TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/4 W150 2189996-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.01.2019
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Entscheidungsdatum

04.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
AsylG 2005 §2 Abs3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
StGB §105 Abs1
StGB §107 Abs1
StGB §125
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W150 2189996-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn XXXX , geb. XXXX 1994 , StA. SYRIEN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 16.02.2018, Verfahrens Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird mit nachstehenden Maßgaben als unbegründet abgewiesen:

a) Spruchpunkt II. hat zu lauten: "Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wird ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen."

b) Spruchpunkt V. hat zu lauten: "Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Syrien zulässig."

c) Spruchpunkt VI. hat zu lauten: "Gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 2 AsylG haben Sie ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 22.03.2017 verloren."

d) Spruchpunkt VIII. hat zu lauten: "Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab dem Zeitpunkt Ihrer Enthaftung."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: "BF") reiste spätestens am 27.08.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte an diesem Tag in der PI Wien Mitte einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der durchgeführten Personenkontrolle wurden beim BF ein syrischer Reisepass, ein syrischer Personalausweis (ID-Card), sowie ein türkischer Ausweis und ein griechisches Dokument vorgefunden und sichergestellt.

2. Am nächsten Tag wurde er im BMI in der Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter Beiziehung eines Dolmetsch für die arabische Sprache erstbefragt. Dabei gab er zusammengefasst und soweit verfahrensrelevant an, syrischer Staatsangehöriger, zum im Spruch angeführten Datum in XXXX , Syrien, geboren und dort wohnhaft gewesen zu sein, sowie über keine Schulausbildung zu verfügen bzw. Analphabet zu sein. Weiter führte er aus, dass Kurdisch seine Muttersprache sei, er auch Arabischkenntnisse (mittel) habe, er unverheiratet sei, keine Kinder habe und dass seine Eltern, sowie seine drei Brüder und drei Schwestern in Syrien leben würden. Er habe vor ca. 1 Monat Syrien illegal in die Türkei zu Fuß verlassen. Mit einem Bus sei er nach Istanbul gefahren, dort eine Woche geblieben und dann schlepperunterstützt mit einem Boot auf eine ihm unbekannte Insel in Griechenland gelangt. Von dort sei er selbstständig mit anderen Flüchtlingen über Mazedonien nach Serbien gereist. Von dort sei er mittels eines von ihm organisierten Schleppers gemeinsam mit anderen Flüchtlingen teilweise mit einem geschlossenen Kastenwagen und teilweise zu Fuß nach Österreich gelangt. Die Schleppung habe ihn insgesamt ca. 4.000,- USD gekostet. Als Fluchtgrund gab er Angst vor dem herrschenden Krieg und der unsicheren Lage und das Erlangen einer besseren Zukunft an. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, im Krieg zu sterben.

3. Am 04.08.2016 langte ein Strafantrag wegen § 125 StGB gegen den BF ein. Dieses Verfahren wurde später eingestellt.

4. Am 21.12.2016 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol (in der Folge: "BFA"), unter Beisein einer Vertrauensperson und eines Dolmetsch für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde ihm das aktuelle Länderinformationsblatt zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt, der BF verzichtete aber auf dessen Ausfolgung und eine Stellungnahme dazu, denn er kenne die allgemeine Situation in seiner Heimat. Er legte mehrere Empfehlungsschreiben, zwei Teilnahmebestätigungen und die Kopie des Familienbuches seines Vaters vor. Im Zuge dieser Einvernahme bestätigte der BF im Wesentlichen seine Angaben anlässlich der Erstbefragung ("Ja, ich kann mich nicht mehr an alles erinnern. Ich habe die Wahrheit gesagt. Andere Gründe gibt es nicht.").

Zusammengefasst und soweit verfahrensrelevant ergänzte bzw. korrigierte er:

-) bezüglich Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, dass er der Volksgruppe der Kurden angehöre und sunnitischer Moslem sei.

-) bezüglich seiner Schulbildung und Berufstätigkeit, dass er zwar sechs Jahre in die Schule gegangen sei aber keinen Abschluss gemacht habe und auch nicht lesen und schreiben könne. Er spreche zusätzlich noch Türkisch und Farsi. Sonstige Ausbildungen habe er keine. Militärdienst habe er keinen geleistet. Er sei seit seinem zehnten Lebensjahr insgesamt ca. 7 Jahre als Arbeiter und Baggerfahrer auf Baustellen tätig gewesen. Er hätte nur in XXXX gearbeitet. Im Alter von 15 Jahren habe er XXXX verlassen und in Ägypten, im Libanon, im Irak und in der Türkei gearbeitet.

Er habe in diesen Ländern immer illegal gearbeitet - eingereist sei er aber immer legal. In Ägypten habe er 1 Jahr und 2 Monate, im Libanon 8 Monate, in der Türkei 5 Jahre und im Irak 2 Jahre gearbeitet. Zuletzt sei er im Irak gewesen und sei im Jahr 2015 im Juli zurück nach Syrien gegangen.

-) zu seinen Fluchtgründen, dass er in Syrien zum Militär einrücken müsse. Er sei vor der YPG und vor "dem Regime" geflüchtet. YPG-Mitglieder seien täglich zu ihnen nach Hause gekommen und hätten verlangt, dass er sich ihnen anschließe um XXXX zu verteidigen. Das sei sicher zwei bis drei Mal der Fall gewesen (betreffend: drei bis vier Personen). Sein Bruder Abdelkarim sei krank - er könne nicht arbeiten/reden. Sein Schwager habe sich jetzt (vor ca. 10 Tagen) der YPG angeschlossen. Solle er "sterben und Menschen töten?" Er sei auch nur ein Mensch. Sie hätten das gleiche auch von seinem Bruder und seinen Schwestern verlangt. Er sei von der YPG bedroht worden; geschlagen sei er nicht worden. Die Bedrohung sei derart gewesen, dass sie ihm gesagt hätten, dass er sein Haus verlassen müsse, wenn er sich ihnen nicht anschließe. Er habe sich ihnen aber nicht angeschlossen; sein Vater habe ihn darin bestärkt. Das habe sich 2015 im März oder April ereignet; auf Vorhalt korrigierte er auf 2014 ("als sein Freund gestorben ist"); er sei übrigens auch 2012 und 2013 bedroht worden, immer zu Hause, wenn er zurückgekehrt sei. Diese Leute seien dann wieder weggegangen. Es habe keinerlei Konsequenzen bis zu seiner Ausreise gegeben. 2015 sei er in seine Heimat zurückgekehrt, weil er zu seinen Eltern habe zurückkehren wollen. Zur Flucht nach Europa hätten ihn seine Eltern bewegt, sie hätten ihn aufgefordert, endlich nach Österreich zu gehen, und ihn gefragt, warum er noch hier in Syrien sei, da er bereits seit einiger Zeit über Österreich spreche.

Es seien auch zwei Mal Militärvertreter bei ihm zu Hause gewesen, die ihn aufgefordert hätten, sein Militärdienstbuch abzuholen. Es habe aber Krieg in Syrien gegeben und er habe nicht kämpfen wollen. Er sei nicht sofort zum Militär eingezogen worden, weil er den Militärvertretern gesagt habe, dass er selbstständig zur Militärbehörde gehen und das Buch abholen werde. Daher sei er nicht sofort eingezogen worden. Das habe sich 2012 ereignet, als sein Pass abgelaufen sei. Man habe ihm keinen neuen Pass ausstellen wollen, da er zuvor zum Militär einrücken müsse. Er sei immer illegal über die Grenze eingereist. Das sei an der türkischen Grenze überhaupt kein Problem. Es sei ihm aber dann sein Reisepass bis 2014 verlängert worden.

-) bezüglich allgemeiner sonstiger Angaben, weder in seiner Heimat noch in einem anderen Land vorbestraft zu sein und weder in seinem Herkunftsland noch hier [Anm: in Österreich] Strafrechtsdelikte begangen zu haben, in seiner Heimat weder von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht worden zu sein. Er sei aber für 16 Tage einmal in Haft gewesen, da ein Freund von ihm Selbstmord begangen habe, der mit ihm zusammengearbeitet habe. Dieser habe sich am Abend ein paar Meter von ihm entfernt erschossen. Er habe in seiner Heimat an Problemen mit den Behörden solche mit den YPG gehabt.

Er sei nie Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei gewesen aber sein Onkel sei bereits seit ca. 15 Jahren Mitglied der YPG. Er selbst sei in seiner Heimat von staatlicher Seite nie wegen seiner politischen Gesinnung, seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden.

Außer den bereits erwähnten Vorfällen habe es auf ihn weder irgendwelche Übergriffe gegeben, noch sei persönlich jemals irgendwer an ihn herangetreten, er sei nur von den YPG bedroht worden.

-) bezüglich Kämpfen bzw. Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppierung, dass er dazu gezwungen worden sei. Er sei einen Monat "dabei" gewesen und habe gekämpft. Das sei in der YPG gewesen. Das sei dadurch entstanden, dass sein Cousin mit seinem Vater gesprochen habe und er dann habe mitgehen müssen. Das sei im Jahr 2014 gewesen. Er sei Mitglied der YPG gewesen, habe aber nichts gemacht. Damals sei stark gekämpft worden in Kobane - damals hätten alle mitgekämpft - auch die Frauen. Er sei 18 Tage lang dabei gewesen und mit dem Auto mitgefahren. Sein Vater habe schlussendlich gesagt, dass er zurückkommen und nicht mehr hingehen solle. Dies habe er dann auch getan. Das sei in XXXX gewesen. Das sei überhaupt kein Problem gewesen, dass er nach Hause zurückgekehrt sei.

-) bezüglich seiner Befürchtungen im Falle einer Rückkehr, dass er mit der Polizei keine Probleme haben werde, nur mit den "YPD" [gemeint wohl: "YPG"] würde er Probleme haben. Sie würden ihn fragen, warum er nach Österreich gegangen sei und die Stadt nicht verteidigt habe. Er wisse nicht genau, was sie machen würden. Vielleicht würde er in Haft kommen; aber er wisse es nicht genau. Auf Vorhalt hinsichtlich vager allgemein gehaltener Angaben zu seinen Asylgründen führte er aus, dass er keine Beweise dafür habe.

-) bezüglich seines Alltages in Österreich, dass er in einem Flüchtlingsheim wohne, Deutsch lerne und einen Deutschkurs besuche. Er habe auch schon im Flüchtlingsheim für andere übersetzt. Er helfe gerne Menschen. Es werde ihm auch viel geholfen. In Österreich sei er nicht straffällig geworden, er habe aber in Facebook ein Foto mit einer Waffe publiziert und habe deshalb zur Polizei müssen und sei dort befragt worden. Die Polizei habe ihm dann aber mitgeteilt, dass der Fall abgeschlossen sei. Das sei vor ca. 6 Monaten gewesen, in Innsbruck. Mehr wisse er dazu nicht. Einmal hätten die Nachbarn seiner Freundin die Polizei gerufen. Das hätte sich aber vor Ort aufgeklärt. Er wisse nicht, warum die Nachbarn die Polizei gerufen hätten. Das sei vor ca. 3-4 Monaten in XXXX gewesen. Seine Freundin habe der Polizei erzählt, dass er einmal nett sei und dann wieder nicht. Er wisse nicht, was genau der Grund gewesen sei. In Österreich habe er seit seiner Einreise ehrenamtliche Tätigkeiten verrichtet.

5. Mit Bescheid des BFA vom 21.03.2017, persönlich zugestellt am 27.03.2017, wurde das Asylverfahren gemäß § 38 AVG bis zur Klärung einer Vorfrage ausgesetzt, dies aufgrund mehrerer Anzeigen den BF betreffend u.a. wegen Übertretungen nach §§ 107, 107 Abs. 2 und 141 StGB an die Staatsanwaltschaft XXXX .

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 09.05.2017. rechtskräftig mit 13.05.2017, wurde der BF wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der Entwendung nach § 141 Abs. 1 StGB zu einer Haftstrafe von insgesamt 9 Monaten, davon sechs Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt.

7. Am 14.07.2017 langte ein weiterer Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Tirol (in der Folge: "LPDion Tirol"), Polizeiinspektion Kufstein, bezüglich der Person des BF ein, in welchem er der Körperverletzung verdächtigt wurde.

8. Mit Verfahrensanordnung vom 03.01.2018, persönlich zugestellt am 09.01.2018, teilte das BFA dem BF gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 den Verlust seines Aufenthaltsrechtes im [österreichischen] Bundesgebiet mit 22.03.2017 wegen eingebrachter Anklage einer gerichtlich strafbaren Handlung (Vorsatztat) mit.

9. Am 18.01.2018 wurde der BF vor dem BFA unter Beisein eines Dolmetsch für die kurdische Sprache nochmals niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme bestätigte der BF im Wesentlichen seine Angaben anlässlich der Erstbefragung am 28.08.2015 und der Einvernahme am 21.12.2016 ("Meine Angaben sind vollständig, ich habe damals alles gesagt, mehr habe ich selbst nicht dazu anzuführen. Ich habe die Wahrheit gesagt. Andere Gründe gibt es nicht."). Dabei wurde ihm das aktuelle Länderinformationsblatt zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt, der BF verzichtete aber auf dessen Ausfolgung und eine Stellungnahme dazu, er kenne die allgemeine Situation in seiner Heimat.

Er ergänzte auf Befragung, dass sich seit seiner ersten Asylantragstellung keine Änderungen bezüglich seiner Person und seiner Lebensumstände in seiner Heimat ergeben hätten. Seit seiner Einreise im August 2015 sei er nie mehr in seiner Heimat gewesen. Er sei immer in Österreich aufhältig gewesen. Er halte seine Fluchtgründe aufrecht. Es gebe sonst keine Gründe. Auf die Frage, ob er in seiner Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft sei bzw. ob er im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen, führte er aus, dass er in der Heimat nicht vorbestraft sei. Im Libanon sei er im Gefängnis gewesen. In Österreich sei er auch vorbestraft. Zu einer seinerzeitigen Verhaftung im Heimatland präzisierte er, dass er ca. 16 Tage verhaftet gewesen sei. Er sei von den Behörden in XXXX festgenommen und von dort nach XXXX gebracht worden. Das sei im Jahr 2011 gewesen.

Er ergänzte auf Befragung, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Syrien sicher verhaftet und umgebracht werde. Er sei glücklich in Österreich. Er wolle einen Bescheid bekommen. Er sei die ganze Zeit zu Hause und chatte auf Facebook. Er würde hier gerne als Bauarbeiter oder als Elektriker arbeiten. Deutschkurs habe er keinen besucht. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation. Er bringe sich sehr gerne in Österreich in die Gesellschaft ein, er habe Kontakt mit den Menschen hier. Er besuche in Österreich keine Moschee. Er müsse einen Deutschkurs besuchen und solle viel Kontakt zu den Österreichern haben. Er müsse auch arbeiten. Sein Onkel lebe seit sieben Jahren hier in Österreich und sein Cousin lebe auch hier - beide in Linz als anerkannte Flüchtlinge. Sie seien Nachbarn gewesen.

Er ergänzte auf Befragung hin, dass er nie Zeuge oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel gewesen sei. Er sei auch in Österreich nie Opfer von Gewalt gewesen aber er sei von Beamten in der Nähe des Bahnhofs geschlagen worden. Er hätte wegen eines Glases Wasser Probleme bekommen, ein Türke habe angezeigt. Er wäre mit eventuellen amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung seiner Anonymität, eventuell unter Beiziehung der Österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes einverstanden bzw. damit einverstanden, dass seine Daten an die Österreichische Botschaft/Vertrauensanwalt weitergegeben werden.

Abschließend wurde er über seine meldegesetzlichen Verpflichtungen belehrt.

10. Mit Bescheid vom 16.02.2018 (irrtümlich mit 16.02.2017 datiert) - zugestellt am 20.02.2018 - wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I).

Gemäß § 8 Absatz 3a iVm § 9 Absatz 2 AsylG [2005] wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.) und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

Gemäß § 10 Absatz 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und ausgesprochen, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien gemäß § 8 Absatz 3a AsylG [2005] iVm § 9 Absatz 2 AsylG [2005] und § 52 Absatz 9 FPG derzeit unzulässig ist (Spruchpunkt V.).

Gemäß § 13 Absatz 2 Z 1 Asylgesetz wurde verfügt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 22.03.2017 verloren habe (Spruchpunkt VI.).

Gemäß § 18 Absatz 1 Z 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, erkannte das BFA einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.), legte fest, dass gemäß "§ 55 Absatz 1a" keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VIII.) und erließ gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Z 1 FPG idgF, gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IX.).

Begründend führte das BFA zusammengefasst und soweit verfahrensrelevant im Wesentlichen aus, dass Identität und Nationalität des BF feststünden, er aus XXXX in Syrien stamme, er die Sprachen Kurdisch, Arabisch, Türkisch und Farsi spreche, zur Volksgruppe der Kurden gehöre und Moslem sunnitischen Glaubens sei. Weiters wurde festgestellt dass er nicht verheiratet und kinderlos sei und sich die Mitglieder seiner Kernfamilie in Syrien aufhielten.

Es habe nicht festgestellt werden können, wann und wie der BF auf österreichisches Bundesgebiet gelangt sei bzw. wie lange er sich schon in Österreich aufhalte. Fest stehe, dass er am 27.08.2015 in Österreich einen Asylantrag gestellt habe. Weiters stehe fest, dass er an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen seines Gesundheitszustandes leide. Es könne nicht festgestellt werden, dass er sich zum Zeitpunkt gegenständlicher Entscheidung in medizinischer Behandlung befinde, oder dass er medikamentöser Behandlung bedürfte. Es hätten auch keine Beeinträchtigungen seiner Arbeitsfähigkeit festgestellt werden können. Fest stehe weiters, dass er über eine mehrjährige Schulbildung verfüge und Berufserfahrungen im Bauwesen gesammelt habe. Fest stehe außerdem, dass der BF "in Österreich mehrfach straffällig angezeigt" wurde und diesbezüglich bereits rechtskräftige Urteile vorlägen.

Zu den Fluchtgründen führte das BFA im Wesentlichen aus, dass feststünde, dass der BF in seinem Herkunftsland weder von der Staatsanwaltschaft noch von einem Gericht gesucht werde, er mit den Behörden seines Heimatlandes insgesamt niemals Probleme gehabt habe, dass niemals irgendwer in negativer Absicht an ihn herangetreten sei und es niemals Übergriffe auf seine Person gegeben habe. Weiters stünde fest, dass er von staatlicher Seite wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Volksgruppe oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe niemals verfolgt worden sei. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF vom syrischen Militär gesucht wurde bzw. werde. Ebenfalls habe nicht festgestellt werden können, dass er persönlich durch die kurdische Miliz YPG zum Kämpfen aufgefordert bzw. zwangsrekrutiert worden sei. Eine persönliche Bedrohung durch Dritte habe in seinem Fall ebenfalls nicht festgestellt werden können. Die vom BF angegebenen Gründe für das Verlassen seines Heimatlandes seien unglaubwürdig und widersprüchlich. Der von ihm zur Begründung des Asylantrages vorgebrachte Fluchtgrund habe nicht als asylrelevanter Sachverhalt festgestellt werden können. Insbesondere habe nicht festgestellt werden können, dass er verhaftet oder geschlagen worden sei, Probleme wegen seiner Volksgruppe oder seiner Religionszugehörigkeit gehabt habe.

Das BFA führte weiter aus, dass unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände festgestellt werden habe können, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Syrien für den BF eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge der derzeitigen Menschenrechtslage in Syrien mit sich bringen würde. Aber aufgrund seiner oben angeführten rechtskräftigen Verurteilungen sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen.

Weiters stehe fest, dass der BF das Aufenthaltsrecht nach einer eingebrachten Anklage einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, durch die Staatsanwaltschaft per Verfahrensanordnung gem. § 13 AsylG [2005] mit dem 22.03.2017 verloren habe, nachfolgend noch zahlreiche weitere Strafanträge gegen seine Person eingetroffen seien und er aufgrund seines kriminellen Verhaltens eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle; seit 13.05.2017 liege gegen ihn ein rechtskräftiges Urteil vom Landesgericht XXXX vor (Freiheitsstrafe von 9 Monaten):

"LG XXXX /2017i vom 09.05.2017 RK 13.05.2017

§ 15 StGB § 105 (1) StGB

§ 105 (1) StGB

§ 107 (1) StGB

§ 125 StGB

§ 15 StGB § 269 (1) 1. Fall StGB

§ 107 (1) StGB

§ 141 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 01.04.2017

Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre".

Zur Lage im Heimatstaat verwies das BFA auf das LIB-Syrien, Stand:

12.12.2017.

Beweiswürdigend führte das BFA aus, dass hinsichtlich der Person und der Nationalität des BF aufgrund der vorgelegten Dokumente und im Lichte der durchgeführten Dokumentenüberprüfung durch die LPDion diese Angaben als glaubwürdig anzusehen seien. Die Feststellungen hinsichtlich Sprachkenntnisse, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionsbekenntnis sowie des Familienstandes würden sich auf seine gleichbleibenden und daher glaubwürdigen Angaben während des gesamten Asylverfahrens gründen. Glaubhaft wären auch jene Angaben des BF, dass er weder an einer lebensbedrohlichen physischen noch psychischen Krankheit leide. Seine diesbezüglichen Angaben seien auch durch sein Verhalten während der Einvernahme vor dem BFA bestätigt worden wobei sich keinerlei Anzeichen ergeben hätten, dass er psychisch beeinträchtigt wäre. Dies begründe auch die getroffenen Feststellungen zu seiner Erwerbfähigkeit. Die Feststellungen bezüglich seiner mehrfachen Straffälligkeit beruhten ebenfalls auf dem unumstößlichen Akteninhalt und dem Strafregisterauszug.

Bezüglich der Fluchtgründe seien die Angaben des BF nicht glaubwürdig gewesen. Dazu führte das BFA unter anderem zunächst an, dass die diesbezüglichen Angaben bei der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA gänzlich andere Sachverhalte betroffen hätten. So habe er im Rahmen der freien Erzählung angegeben: "Ich muss in Syrien zum Militär einrücken. Ich bin vor YPG und vor dem Regime geflüchtet. Das ist mein Fluchtgrund." Von der kurdischen Miliz YPG und von einem Einzug ins Militär habe er bei der Erstbefragung kein einziges Wort erwähnt, er habe lediglich die allgemeine Lage in Syrien und den Wunsch, für sich selbst in Österreich eine bessere Zukunft zu erlangen erwähnt.

Für das Vorbringen des BF, dass er von den YPG gesucht würde, da er angeblich 18 Tage Mitglied dieser Miliz gewesen wäre, habe er keinerlei tragfähige Beweise vorgebracht und es sei absolut unglaubwürdig, dass er, gemäß eigenem Vorbringen, nach dieser Zeit einfach so, ohne weitere Probleme, aus dieser Vereinigung wieder habe austreten können. Weiters sei es nicht plausibel, dass er im Jahr 2015 nach Syrien zurückgekehrt wäre, da er gewusst haben müsse, wie prekär und unsicher die Lage in Syrien sei, vor allem zum damaligen Zeitpunkt. Es widerspreche jeglichem Menschenverstand, sich absichtlich in ein Land, welches vor allem im Jahr 2015 vom Bürgerkrieg heimgesucht wurde, zu begeben; in welchem er außerdem, wenn auch nur wahrscheinlich, in den Militärdienst eingezogen werden würde.

Ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit der Angaben des BF habe sich auch daraus ergeben, dass er im Zuge der Einvernahme am 21.12.2016 großteils nur äußerst vage und pauschal Angaben getätigt habe oder (inhaltlich) gar nicht auf die ihm gestellten Fragen geantwortet habe und diese daher des Öfteren hätten wiederholt werden müssen. Der BF habe sich während der Befragung mit unlogischen Angaben in einen absoluten Erklärungs- und Aussagenotstand gebracht. Die, für den Gang der Fluchtgeschichte erforderlichen Fragen, seien von ihm lediglich in knappster Weise und total pauschal beantwortet worden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei jedoch davon auszugehen, dass ein Asylwerber zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend schildere. Mit seinem Vorbringen "Sowohl mein Vater und meine Mutter sagten zu mir, dass ich bereits seit einiger Zeit über Österreich spreche. Sie forderten mich auf, endlich nach Österreich zu gehen und fragten mich warum ich noch hier in Syrien sei." habe er deutlich gemacht, dass er seine Heimat ausschließlich auf Aufforderung seiner Eltern verlassen habe. Auch stehe dadurch fest, dass er den Entschluss zu Ausreise nach Europa (bzw. Österreich) schon seit einiger Zeit gefasst habe und er Syrien hauptsächlich aufgrund der allgemeinen Lage und der Verbesserung seines Lebensstandards verlassen habe.

Wenngleich sich die erkennende Behörde durchaus im Klaren darüber gewesen sei, dass die Memorierung genauer Daten nicht immer und in jedem Fall möglich seien, so erscheine es in seinem konkreten Fall doch wenig nachvollziehbar, weshalb er maßgebliche Ereignisse (wie die behauptete Bedrohung durch die YPG) nicht oder nur extrem weitgefasst hätte angeben können (vgl.: "F: Es ist unglaubwürdig, dass Sie sich an diese Bedrohung durch die YPG nicht mehr erinnern können. Da dies offensichtlich einer Ihrer Fluchtgründe ist. Möchten Sie hierzu etwas sagen? A: Nein, ich kann hierzu nicht mehr angeben. Ich erinnere mich nur mehr daran, dass 2014 mein Freund starb und ich damals bedroht wurde."). Später habe er dann vorgebracht, dass er im Jahr 2014 bedroht worden wären, obwohl er vorher angegeben habe, dass er zu diesem Zeitpunkt im Irak aufhältig gewesen sei. Wenn sich eine Person schon bei den Kernaussagen selbst widerspreche und die Sachverhalte, die den Asylantrag begründen sollen, derart unterschiedlich darstelle, so könne nach allgemeiner Lebenserfahrung auch nicht davon ausgegangen werden, dass das weitere Vorbringen den Tatsachen entspreche und es sei diesem schon aus diesem Grund die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen.

11. Gegen diesen Bescheid richtete sich die am 19.03.2018 fristgerecht erhobene Beschwerde, mit der der Bescheid zur Gänze angefochten wurde und eine Gesetzesprüfung des § 52 Abs. 2 Z 2 FPG auf dessen Verfassungsmäßigkeit in Hinblick auf Fälle, in denen eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet wegen einer anzunehmenden realen Gefahr der Verletzung von Art. 2 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bzw. einer bestehenden Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unzulässig sei, angeregt wurde. Weiters wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht "bereits rechtskräftige Urteile" vorlägen, sondern der BF einmal und nicht mehrmals rechtskräftig verurteilt wurde wegen mehrerer zusammentreffender Vergehen, allerdings nicht wegen Verbrechen. Es sei auch im Spruch u.a. § 9 Abs. 2 AsylG [2005] herangezogen worden, ohne die betroffene Ziffer zu nennen. Eine besondere Gefährlichkeit des BF für die Allgemeinheit sei aus den Straftaten und den verhängten Strafen nicht abzuleiten, weshalb mangels konkreter Auseinandersetzung mit den Straftaten ein Begründungsmangel vorliege. Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe sei verbüßt worden, auch aufgrund vorgelegter Bestätigungen sei entgegen der Annahme der erstinstanzlichen Behörde davon auszugehen, dass der "Antragsteller" sich bemühe, in der Gesellschaft Fuß zu fassen, seine Freizeit sinnvoll zu verbringen und sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Dieser positive Aspekt müsse in die Abwägung für die Zukunftsprognose mit einbezogen werden. Außerdem erfülle der Antragsteller die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, weshalb der Prüfmaßstab (§ 6 Abs. 1 Z 2 bis4 AsylG) noch einmal höher sei und diese Ausschlussgründe jedenfalls zu verneinen seien. Eine Beschwerdeergänzung zu den folgenden einzelnen Punkten werde binnen Monatsfrist erfolgen:

1) Es werde zu den Ausführungen des Antragstellers zu seiner Wehrpflicht und dem Ersuchen der kurdischen Milizen, sich am Kampf zu beteiligen, verwiesen. Er sei nicht daran interessiert gewesen, sich an kriegerischen Auseinandersetzungen zu beteiligen, weshalb er früher oder später mit Konsequenzen hätte rechnen müssen.

2) Die vorliegende Verurteilung erfülle den herangezogenen Ausschlussgrund nicht und sei in Hinblick auf die Schwere des Eingriffs nicht ausreichend.

3) Bezüglich der Rückkehrentscheidung sei diese Regelung, der der Ausspruch darüber entgegenstehe, dass eine Ausweisung, Zurück- oder Abschiebung nicht zulässig sei, auf Verfassungskonformität zu überprüfen, da die Entscheidungen im Asylverfahren nicht nachvollziehbar würden. Erst nach Wegfall des Abschiebehindernisses wäre die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nachvollziehbar. Ebenso sei die Verbindung mit einem Einreiseverbot in Hinblick auf den Ausspruch, dass der Antragsteller wohl oder übel im Bundesgebiet aufhältig sein könne, nicht zielführend.

4) Zur Dauer des Einreiseverbotes (10 Jahre), werde angemerkt, dass dieses nicht zwingend nötig erscheine und zudem die gewählte Dauer der absoluten Obergrenze entspreche. Die sehr kasuistische Rechtsprechung würde ein Einreiseverbot höchstens im unteren Viertel der möglichen Höhe rechtfertigen.

5) Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und Nichtgewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise wurde ausgeführt, dass dem Antragsteller nach Meinung der belangten Behörde eine Ausreise nach Syrien aufgrund der nach wie vor gegebenen prekären Sicherheitslage jedenfalls nicht zumutbar sei, daher sei die Nichtgewährung einer Frist widersinnig. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bezüglich der davon insbesondere betroffenen Rückkehrentscheidung gehe ins Leere, und sei unverständlich.

In Summe sei die Entscheidung nicht zutreffend, es werde auch um Anberaumung einer Verhandlung ersucht, in der der BF seine Fluchtgründe noch einmal selbst schildern könne, zu der ein Dolmetsch für Kurdisch herangezogen werden sollte.

Es werde beantragt, dem Antrag auf internationalen Schutz Folge zu geben und den Status eines Asylberechtigten [zuzuerkennen]; in eventu den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen; in eventu einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen; in eventu die Rückkehrentscheidung ersatzlos zu beheben, bzw. festzustellen, dass eine solche zum jetzigen Zeitpunkt unzulässig sei; dass die ausgesprochene Rückkehrentscheidung ersatzlos behoben werde; dass das verhängte Einreiseverbot ersatzlos behoben, in eventu verkürzt werde; im Hinblick auf die Unmöglichkeit der Ausreise nach Syrien Spruchpunkt VII und VIII ersatzlos behoben werden und der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukomme.

12. Mit Schreiben vom 20.03.2018, eingelangt am 22.03.2017, legte das BFA den gegenständlichen Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

13. Mit Beschluss vom 28.03.2018, zugestellt am 29.03.2018, wurde vom BVwG der gegenständlichen Beschwerde des BF gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

14. Am 22.05.2018 legte der BF eine Ergänzung seiner Beschwerde vor, in der er zusammengefasst im Wesentlichen angab, dass seine Vorstrafe aus der damals sehr angespannten Situation resultiert habe, er sei damals rund einen Monat obdachlos gewesen. Inzwischen sei er bei "NEUSTART" und distanziere sich vom bisher Geschehenen.

Weiters: 1. Zum Themenkreis Zwangsrekrutierungen, dass von kurdischer Seite keine Zwangsrekrutierungen im eigentlichen Sinne durchgeführt würden aber massiver psychischer Druck ausgeübt werde. Seitens des Regimes sei der Kreis der Wehrpflichtigen erweitert worden. Im Falle einer Rückkehr stelle der BF ein interessantes Ziel dar. Er habe bislang den Militärdienst verweigert. 2. Der BF stamme aus XXXX , diesbezüglich sei das massive Vorgehen gegen Kurden auch von Seiten des Auslandes (Türkei) in Richtung seiner Schutzbedürftigkeit zu prüfen. 3. Bei der YPG sei nicht der Onkel des BF gewesen, sondern der Sohn eines Großonkels mütterlicherseits; dieser sei bereits vor 20 Jahren nach Norwegen gegangen und verstorben. 4. Von der österreichischen Polizei seien keine Feststellungen bezüglich des Fotos des BF in Uniform mit kurdischer Fahne und Gewehr getroffen worden. Der BF habe wegen eines Handy-Wechsels keinen Zugriff mehr auf seinen Schriftverkehr per E-Mail bzw. die damit zusammenhängenden Daten. 5. Der Referentenwechsel im erstinstanzlichen Verfahren zwischen den Einvernahmen werde gerügt, hier sei auch eine Verletzung des Unmittelbarkeitsprinzips gegeben. 6. Der BF habe kein gesteigertes Vorbringen erstattet, da die Erstbefragung sich in erster Linie auf den Reiseweg beziehen solle, im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens habe er alle Rückkehrbefürchtungen angegeben. Niemand, der seinen Wehrdienst zu dem Zeitpunkt angetreten habe, zu dem an ihn die Aufforderung ergangen sei, habe bis heute wieder das Militär verlassen. Er habe keine Möglichkeit, sich der Einberufung zu entziehen. Einen Kampf für das Regime oder die kurdischen Verteidigungseinheiten schließe er dezidiert aus, da er einerseits grundsätzlich keinen Wehrdienst ableisten und sich zudem an keinem Kampf wie dem aktuellen in Syrien beteiligen wolle. 7. Aus medizinischer Sicht habe sich ergeben, dass der BF an einer massiven Fehlsichtigkeit leide, weshalb ihm ein Behindertenpass (Grad der Behinderung 70%) ausgestellt worden sei. Er sei in seiner Wahrnehmung sehr eingeschränkt, uneingeschränkte Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand und der Erwerbsfähigkeit seien daher nicht zutreffend. Es sei anzunehmen, dass die Kopfschmerzen des BF im Zusammenhang mit der sehr hohen Fehlsichtigkeit stünden. In Friedenszeiten würde ihn dies möglicherweise untauglich machen. Mit Sehbehelf sei er ausreichend einsatzfähig, weshalb von einer Rekrutierung auszugehen sei.

15. Das BVwG führte am 22.06.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die kurdische Sprache (Kurmandschi) und die arabische Sprache durch, zu der der BF persönlich mit seinem zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberater erschien. Das BFA entschuldigte sein Fernbleiben.

Der BF wiederholte dabei über Nachfrage im Wesentlichen seine bisher im Verfahren gemachten Angaben, insbesondere zu seiner Person, seinen Familienangehörigen sowie zu seiner Ausreise. Er ergänzte zu seinem Namen, dass ihn seine Freunde mit dem Spitznamen "Abu Dango" genannt hätten. Zu seinen Sprachkenntnissen präzisierte er, dass er auch "syrisches Arabisch" spreche.

Er führte weiter aus, dass in Syrien noch folgende Verwandte leben würden: seine Eltern, zwei Schwestern und ein Bruder. In Deutschland lebe noch eine Schwester. Er selbst hätte meistens als Zimmermann im Betonbereich gearbeitet. Mittlerweile habe er ein wenig Deutsch gelernt mit Lesen und Schreiben. Wehrdienst hätte er in Syrien keinen abgeleistet.

Zu seiner Ausreise aus Syrien gab er an, dass er mit einer Gruppe von ca. 50 Menschen im Juni 2015 von Kobani zu Fuß in die Türkei gegangen seien. Die Ausreise sei illegal gewesen, er meine damit, dass er schon einen Reisepass mitgehabt habe, sie aber nicht über eine offizielle Grenzstation in die Türkei eingereist seien. Die Reise nach Österreich sei schlepperunterstützt gewesen. Von der Türkei nach Griechenland hätte er 1.500 US-Dollar und weitere 1.500 US-Dollar bis nach Österreich gezahlt. Dazu hätte er Schulden gemacht. Er schätze, dass er gesamt 3.500 US-Dollar verbraucht hätte. Die restlichen 500 Dollar hätte er für die Verpflegung gebraucht. Er sei nach seinem Grenzübertritt von Kobani aus ca. einen Monat in der Türkei gewesen und hätte weitere 15 Tage bis nach Österreich benötigt.

Der BF bekräftigte, dass er geflüchtet sei, um keinen Militärdienst machen zu müssen und nicht kämpfen zu müssen. Und die Lage sei in seiner Heimat immer schlechter geworden.

Er sei bereits früher im Ausland gewesen, im Irak, in Ägypten und auch in der Türkei. In der Türkei sei er fünf Jahre gewesen, zwei Jahre im Irak und ein Jahr in Ägypten. Auch acht Monate sei er im Libanon gewesen. Grund dafür sei immer Arbeit gewesen, diese Reisen seien alle legal gewesen. Die Stempel befänden sich noch in seinem Reisepass. Das erste Mal habe er seine Heimat im Jahr 2010 verlassen. In diesem Jahr habe er auch seinen Reisepass ausgestellt bekommen. Als er fünfzehn gewesen sei, hätte er seinen Personalausweis bekommen, in Syrien sei das so. Vor dem 15. Lebensjahr bekomme man in Syrien keinen Personalausweis, aber einen Reisepass schon.

Das erste Mal 2010 im Ausland sei er ein Jahr in Ägypten gewesen. Zwischendurch sei er wieder in seiner Heimat gewesen, zwei Mal. Gesamt wären es ein Jahr und zwei Monate gewesen. Auf weiteres Befragen gab der BF genau folgendes an:

"RI: Dazwischen waren Sie Zuhause?

BF: Ja, ich war einmal wieder in Syrien.

RI: Nur für einen Tag oder länger?

BF: Ich glaubte, ich kehrte dann nicht mehr heim. Ich glaube, dass mein Aufenthalt in Ägypten zunächst sechs Monate war, dann ist mein Visum abgelaufen und es wurde mit dem Stempel gespielt und dann wurde der Aufenthalt wieder für sechs Monate verlängert.

RI: Das mit dem Stempel war in Syrien?

BF: Ich meine mit dem Stempel gespielt, dass ich eine Strafe bezahlt habe, weil ich nicht rechtzeitig den Aufenthalt verlängert habe, so meine ich das. Das war in Ägypten und ich kehrte nach Syrien zurück und ging nicht mehr nach Ägypten.

RI: Das kann jetzt aber so nicht stimmen. Sie haben zuerst gesagt, dass Sie über ein Jahr in Ägypten waren?

BF: Ich war doch zweimal in Ägypten. Beim ersten Mal habe ich den Aufenthalt verlängern lassen und dann kehrte ich nach Syrien zurück und ich fuhr dann wieder nach Ägypten zurück und war dort ca. ein bis zwei Monate. Genau erinnere ich mich nicht mehr.

RI: Wo haben Sie den Aufenthalt verlängern lassen, in Ägypten oder in Syrien?

BF: In Ägypten war das.

RI: Und habe ich das jetzt so richtig verstanden, dass Sie im Alter von 16 Jahren 2010, für 6 Monate nach Ägypten gefahren sind, um dort zu arbeiten, dann in Ägypten Ihr Visum für weitere 6 Monate verlängert haben, dann zurück in Ihre Heimat gefahren sind und danach wieder für 2 Monate nach Ägypten zurückgekehrt sind?

BF: Ja. Als ich damals nach Ägypten flog, habe ich 32.000 syrische Lira bezahlt und für hin und retour für 6 Monate.

RI: Wann sind Sie denn in den Irak gegangen? War das auch, um zu arbeiten?

BF: Das war auch um zu arbeiten. Ich war im Jahr 2014 im Irak, da bin ich mir sicher.

RI: Sie haben aber vorhin gesagt, dass Sie insgesamt zwei Jahre im Irak waren. War das in einem oder mehrere Male?

BF: Nein, ich war zweimal im Irak, während dieser zwei Jahre.

RI: Sie haben vorhin auch erzählt, dass Sie in der Türkei waren, für insgesamt fünf Jahre? War das nach Ihrem Irak-Aufenthalt oder war das abwechselnd?

BF: Das war vor der Irak-Reise und auch nach der Irak-Reise. Ich meine, gesamt war ich fünf Jahre in der Türkei.

RI: War das auch um zu arbeiten?

BF: Ja, das war auch wegen der Arbeit. Ich ging dazwischen immer wieder zurück in den Irak.

RI: Waren das längere Aufenthalte in Ihrer Heimat oder nur ganz kurze?

BF: Nein, das war immer nur ein paar Tage, bis ein Monat. Auf alle Fälle weniger als ein Monat.

RI: Wann waren Sie im Libanon?

BF: Vielleicht war es 2011 oder 2012. Das war nach der Reise nach Ägypten.

RI: War das auch um zu arbeiten dort?

BF: Ja.

RI: Hat es im Libanon besondere Ereignisse gegeben?

BF: Ja, ich habe meine Geldtasche verloren und mein Personalausweis war auch in dieser Geldtasche.

RI: Sonst hat es keine besonderen Ereignisse im Libanon gegeben?

BF: Nein.

Die Verhandlung wird um 14:43 Uhr unterbrochen und um 15:16 Uhr wieder aufgenommen.

RI: Jetzt muss ich Ihnen Herr Omar vorhalten, dass Sie am 18. Jänner 2018 vor dem BFA ausgesagt haben, dass Sie im Libanon im Gefängnis gewesen sind. Können Sie mir das bitte erklären?

BF: Ja, das stimmt. Wegen dem Personalausweis-Verlust war ich im Libanon im Gefängnis.

RI: Warum haben Sie mir das vorhin nicht erzählt?

BF: Also, ich wollte es noch sagen und dann haben Sie Pause gesagt.

RI: Ich habe Sie zweimal gefragt, ob es noch besondere Vorkommnisse im Libanon gab und Sie haben zweimal nein gesagt, das war noch vor der Pause.

BF: Dieses Gefängnis hat mit dem Personalausweisverlust zu tun gehabt und ich meinte damit, dass ich keine anderen Vorfälle im Libanon hatte.

RV: Wie lange waren Sie im Gefängnis im Libanon?

BF: Einen Monat und 20 Tage. Danach haben die Libanesen mich nach Syrien zurückgeschickt. Meine Mutter kennt einen Richter, der dafür gesorgt hat, dass keiner mich in Syrien festnehmen soll, wegen des Verlustes des Personalausweises.

RI: Waren Sie auch in anderen Ländern schon einmal im Gefängnis?

BF: Nein, in Österreich schon.

RI: Weswegen?

BF: Ich weiß es nicht, das hat mit Politik zu tun oder mit Religion, oder mit Behördensachen. Es war auf jeden Fall wegen dem Aufenthalt.

RI: Kehren wir wieder zurück zu Ihrer Flucht aus Syrien.

BF: Ich möchte noch ergänzen, dass ich auch in Syrien einmal in Haft war.

RI: Weswegen?

BF: In der Arbeit hat mein Arbeitskollege sich mit einer Pistole umgebracht.

RI: Sie waren daran schuld?

BF: Nein. Er hatte Probleme mit seiner Familie und wegen Ehe gehabt.

RI: Sie haben mir vor der Pause erzählt, dass Sie aus Syrien geflüchtet sind, damit Sie keinen Militärdienst machen müssen und nicht kämpfen müssen. Hatten Sie einen Einberufungsbefehl erhalten?

BF: Ja, zweimal kamen die Behörden zu mir nach Hause und sie wollten mich mitnehmen für den Militärdienst. Das meine ich mit Einberufung.

RI: Wann war das?

BF: Ich glaube, das war im Jahr 2012, als mein erster Reisepass abgelaufen war. Bei der Reisepassausstellung wurde mir erklärt, dass ich nach zwei Jahre nach der Ausstellung des Reisepasses zum Militär gehen muss.

RI: Das haben Sie jetzt damit gemeint, dass zweimal die Behörden zu Ihnen nach Hause gekommen sind oder war das ein anderer Vorfall?

BF: Ja, wegen dem Militärdienst.

RI: Die Behörden sind zu Ihnen nach Hause gekommen, um Ihnen einen Reisepass auszustellen?

BF: Nein, ich war der Behörde, um einen Reisepass ausstellen zu lassen. Aber die Behörden kamen zweimal zu mir dann nach Hause. So erinnere ich mich.

RV: Sie haben gesagt, 2010 wie Sie ausgereist nach Ägypten hatten Sie bereits einen Reisepass. War er abgelaufen oder gab es eine Erstausstellung?

BF: Das war mein erster Reisepass im Jahr 2010.

RI: Wann sind die Behörden zu Ihnen nach Hause gekommen?

BF: 2012.

RI: Die sind zweimal gekommen?

BF: Ja.

RI: Am gleichen Tag oder in der gleichen Woche, im gleichen Monat?

BF: Ich glaube, ich rede viel. Es waren zwei Monate zwischen dem ersten und dem zweiten Mal, als die Behörden kamen.

RI: Waren Sie da alleine zuhause oder waren andere Menschen dabei?

BF: Beim ersten Mal war ich schon zuhause und ich habe der Behörde gesagt, dass ich mich melden würde. Ich ging aber nicht hin. Beim zweiten Mal war ich nicht zuhause.

RI: Und woher wissen Sie dann, dass die Behördenvertreter ein zweites Mal gekommen sind?

BF: Mein Vater hat mir das gesagt und er sagte, nach zweimal ist es sehr gefährlich und ich muss einen anderen Weg für mich finden. Beim dritten Mal muss man unbedingt dann mitgehen.

RI: Und wo waren Sie, als Sie die Behördenvertreter ein zweites Mal kamen, zu Ihrem Vater?

BF: Ich weiß es nicht mehr. Ich war schon in der Arbeit in Syrien, aber mehr weiß ich nicht.

RI: Sind Sie trotzdem bei der syrischen Armee gewesen?

BF: Ich habe danach meinen Reisepass verlängert und zahlte dafür ein Bestechungsgeld und dann reiste ich aus, bevor ich den Militärdienst machen muss. Es waren Kriegsumstände und niemand hat mich festgenommen. Ich konnte entkommen.

RI: Haben Sie schon mal in einem anderen Land Militärdienst geleistet?

BF: Nein.

RI: Warum möchten Sie keinen Militärdienst leisten?

BF: Jeder, der zum Militärdienst ging, ist verstorben. Niemand kam zurück.

RI: Ist das Ihr einziger Grund Militärdienst zu verweigern, weil Sie Angst haben, zu sterben?

BF: Ich hatte Angst beim Militärdienst zu sterben und meine Familie nicht mehr sehen zu können.

RI: Haben Sie Bedenken, auf andere Menschen zu schießen oder Gewalt auszuüben?

BF: Ja sicher, davor habe ich Angst.

RI: Weswegen haben Sie Angst davor?

BF: Das ist ganz schlimm, wenn man sieht, dass ein Mensch getötet wird. Die Menschen haben auch selber Angst, getötet zu werden.

RI: Haben Sie schon Menschen gesehen, die getötet wurden?

BF: Nein. Aber nur als mein Freund damals sich umgebracht hat, habe ich ihn tot gesehen. Ich habe ihn gesehen, als er sich getötet hat.

Verhandlung wird um 15:49 Uhr unterbrochen und um 16:09 Uhr wieder aufgenommen.

RI: Herr Omar, Sie haben uns erzählt, dass Sie weder beim syrischen Militär, noch in einem anderen Land Militärdienst geleistet haben. Haben Sie auch sonst nie irgendeinen Militärdienst geleistet?

BF: Nein.

RI: Haben Sie auch nie bei irgendeiner Miliz Militärdienst geleistet?

BF: Nein, nein, nichts davon. Vielleicht meinen Sie, dass ich mit Militäranzug irgendwo erscheinen. Vielleicht meinen Sie das Foto?

RI: An welches Foto denken Sie?

BF: Als ich im Irak war, habe ich den Anzug von kurdischen Peschmerga gehabt und auch die kurdische Fahne ist hinter mir. Ich kann das Foto noch am Handy zeigen.

RI: Ja bitte, zeigen Sie es mir.

Festgehalten wird, dass der BF auf seinem Mobiltelefon ein Foto vorzeigt, das ihn vor einer kurdischen Fahne in Kampfanzug und mit Sonnenbrillen zeigt.

RI: Herr Omar, ist das Ihre Face-Book Seite? Vorgelegt wird Beilage

1.

BF: Ja.

Dem BF wird eine Farbfotokopie der Beilage übergeben und es wird festgehalten, dass das Foto auf der Face-Book-Seite und das Foto auf dem Mobiltelefon ident sind.

BF: Wegen dieses Fotos war ich in Österreich über drei Monate in Haft.

RI: Gibt es sonst noch irgendwelche Anhaltspunkte, dass Sie bei irgendeiner Miliz möglicherweise Militärdienst geleistet haben?

BF: Ja doch, ca. ein Monat war ich auch bei YPG Kämpfer in Kobani.

RI: Warum haben Sie mir das vorher nicht gesagt, als ich Sie konkret danach gefragt habe?

BF: Wir sind noch gerade dabei, ich antworte ja. Wir sind erst zum Thema Foto gekommen usw. Ich verstehe nicht, was Sie heute mit mir vorhaben.

RI: Vorhalt. Bei Ihrer Einvernahme am 21.12.2016 vor dem BFA haben Sie angegeben, dass die Mitglieder der YPG Sie aufgefordert haben, sich ihnen anzuschließen. Haben Sie sich nun der YPG angeschlossen oder nicht?

BF: Ja, ich habe einen Monat für sie Dienst und Hilfe geleistet. Und das war freiwillig von mir und ich kehrte dann wieder zurück, ich habe sie verlassen.

RI: Hat es deswegen von Seite der YPG Ihnen gegenüber oder Ihrer Familie gegenüber, irgendwelche Repressalien gegeben?

BF: Nein, es gab kein Problem.

RI: Haben Sie im Verlauf dieses Monats auch an Kampfhandlungen teilgenommen?

BF: Nein, nein.

RI: Vorhalt. Bei Ihrer Einvernahme am 21.12.2016 vor dem BFA haben

Sie angegeben: "Ja, ich wurde dazu gezwungen, ich war ein Monat dabei und habe gekämpft". (AS 173).

BF: Es war meine Pflicht hinzugehen, so meine ich, niemand hat mich dazu gezwungen.

RI: Sie haben mir aber vor der Pause erzählt, dass Sie Bedenken hätten, auf andere Menschen zu schießen oder Gewalt auszuüben? Wie lässt sich das miteinander in Einklang bringen?

RV: Könnte man dem BF noch einmal über das Entschlagungsrecht belehren?

RI an RV: Inwiefern sehen Sie hier einen Fall des Entschlagungsrechtes gegeben?

RV: Wenn er sich selbst belasten würde, würde es strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

RI an RV: Ich kann noch nicht einen Fall des Entschlagungsrechtes im Zusammenhang mit dieser Frage, die sich auf moralische Fragen erkennen. Die Frage war, wie sich eine freiwillige Meldung zu einer kämpfenden Truppe damit in Einklang bringen lässt, dass man Bedenken hat, auf andere Menschen zu schießen und Gewalt auszuüben. Die Frage war nicht darauf gerichtet, ob er auf andere Menschen geschossen hat und Gewalt ausgeübt hat. Ist das damit geklärt?

RV: Es ist nur meine Angst, was er darauf antwortet. Ich weiß nicht, was er dort gemacht hat.

RI belehrt hierauf nochmals den BF, dass er nicht verpflichtet ist, sich selbst strafrechtlich zu belasten.

BF: Es passt, ich habe es verstanden.

RI: Wenn Ihre Vertreterin konkret dieses Thema aufgegriffen hat, frage ich konkret: haben Sie im Zuge Ihrer Tätigkeit bei der YPG in diesem Monat an Kampfhandlungen teilgenommen und auf Menschen geschossen?

BF: Nein. Es gab keine Tötungen und ich habe auch nicht gekämpft. Es war alles freiwillig. Es ist normal, die Jungen und die Alten schießen dort solche Fotos. Auch die Frauen.

RI: Welche Fotos meinen Sie nun konkret. Das Foto, welches Sie uns vorhin gezeigt haben oder meinen Sie andere Fotos?

BF: Ich meine das Foto, dass ich vorhin vorgewiesen habe. Ich verstehe nicht, warum ich keinen Aufenthalt in Österreich bekommen habe, obwohl meine Freunde das schon längst bekommen haben.

RI: Haben Sie gerne Schusswaffen und handhaben Sie gerne mit diesen?

BF antwortet auf Deutch: Das kommt für Kinder.

RI: Bitte erzählen Sie mir nicht, was Kinder machen, sondern erzählen Sie mir, was Sie mit Waffen gemacht haben oder nicht gemacht haben, seitdem Sie kein Kind mehr sind?

BF: Ich weiß, dass dieses Thema der Grund ist, weshalb ich bis heute meinen Aufenthalt nicht bekam.

RI: Das wa

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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