TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/7 99/09/0046

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Veröffentlicht am 07.04.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/09/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, 1) über den Antrag des J L in M, vertreten durch Dr. Christian Prem, Dr. Michael Mathes und Mag. Dieter Hauser, Rechtsanwälte in Wien I, Falkestraße 1, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist, betreffend den unter Punkt 2) genannten Bescheid beschlossen und

2) über die Beschwerde des unter 1) genannten Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 15. Dezember 1998, Zl. Senat-MD-97-121, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

1) Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG wird die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.

2) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Dezember 1998 wurde die vom Beschwerdeführer gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 22. September 1999 erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist verbundene Beschwerde.

Der Beschwerdeführer begründet seinen Wiedereinsetzungsantrag im wesentlichen damit, der angefochtene Bescheid sei für ihn am 21. Dezember 1998 beim Postamt Mödling hinterlegt worden. Da er von 18. Dezember 1998 bis 8. Jänner 1999 von seiner Wohnadresse urlaubsbedingt abwesend gewesen sei, habe er den angefochtenen Bescheid erst am folgenden Tag, am Samstag den 9. Jänner 1999, beheben können. Die Beschwerdefrist habe deshalb erst am Montag den 22. Februar 1999 geendet. Bis 27. Jänner 1999 habe er das Vorhaben, seinen rechtsfreundlichen Vertreter in der gegenständlichen Angelegenheit mit der Beschwerdeerhebung zu beauftragen, infolge Wahrnehmung anderer Termine nicht erledigen können; danach sei er jedoch durch eine schwere Grippe gehindert gewesen, seinen Rechtsanwalt aufzusuchen und mit der Beschwerdeerhebung zu beauftragen. Durch diese mit hohem Fieber verbundene Erkrankung und seinen schlechten körperlichen Zustand sei seine Dispositionsfähigkeit nicht gegeben gewesen.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß eine Erkrankung für sich allein noch keinen Wiedereinsetzungsgrund bildet, sondern nur dann, wenn zufolge der Erkrankung die Dispositionsfähigkeit der Partei ausgeschlossen wird. Demnach kann eine die Dispositionsfähigkeit ausschließende Krankheit, wenn derart die Partei außerstande ist, als notwendig erkannte Handlungen zu setzen, als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, 1998, Seite 1570, E 139-140, 145 und 150 wiedergegebene hg. Judikatur).

Ausgehend von den unbedenklich erscheinenden Angaben im Wiedereinsetzungsantrag ist die Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung im vorliegenden Fall auf ein unvorhergesehenes Ereignis, nämlich auf eine die Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers ausschließende plötzlich aufgetretene Erkrankung des Beschwerdeführers, die ihn daran hinderte, seinen Rechtsfreund mit der Beschwerdeerhebung zu beauftragen, zurückzuführen. Da auch die versäumte Prozeßhandlung zugleich mit dem rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrag nachgeholt wurde, war die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zu bewilligen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf meritorische Entscheidung über die von ihm erhobene Berufung verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Der Wortlaut der mit Telefax vom 10. Oktober 1997 erhobenen Berufung ist - was in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wird - wie folgt festgestellt worden:

"Betrifft : Mir am 26.9.1997 zur Kenntnis gebrachte Straferkenntnis Nr. 3-42454-97

Sehr geehrter Herr Kickinger !

Ich erhebe gegen das Straferkenntnis Einspruch. Ersuche um

einen Vorladungstermin."

Der Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe das Erfordernis "begründeter Berufungsantrag" zu streng ausgelegt. Berufungen könnten auch mündlich eingebracht werden. Er habe in seiner Eingabe ausdrücklich um einen Vorladungstermin ersucht. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, ihn über die Berufungsgründe zu befragen und diese niederschriftlich festzuhalten.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG (in Verbindung mit § 24 VStG) hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Ausgehend vom festgestellten (in der Beschwerde nicht bezweifelten) Inhalt der schriftlich erhobenen Berufung kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, daß diese Berufung nicht erkennen ließ, was der Beschwerdeführer anstrebte und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubte, erschöpfte sich dieses Rechtsmittel doch in dem Wort "Einspruch" und dem Ersuchen um einen "Vorladungstermin". Dem Wortlaut der vom Beschwerdeführer erhobenen schriftlichen Berufung ist auch bei Anlegung eines möglichst großherzigen Maßstabes ein begründeter Berufungsantrag nicht zu entnehmen (vgl. insoweit auch die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0258, und vom 21. März 1995, Zl. 94/09/0356).

Die Hinweise der Beschwerde auf die Erfordernisse einer mündlichen Berufung gehen - ungeachtet der Frage, ob die mündliche Ergänzung einer nicht mit einem begründeten Berufungsantrag versehenen schriftlichen Berufung zulässig gewesen wäre (vgl. in dieser Hinsicht das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 95/09/0081) - schon deshalb ins Leere, weil eine solche im Beschwerdefall nicht erhoben wurde. Eine bloße Berufungsanmeldung vermag, sofern nicht innerhalb der Berufungsfrist eine dem § 63 AVG entsprechende Berufung eingebracht wurde, keine rechtliche Wirkungen zu äußern und genügt demnach nicht zur Wahrung der Rechte des Berufungswerbers. Die Behörde war im Hinblick auf die Unterlassung einer Begründung der Berufung nicht verpflichtet, die Behebung dieses Mangels von Amts wegen zu veranlassen, oder den Beschwerdeführer anläßlich einer niederschriftlichen Einvernahme zur Erstattung des fehlenden Vorbringens anzuleiten (vgl. hiezu auch die bei Walter/Thienel, a.a.O., Seite 1190, E 188 ff wiedergegebene hg. Judikatur).

Insoweit in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorgebracht wird, die aus der Verwaltungsverfahrensnovelle 1998, BGBl. I Nr. 158/1998, sich ergebende geänderte Rechtslage hätte zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigeren) Ergebnis führen müssen, wird außer acht gelassen, daß diese mit 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Novelle (vgl. § 82 Abs. 6 AVG) im Zeitpunkt der Berufungserhebung im Jahr 1997 jedenfalls (noch) nicht in Geltung stand. Daß Bestimmungen dieser Verwaltungsverfahrensnovelle auf vor dem 1. Jänner 1999 erhobene Berufungen (gesetzte Verfahrensschritte) rückwirkend anzuwenden wären, wird weder in der Beschwerde behauptet, noch ist dies Bestimmungen der genannten Verwaltungsverfahrensnovelle zu entnehmen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 7. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999090046.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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