TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/19 L508 2122303-3

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Veröffentlicht am 19.12.2018
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Entscheidungsdatum

19.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §12a Abs4
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
AsylG 2005 §8
AVG §57 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch

L508 2122303-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG, § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

2. Gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG wird festgestellt, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung gab der BF an, dass er seine Heimat bereits im Jahr 2005 verlassen habe. Er habe sich zunächst ein Jahr lang in Pakistan, danach zwei Jahre lang im Iran, für kurze Zeit in der Türkei und die letzten sieben Jahre in Griechenland aufgehalten. Von Griechenland aus sei er dann vor sieben Tagen nach Österreich gereist. Als Fluchtgrund führte der BF an, dass er durch die Länder reisen und arbeiten bzw. gültige Papiere haben wolle. Der BF wolle weiter nach Deutschland und nicht mehr zurück nach Bangladesch, dort habe er nur Armut zu befürchten.

2. Am 05.02.2016 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend BFA) niederschriftlich einvernommen.

Zunächst gab der BF an, dass er in Bangladesch seinen Lebensunterhalt durch Hilfsarbeiten verdient habe, seine Eltern und Geschwister würden noch immer in Bangladesch leben. In Griechenland sei es wirtschaftlich sehr schlecht gewesen. Er habe sich bei der dortigen Botschaft wegen der Arbeit einen Reisepass ausstellen lassen, weil sein Chef ein Konto gewollt habe und man dieses nur mit Reisepass bekomme. Das Asylverfahren in Griechenland sei nicht abgeschlossen gewesen, es habe dort aber Leute gegeben, die Asylwerber schlagen würden, was nicht schön sei.

Die Ausreisegründe des BF seien ausschließlich wirtschaftliche gewesen. Er habe im Heimatland Grundstücke gehabt, die alle durch Umweltkatastrophen verwüstet worden seien und habe er dort kein Vermögen mehr. Der BF habe nur Gelegenheitsjobs verrichtet, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er habe sein Leben in Europa einfach verbessern wollen. Seine Familie habe kein Einkommen, soweit der BF könne, versorge er diese und schicke ihnen Geld.

Er wolle nicht nachhause zurück, er sei schon elf Jahre in Europa und wolle hier bleiben, in Bangladesch sei es sehr schwierig.

3. Mit Bescheid des BFA vom 07.02.2016, Zl. 1084723809/151204588 RD Niederösterreich, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.).

Gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Dem BF wurde weiters gem. §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I NR. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gem. § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise und werde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gem. § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Beweiswürdigend wurde vom BFA zusammengefasst ausgeführt, dass der BF selbst angegeben habe, Bangladesch ausschließlich wegen der schlechten Wirtschaftslage verlasse habe. Damit habe er jedoch keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung geltend gemacht und liege daher kein asylbegründender Sachverhalt vor.

4. Mit Verfahrensanordnung vom 09.02.2016 wurde dem BF gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

5. Gegen diesen Bescheid des BFA wurde vom BF mit Schriftsatz vom 16.02.2015 innerhalb offener Frist vollumfängliche Beschwerde erstattet. Darin wurde ausgeführt, dass der BF seine Angaben aus dem vorliegenden Bescheid nochmals bestätige. Er habe wegen der Unmöglichkeit, in Bangladesch weiterhin für sein Leben zu sorgen, aus seiner Heimat fliehen müssen.

6. Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.03.2016, Zl: L509 2122303-1/5E, gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005 idgF und § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis wurde begründend dargelegt, warum - als Folge der mangelnden Asylrelevanz - der vom BF vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA rechtmäßig war. Dieses Erkenntnis erwuchs am 22.03.2016 in Rechtskraft.

7. Am 19.04.2016 stellte der BF seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. dem BFA brachte der BF im Wesentlichen Folgendes vor: Er habe Bangladesch bereits vor 11 Jahren verlassen und wisse nicht, wohin er bei einer Rückkehr gehen solle. Außerdem sei er jetzt Christ. Es habe in Bangladesch auch Grundstücksstreitigkeiten gegeben.

8. Dieser Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 20.10.2016, Zl. 1084723809-160557579 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

8.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

Es sei keinesfalls glaubhaft, dass sich der BF nunmehr aus innerster Überzeugung heraus dem Christentum zugewendet hat. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er das Interesse einzig aus dem Grund vorbrachte, um einen positiven Ausgang des Asylverfahrens zu erreichen.

Schon bei der neuerlichen Asylantragstellung habe der BF mit keinem Wort Interesse am Christentum bekundet. Er hat lediglich ausgeführt, deswegen einen 2. Asylantrag zu stellen, weil er teilweise auf der Strasse leben würde und nicht wisse, wohin er gehen soll.

Wenn er schließlich im Rahmen des Parteiengehörs am 4.7.2016 angab, dass er bei der ersten Antragstellung unwahre Angaben gemacht hat, so könne dies einzig als Ausrede gewertet werden, zumal dem BF bei der ersten Antragstellung sowohl bei der Erstbefragung als auch bei einer weiteren Einvernahme die Möglichkeit eingeräumt wurde, sämtliche Gründe, die ihn zum Verlassen der Heimat bewogen hatten, auszuführen.

Die Angaben des BF, wonach er nunmehr einen Konflikt mit einem Cousin ins Treffen führte, sei als massive Steigerung des Vorbringens zu werten, andernfalls der BF bereits bei der Erstbefragung am 19.4.2016 solche Umstände erwähnt hätte. Dazu kommt, dass es sich um einen Konflikt zwischen dem Vater des BF und dem Cousin gehandelt haben soll und dieser jahrelang zurückliegt.

Die Ausführungen des BF zum Christentum seien extrem vage und oberflächlich, sodass niemals von einem tatsächlichen Interesse am Christentum ausgegangen werden könne. Hervorzuheben sei in diesem Zusammenhang, dass der BF nur angeben konnte, dass ihm das Christentum gefallen würde. Es widerspreche völlig dem Verhalten einer Person, die sich aus tiefster innerer Überzeugung einer anderen Religion zuwendet, dass diese nicht von sich aus sämtliche Beweggründe schildert, die sie zu diesem Interesse bewogen haben bzw. auch konkret von Inhalten oder wesentlichen Merkmalen dieser Religion spricht. Der BF tat dies nicht einmal über Nachfrage, was dafür spricht, dass er das Interesse am Christentum nur vorgibt.

Auf die Frage, was der ausschlaggebende Grund für die Konversion gewesen sei, konnte der BF keine hinreichende Erklärung abgeben. Vielmehr hat er wenig glaubhaft angegeben, dass er innere Ruhe brauche und dass ihm diese Religion Frieden gebe, er besuche die Kirche und das beruhige ihn. Bei wahrheitskonformer Schilderung hätte der BF darlegen können, was genau ihn dazu bewogen hat, sich dem Christentum zuzuwenden. So wäre zu erwarten gewesen, dass er den Grund nennen könnte, weshalb ihm das Christentum Ruhe und Frieden gibt.

Schließlich habe der BF auch mit keinem Wort ausgeführt, weshalb er sich ausgerechnet der Evangelikalen Kirche zugewandt hat. Seine Antwort, dass ihn ein Iraner dazu gebracht habe, war völlig unzureichend, zumal doch wesentlich wäre, weshalb sich der BF innerhalb des Christentums gerade dieser Richtung zugewandt hat. Eine Person, die in Kürze eine Konversion beabsichtigt, hätte mit Sicherheit profunde Kenntnis über jegliche Richtung.

Unterstrichen wurde die Unglaubwürdigkeit insbesondere auch durch die Angaben des BF über sein Verhalten in der Kirche. So gab er an, lediglich mit gefalteten Händen einer Messe beizuwohnen, aber nicht zu verstehen, was dort gesprochen wird, weil er nicht deutsch kann. Dabei handle es sich ebenfalls um ein Indiz, dass der BF nicht aus innerster Überzeugung Interesse am Christentum hat, andernfalls davon auszugehen wäre, dass er sich über den Ablauf einer Messe erkundigt hätte.

Auch auf die Fragen zu den Voraussetzungen eines Religionswechsels ließen die Antworten des BF einzig auf konstruierte Angaben schließen. Es sei dem BF nicht einmal möglich gewesen, den Ausdruck "Taufe" zu verwenden. So habe er lediglich von einem Ritual gesprochen, bei dem man gewaschen wird. Weiter habe der BF gemeint, dass keine Voraussetzungen für den Erhalt der Taufe bestünden, was völlig absurd sei, zumal bekannt ist, dass die Taufvorbereitung sich weit tiefgründiger darstellt. Abgesehen davon habe der BF keinerlei Details angegeben. Wäre der BF aus tatsächlichen Interesse am Christentum konvertiert, wäre mit Sicherheit davon auszugehen, dass er einen chronologischen Ablauf aller Schritte anführen könnte, und zwar von der ersten Berührung mit dem christlichen Glauben bis zum aktuellen Wissensstand. Kirchenbesuche, Lernen von Gebeten, Kontakte mit Anhängern der evangelikalen Gemeinde, Beschäftigung mit dem Glauben abseits der Kirche seien nur einige Punkte, die zweifellos von einer Person geschildert werden würden, die sich tatsächlich für eine andere Religion interessiert.

Der BF habe auch nicht einmal ein Gebet aufsagen können, was aber einen wesentlichen Bestandteil jeglicher Religion darstellen würde. Genau so habe es sich mit den Feiertagen verhalten. Dass ausschließlich Weihnachten Erwähnung fand, schließe wohl ebenfalls aus, dass der BF echtes Interesse am Christentum hat.

8.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bangladesch traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

8.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

Es hätten sich weiter keine Hinweise für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

9. Eine gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde vom BVwG nach Durchführungen einer mündlichen Verhandlung mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 14.12.2016 gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. (schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses, Zahl: L519 2122303-2/7E

vom 27.12.2016). In diesem Erkenntnis wurde begründend dargelegt, warum - als Folge der festgestellten Unglaubwürdigkeit - der vom BF vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Dieses Erkenntnis erwuchs am 14.12.2016 in Rechtskraft.

10. Am 19.05.2017 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft seinen dritten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Hierzu wurde er am 20.05.2017 einer Erstbefragung "Folgeantrag Asyl" durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen neuen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung an, dass er nicht nach Bangladesch zurückkehren könne. Er habe Angst vor seinem Cousin väterlicherseits, welcher ein Terrorist sei. Alle seine Asylanträge seien negativ entschieden worden. Die Menschenrechte würden in Österreich geschützt werden und wolle er hierbleiben. Er habe bereits alle Flucht- und Asylgründe genannt. Neue Gründe habe er keine.

11. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 20.05.2017 wurde gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 iVm § 57 Abs. 1 AVG festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 4 Z 1 und 2 AsylG 2005 nicht vorliegen würden und wurde dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Absatz 4 AsylG nicht zuerkannt.

12. Am 26.05.2017 wurde der Beschwerdeführer begleitet in sein Heimatland Bangladesch abgeschoben.

13. Zum Schubhaftverfahren:

Am 19.5.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt zu seiner Schubhaft niederschriftlich einvernommen. Hierbei erklärte er im Wesentlichen, seit seiner rechtskräftigen Abweisung seines zweiten Asylantrages nicht in die Heimat zurückgekehrt zu sein. Er habe niemals einen Aufenthaltstitel oder ein Visum für Österreich oder ein anderes Land in der EU gehabt und befinde sich seit zwei Jahren durchgehend in Österreich. Er könne hier nicht ohne staatliche Unterstützung leben, habe weder eine Kreditkarte noch eine Bankomatkarte oder sonst eine Möglichkeit, in Österreich auf legale Art und Weise zu Geld zu kommen und nur ca. € 300 bei sich. Familienangehörige habe er im Bundesgebiet keine und pflege auch sonst keine sozialen Kontakte. Er spreche ein bisschen deutsch und habe mit dem Kurs A1 angefangen. In Bangladesch würden mehrere Onkel leben. Weiters gab der Beschwerdeführer an, ledig zu sein und keine Kinder zu haben. Auch habe er weder eine Schul- noch eine Berufsausbildung absolviert. Einer Abschiebung nach Bangladesch willige er nicht ein und habe vor, sich einer solchen zu widersetzen. Zudem gab der Beschwerdeführer an, einen weiteren Asylantrag stellen zu wollen. Ansonsten habe er alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen.

13.1. Mit Mandatsbescheid vom 19.05.2017 ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2017 iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung an. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 04.10.2018, GZ: W174 2160327-1/12E gemäß § 76 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2017 in Verbindung mit § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 19.05.2017 bis 26.05.2017 für rechtmäßig erklärt.

14. Mit Bescheid vom 18.09.2018 wies das BFA den Antrag vom 19.05.2017 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurück (Spruchpunkt I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung und wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt IV. und V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 0 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass entschiedene Sache vorliege und das Vorbringen des Beschwerdeführers in einem rechtskräftig beendeten Verfahren bereits als nicht asylrelevant bzw. nicht glaubwürdig erachtet worden sei. Neue Fluchtgründe seien nicht vorgebracht worden. Der Antragsteller habe es nicht für notwendig erachtet seit dem 14.12.2016 (Rechtskraft des Vorverfahrens) einen Antrag zu stellen. Erst nachdem ihm sein unsicherer Aufenthalt bewusst geworden war, nämlich spätestens als ihm der angekündigte Abschiebetermin mitgeteilt worden war, brachte er den neuen Asylantrag ein. Er habe den Asylantrag lediglich zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsberechtigung gestellt. Im Hinblick auf seine Integration sowie seine private wie familiäre Situation hätten sich für die belangte Behörde keine Umstände ergeben, die zu einer anderen Einschätzung als in dem rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren geführt hätten.

15. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und dieser ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

16. Gegen den Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 08.10.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

16.1. In der Beschwerde wird zunächst beantragt,

-

die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem Antrag des BF auf internationalen Schutz Folge gegeben und dem BF der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde;

-

in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen;

-

in eventu die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangaldesch zuerkannt werde;

-

die gegen den BF gefällte Rückkehrentscheidung aufzuheben bzw. auf Dauer für unzulässig zu erklären;

-

allenfalls einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen;

-

einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation in Bangladesch befasst - eine mündliche und öffentliche Verhandlung anzuberaumen und

-

der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

16.2. In der Folge wird im wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der Verschlechterung der Lage in Bangladesch und der Verwurzelung in Österreich der BF einen neuen Asylantrag stellen müssen. Wenn das BFA eine tatsächliche Prüfung der Sachverhaltsänderungen vorgenommen hätte, so hätte das BFA angesichts der Länderberichte und der Situation in Bangladesch sowie der persönlichen Situation des BF, feststellen müssen, dass jedenfalls ein maßgeblich veränderter Sachverhalt vorliege. Auch habe keine Einvernahme des BF durch das BFA stattgefunden. Das BFA habe keinerlei Recherchen zu den vorgebrachten Fluchtgründen getätigt. Eine Begründung, warum im Vorbringen kein glaubhafter Kern enthalten sei, sei ebenso nicht erfolgt. Auch ergebe sich aus den Länderfeststellungen dass das Vorbringen des BF glaubwürdig sei. Auch hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des BF sei nur eine unzureichende Behandlung erfolgt. Der BF sei selbsterhaltungsfähig und spreche gut deutsch. Auch habe er umfangreiche soziale und familiäre Kontakte in Österreich. Das Verfahren sei in seiner Gänze mangelhaft.

16.2. Mit diesem Rechtsmittel wurde kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

17. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt des BFA langte am 29.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein. Dieser wurde gem. § 17 BFA-VG mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

18. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

19. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten der Erstverfahren, in den Akt betreffend das Schubhaftverfahren, in den gegenständlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen (Sachverhalt):

II.1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Die Identität des BF konnte mangels Vorlage von geeigneten Dokumenten nicht festgestellt werden.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat und seinem Wohnort, sowie des Umstandes, dass der Antragsteller für Bangladesch gebräuchliche Sprachen spricht sowie aufgrund seiner Kenntnisse über Bangladesch ist festzustellen, dass es sich bei ihm um einen Staatsangehörigen aus Bangladesch handelt.

Der Beschwerdeführer reiste im August 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.08.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Nach Abschluss des ersten Asylverfahrens durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.03.2016, Zl: L509 2122303-1/5E, hielt sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer stellte am 19.04.2016 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Seit Abschluss des zweiten Asylverfahrens durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2016 Zahl:

L519 2122303-2/7E, hielt sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf.

Am 19.05.2017 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft seinen dritten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 20.05.2017 wurde gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 iVm § 57 Abs. 1 AVG festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 4 Z 1 und 2 AsylG 2005 nicht vorliegen würden und wurde dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Absatz 4 AsylG nicht zuerkannt.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 04.10.2018, GZ: W174 2160327-1/12E wurde gemäß § 76 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2017 in Verbindung mit § 22a Abs. 1 BFA-VG festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 19.05.2017 bis 26.05.2017 rechtmäßig war.

Der Beschwerdeführer verfügte noch nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich außerhalb des Asylverfahrens. Gegen ihn bestand zunächst seit 22.03.2016 (Datum der Zustellung des Erkenntnisses vom 07.03.2016 an den BF) und sodann seit 14.12.2016 (Datum der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses an den BF) eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Der Ausreiseverpflichtung nach Bangladesch kam er bis zu seiner dritten Asylantragstellung nicht nach.

Der Beschwerdeführer stellte in Österreich dreimal einen Antrag auf internationalen Schutz; alle drei Anträge wurden abgewiesen bzw. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer verfügte anlässlich seiner dritten Asylantragstellung über kein gültiges Aufenthaltsrecht, da ihm mit Mandatsbescheid des BFA vom 20.05.2017 der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt wurde. Der Beschwerdeführer stellt seinen dritten Asylantrag aus dem Stande der Schubhaft. Im Rahmen der Einvernahme zur Schubhaft am 19.05.2017 gab er an, dass er einen Asylantrag stelle. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde dem BF auch der Abschiebetermin für den 26.05.2017 mitgeteilt. Eine aufrechte Rückkehrentscheidung lag zu diesem Zeitpunkt vor. Er hat somit den gegenständlichen Folgeantrag 7 Tag vor dem bereits festgesetzten Abschiebetermin gestellt, weshalb ihm ein faktischer Abschiebeschutz ex lege nicht zukam (vgl. § 12a Absatz 3 AsylG). Ausnahmefälle die für eine Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes konnten nicht festgestellt werden und hat das BFA dies im Mandatsbescheid vom 20.05.2018 ausreichend begründet. Ein Rechtsmittel (Vorstellung gemäß §57 Absatz 2 AVG) gegen diesen Mandatsbescheid wurde nicht eingebracht und erwuchs dieser folglich nach Verstreichen der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist in Rechtskraft.

Am 26.05.2017 wurde der Beschwerdeführer begleitet in sein Heimatland Bangladesch abgeschoben.

Im gegenständlichen Verfahren ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umständen.

Der Beschwerdeführer stützte seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz auf die gleichen Fluchtgründe, die er bereits im ersten Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz geltend gemacht hatte. Ansonsten hat er keine neuen Gründe vorgebracht.

In Bezug auf die individuelle Lage des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat kann keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über den Antrag inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festgestellt werden.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Was die Integration betrifft, so ist zunächst festzustellen, dass der BF am 26.05.2017 in sein Heimatland Bangladesch abgeschoben wurde.

Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF befindet sich in Bangladesch. Er verfügte in Österreich über keine familiären oder sonstigen nennenswerten sozialen Bindungen.

Das Privat- und Familienleben des BF hat sich seit der rechtskräftigen Entscheidung in seinem zweiten Asylverfahren nicht verändert. Der BF verfügte über normale soziale Kontakte. Es wurden keine Unterstützungserklärung in Vorlage gebracht. Der BF geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Gemäß den Feststellungen in seinem zweiten Asylverfahren arbeitete er als Küchenhilfe in einem Gasthof, besitzt aber keine Beschäftigungsbewilligung. Ebenso ergibt sich aus den Feststellungen in seinem zweiten Asylverfahren, dass er laut eigenen Angabe einen Deutschkurs besuche, jedoch bislang keine Deutschprüfung abgelegt hat.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 46 FPG unzulässig war.

II.1.2. In Bezug auf die zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bangladesch zu treffenden Feststellungen schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den seitens des BFA getroffenen Feststellungen an:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 23.3.2018, Oppositionsführerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt (relevant für Abschnitt 2. Politische Lage)

Am 8. Februar 2018 wurde Begum Khaleda Zia, die frühere Premierministerin von Bangladesch und Vorsitzende der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party (BNP) durch ein Gericht in Dhaka für schuldig befunden, während ihrer ersten Amtszeit von 1991 bis 1996 Spendengelder in Höhe von 21 Millionen Taka (etwa 200.000 Euro) veruntreut zu haben, die für die wohltätige Organisation Zia Orphanage Trust bestimmt waren. Das Gericht verurteilte Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft, vier Berater und ihren Sohn Tarique Rahman zu je zehnjährigen Haftstrafen (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018). Der in London im Exil lebende Tarique Rahman ist von der Parteiführung im Zuge des Urteils zum Leiter der BNP erkoren worden (Indianexpress 12.2.2018).

Die Anklage gegen Khaleda Zia und ihren ältere Sohn erfolgte bereits 2008 durch die damalige militärische Übergangsregierung (Indianexpress 12.2.2018).

BNP Generalsekretär Mirza Fakrul Islam Alamgir kritisierte das Urteil scharf als einen Versuch Khaleda Zia zu verunglimpfen und sie von der Teilnahme an den nächsten Wahlen auszuschließen und kündigte an, das Urteil anzufechten (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018).

Im Vorfeld der Urteilsverkündung gegen Khaleda Zia haben die Behörden am 30. Jänner damit begonnen landesweit Unterstützer der oppositionellen BNP zu verhaften (OMCT 22.3.2018). Die in Dhaka ansässigen Menschenrechtsorganisation Ain O Salish Kendra berichtet, dass in den acht Tagen vor der Urteilsverkündigung insgesamt 1.786 Personen, Mitglieder der BNP, der islamistischen politischen Partei Jamaat-e-Islami und parteilose, festgenommen wurden (HRW 8.2.2018). BNP-Sprecher Rizvi Ahmed spricht von der Verhaftung von ungefähr

3.500 Aktivisten und Funktionären (The Guardian 8.2.2018).

Noch vor der Urteilsverkündung kam es in Dhaka zu Zusammenstößen zwischen Gefolgsleuten der BNP und der Polizei. Im Fernsehen waren brennende Motorräder zu sehen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Demonstranten, die ein behördliches Versammlungsverbot missachtet hatten, zu zerstreuen (DW 8.2.2018).

Auch nach der Urteilsverkündung kam es in Bangladeschs Großstädten zu Zwischenfällen bei denen Polizeibeamte und Anhänger der BNP verletzt wurden. In der nordöstlichen Stadt Sylhet feuerten Polizisten mit Gummigeschossen auf Demonstranten, wobei vier Personen verletzt wurden. In der Hafenstadt Chittagong wurden mindestens sieben BNP-Funktionäre, darunter der lokale Parteivorsitzenden verhaftet, nachdem es zu einem Handgemenge zwischen Anhänger der Opposition und der Polizei gekommen war (The Guardian 8.2.2018; vgl. BBC News 8.2.2018).

Etwa 5.000 Unterstützer der Opposition wurden bisher landesweit inhaftiert (OMCT 22.3.2018). Die Parteiführung der BNP fordert deren bedingungslose Freilassung (Dhaka Tribune 10.2.2018).

Seit der Inhaftierung von Khaleda Zia hat die BNP bei verschiedenen, friedlichen Aktionen, wie eine landesweite Flugblattaktion am 1. März, die Bildung einer Menschenkette in Dhaka am 6. März, sowie Sit-ins, symbolische Hungerstreiks und Protestzüge, ihre Freilassung gefordert (Dhaka Tribune 6.3.2018; vgl. Gulf Times 4.3.2018).

Am 19. März hat das Höchstgericht von Bangladesch den Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Dhaka, der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia Kaution zu gewähren, bis zum 8. Mai ausgesetzt (ANI 19.3.2018).

Quellen:

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ANI - Asian News International (19.3.2018): B'desh SC stays Khaleda Zia's bail in orphanage graft case, https://www.aninews.in/news/world/asia/bdesh-sc-stays-khaleda-zias-bail-inorphanage-graft-case201803191613580001/, Zugriff 22.3.2018

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BBC News (8.2.2018): Bangladesh ex-PM Khaleda Zia jailed amid clashes, http://www.bbc.com/news/world-asia-42987765, Zugriff 22.3.2018

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Deutsche Welle (8.2.2018): Ex-Premierministerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt,

http://www.dw.com/de/ex-premierministerin-khaleda-zia-zu-f%C3%Bcnf-jahren-haftverurteilt/a-42499619, Zugriff 22.3.2018

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Dhaka Tribune (10.2.2018): BNP announces more protest plans over Khaleda conviction,

http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/02/10/bnp-announces-protest-planskhaleda-conviction/, Zugriff 22.3.2018

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Dhaka Tribune (6.3.2018): BNP forms human chain demanding Khaleda's release,

http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/03/06/bnp-forms-human-chaindemanding-khaledas-release/, Zugriff 22.3.2018

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Gulf Times (4.3.2018): BNP announces fresh protest to demand release of Zia,

http://www.gulf-times.com/story/583845/BNP-announces-fresh-protest-to-demand-release-of-Z, Zugriff 22.3.2018

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HRW - Human Rights Watch (8.2.2018): Bangladesh: End Crackdown on Opposition Supporters,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1423887.html, Zugriff 22.3.2018

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Indianexpress (12.2.2018): The solitary prisoner, http://indianexpress.com/article/opinion/columns/khaleda-zia-bangladesh-politics-bnp-thesolitary-prisoner-5060031/, Zugriff 22.3.2018

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OMCT -World Organisation Against Torture (22.3.2018): Bangladesh:

Bangladesh: Civil society decries mass arrests amid worsening human rights situation,

http://www.omct.org/monitoring-protectionmechanisms/statements/bangladesh/2018/03/d24780/, Zugriff 22.3.2018

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The Daily Star (25.2.2018): ASK blasts cop action on BNP programme,

http://www.thedailystar.net/country/ain-o-salish-kendra-ask-blasts-police-action-bnpprogramme-153989, Zugriff 22.3.2018

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The Guardian (8.2.2018): Violent protests as opposition leader is jailed in Bangladesh,

https://www.theguardian.com/world/2018/feb/08/violent-protests-opposition-leader-jailedbangladesh-khaleda-zia, Zugriff 22.3.2018

2. Politische Lage

Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).

Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).

Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).

Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017

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NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asyllän

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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