TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/27 95/05/0050

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Veröffentlicht am 27.04.1999
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

BauO Wr §128 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §70 Abs2;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Sonja und des Paul Kattner in Wien, beide vertreten durch Dr. Charlotte Bauer-Nusko, Rechtsanwalt in Wien III, Salesianergasse 1b/2/3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Dezember 1994, Zl. MD-VfR - B XXII - 17/94, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 18. März 1994 stellte die Baubehörde fest, dass für das auf der den Beschwerdeführern gehörigen Liegenschaft, Parzelle 28, EZ 1633 und 1049, KG Kagran, errichtete Gebäude die mit 31. Dezember 1993 (gemäß § 71 BauO für Wien) befristete Baubewilligung vom 23. Juni 1988 abgelaufen sei. Ein Bauauftragsverfahren wurde eingeleitet. In der dazu am 27. April 1994 durchgeführten mündlichen Verhandlung stellte der Verhandlungsleiter die im späteren Bauauftrag aufgezählten Baulichkeiten fest. Da die mit 31. Dezember 1993 nach § 71 der BauO für Wien befristet gewesene Baubewilligung vom 23. Juni 1988 und die späteren Planwechselbewilligungen abgelaufen seien, seien die genannten baulichen Herstellungen konsenslos. Eine Blechhütte im Ausmaß von ca. 9 m2 sei ohne erforderliche Baubewilligung errichtet worden.

Die Beschwerdeführer erklärten in dieser Verhandlung, dass für sämtliche Häuser auf der Liegenschaft EZ 1633 keine Baubewilligungen auflägen und für diese Häuser ebenfalls um nachträgliche Baubewilligung angesucht werden müsse.

Mit Bescheid vom 20. Mai 1994 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, den Beschwerdeführern als Hausmiteigentümern und Liegenschaftsmiteigentümern den Auftrag,

1.

das Kleinhaus im Ausmaß von 125,00 m2,

2.

die Kleingarage im Ausmaß von 18,00 m2,

3.

die fundierte Einfriedung entlang der Baulinie und der rechten Grundstücksabgrenzung und

              4.              die Blechhütte im Ausmaß von ca. 9 m2

abzutragen. Diese Maßnahmen waren binnen sechs Monaten nach Rechtskraft in Angriff zu nehmen und sodann ohne unnötige Unterbrechung zu beenden.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, sie hätten nur deshalb eine befristete Baubewilligung erhalten, weil das Verfahren zur Grundstücksumlegung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Da in Bezug auf 25 konsenslose Baulichkeiten noch nicht einmal die erste Einreichung erfolgt sei, seien die Beschwerdeführer nicht gewillt, der Aufforderung für eine zweite Planeinreichung Folge zu leisten. Hinsichtlich der Blechhütte wurde darauf hingewiesen, dass auf der Parzelle des W. , Obachgasse 15, ebenfalls ohne Baubewilligung ein Geräteholzhaus errichtet worden sei. Es wurde um eine neuerliche Befristung für die Dauer des Grundumlegungsverfahrens ersucht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Selbst wenn andere Baulichkeiten keinen Konsens aufwiesen und dennoch nicht beanstandet worden seien, sei daraus kein Recht der Beschwerdeführer ableitbar, entgegen der Bauordnung nicht genehmigte Bauten bestehen zu lassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführer im Recht auf Durchführung eines "ordentlichen und rechtmäßigen Bauverfahrens sowie auf ein gesetzmäßiges und mängelfreies Verfahren nach den Bestimmungen des AVG und der Wiener Bauvorschriften" und weiters in ihrem Recht, unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes nicht der Führung eines vorschriftswidrigen Baues schuldig erkannt und mit Abtragung beauftragt zu werden, verletzt erachten. Es werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In Anbetracht des Zeitpunktes der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist hier die BauO für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 (BO) anzuwenden. Gemäß § 129 Abs. 10 BO sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen. Vorschriftswidrig ist jeder Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war (und weiterhin erforderlich ist), für den aber eine Baubewilligung nicht vorliegt. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit des Baues ist im Verfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 91/05/0088, mit einem weiteren Nachweis). Steht fest, dass die Errichtung eines Gebäudes weder im Zeitpunkt der Errichtung noch später ohne Baubewilligung zulässig war, liegt also ein konsensloser Bau vor, dann gelten für den Abbruch des konsenslosen Gebäudes die Vorschriften in jenem Zeitpunkt, in dem die Behörde tätig wurde (siehe das zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993 mit einem weiteren Nachweis). Die Vollstreckung des Bauauftrages und eine Bestrafung ist jedoch so lange unzulässig, als ein Ansuchen um nachträgliche Bewilligung anhängig ist (hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0121).

Die Behauptung, der Zweitbeschwerdeführer habe das gegenständliche, auf der Liegenschaft stehende Haus nach seinen Eltern geerbt und seine Kindheit dort verbracht, wurde erstmals in der Beschwerde aufgestellt. Ein bisher im Verwaltungsverfahren nicht erstattetes Tatsachenvorbringen ist jedoch im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot nicht zu berücksichtigen. Abgesehen davon spielen diese Überlegungen für die Rechtmäßigkeit des verfahrensgegenständlichen baupolizeilichen Auftrages keine Rolle.

Die Beschwerdeführer bestreiten weder die Bewilligungspflicht für die gegenständlichen Bauten zum Zeitpunkt der Errichtung und der Erlassung des im Instanzenzug ergangenen Beseitigungsauftrages noch den Umstand, dass sie für keinen der Bauten über eine gültige Baubewilligung verfügen. Dass die 1988 erteilte Baubewilligung gemäß § 71 BO befristet war, räumen auch die Beschwerdeführer ein; die Rechtsfolge der durch Fristablauf eingetretenen Konsenslosigkeit kann nur sein, dass die Verpflichtung zur Abtragung des Baues besteht, wenn eine nachträgliche Genehmigung nicht erfolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1928, Slg.Nr. 15.429/A.).

Unerheblich ist es, ob die Beschwerdeführer in der Zwischenzeit ein neuerliches Baubewilligungsansuchen eingereicht haben, wie sie jetzt in der Beschwerde behaupten. Es kann nämlich keinesfalls ein Ansuchen allein den einen Beseitigungsauftrag hindernden Konsens herbeiführen (siehe das zitierte Erkenntnis vom 22. Juni 1993).

Niemand kann aus einer - allenfalls rechtswidrigen - Vorgangsweise gegenüber Dritten für sich einen Anspruch auf vergleichbare Rechtswidrigkeit ableiten (hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 92/05/0110, mit einem weiteren Nachweis). Selbst für den Fall, dass konsenslose Bauten in der Umgebung der gegenständlichen Parzelle unbeanstandet stünden, können die Beschwerdeführer daraus keinen Anspruch auf gleiche Behandlung durch die Baubehörde ableiten.

Den Beschwerdeführern nützt es auch nicht, dass für das im Jahre 1988 bewilligte Gebäude auch eine Benützungsbewilligung erteilt wurde. Aus der Erteilung der Benützungsbewilligung kann nämlich kein anderes Recht als das auf Benützung abgeleitet werden (hg. Erkenntnis vom 29. September 1992, Zlen. 89/05/0030, 0031, mit einem weiteren Nachweis). Durch die Benützungsbewilligung wurde weder die in der Baubewilligung gemäß § 71 BO gesetzte Frist verlängert, noch konnte durch die Benützungsbewilligung ein unbedingter Konsens geschaffen werden.

Im Bauauftragsverfahren gemäß § 129 Abs. 10 BO besteht kein Raum für eine Klärung der Ursachen dafür, weshalb keine gültige Baubewilligung vorliegt, weil diese Bestimmung allein darauf abstellt, dass der Bau vorschriftswidrig ist. Auf einen konsentierten Bestand des Kleinhauses, der Kleingarage und der Einfriedung wie auch der Blechhütte können sich die Beschwerdeführer nicht berufen, weshalb der baupolizeiliche Auftrag zu Recht erteilt wurde.

Da die Beschwerdeführer sohin durch die Erteilung des Bauauftrages in ihren Rechten nicht verletzt worden sind, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. April 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1995050050.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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