TE OGH 2019/2/19 10ObS6/19h

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Veröffentlicht am 19.02.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Wiesinger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Wolfgang Kozak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. C*****, vertreten durch BMA Brandstätter Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Oktober 2018, GZ 7 Rs 60/18x-13, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 17. April 2018, GZ 28 Cgs 192/17f-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist römisch-katholischer Priester in der Erzdiözese Wien und erhält von dieser ein monatliches Gehalt. Weiters ist er beim Land Wien (Stadtschulrat) als Vertragslehrer in einem öffentlichen Gymnasium beschäftigt, wo er römisch-katholischen Religionsunterricht erteilt. Im Rahmen dieses Dienstverhältnisses ist er voll sozialversichert.

Am Montag, 3. 7. 2017 (somit nach Beginn der Sommerschulferien) hielt der Kläger eine „private“ Messe für die Mitglieder des Vereins „F*****“ in Wien, *****gasse ***** ab; er entsprach dabei einem Ersuchen der Mitglieder dieses Vereins. Als er nach der Messe das Haus verlassen wollte und im Stiegenhaus beim Hinuntergehen den Regenschirm aufspannte, übersah er die letzten beiden Stufen, kam zu Sturz und verletzte sich an der rechten Schulter.

Die Schule und der Unfallort sind in verschiedenen Bezirken von Wien gelegen.

Mit Bescheid vom 29. 11. 2017 sprach die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt aus, dass das Ereignis vom 3. 7. 2017 nicht als Arbeitsunfall anerkannt werde und ein Anspruch auf Leistungen aus der Unfallversicherung nicht bestehe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers (Schulterverletzung rechts) Folge des Arbeitsunfalls vom 3. 7. 2017 seien, ebenso ab wie das Eventualbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger aufgrund des Unfalls Leistungen aus der Unfallversicherung im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren.

Rechtlich ging das Erstgericht zusammengefasst davon aus, dass der Kläger als Priester der römisch-katholischen Kirche von der Vollversicherung (nach dem ASVG) ausgeschlossen sei. Lediglich seine Tätigkeit als Religionslehrer stehe unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Es liege aber kein Arbeitsunfall iSd § 175 Abs 1 ASVG vor, weil weder ein örtlicher noch ein zeitlicher noch ein ursächlicher Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung bestehe. Die Abhaltung einer „privaten“ Messe, die weder als Teil des Religionsunterrichts für die Schüler noch sonst in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis abgehalten worden sei, stelle keine innere Verknüpfung zwischen dem Sturz und der die Versicherung begründenden Tätigkeit her. Dass gemäß canon 904 des Codex Iuris Canonici (CIC) einem Priester eindringlich empfohlen werde, täglich die Messe zu zelebrieren, sei Teil seiner Tätigkeit als Priester in der Erzdiözese Wien, jedoch nicht für seine Tätigkeit als Religionslehrer in einer öffentlichen Schule relevant. Der Vorfall vom 3. 7. 2017 sei auch nach der Bestimmung des § 176 Abs 1 Z 2 ASVG einem Arbeitsunfall nicht gleichgestellt, weil er sich nicht im Zusammenhang mit der Herbeiholung eines Seelsorgers zu einem in Lebensgefahr befindlich Erkrankten oder Verunglückten ereignet habe. Die Tätigkeit als Priester stelle auch keine Tätigkeit iSd § 176 Abs 1 Z 4 ASVG („Hand- und Zugdienste/Robot“) dar. Ein nach dieser Bestimmung gleichgestellter Unfall müsse sich im Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Arbeitsverpflichtung ereignen. Die Erfüllung bloß privatrechtlicher oder ethischer Verpflichtungen bzw alten Brauchtums begründe keinen Unfallversicherungsschutz.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es billigte die Rechtsausführungen des Erstgerichts und führte ergänzend aus, dass zwar nach § 3 Abs 2 des Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und Österreich zur Regelung von mit dem Schulwesen zusammenhängenden Fragen nur solche Personen als Religionslehrer angestellt werden dürfen, die von der Kirchenbehörde als dazu befähigt erklärt und vorgeschlagen seien. Die Erteilung des Religionsunterrichts sei an den Besitz der „missio canonica“ gebunden. Die Zu- und Aberkennung der „missio canonica“ stehe als innere kirchliche Angelegenheit der Kirchenbehörde zu. Der katholische Religionsunterricht und die katholische religiöse Erziehung, die in den Schulen jeglicher Art vermittelt oder in den verschiedenen sozialen Kommunikationsmitteln geleistet werde, unterstehe der kirchlichen Autorität (canon 804 § 1 CIC). Gemäß § 3 Religionsunterrichtsgesetz werden die Religionslehrer an den öffentlichen Schulen, an denen Religionsunterricht Pflichtgegenstand oder Freigegenstand ist, entweder von der Gebietskörperschaft (Bund, Länder), die die Diensthoheit über die Lehrer bei entsprechenden Schulen ausübt, angestellt oder von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft. Die Gebietskörperschaften (hier das Land Wien) dürfen nur solche Personen als Religionslehrer anstellen, die von der zuständigen kirchlichen Behörde als dazu befähigt und ermächtigt erklärt seien (§ 4 Abs 2 Religionsunterrichtsgesetz).

Entscheidend sei, ob die Gesamtumstände dafür oder dagegen sprechen, das unfallbringende Verhalten dem geschützten Bereich oder dem persönlichen Lebensbereich des Versicherten zuzurechnen. Ein Zusammenhang mit dem vom Kläger bei dem Unfall zurückgelegten Weg mit seiner Tätigkeit als Religionslehrer fehle aber. Vielmehr stehe der Unfall im Zusammenhang mit Seelsorgetätigkeiten, die der Kläger in Erfüllung seiner priesterlichen Verpflichtungen ausübe. Jene Vorschrift des Codex Iuris Canonici, die die tägliche Zelebration einer Messe empfehle, betreffe ausschließlich das geistliche Amt. Abgesehen davon sei diese Bestimmung keineswegs als notwendige Bedingung für den Erhalt der Befähigung zur Erteilung des Religionsunterrichts und für die Bewahrung der „missio canonica“ gefordert. Ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit sei daher zu verneinen. Auch die Voraussetzungen des § 176 Abs 1 Z 2 und Z 4 ASVG für eine Gleichstellung von Unfallereignissen mit Arbeitsunfällen lägen nicht vor.

Das Berufungsgericht ließ die Revision mit der Begründung zu, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den unfallversicherungsrechtlichen Auswirkungen der kirchenrechtlichen Verpflichtungen geistlicher Religionslehrer bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1.1 Nach § 5 Abs 1 Z 7 ASVG sind Priester der katholischen Kirche von der Vollversicherung nach § 4 ASVG hinsichtlich der Seelsorgetätigkeit und der sonstigen Tätigkeit ausgenommen, die sie in Erfüllung ihrer geistlichen Verpflichtung ausüben, wenn sie nicht in einem Dienstverhältnis zu einer anderen Körperschaft (Person) als ihrer Kirche stehen.

1.2 Der wesentliche Grund für die Ausklammerung von Priestern aus dem Versicherungssystem des ASVG gegen die Lebensrisken Krankheit, Unfall und Alter liegt in dem typischerweise fehlenden Schutzbedürfnis dieser Personen aufgrund bestehender Ansprüche auf Unterhalt gegen ihre kirchliche Gemeinschaft, zu denen auch die Sorge im Fall der Krankheit und eines Unfalls zählt (VwGH 98/08/0011 mwN). Der Gesetzgeber wollte hinsichtlich jener Personengruppe, die nach den kirchlichen Vorschriften einer eigenen Versorgung unterliegt, nicht in das Eigenleben der Kirche und ihrer Struktur eingreifen (10 ObS 204/98t, RIS-Justiz RS0110578).

2. Der Kläger steht als Vertragslehrer für katholische Religion an einer öffentlichen Schule in einem Dienstverhältnis zu einer anderen Körperschaft als seiner Kirche. Als gemäß § 3 Abs 1 lit a Religionsunterichtsgesetz BGBl 1949/190 idgF von einer Gebietskörperschaft angestellter Religionslehrer ist er Bediensteter der betreffenden Gebietskörperschaft; es finden auf ihn die für Lehrer an der betreffenden öffentlichen Schule geltenden Vorschriften des Dienst- und Besoldungsrechts Anwendung (§ 4 Abs 1 Religionsunterrichtsgesetz). In Bezug auf seine Tätigkeit als Religionslehrer steht er somit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

3. Strittig ist, ob das Unfallereignis vom 3. 7. 2017 der (nach ASVG) unversicherten Tätigkeit des Klägers als Priester zuzurechnen ist oder seiner – unter Unfallversicherungsschutz stehenden – Tätigkeit als Religionslehrer.

3.1 Nach der Generalklausel des § 175 Abs 1 ASVG setzt ein Arbeitsunfall voraus, dass er in örtlichem, zeitlichem und ursächlichem Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung steht. Erfasst werden somit ua jene Risken, denen sich ein Dienstnehmer bei Ausübung der versicherten Beschäftigung und durch diese ausgesetzt sieht. Versichert ist auch der mit der Beschäftigung zusammenhängende direkte Weg zur oder von der Arbeitsstätte (§ 175 Abs 2 Z 1 ASVG).

3.2 Unabdingbare Voraussetzung für den Unfallversicherungsschutz ist der innere Zusammenhang zwischen der die Versicherung begründenden Beschäftigung und dem Unfallereignis. Die Rechtsprechung fordert bei der Beurteilung, ob ein Zusammenhang mit der Beschäftigung vorliegt, „Ausübungshandlungen“ des Versicherten, das sind Handlungen, die durch zwei Bedingungen charakterisiert sind: Die Handlung muss objektiv, das heißt von der Warte eines Außenstehenden als Ausübung oder als Ausfluss dieser Erwerbstätigkeit angesehen werden können. Dabei handelt es sich in erster Linie um Handlungsweisen, die in Erfüllung des Arbeitsvertrags verrichtet werden und die der Arbeitgeber aufgrund seiner Weisungsbefugnis anordnen kann (RIS-Justiz RS0084368). Die betreffenden Handlungen müssen darüber hinaus vom Versicherten mit der Intention gesetzt werden, seiner versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachzukommen (subjektive Seite). Dabei ist es erforderlich, sämtliche Gesichtspunkte und Überlegungen einzubeziehen und sie sowohl einzeln als auch in ihrer Gesamtheit zu werten. Entscheidend ist, ob die Gesamtumstände dafür oder dagegen sprechen, das unfallbringende Verhalten einem geschützten Bereich zuzurechnen (RIS-Justiz RS0084490).

4.1 Die (nach dem ASVG versicherte) Tätigkeit des Klägers als Vertragslehrer für das Fach „Katholische Religion“ umfasst im Wesentlichen die Erteilung des Unterrichts und erstreckt sich auch auf die im Auftrag oder mit Genehmigung der Schule stattfindenden schulbezogenen Veranstaltungen verschiedener Art (Sprechtage, Schulmessen, Ausflüge, Projektwochen etc). Die Tätigkeit als katholischer Priester umfasst hingegen Seelsorgetätigkeiten und sonstige Tätigkeiten, die in Erfüllung der geistlichen Verpflichtung ausgeübt werden.

4.2 Im vorliegenden Fall sprechen die Gesamtumstände dagegen, den Unfall in einem inneren Zusammenhang mit der Beschäftigung als Vertragslehrer zu sehen. Der Kläger ist weder in den Räumlichkeiten des Gymnasiums (infolge einer besonderen Beschaffenheit dieser Räume) noch am Weg zur oder von der Schule gestürzt. Auch der zeitliche Zusammenhang fehlt, weil sich der Unfall nach Beginn der Sommerschulferien ereignete. Anhaltspunkte dafür, dass die Messe im Auftrag der Schule als Messe für Schüler/innen des Gymnasiums („Schulmesse“) oder im Rahmen einer schulbezogenen Veranstaltung abgehalten worden wäre, fehlen, bringt doch der Kläger selbst vor, es habe sich um eine „private“ Messe für die Mitglieder des Vereins F***** gehandelt, um deren Abhaltung er von den Mitgliedern dieses Vereins ersucht worden war. Die Messe fand somit weder in Ausübung der versicherten Tätigkeit als Religionslehrer statt (objektive Bedingung) noch wurde sie in dieser Intention zur Erfüllung einer Pflicht aus dem Vertragslehrerverhältnis abgehalten (subjektive Bedingung – RIS-Justiz RS0084680).

5.1 Der Kläger meint, ein Arbeitsunfall liege dennoch im Hinblick darauf vor, dass ihm die Befähigung und Ermächtigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Religionslehrers von der zuständigen kirchlichen Behörde entzogen werden könnte, wenn er seine priesterlichen Pflichten, zu denen nach canon 904 des Codex Iuris Canonici (CIC) das tägliche Lesen der Messe gehöre, verletzen sollte.

5.2 Nach § 4 Abs 2 Religionsunterrichtsgesetz darf eine Gebietskörperschaft eine Person als Religionslehrer nur anstellen, wenn sie dazu von der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Behörde befähigt und ermächtigt erklärt wird. Das geistliche Amt der Kleriker der katholischen Kirche ist im Canon Iuris Canonici (CIC) geregelt. Canon 904 CIC (der im Buch IV „Heiligungsdienst der Kirche“, Teil I „Sakramente“, Titel III „Heiligste Eucharistie“ Kapitel I „Feier der Eucharistie“ enthalten ist), lautet wie folgt:

„Eingedenk dessen, dass sich im Geheimnis des eucharistischen Opfers das Werk der Erlösung fortwährend vollzieht, haben die Priester häufig zu zelebrieren; ja die tägliche Zelebration wird eindringlich empfohlen ...“

5.3 Aus § 4 Religionsunterrichtsgesetz iVm canon 904 CIC lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die priesterliche Seelsorgetätigkeit und die damit verbundenen Empfehlungen oder Pflichten den von der Unfallversicherung geschützten Bereich der Vertragslehrertätigkeit in der vom Kläger gewünschten Weise erweitern:

Wie sich aus § 4 Abs 2 Religionsunterrichtsgesetz ergibt, ist das katholische Priesteramt nicht Voraussetzung für die Anstellung als Vertragslehrer; auch anderen Personen als Priestern kann von den zuständigen kirchlichen Behörden die Befähigung bzw Ermächtigung für die Anstellung als Religionslehrer erteilt werden. Den zuständigen kirchlichen Behörden steht es frei, die nach § 4 Abs 2 Religionsunterrichtsgesetz erteilte Ermächtigung auch wieder zu entziehen; bei einem als Vertragsbediensteten angestellten Religionslehrer gilt dies als Kündigungsgrund (§ 4 Abs 3 und 4 Religionsunterrichtsgesetz). Welche Gründe vorliegen müssen, um die zuständigen kirchlichen Behörden dazu zu veranlassen, dem Vertragslehrer die Ermächtigung wieder zu entziehen, ist im Religionsunterrichtsgesetz nicht geregelt, weil dies den inneren Kern der kirchlichen Betätigung betrifft und eine rein innerkirchliche Angelegenheit darstellt (RIS-Justiz RS0073107). Auf eine innerkirchliche Angelegenheit bezieht sich somit auch die Befürchtung des Klägers, aus der Nichtbefolgung der in canon 904 CIC enthaltenen Empfehlung zur täglichen Zelebration der Messe könnten sich negative Auswirkungen für ihn insofern ergeben, als die zuständigen kirchlichen Behörden dies als Verletzung der mit dem Priesteramt verbundenen Pflichten ansehen könnten, die die Entziehung der Ermächtigung zu seiner Anstellung als Religionslehrer rechtfertigt. Unfallversicherungsrechtlich wird mit diesem Vorbringen jedoch keine sachliche Verknüpfung zwischen dem nach Abhaltung der Messe geschehenen Unfall und der Vertragslehrertätigkeit und den davon ausgehenden Risken hergestellt. Dass der Kläger die „private“ Messe (allenfalls) aus dem Motiv abgehalten hat, der im CIC enthaltenen Empfehlung zur täglichen Zelebration nachzukommen, ist zur Begründung des Unfallversicherungsschutzes nicht ausreichend.

6. Auch die weiteren, vom Kläger geltend gemachten Anspruchsgrundlagen sind nicht geeignet, den Zuspruch einer Versehrtenrente zu tragen:

6.1 Durch § 176 Abs 1 Z 2 sollen im Einzelnen aufgezählte freiwillige Rettungs- und Hilfsmaßnahmen bei Gefahr für Leib und Leben Dritter in den Unfallversicherungsschutz einbezogen werden, wie beispielsweise bei der Herbeiholung eines Seelsorgers zu einem in Lebensgefahr befindlichen Erkrankten oder Verunglückten. Auf das Abhalten einer Messe durch einen katholischen Priester außerhalb jeder akuten Notlage ist der von § 176 Abs 1 Z 2 ASVG gewährte Schutz schon seinem Wortlaut nach nicht ausdehnbar.

6.2 Nach § 176 Abs 1 Z 4 ASVG sind den Arbeitsunfällen Unfälle bei Tätigkeiten gleichgestellt, die sich bei Hand- und Zugdiensten („Robot“) sowie bei sonstigen Arbeitsleistungen ereignen, wenn sie aufgrund gesetzlicher oder statutarischer Verpflichtung oder aufgrund alten Herkommens erbracht werden. Als Beispiel für Unfallversicherungsschutz nach dieser Bestimmung wurde etwa der Unfall eines Pfarrgemeinderats beim Vermessen von der Pfarre gehörendem Holz erachtet, wenn solche Dienste von Pfarrangehörigen üblich waren (LG Korneuburg 17 Cgs 245/93, ARD 4727/11/96 = ZASB 1995, 24).

Nach den im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen wurde der Kläger gebeten, beim Verein F***** eine Messe abzuhalten. Dass er diese Messe aufgrund einer in § 176 Abs 1 Z 4 ASVG genannten öffentlich-rechtlichen Arbeitsverpflichtung zelebriert hätte, findet somit keine Grundlage in den Feststellungen. Eine Erfüllung einer (rein) ethischen Verpflichtung begründet den Unfallversicherungsschutz nach dieser Gesetzesstelle nicht (RIS-Justiz RS0114484).

7. Zusammenfassend liegt der dem Abhalten der Messe nachfolgende Weg nicht im Schutzbereich der Unfallversicherung nach dem ASVG, sondern ist dem (nach dem ASVG) unversicherten Bereich der Seelsorgetätigkeit des Klägers in dessen Eigenschaft als katholischer Priester zuzuordnen.

Die Revision muss somit erfolglos bleiben.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO. Umstände, die einen Kostenzuspruch nach Billigkeit gemäß § 77 Abs 2 lit b ASGG rechtfertigen würden, wurden weder behauptet noch ergeben sich derartige Umstände aus dem Akt.

Textnummer

E124475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00006.19H.0219.000

Im RIS seit

05.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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