in der Folge LIB 2018).
2.1. zu 1.1. Dass bzw. aus welchen Gründen dem BF mit dem näher angeführten Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2017, Zl. XXXX . Dass der Bescheid, mit dem dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, rechtskräftig wurde, ergibt sich daraus, dass der BF gegen den diesbezüglichen Spruchpunkt keine Beschwerde erhoben hat und seine Beschwerde gegen den Spruchpunkt, mit dem ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt wurde, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2019, Zl. W252 XXXX , abgewiesen wurde. Der Bescheid ist somit für die Parteien bindend.
2.2. zu 1.2. Die Feststellung, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia, insbesondere in Mogadischu im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der dem Bescheid des Bundesamtes vom 13.06.2017 und dem angefochtenen Bescheid vom 12.10.2018 zugrundeliegenden Länderberichte wie oben angeführt.
Was die Sicherheitslage in Süd- und Zentralsomalia wie auch in Mogadischu anbelangt, kann nicht von einer wesentlichen Verbesserung ausgegangen werden, weil auch die aktuellen Länderberichte zeigen, dass es kaum Schutz gegen Übergriffe gibt, der Einfluss von AMISOM häufig nur auf die Stadtzentren beschränkt ist und Gebiete auch unter der Kontrolle der al Shabaab stehen. Gerade was die Situation der Zivilisten anbelangt zeichnen die Länderberichte ein schlechtes Bild und wird von Menschenrechtsverletzungen und gezielten Anschlägen gegen Zivilisten berichtet. Durch die Dürresituation verschärfte sich die Lage. Die Zahl von Gewalt gegen Zivilisten ist seit 2013 konstant, doch steigt die Anzahl der Todesopfer. Auch für Mogadischu wird von zahlreichen Anschlägen mit zivilen Opfern berichtet und ist etwa der Einsatz von Artillerie im Steigen begriffen. Eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage kann somit nicht festgestellt werden.
Hinzu kommt, dass Somalia von einer großen, notorisch bekannten Dürreperiode betroffen war und es zwar zwischenzeitig zu Regenfällen kam, die allgemeine Versorgungslage aber - wie sich aus den im Rahmen der Verhandlung eingeführten Länderberichten ergibt - noch nicht nachhaltig gebessert hat. Dazu wird näher ausgeführt wie folgt:
Die Länderberichte sind bezüglich der maßgeblichen Punkte im Wesentlichen inhaltlich gleichgeblieben. Im Kapitel "Grundversorgung/Wirtschaft" wird im LIB 2018 neu angeführt:
"Generell hätte Somalia großes wirtschaftliches Potential..." (S. 122). In der Folge wird aber festgehalten, dass dieses Potential die aktuelle Lage nicht reflektiert: "Doch noch gehört Somalia zu den ärmsten Ländern der Erde. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung kann sich nicht ausreichend mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen (Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017; vgl. Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Das Land ist also in hohem Grade von Hilfe abhängig (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017)." (LIB 2018, S. 122)
Hinsichtlich der Dürresituation wird im LIB 2018 zusätzlich Folgendes ausgeführt:
"Vier aufeinanderfolgende Regenzeiten sind ausgefallen. Diese Dürre hat nahezu zu einem Gesamtausfall der Ernte geführt und zur Reduzierung der Arbeitsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten beigetragen. Die Dürre hat zu Engpässen bei Wasser und Weideland geführt - und in der Folge zur Verendung von Viehbestand. Insbesondere ärmere Haushalte haben Probleme, die stark angestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel bezahlen zu können; und andererseits können sie durch den Verkauf von Vieh kaum Einkommen erwerben (World Bank, Somalia Economic Update, 18.7.2017). Drei Jahre Dürre haben zu einer humanitären Krise geführt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist von Nahrungsmittelknappheit, von Kindersterblichkeit und Unterernährung betroffen. Rund 60% des Viehbestands wurde vernichtet, wobei die Viehzucht das Haupteinkommen großer Bevölkerungsteile darstellt (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017). Dabei hat die Dürre Auswirkungen auf alle ökonomischen Aktivitäten in Somalia, darunter Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei. Mittlerweile machen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Dürre auch substantiell im Bundesbudget bemerkbar (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 05.09.2017). Allerdings ist der Schaden an Leben und Lebensbedingungen - vor allem von Frauen, Kindern und Benachteiligten - enorm (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017). (...) Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017). Die Versorgungslage ist durch geringe Ernteerträge und Trockenperioden anhaltend schlecht. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage und Einschränkungen durch die Aktivitäten diverser Milizen, ist es für humanitäre Organisationen eine Herausforderung benachteiligte Bevölkerungsteile zu erreichen (Österreichische Botschaft Nairobi, Asylländerbericht Somalia, September 2016).
Zu Beginn des Jahres 2017 hatte sich die humanitäre Lage in Somalia mit alarmierender Geschwindigkeit verschlechtert. Der somalische Präsident hat am 28.02.2017 den nationalen Notstand ausgerufen und um verstärkte Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebeten (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 09.05.2017). Am 02.02.2017 wurde für Somalia eine Alarm-Erklärung hinsichtlich einer bevorstehenden Hungersnot ("pre-famine alert") ausgegeben. Danach wurden humanitäre Aktivitäten weiter hochgefahren (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017). (...) Die somalische Regierung hat aufgrund der Lage in Zusammenarbeit mit humanitären Kräften die Planung von einer Reaktion auf die Dürre ("drought response") bereits auf die Prävention einer Hungersnot ("famine prevention") umgestellt (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017). Nur die rasche Unterstützung internationaler humanitärer Partner und somalischer Organisationen hat eine Hungersnot verhindert (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017). (...)
Das Risiko einer Hungersnot besteht jedoch auch weiterhin (Famine Early Warning System Network, Somalia Food Security Outlook Update December 2017, 30.12.2017; vgl. United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017; UN High Commissioner for Refugees, Fact Sheet, Somalia, 1-30 November 2017, 30.11.2017)." (S. 127f.)
"70% der Menschen, die unmittelbar auf Hilfe angewiesen sind, befinden sich in Süd-/Zentralsomalia, wo der Zugang durch Sicherheitsprobleme und die al Shabaab behindert wird (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017); dies betraf sowohl Gebiete außerhalb der als auch unter Kontrolle von al Shabaab. (...) [Al Shabaab hat] humanitäre Hilfe von außen auch diesmal behindert oder blockiert; die Einhebung von Steuern verstärkt; humanitäre Bedienstete entführt; und Hilfslieferungen an Straßensperren besteuert. Immerhin wurde diesmal vor der Dürre Flüchtenden in manchen Fällen die Weiterreise gewährt. Auch Behörden haben die Arbeit humanitärer Kräfte auf unterschiedliche Art behindert (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017; vgl. US Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, 03.03.2017). (...) Dabei behindert al Shabaab nach wie vor den Zugang zu Menschen in Not auf dem Gebiet unter Kontrolle dieser Gruppe (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 09.05.2017)." (LIB 2018, S. 129)
"Insgesamt erreichen Hilfsprojekte der UN oder von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen in der Regel aber nicht die gesamte Bevölkerung. (...) Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017)." (LIB 2018, S. 132)
Am 17.09.2018 wurde im LIB 2018 eine neue Kurzinformation betreffend "positiver Trend bei Versorgungslage" eingefügt (S. 6ff.), die sich vor allem auf eingetretene Regenfälle und Prognosen hinsichtlich einer Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung bezieht: "Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018; vgl. UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018). (...) Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Food security improving but recovery remains fragile, 02.09.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018).
Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden. (...) Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018).
Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018; vgl. FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network, FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release, 01.09.2018)
Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (Worldbank, World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia, 06.09.2018)."
Die Feststellung, die Versorgungslage habe sich grundlegend verbessert, hat die belangte Behörde nicht näher begründet. Auch ein Vergleich der Länderberichte hat dies - wie oben dargelegt - nicht ergeben. Aus diesen ist vielmehr ersichtlich, dass die Lage nach wie vor volatil ist. Einerseits erreicht die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage noch nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine tatsächliche Verbesserung der Lage gegeben sein muss. Einerseits mögen die einsetzenden Regenfälle zwar dazu führen, dass die Dürre zurückgeht, andererseits führen sie auch vermehrt zu Überschwemmungen, was wiederum die Versorgungslage beeinträchtigt. Jedenfalls kann aufgrund dieser Berichte nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat, und hat die belangte Behörde eine wesentliche Verbesserung auch sonst nicht näher begründet oder nachgewiesen.
Wenn die Behörde in ihrem Bescheid darauf hinweist, dass der BF gesund sei sowie Kontakt zu seiner Familie habe, so ist darauf zu verweisen, dass die Behörde auch damit keine Änderung der Voraussetzungen unter denen dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde darstellt, schließlich wurden die Gesundheit des BF sowie der Kontakt zu seiner Familie zum Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt bzw. hat BF auch in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nichts anderes vorgebracht. Die belangte Behörde zeigt auch damit keine Änderung auf.
2.3. zu 1.3. Die Feststellung, dass sich die Sicherheitslage in der Heimatregion des BF Lower Shabelle nicht verbessert hat, konnte aufgrund des Vergleichs des LIB 2018 und 2017 getroffen werden. Das Bundesamt geht auch im angefochtenen Bescheid davon aus, dass sich die Sicherheitslage in der Heimatregion des BF nicht verbessert hat.
2.4. zu 1.4. Die Feststellung, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk in Somalia verfügt, ergibt sich daraus, dass die belangte Behörde den Bestand eines solchen einerseits nicht explizit festgestellt hat, andererseits nicht näher begründet hat, worauf sie die Annahme stützt, dass die Familie des BF diesen bei einer Rückkehr finanziell unterstützen könne. Nie strittig war, dass der BF Familienangehörige, seine Mutter, in Somalia hat sowie Kontakt zu dieser hat. Die belangte Behörde begründet nicht näher, dass die Familie des BF ihre eigene Versorgung gewährleisten könne, sondern stützt dies lediglich auf nicht näher angeführte Angaben des BF. Aus ihren eigenen Annahmen schließt die Behörde undifferenziert, dass auch der BF im Falle seiner Rückkehr nicht vor eine ausweglose Situation gestellt würde. Allerdings hat die belangte Behörde den BF dazu auch nie näher befragt, vielmehr hat der BF in seiner Beschwerde angegeben, dass seine Mutter unter Umständen aus gesundheitlichen Gründen nach Mogadischu ziehen würde. Aus diesen Angaben ergibt sich vielmehr die gegenständliche Feststellung. Aus der Einvernahme, dem Bescheid oder der Beschwerde ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Verwandte zum Unterhalt des BF beitragen könnten.
Wenn das Bundesamt in seinem Bescheid auf die Arbeitsmöglichkeiten des BF Bezug nimmt, so ist darauf zu verweisen, dass das Bundesamt auch damit keine Änderung der Voraussetzungen, unter denen dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, darstellt, schließlich wurde die Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung über den subsidiären Schutz nicht in Frage gestellt. Indem die belangte Behörde eine abweichende Beweiswürdigung dieses Umstandes vornimmt, versucht sie vielmehr die Rechtskraft des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides zu durchbrechen, um eine abweichende Rechtsauffassung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes durchzusetzen.
Eine Änderung der persönlichen Situation des BF ist insofern nicht eingetreten, als der BF weiterhin, wie bereits bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzes, Kontakt zu seiner Mutter hat. Auch sind sonst keine Umstände hervorgekommen, welche zu einer maßgeblich verbesserten Situation des BF im Fall einer Rückkehr führen würden.
2.5. zu 1.5. Die Feststellung, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich des Kapitels "Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge" des LIB 2017 und des LIB 2018, das in dieser Hinsicht nicht wesentlich geändert wurde und jedenfalls nicht darauf schließen lässt, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hätte. Vielmehr wurde es um die Informationen ergänzt, dass al Shabaab mitverantwortlich dafür ist, dass von der Dürre betroffene Personen aus ihrer Heimat fliehen mussten, da die Gruppe humanitäre Hilfe behindert und Blockaden betreibt (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017), es vor allem in Mogadischu weiterhin zur Vertreibung bzw. Zwangsräumung von IDPs kommt (Amnesty International, Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia 22.02.2017) und IDPs in Somalia zu den am meisten gefährdeten Personengruppen gehören (Ministerie von Buitenlandse Zaken, Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië November 2017), sowie dass IDPs über die Maßen von der Dürre betroffen sind (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017). (LIB 2018, S. 120f.) Die aktuellen Länderberichte lassen einen solchen Schluss also nicht zu und wurde eine solche Änderung von der belangten Behörde auch nicht vorgebracht.
2.6. zu 1.6. Die Feststellung, dass sich auch aus sonstigen Gründen die Lage in Somalia im Vergleich nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert hat, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen, ergibt sich daraus, dass sich solche Gründe aus den aktuellen Länderberichten (LIB der Staatendokumentation zu Somalia, 12.01.2018, am 17.09.2018 aktualisiert) nicht ergeben und auch sonst nicht hervorgekommen sind. Schließlich weist auch die Staatendokumentation selbst in ihrer dem inhaltlichen Teil des Länderinformationsblatts zu Somalia vorangehenden "vergleichenden länderkundlichen Analyse i.S. § 3 Abs. 4a AsylG" darauf hin, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in Somalia gekommen ist.
2.7. zu 1.7. Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben angeführten Beweiswürdigung. Weder ein Vergleich der herangezogenen Länderberichte, noch das Vorbringen des BF in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde vom 20.09.2018, das diese für ihre Entscheidung herangezogen hat, lassen einen solchen Schluss zu. Auch die belangte Behörde hat eine Änderung von diesem Ausmaß in ihrem Bescheid in keinster Weise nachgewiesen, sondern lediglich unsubstantiiert behauptet, die Lage habe sich verbessert, oder sich auf Prognosen und Stehsätze beschränkt. Weder der - nie strittige - Umstand, dass der BF gesund sei sowie Kontakt zu seiner Mutter habe, noch der Umstand, dass heftige Regenfälle zu den schlimmsten Überflutungen seit 60 Jahren führen (was zwar im Vergleich zur langjährigen Dürre als Veränderung, jedoch keinesfalls als Verbesserung der Lage gesehen werden kann) lassen darauf schließen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF nicht mehr vorliegen; andere Gründe sind weder hervorgekommen, noch wurden solche (substantiiert) vorgebracht.
2.8. zu 1.8. Die strafrechtliche Verurteilung ergibt sich aus dem Strafregisterauszug vom 22.01.2019.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A)
3.1.1. Einleitend wird festgehalten, dass sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 12.10.2018 bezüglich des Aberkennungstatbestendes explizit auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützt hat und begründend ausführt, dass die Gründe für die Erteilung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen. Auch der Spruch des angefochtenen Bescheides bezieht sich ausschließlich auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 AsylG. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass es sich um die Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG handelt (vgl. Bescheid S. 9f.: "Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
(...) Der seinerzeit für die Gewährung des subsidiären Schutzes maßgebliche Grund (...) ist zwischenzeitlich nicht mehr in ganz Somalia gegeben.").
Soweit die belangte Behörde im Bescheid anführt, dass die Straffälligkeit des BF darüber hinaus einen Aberkennungstatbestand darstelle, ist anzumerken, dass die belangte Behörde dazu lediglich die Gesetzesstellen zitiert und es gänzlich unterlässt substantiiert zu diesem Tatbestand auszuführen.
Die belangte Behörde lässt außer Acht, dass im Fall des § 9 Abs. 2 AsylG die Aberkennung des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist.
Die belangte Behörde hat sich bewusst dafür entschieden die Aberkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z1 AsylG vorzunehmen. In der niederschriftlichen Einvernahme vom 16.08.2018 bezüglich eines Aberkennungsverfahrens, teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass die Aberkennung des subsidiären Schutzes beabsichtigt sei, da dieser straffällig geworden sei. Sollte eine Außerlandesbringung nicht möglich sein, sei beabsichtigt den Aufenthalt des BF zu dulden. Die Aberkennung des subsidiären Schutzes erfolgte jedoch nach § 9 Abs. 1 Z1 AsylG.
Es wurde keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG vorgenommen und ist auf die strafrechtliche Verurteilung des BF folglich nicht weiter einzugehen.
3.1.2. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.
3.1.3. Zur richtlinienkonformen Interpretation:
Artikel 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:
"(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.
(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden."
Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:
"(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.
(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."
In Anlehnung an Art. 16 der Status-RL bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des
6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).
3.1.4. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:
Im Vergleich zu den dem Bescheid der belangten Behörde vom 13.06.2017 zugrunde gelegten Länderfeststellungen ist eine dauerhafte und nachhaltige Änderung (Verbesserung) der Lage in Somalia, die im Übrigen wohl erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum feststellbar wäre, weder aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Länderberichten noch anhand der in dieser Entscheidung wiedergegebenen Berichtslage erkennbar. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass Prognosen einer zukünftig besseren Versorgungssituation diesem Maßstab einer dauerhaften und nachhaltigen Verbesserung der Lage in Somalia nicht gerecht werden.
Auch eine grundlegende Änderung der persönlichen Situation des BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wurde von der belangten Behörde nicht dargetan.
Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.
3.2.7. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war.
3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen ist die Rechtslage als eindeutig zu bezeichnen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053), weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, BehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W252.2165285.2.00Zuletzt aktualisiert am
06.05.2019