TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/23 W186 2190537-2

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Veröffentlicht am 23.01.2019
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Entscheidungsdatum

23.01.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §22a Abs1 Z2
BFA-VG §34 Abs5
BFA-VG §7 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §46 Abs1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W186 2190537-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Iran, vertreten durch RA Mag. Ronald Frühwirth, gegen die Anwendung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Abschiebung am 15.02.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 46 Abs. 1 FPG iVm § 7 Abs 1 Z 3 BFA-VG stattgegeben und festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Norwegen am DD rechtswidrig war.

II. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer die Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge: BF) stammt aus dem Iran. Am 18.07.2016 stellte sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge des Verfahrens ergab sich, dass die Beschwerdeführerin bereits zuvor, am 06.10.2015, in Norwegen um internationalen Schutz angesucht hatte. (, weil sie aufgrund ihrer erfolgten Konversion vom Islam zum Christentum in ihrem Herkunftsstaat, dem Iran, asylrelevante Verfolgung fürchtete.) In Norwegen wurde ihr Antrag abgewiesen, weshalb die BF in Österreich am 18.07.2016 einen neuerlichen Antrag stellte.

Dieser Antrag wurde wegen der von der belangten Behörde angenommenen Zuständigkeit Norwegens zu dessen Prüfung gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen und unter einem eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Norwegen ausgesprochen. Einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht zunächst im ersten Rechtsgang mit Beschluss vom 28.07.2017, GZ: W243 2144517-1/13E, unter Hinweis darauf stattgegeben, dass sich die belangte Behörde nicht ausreichend unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK mit dem schlechten psychischen Gesundheitszustand und einer darauf gegründeten Suizidgefahr der BF auseinandergesetzt habe.

Im zweiten Rechtsgang befasste sich die belangte Behörde sodann näher mit diesen Fragestellungen und gelangte nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme und eines psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachtens zur Auffassung, dass der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin einer Überstellung nach Norwegen und damit auch einer Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz nicht entgegenstehe. Die Beschwerde gegen den diese Auffassung abbildenden Bescheid der belangten Behörde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 16.01.2018, GZ: W243 2144517-3/2E, abgewiesen.

2. Die in Art 29 Dublin III-VO normierte Überstellungsfrist endete zunächst am 05.02.2017. Die belangte Behörde ging von einem "Untertauchen" der Beschwerdeführerin und demzufolge von einer Verlängerung der Überstellungsfrist um weitere 12 Monate, somit bis zum 05.02.2018, aus. Das Bundesverwaltungsgericht teilte diese Rechtsauffassung im schon zitierten Erkenntnis vom 16.01.2018.

3. Bereits seit 12.01.2018 befand sich die Beschwerdeführerin zwischenzeitig wieder in stationärer psychiatrischer Krankenbehandlung in der psychiatrischen Abteilung des Landesklinikums Baden-Mödling, Standort Baden. In der entsprechenden ärztlichen Stellungnahme vom 29.01.2018 ist von einer "schwere[n] posttraumatischen Belastungsstörung" die Rede; es wird davon berichtet, dass die Beschwerdeführerin auch während der stationären Behandlung als "hochgradig suizidal" eingestuft werde und deshalb auch "nach § 3 UbG stationär untergebracht werden" habe müssen. Die behandelnde Ärztin äußerte in dieser Stellungnahme die Befürchtung, die Beschwerdeführerin würde sich das Leben nehmen, "sollte sie abgeschoben werden" (vgl dazu die im Akt einliegende Ärztliche Stellungnahme des Landesklinikums Baden-Mödling vom 29.01.2018).

Im demzufolge eingeleiteten Verfahren nach den Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes fand am 08.02.2018 die gerichtliche Anhörung statt. Der Abteilungsleiter der Krankenanstalt sprach dabei von einer "akute[n] Selbstgefährdung" und der Einnahme von Tabletten "in suizidaler Absicht". Dies bestritt die Beschwerdeführerin zwar. Das zuständige Bezirksgericht Baden erklärte mit Beschluss vom selben Tag die Unterbringung der Beschwerdeführerin jedenfalls bis zur für den 22.02.2018 anberaumten mündlichen Verhandlung für zulässig (vgl dazu die dem Akt einliegende Niederschrift der Anhörung vor dem Bezirksgericht Baden vom 08.02.2018 samt Protokollierung des mündlich verkündeten Beschlusses über die Zulässigkeit der vorläufigen Unterbringung).

4. Am Morgen des 13.02.2018 (circa um 08.45 Uhr) betraten fünf Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemeinsam mit einer Ärztin des Klinikums das von der Beschwerdeführerin bewohnte Zimmer im Landesklinikum. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes räumten die persönlichen Gegenstände der Beschwerdeführerin zusammen und nahmen sie fest. Eine Aufhebung der Unterbringung oder Entlassung aus der stationären Behandlung erfolgte bis zu diesem Zeitpunkt nicht; jedenfalls wurde dies der Beschwerdeführerin bis dahin nicht bekanntgegeben.

5. Am 15.02.2018 wurde die Beschwerdeführerin nach Norwegen abgeschoben. Bis dahin befand sie sich in Anhaltung. Von Norwegen aus wurde die Beschwerdeführerin binnen kurzer Zeit in den Iran abgeschoben (, aus dem sie wiederum flüchtete und sich in den Irak begab, wo sie derzeit aufhältig ist.) Eine fachärztliche Untersuchung des psychischen Gesundheitszustands der BF war nicht erfolgt.

6. Mit am 27.03.2018 eingebrachtem Schriftsatz erhob die BF gemäß § 22a Abs 1 Z 1 und 2 BFA-VG Beschwerde gegen ihre am 13.02.2018 erfolgte Festnahme in der psychiatrischen Abteilung des Landesklinikums Baden-Mödling sowie die darauffolgende Anhaltung bis zum ("glaublich") 15.02.2018. In einem wurde die Abschiebung der BF nach Norwegen in Beschwerde gezogen.

Im Wesentlichen führt die Beschwerde - nach der Darstellung des Verfahrensganges - zunächst zur Beschwerdelegitimation aus:

Die hier in Beschwerde gezogene Festnahme und die Anhaltung der Beschwerdeführerin seien nicht im Dienste der gerichtlichen Strafverfolgungsbehörden erfolgt und seien daher zu keiner Zeit auf eine Bestimmung der StPO gestützt worden. Sie seien offenbar in Ausführung eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 BFA-VG der belangten Behörde erfolgt, der sowohl die Festnahme als auch die Anhaltung zuzurechnen sei. Gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG sei das Bundesverwaltungsgericht zuständig, über die Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung zu entscheiden, sofern beides (wie hier) seine Grundlage in den Bestimmungen des BFA-VG finde. Es ergebe sich daraus die Zuständigkeit des angerufenen Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der in Beschwerde gezogenen Amtshandlungen.

Von der belangten Behörde sei ein Festnahmeauftrag erlassen worden, der gemäß § 34 Abs 5 BFA-VG in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt ergangen sei und mittels unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchgeführt worden sei. Eine Festnahme stelle immer einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls¬und Zwangsgewalt iSd Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG dar. Die weitere Anhaltung stelle ebenso einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG dar.

In inhaltlicher Hinsicht rügt die Beschwerde zunächst, dass die BF im Zusammenhang mit ihrer Überstellung nach Norwegen in ihren durch Art. 2 und 3 geschützten Rechten verletzt worden sei:

Die Beschwerdeführerin erachte sich durch die rechtswidrige Festnahme und Anhaltung (insbesondere) in ihrem verfassungsgesetzlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit, in ihrem Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung iSd Art 3 EMRK ausgesetzt zu sein, sowie in ihrem (insbesondere durch Art 8 EMRK und Art 3 EMRK gewährleisteten) Recht auf Achtung ihrer Gesundheit und Wahrung ihrer körperlichen und psychischen Integrität verletzt.

Die Festnahme habe der Vorbereitung der Abschiebung gedient. Eine laufende Krankenbehandlung in einer geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Krankenanstalt stelle aber wegen einer sonst drohenden Verletzung der durch Art 3 und Art 8 EMRK geschützten Grundrechtssphäre ein Abschiebehindernis dar.

Eine Abschiebung der BF sei schon aus diesem Grund unzulässig gewesen. Daher hätte schon die Festnahme im Wissen um die laufend durchgeführte Krankenbehandlung nicht erfolgen dürfen. Die starke psychische Beeinträchtigung und die akute Ausnahmesituation, in der sich ein Mensch befinde, der wegen "hochgradiger" Selbstmordgefahr in einer geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Krankenanstalt zur Behandlung aufgenommen werde, sei offenkundig. Für die Psyche eines Menschen in seiner Situation stelle die für die Durchführung einer Festnahme sowie der darauffolgenden Abschiebung notwendigerweise aufzubringende Zwangsgewalt eine massive Belastung dar, die wohl zwingend zu einer Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands führe, welche in keinem Verhältnis zum öffentlichen Interesse an der Durchsetzung einer Außerlandesbringung steht.

In einem derartigen Fall hätte unter Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen geprüft werden müssen, ob eine Abschiebung der BF angesichts ihrer offenkundigen psychischen Beeinträchtigung ohne weitere Verschlechterung ihres psychischen Gesundheitszustandes überhaupt möglich gewesen sei und ihr psychischer Gesundheitszustand daher eine Abschiebung erlaubt habe. Dies habe die belangte Behörde unterlassen. Die Untersuchung durch einen Amtsarzt könne diesem Erfordernis im Übrigen nur dann genügen, wenn diesem die nötige Expertise auf dem Fachgebiet der Psychiatrie zukomme.

Jede mit einem realem Risiko ("real risk") einer Verletzung von Art 3 EMRK bzw Art 4 GRC verbundene Abschiebung führe (darüber hinaus) zur Unzulässigkeit der Überstellung in den Zielstaat (vgl etwa VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060).

Erweise sich aber eine Abschiebung als unzulässig, so müssten sich auch die damit verbundenen Maßnahmen, wie Festnahme und Anhaltung, als unzulässig erweisen.

In der Rechtsprechung komme klar zum Ausdruck, dass die Anordnung von (Schub)haft zur Sicherung einer Abschiebung nur dann in Betracht komme, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergebe sich etwa, dass eine solche fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar sei, so dürfe die Schubhaft nicht verhängt werden bzw sei die Schubhaft - wenn sich dies erst später herausstelle - umgehend zu beenden (vgl VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014; VwGH 12.9.2013, 2013/21/0110).

(Auch) im vorliegenden Fall sei der Haftzweck - die Sicherung der Abschiebung - "rechtlich" nicht erfüllbar. Die im Auftrag der belangten Behörde erfolgte Festnahme und Anhaltung der Beschwerdeführerin erwiesen sich daher als rechtswidrig.

Auch die Festnahme an sich erweise sich aber ungeachtet der Frage der Erfüllbarkeit des Haftzwecks als rechtwidrig.

Der belangten Behörde sei anzulasten, sich mit den rechtlichen Implikationen des beeinträchtigten Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin nicht auseinandergesetzt zu haben. Angesichts der Unterbringung der BF in einer geschlossenen klinisch-psychiatrischen Abteilung habe sich für die belangte Behörde nämlich die Frage stellen müssen, ob der Überstellungsvorgang aufgrund des damit einhergehenden Risikos körperlicher Einwirkungen unter dem Gesichtspunkt des Art 3 EMRK nicht unzulässig sei.

Wie diese Frage aus grundrechtlicher Sicht zu beantworten sei und welche Anforderungen dabei an die mit der Überprüfung einer Überstellungsentscheidung betraute Behörde gestellt würden, sei vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 16.02.2017, in der Rechtssache CK. u.a., C-578/16 PPU, ausführlich erörtert worden.

Der EuGH habe im besagten Vorabentscheidungsurteil zunächst betont, dass Anhaltspunkte für mit der Überstellung einhergehende Einwirkungen auf den Gesundheitszustand eines Betroffenen "nicht außer Acht [ge]lassen" werden dürften. Vielmehr bestehe diesem Urteil zufolge die Verpflichtung zu prüfen, "ob eine Überstellungsentscheidung rechtmäßig ist, wenn ihre Durchführung zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Betroffenen führen könnte" (vgl Rn 75). Die staatlichen Stellen müssen demnach "alle ernsthaften Zweifel hinsichtlich der Auswirkung der Überstellung auf den Gesundheitszustand des Betroffenen beseitigen" und "alle erheblichen und unumkehrbaren Folgen berücksichtigen, die mit der Überstellung verbunden wären" (Rn 76), um sicherstellen zu können, dass seine Überstellung nicht mit der tatsächlichen Gefahr einer wesentlichen und unumkehrbaren Verschlechterung [des] Gesundheitszustands [der betroffenen Person] verbunden sein wird" (vgl Rn 85), wenn "objektive Anhaltspunkte wie in Bezug auf [die Beschwerdeführerin] ausgestellte ärztliche Bescheinigungen zum Nachweis der besonderen Schwere [ihres] Gesundheitszustands und der erheblichen und unumkehrbaren Folgen, die eine Überstellung für [sie] haben könnte" vorliegen (vgl Rn 75).

Gelangt die Behörde dabei zur Auffassung, dass allenfalls zu treffende "Vorsichtsmaßnahmen [...] in Anbetracht der besonderen Schwere der Erkrankung des betreffenden Asylbewerbers nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass seine Überstellung nicht mit der tatsächlichen Gefahr einer wesentlichen und unumkehrbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustands verbunden sein wird", gilt es die Überstellung auszusetzen, solange die betroffene Person nicht überstellungsfähig ist, zumal auf den Gesundheitszustand zurückzuführende Überstellungshindernisse zu den "materiellen Umständen" zählen, die "eine Aufschiebung der Überstellung rechtfertigen können (Rn 85 und 86). Allenfalls wäre, wenn nicht mit einer kurzfristigen Besserung des Gesundheitszustandes zu rechnen ist, von der Möglichkeit des Selbsteintritts nach Art 17 Abs 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen (vgl Rn 88).

Nachdem die BF in einer geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Krankenanstalt aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses nach den Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes untergebracht gewesen sei, habe auf der Hand gelegen, dass eine schwere Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes vorliege, die für sie allenfalls erhebliche und unumkehrbare Folgen durch die Durchführung der Überstellung haben könnte. Somit habe aber nach der dargestellten Rechtsprechung des EuGH die Verpflichtung für die belangte Behörde bestanden, den Gesundheitszustand der BF zu prüfen und die Frage zu klären, ob die Überstellung für sie mit einer tatsächlichen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art 4 GRC und Art 3 EMRK verbunden wäre (vgl dazu auch die zusammenfassenden Ausführungen in Rn 90 des zitierten Urteils des EuGH).

Mit diesen Fragestellungen habe sich die belangte Behörde offenkundig nicht auseinandergesetzt. Da die Behörde die durch die Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mögliche Verletzung der durch Art 2 und 3 EMRK gewährleisteten Grundrechtssphäre der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt habe, erachte sich die BF auch in diesen beiden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt (vgl dazu VfSIg 15.046/1997).

Eine mittels Befehls- und Zwangsgewalt vorgenommene Überstellung, der eine Festnahme und Anhaltung vorhergehe, erweise sich als ein Fall behördlicher Gewaltanwendung. Ist der mit der Gewaltanwendung verbundene Eingriff "von einer solchen Gravität und Intensität [...], dass er das Leben des Betroffenen ernsthaft zu gefährden geeignet ist" könne darin eine Verletzung im durch Art 2 EMRK gewährleisteten Recht auf Leben erkannt werden (vgl VfSIg 15.046/1997 mwN). Eine "unverhältnismäßige und nicht maßhaltend[e]" Gewaltanwendung könne überdies als Verletzung der gemäß Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte verstanden werden (vgl erneut VfSIg 15.046/1997 mwN).

Weiters führt die Beschwerde zum Ablauf der Überstellungsfrist und der sich daraus ergebenden Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß Artikel 29 Abs 2 Dublin III-VO aus:

Gemäß Artikel 29 Abs 3 Dublin III-VO habe die Überstellung vom ersuchenden in den ersuchten Mitgliedsstaat innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt zu werden. Diese Frist beginne mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaates eintrete. Im konkreten Fall hätten die norwegischen Behörden das Wiederaufnahmeersuchen der belangten Behörde vom 01.08.2016 mit Schreiben vom 05.08.2016 akzeptiert. Davon ausgehend sei die Zuständigkeit Norwegens mit diesem Datum eingetreten. Am 01.02.2017 habe die belangte Behörde den norwegischen Behörden mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin "untergetaucht" im Sinne des Art 29 Abs 2 Dublin-III VO sei, weshalb sich die Überstellungsfrist um weitere 12 Monate verlängerte. Damit sei die - insgesamt mit 18 Monaten bestimmte - Überstellungsfrist mit Ablauf des 05.02.2018 (vgl zur Berechnung von Überstellungsfristen nach der Dublin III-VO VwGH 30.05.2017, Ro 2017/19/0001), abgelaufen. Die Zuständigkeit zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz sei damit gemäß der zitierten Bestimmung auf den ersuchenden Mitgliedstaat, im konkreten Fall somit auf Österreich, übergegangen.

Es ergebe sich, dass angesichts des Ablaufs der Überstellungsfrist die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrags der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bestehe.

Auch aus diesem Grund erweise sich die nach Ablauf der Überstellungsfrist vorgenommene Abschiebung als rechtswidrig. Gleiches gelte dann aber auch für die zur Sicherung der Abschiebung - ebenso nach Ablauf der Überstellungsfrist - vorgenommene Festnahme sowie die darauf gegründete Anhaltung.

Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge feststellen, dass die von der belangten Behörde angeordnete und ihrem Auftrag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgte vorgenommene Abschiebung nach Norwegen rechtswidrig war, sowie die belangte Behörde zum Ersatz der Kosten des Verfahrens im gesetzlichen Ausmaß binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang verhalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen und Beweiswürdigung

Der oben dargestellte Verfahrensgang wird der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Insbesondere wird folgender Ablauf der Ereignisse festgestellt:

Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, stellte am 18.07.2016 im Bundesgebiet einen Asylantrag. Zuvor hatte sie bereits in Norwegen um Asyl angesucht, doch war ihr Antrag von den norwegischen Behörden abgewiesen worden.

Das Bundesamt wies den Asylantrag der Beschwerdeführerin vom 18.07.2016 mit Bescheid vom 20.12.2016 wegen der Zuständigkeit Norwegens als unzulässig zurück und erließ gegen die Beschwerdeführerin eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Norwegen. Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht statt und behob den bekämpften Bescheid, mangels ausreichender Auseinandersetzung mit dem Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin.

Mit dem (zweiten Bescheid) des Bundesamtes vom 07.12.2017 wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin neuerlich ohne in die Sache einzutreten wegen der Zuständigkeit Norwegens als unzulässig zurückgewiesen und ebenso wiederum eine Anordnung zur Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin nach Norwegen erlassen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Die Beschwerdeführerin befand sich seit 12.01.2018 (wiederum) in stationärer psychiatrischer Behandlung im Landesklinikum Baden, wo sie in weiterer Folge nach dem UbG (mit Beschluss des BG Baden vom 08.02.2018) aufgrund ihrer Einstufung als "hochgradig suizidal" untergebracht wurde.

Am 13.02.2018 wurde die Beschwerdeführerin von Beamten des öffentlichen Sicherheitsdienstes um 09:00 Uhr im Landesklinikum Baden festgenommen. Sie befand sich sodann bis zum 15.02.2018 um 06:34 Uhr in Verwaltungsverwahrungshaft im PAZ ROSSAUER LÄNDE.

Die in Art 29 Dublin III-VO normierte Überstellungsfrist endete zunächst am 05.02.2017. Die belangte Behörde ging von einem "Untertauchen" der Beschwerdeführerin und demzufolge von einer Verlängerung der Überstellungsfrist um weitere 12 Monate, somit bis zum 05.02.2018, aus. Das Bundesverwaltungsgericht teilte diese Rechtsauffassung im schon zitierten Erkenntnis vom 16.01.2018.

Die BF wurde am 15.02.2018 auf dem Luftweg nach Norwegen überstellt.

Diese Feststellungen basieren auf dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Erkenntnis des BVwG vom 16.01.2018, GZ W243 2144517-3/2E; weiters auf den in der Beschwerde vorgelegten Dokumenten: ärztliche Stellungnahme des Landesklinikums Baden-Mödling vom 29.01.2018 und Niederschrift der Anhörung vor dem BG Baden vom 08.02.2018 samt Protokollierung über die Zulässigkeit der vorläufigen Unterbringung.

Rechtliche Beurteilung:

Zu A) I. Beschwerde gegen die Abschiebung

1.1. Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

"(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2."

Bei der Abschiebung handelt es sich um eine verfahrensfreie Maßnahme, die nur im Nachhinein im Wege des BVwG (§ 7 Abs 1 Z 3 BFA-VG) bekämpft werden kann.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

1.2. Materiellrechtliche Grundlagen

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG können Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn (1) die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint; (2) sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind; (3) aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen; oder (4) sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Es müssen also zur durchsetzbaren Rückkehrentscheidung, Anordnung zur Außerlandesbringung, zur Ausweisung bzw. zum Aufenthaltsverbot noch weitere Voraussetzungen hinzutreten; dass durchsetzbare Bescheide vorliegen, genügt noch nicht; dies ist nur eine der Voraussetzungen für die Abschiebung.

Es muss somit ein Weg eröffnet sein, die Rechtswidrigkeit der Abschiebung trotz Vorliegens durchsetzbarer Bescheide betreffend Rückkehrentscheidung, Anordnung zur Außerlandesbringung, Aufenthaltsverbot oder Ausweisung geltend zu machen. Das Gesetz wird dem insofern gerecht, als es die Umsetzung des Bescheides als unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt bezeichnet und damit die Möglichkeit einer Maßnahmenbeschwerde eröffnet (VwGH 23.09.1994, 94/02/0139; VwGH 20.10.2011, 2010/21/0056). Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebung kommt es nach § 46 Abs. 1 FPG nicht nur auf das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Entscheidung, sondern auch auf die Erfüllung einer in den Z 1 bis 4 genannten Tatbestandsvoraussetzungen an.

Überdies sieht die Bestimmung bei Vorliegen der dort genannten Bedingungen keine unbedingte Abschiebeverpflichtung vor, sondern stellt die Abschiebung in behördliches Ermessen (VwGH 30.08.2011, 2008/21/0020; VwGH 20.10.2011, 2010/21/0056). Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme ist die Behörde nicht auf die vorgebrachten Gründe beschränkt. Eine Abschiebung darf (etwa) im Fall eines gestellten Antrages auf internationalen Schutz bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 12a Abs. 4 AsylG 2005 nicht stattfinden (vgl. VwGH 26.06.2014, 2013/21/0253).

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich:

Die BF wurde am 15.02.2018 nach Norwegen überstellt.

2.1. Diese Überstellung sollte in Umsetzung der mit Erkenntnis des BvWG vom 16.01.2018 rechtskräftig gewordenen Anordnung zur Außerlandesbringung stattfinden. Damit ist zwar eine der oben genannten Voraussetzungen, nämlich das Vorliegen eines durchsetzbaren Bescheides erfüllt. Dass eine der weiteren Voraussetzungen vorläge, nämlich die in § 46 Abs 1 Z 1 bis 4 genannten Tatbestandsmerkmale, ist bereits vor dem Hintergrund der spezifischen Umstände des vorliegenden Falles zu bezweifeln. Die BF befand sich - wie sich aus den Feststellungen ergibt - zum Zeitpunkt ihrer Festnahme in (vorläufiger) Unterbringung nach § 3 UbG. Dieser Sachverhalt "kollidiert" mit ihrer Ausreiseverpflichtung; ebenso wenig kann vor diesem Hintergrund gesehen werden, dass ihre überwachte Ausreise "aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig" gewesen wäre.

Hinzu tritt allerdings noch der Umstand, dass die Abschiebung nicht nur "nicht notwendig" gewesen ist, sondern jedenfalls auch unverhältnismäßig. Wie oben ausgeführt, liegt die Abschiebung selbst bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 normierten Voraussetzungen im Ermessen der Behörden, ist also nicht zwingend zu exekutieren.

Hier war daher zunächst zu überprüfen, ob die Behörde ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat bzw auf welcher Grundlage sie die Abschiebung durchgeführt hat. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat, nachdem die Anordnung zur Außerlandesbringung in Rechtskraft erwachsen ist, eine maßgebliche Änderung in der Tatsachenlage stattgefunden. In einer entsprechenden ärztlichen Stellungnahme vom 29.01.2018 ist von einer "schwere[n] posttraumatischen Belastungsstörung" der BF die Rede, und es wird davon berichtet, dass die BF auch während der (mittlerweile) eingeleiteten stationären Behandlung als "hochgradig suizidal" eingestuft werde und deshalb auch "nach § 3 UbG stationär untergebracht werden" habe müssen. Die behandelnde Ärztin äußerte in dieser Stellungnahme die Befürchtung, die Beschwerdeführerin würde sich das Leben nehmen, "sollte sie abgeschoben werden" (vgl dazu die im Akt einliegende Ärztliche Stellungnahme des Landesklinikums Baden-Mödling vom 29.01.2018). Im demzufolge eingeleiteten Verfahren nach den Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes fand am 08.02.2018 die gerichtliche Anhörung statt. Der Abteilungsleiter der Krankenanstalt sprach dabei von einer "akute[n] Selbstgefährdung" und der Einnahme von Tabletten "in suizidaler Absicht". Dies bestritt die Beschwerdeführerin zwar. Das zuständige Bezirksgericht Baden erklärte mit Beschluss vom selben Tag die Unterbringung der Beschwerdeführerin jedenfalls bis zur für den 22.02.2018 anberaumten mündlichen Verhandlung für zulässig.

Vor diesem Hintergrund - Unterbringung der BF wegen akuter Selbstgefährdung - hat die Behörde ihr Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist nicht ersichtlich, welche Erwägungen die Behörde diesbezüglich vorgenommen hat. Insbesondere hat sich die Behörde nicht ersichtlich mit dem prekären psychischen Gesundheitszustand der BF und ihrer spezifischen Vulnerabilität auseinandergesetzt, die der Behörde angesichts der Umstände ihrer Festnahme wohl bekannt sein mussten. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerde zurecht auf die Rs CK. u.a., C-578/16 PPU vom 26.020 2017.

Der Behörde ist jedenfalls die unzulängliche Überprüfung des maßgeblichen Sachverhaltes vor Durchführung ihrer Ermessensentscheidung vorzuwerfen ("verfahrensrechtlicher" Ermessensfehler). Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles erscheint die Durchführung der Abschiebung auch in materellrechtlicher Hinsicht "überschießend".

2.2. Im Übrigen verweist die Beschwerde auch zurecht auf den Umstand, dass die Abschiebung (=Überstellung) der BF außerhalb des durch Art. 29 DublinIII-VO festgesetzten Zeitrahmens vorgenommen wurde. Die auf 18 Monate (verlängerte) Frist zur Wiederaufnahme der BF endetet den Feststellungen zu Folge am 05.02.2018; die Abschiebung fand am 15.02.2018 statt, somit "irrtümlich" (vgl Art. 29 Abs. 3 und 4 DublinIII-VO). Mit Ablauf der auf 18 Monate verlängerten Frist zur Überstellung war die Zuständigkeit zur Prüfung des Antrags auf Österreich übergangen, ohne dass es hierzu einer neuerlichen Äußerung der norwegischen Behörden bedurft hätte (vgl dazu etwa VwGH vom 14.12.2017, Ra 2015/20/0231-16).

Auch aus diesem Grund war die Abschiebung der BF mit Rechtswidrigkeit belastet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu A) II. Kostenantrag:

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Nach Abs. 4 gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 VwG-AufwErsV wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei € 737,60

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei € 922,-

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 57,40 4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei €461,00

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) € 553,20 7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) € 276,60

Eine mündliche Verhandlung fand nicht statt. Somit gebührt dem Beschwerdeführer der Ersatz von Schriftsatzaufwand iHv € 737,60.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im Hinblick auf Spruchpunkt A.I. ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil im Hinblick auf das Vorhandenseins von Rechtsschutz gegen Festnahmen gemäß § 40 BFA-VG auch vor Inkrafttreten des FRÄG 2015 eine klare Rechtslage vorliegt und die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (VwGH 19.05.2011, 2009/21/0214, 0224; 20.10.2011, 2009/21/0248; 16.05.2012, 2010/21/0304; 19.09.2012, 2012/01/0017; 25.10.2012, 2010/21/0047; 18.01.2017, Ra 2016/18/0335).

Dass § 35 VwGVG in Verfahren gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG anzuwenden ist, ist nach der Erlassung des § 22a Abs. 1a BFA-VG klar und wurde für die Zeit vor dessen Inkrafttreten durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt (vgl. VwGH 19.05.2015, Ro 2015/21/0008).

Schlagworte

Abschiebung, Anhaltung, Aufwandersatz, Außerlandesbringung, Befehls-
und Zwangsgewalt, Ermessen, Festnahme, Fristablauf, gesundheitliche
Beeinträchtigung, Gesundheitszustand, Irrtum, Kostenersatz,
Krankheit, Prinzip der Verhältnismäßigkeit, psychiatrische
Erkrankung, real risk, reale Gefahr, Rechtskraft der Entscheidung,
Rechtswidrigkeit, Suizidversuch, Überstellung, Verhältnismäßigkeit,
Zurückweisung, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2190537.2.00

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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