TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/22 91/05/0088

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Veröffentlicht am 22.06.1993
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BauO Wr §129 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des L in S, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 7. März 1991, Zl. MD-VfR-B XI-26/90, betreffend einen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines Kleingartenhauses (Superädifikat), Kleingartenanlage X, Gruppe I, Los Nr. 10, EZ 253 der KG X. Mit Bescheid vom 2. November 1990 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, den Auftrag, das genannte ohne baubehördliche Baubewilligung errichtete Kleingartenhaus im Ausmaß von 8,15 m mal 8,19 m binnen 12 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.

In der dagegen erstatteten Berufung führte der Beschwerdeführer u.a. aus:

"Das von Ihnen angesprochene Objekt wurde im Jahre 1949 von meinem Onkel erbaut, wobei dieser auch um die baubehördliche Bewilligung mit einem diesbezüglichen Bauplan ersucht hat. Diese Einreichung wurde baubehördlich bis zum heutigen Tage nicht behandelt und konnte daher auch nicht bewilligt werden. Ich als Erbe dieses Superädifikates habe das gegenständliche Objekt in seinem Ausmaß nicht verändert, sondern lediglich Adaptierungsarbeiten durchgeführt, wie es in dieser Kleingartenanlage überall gehandhabt wird."

Zum Beweis für sein Vorbringen legte der Beschwerdeführer einen Einreichplan vor, der angeblich aus dem Jahr 1949 stammt, sowie ein Schreiben der Magistratsabteilung 19-Architektur vom 8. August 1949, welches folgendermaßen lautet:

"Bestätigung.

Es wird hiermit die Übernahme eines Planes für das Bauvorhaben Schrebergartenhaus für Herrn J bestätigt."

Aufgrund der Berufung wurde von der Magistratsabteilung 37/11 eine Einschau in das Protokollbuch des Jahrganges 1949 vorgenommen und festgestellt, daß am 15. September 1949 bei der MA 37/11 ein Geschäftsstück einlangte, das unter der Zahl MAbt 19-B11/1708/49 von der MA 19 übermittelt wurde. Die Eintragung lautete: "J Schrebergartenhaus Pr.Zl. 1346". Die Erledigung sei am 31. Juli 1951 durch Ablage erfolgt. Die Protokollbücher der Jahre 1949 und 1950 sowie die Kartei seien durchgesehen worden und es hätte sich keine weitere Eintragung gefunden.

Der Beschwerdeführer gab über Vorhalt an, er könne zum heutigen Zeitpunkt nicht behaupten, ob die am 15. September 1949 bei der MA 37/11 eingelangten Unterlagen ein formell richtiges Bauansuchen dargestellt hätten. Aufgrund des angeschlossenen Einreichplanes sei jedoch anzunehmen, daß der Wille für die Erwirkung einer Baubewilligung vorhanden gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach der Aktenlage liege für das Projekt keine Baubewilligung vor. Selbst wenn der Beschwerdeführer um nachträgliche Baubewilligung angesucht haben sollte, stehe dies der Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides nicht entgegen, weil auch während der Anhängigkeit dieses Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung ein Auftrag zur Beseitigung der eigenmächtigen Bauführungen erteilt werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist die Bewilligungspflicht für das nach den Angaben in der Beschwerde 1949 errichtete Gebäude, und zwar sowohl nach der damals geltenden wie nach der heute geltenden Rechtslage. Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 18/1976 (im folgenden: BO) sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen. Vorschriftswidrig ist jeder Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war (und weiterhin erforderlich ist), für den aber eine Baubewilligung nicht vorliegt. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit des Baues ist im Verfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen. Es ist hier ohne Bedeutung, daß die Behörde über Jahrzehnte - an sich daher rechtswidrig - nicht einschritt. Aus einem langjährigen unbeanstandeten Gebrauch kann kein Rechtsanspruch auf weitere Duldung eines bauordnungswidrigen Zustandes abgeleitet werden. Steht fest, daß die Errichtung eines Gebäudes weder im Zeitpunkt der Errichtung noch später ohne Baubewilligung zulässig war, liegt also ein konsensloser Bau vor, dann gelten für den Abbruch des konsenslosen Gebäudes die Vorschriften in jenem Zeitpunkt, in dem die Behörde tätig wurde (Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 506 m.w.N.).

Unerheblich ist hingegen, ob 1949 ein Bauansuchen gestellt wurde. Gemäß § 72 BO in der seit LGBl. Nr. 11/1930 geltenden Fassung darf mit dem Bau vor Rechtskraft der Baubewilligung nicht begonnen werden. Im Verwaltungsverfahren wurde nicht einmal behauptet, daß jemals eine rechtskräftige Baubewilligung erteilt worden wäre, wobei darauf hinzuweisen ist, daß gemäß § 70 Abs. 1 BO auch in der 1949 geltenden Fassung über ein Ansuchen auf Baubewilligung schriftlich zu erkennen war. Keinesfalls konnte aber das Ansuchen allein den einen Beseitigungsauftrag hindernden Konsens herbeiführen.

Die Vermutung, eine Baubewilligung könne sich in einem nicht auffindbaren Geschäftsstück befinden, wird erstmals in der Beschwerde aufgestellt; der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 41 Abs. 1 VwGG jedoch von dem Sachverhalt auszugehen, den die belangte Behörde nach einem mangelfreien Verfahren angenommen hat.

Für das Ansinnen des Beschwerdeführers, die Behörde müsse ein Baubewilligungsverfahren von Amts wegen einleiten, fehlt jegliche Rechtsgrundlage.

Da der Beschwerdeführer durch die Erteilung des Bauauftrages in seinen Rechten nicht verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991050088.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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