TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/7 W196 2185929-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.12.2018
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Entscheidungsdatum

07.12.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W196 1437933-1/12E

W196 2145584-1/11E

W196 1437934-1/8E

W196 2185929-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , und 4.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Georgien, vertreten durch Verein Zeige, gegen die Bescheide des Bundesasylamtes Außenstelle Wien zu 1.) Zl. 1304.963-BAW, vom 04.09.2013 zu 2.) Zl. 539380206-140126581 vom 23.12.2016 zu 3.) Zl. 1309.460-BAW, vom 04.09.2013 und zu 4.) Zl. 1157133907-170726122 vom 26.04.2018, beschlossen:

A)

I. Die Verfahren werden hinsichtlich der Beschwerden gegen Spruchpunkt I und II gemäß §§ 28Abs1, 31 Abs.1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , und 4.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Georgien, vertreten durch Verein Zeige, gegen die Bescheide des Bundesasylamtes Außenstelle Wien zu 1.) Zl. 1304.963-BAW, vom 04.09.2013 zu 2.) Zl. 539380206-140126581 vom 23.12.2016 zu 3.) Zl. 1309.460-BAW, vom 04.09.2013 und zu 4.) Zl. 1157133907-170726122 vom 26.04.2018, zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis V der angefochtenen Bescheide zu den Zlen. 1.) 1157133907-170726122 2.) 1309.460-BAW 3.) 539380206-140126581 und 4.) 1304.963-BAW stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

XXXX und XXXX , wird gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

XXXX und XXXX wird gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Georgien, reiste erstmals am 09.04.2013 in das Bundesgebiet ein und stellte am 17.04.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich ihrer niederschriftlichen Befragung vom 17.04.2013 vor Beamten der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST, gab die Erstbeschwerdeführerin zu ihren Gründen für die Antragstellung befragt an, dass sie nicht in der Heimat habe bleiben könne, weil sie von ihrem Lebensgefährten den sie schon seit ihrer Kindheit kenne in der 39. Woche schwanger sei und ihre Verwandten das nicht hätten akzeptieren können, weil die Mutter des Lebensgefährten die Taufpatin der Erstbeschwerdeführerin sei und das nach georgischer Auffassung eine Art Verwandtschaft begründe, die diese Beziehung und Schwangerschaft unmöglich mache. Sie soll daher das Kind abtreiben und die Beziehung beenden. Als es dazu zu spät war, sollte sie das Baby nach der Geburt zur Adoption freigeben. Die Eltern des Kindesvaters hätten sie terrorisiert und geschlagen.

Am 25.06.2013 wurde die Erstbeschwerdeführerin beim Bundesasylamt für Fremdenwesen und Asyl genauer zu ihrer Ausbildung und ihren Familienverhältnissen sowie zum Fluchtgrund niederschriftlich befragt. Sie gab wieder an, dass sie schwanger sei und sie wegen des Vaters ihrer Tochter das Land verlassen habe müssen. Dieser sei der Sohn ihrer Taufpatin und somit nach georgischer Auffassung mit ihr "religiös" verwandt sodass weder eine Ehe noch ein gemeinsames Kind durch ihre Familien akzeptiert würde.

Der Zweitbeschwerdeführer und Vater der Drittbeschwerdeführerin reiste mit einem Studenten Visum (gültig von 10.11.2011 bis 13.10.2014) legal nach Österreich ein und stellte am 31.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Er gab bei seiner niederschriftlichen Befragung zum Fluchtgrund am 31.10.2014 und am 18.11.2016 an, dass durch die "religiöse Verwandtschaft" mit seiner Lebensgefährtin, deren Schwangerschaft und die darauf fußende gesellschaftliche Verfolgung, auch sein Grund gewesen sei Georgien zu verlassen.

Am 27.06.2013 wurde die Drittbeschwerdeführerin und Tochter der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers in Österreich geboren und stellt die Mutter für sie am 04.07.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren.

Am 01.06.2017wurde der minderjährige Viertbeschwerdeführer und Sohn der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers in Wien geboren und wurde am 21.06.2017 für diesen durch die Erstbeschwerdeführerin als seine gesetzliche Vertreterin ein Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gestellt.

Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.09.2013, 23.12.2016 und vom 26.01.2018 wurden die Anträge der Beschwerdeführer bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), diesen der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen. (Spruchpunkt III bezüglich Erst und Drittbeschwerdeführerin), bzw. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien zulässig sei. (Spruchpunkte III bis V bezüglich des Zweit und Viertbeschwerdeführers).

Begründend wurde zu Spruchpunkt I. kurz zusammengefasst festgehalten, dass dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin zu den von ihr behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei. Weder habe sie studiert noch sei sie schwanger.

Dagegen wurde am 18.09.2013 (bez. Erst und Drittbeschwerdeführerin), am 09.01.2017 bezüglich des Zweitbeschwerdeführers, und am 06.02.2018 bezüglich des Viertbeschwerdeführers Beschwerde erhobenen.

Die Erstbeschwerdeführerin beantragte eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und eine mündliche Verhandlung. Die Tatsache, dass ihre Verwandten dem Sachverständigen nichts von der Schwangerschaft gesagt hätten, liege möglicherweise daran, dass sie ein Gerede im Dorf verhindern hätten wollen und die Tatsache ihres Studiums sei durch den Studienausweis leicht zu belegen.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.11.2018 eine mündliche Verhandlung mit der ganzen Familie durch um die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Zweifel gezogene Glaubwürdigkeit der Erstbeschwerdeführerin zu überprüfen. Dabei konnte diese durch das Vorzeigen ihrer Tochter die Behauptung der Erstbehörde dass sie gar nicht schwanger gewesen sei entkräften und durch die Vorlage eines Studienausweises auch ihre Ausbildung zum Lehramt an der Universität Tiflis beweisen, einen Umstand der ihr durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ebenfalls nicht geglaubt wurde. Die Beschwerdeführer zogen nach Belehrung die Beschwerden gegen Spruchpunkt I und II zurück. Sohin wird festgehalten, dass die Spruchpunkte I und II der Bescheide der Beschwerdeführer in Rechtskraft erwachsen.

Zur Integration der Familie wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

1.) Zur Person der Erstbeschwerdeführerin:

ein Arbeitsvorvertrag bei der Firma Estra Delikatessen Handels GmbH, Unterlagen über ein georgisches Reifezeugnis und Teile des georgischen Studiums bzw. der Universitätsreife, ein Zeugnis der Universität Wien über einen Deutschkurs mit bestandener Prüfung B2 und C1, weiters einen Sprachdiplom Deutsch des ÖSD Niveau C1, eine Bestätigung des Hilfswerks über die Grundausbildung der Erstbeschwerdeführerin zur Lernbegleiterin für nicht deutschsprachige Kinder, ein Schreiben der Bakip Kindergartenpädagogik, dass die Erstbeschwerdeführerin die Eignungsprüfung für das 4-semestrige Kolleg für Kindergartenpädagogik erfolgreich abgelegt habe, vier Empfehlungsschreiben von Privatpersonen,

2.) Zur Person des Zweitbeschwerdeführers:

Ein Bescheid vom April 2011 über die Zulassung zum Bachelorstudium Kulturtechnik und Wasserwirtschaft für das Wintersemester, ein Informationsschreiben der österreichischen Orientgesellschaft, dass sich die Deutschkenntnisse des Zweitbeschwerdeführers auf dem Niveau Art 2+ / B1 befinden, eine Anmeldebestätigung der Universität für Bodenkultur für einen Deutschkurs.

3.) Bestätigung des Kindergartens über die ausgesprochen gute Zusammenarbeit mit den Eltern der Drittbeschwerdeführerin.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakten, der Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer, ihrer Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt und der Befragung durch das Bundesverwaltungsgericht am 05.11.2018 in einer mündlichen Verhandlung, sowie der zahlreichen in Vorlage gebrachten Unterlagen, werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

Die Identität der Beschwerdeführer steht fest. Sie sind Staatsangehörige von Georgien und gehören der georgischen Volksgruppe an. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind die Eltern der minderjährigen Dritt und des minderjährigen Viertbeschwerdeführers. Die Dritt- und der Viertbeschwerdeführer sind im Bundesgebiet geboren. Die Beschwerdeführer sind gesund.

Die Erstbeschwerdeführerin lebt seit 2013, der Zweitbeschwerdeführer seit 2011 in Österreich. Die Dritt und der Viertbeschwerdeführer sind seit ihrer Geburt in Österreich.

Die Beschwerdeführer führen im Bundesgebiet ein schützenswertes Privat- und Familienleben. Die Erstbeschwerdeführerin hat Kenntnisse der deutschen Sprache des Niveaus C1. Der Zweitbeschwerdeführer hat Kenntnisse der deutschen Sprache des Niveaus B1. Die Drittbeschwerdeführerin die in Österreich geboren und aufgewachsen ist, besucht die Vorschule und spricht perfekt Deutsch. Die Beschwerdeführer leben unterstützt durch die Grundversorgung des Bundes als Familie in einem gemeinsamen Haushalt zusammen.

Die Familie verfügt über ein weitschichtiges soziales Netzwerk in Österreich, das sich für deren Verbleib in Österreich einsetzt.

Aufgrund der seitens der beschwerdeführenden Parteien gesetzten Integrationsschritte würde eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in deren Privat und Familienleben darstellen.

Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.

Die Beschwerdeführer erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005.

Infolge der Zurückziehung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte I und II ist gegenständlich lediglich über die Beschwerden gegen die Spruchpunkte III bzw. III bis V abzusprechen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den beschwerdeführenden Parteien ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie einer seitens des Bundesverwaltungsgerichtes aktuell eingeholten ZMR Auskunft.

Dass die Beschwerdeführer derzeit von der Grundversorgung des Bundes unterstützt werden, ergibt sich aus einem aktuell eingeholten GVS Auszug und den eigenen Angaben der Beschwerdeführer.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich unbescholten sind, ergibt sich aus den aktuell eingeholten Strafregisterauszügen.

Die Feststellungen zum derzeitigen Familien und Privatleben der Beschwerdeführer ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der beschwerdeführenden Parteien im Laufe des Verfahrens, aus den vorgelegten Bestätigungen und Schreiben insbesondere den Deutschzertifikaten, der Einstellungszusage der Erstbeschwerdeführerin, den Bestätigungsschreiben über geleistete Tätigkeiten, den zahlreichen Unterstützungserklärungen durch Freunde und Bekannte der Familie, sowie insbesondere aus dem im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht gewonnenen persönlichen Eindruck. Festzuhalten bleibt, dass es insbesondere der Erstbeschwerdeführerin und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin angesichts ihrer ausgezeichneten Deutschkenntnisse möglich gewesen ist, die Befragung gänzlich ohne Hinzuziehung der anwesenden Dolmetscherin durchzuführen.

Die vorgelegten Beweismittel sind in ihrer Gesamtschau schlüssig und nachvollziehbar und waren in Zusammenschau mit dem im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlungen gewonnenen persönlichen Bild der Familie als Nachweis der Integration der beschwerdeführenden Parteien anzuerkennen.

Hinzuweisen ist noch, dass die beschwerdeführenden Parteien die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II betreffend die Anträge auf internationalen Schutz und subsidiären Schutz der angefochtenen Bescheide des Bundesasylamtes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 05.11.2019 durch ihre rechtsfreundliche Vertretung zurückgezogen haben. Diese Spruchteile sind somit in Rechtskraft erwachsen.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zur Einstellung:

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VW GVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss. In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jeder Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vergleiche Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm.5)

Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Beschluss vom 29.04.2015, Zl. 2014/20/0047, klar, es sei gesetzlich geboten, dass das Bundesverwaltungsgericht bei ihm anhängigen Verfahren über Beschwerden infolge rechtswirksam erklärter Beschwerdezurückziehung mit Beschluss einstelle.

Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerdepunkte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.11.2018 sind die verwaltungsbehördlichen im Spruch genannten Bescheide vom 04.09.2013 bezüglich der Erst und der Drittbeschwerdeführerin und vom23.12.2016 bezüglich des Zweitbeschwerdeführers und vom 26.01.2018 bezüglich des Viertbeschwerdeführers hinsichtlich deren Spruchpunkten I (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) und II (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) rechtskräftig geworden und waren daher die Verfahrensteile mit Beschluss einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden (Abs. 2 leg. cit.).

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" liegen bei den Beschwerdeführern nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

§ 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 52 (1) ...

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

...

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

..."

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Im Hinblick auf § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 bzw. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. etwa VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl. VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 u. a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:

-

die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

-

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

-

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

-

den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

-

die Bindungen zum Heimatstaat,

-

die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. z.B. EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

-

auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aber bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, werden Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. zuletzt etwa VwGH vom 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253, mwN).

Zugunsten minderjähriger Asylwerber/Asylwerberinnen beziehungsweise minderjähriger Familienangehöriger ist der Schulbesuch und ein besonderer Schulerfolg oder eine Berufsausbildung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer wird bei Kindern häufig schon eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausreichen, um eine Verwurzelung im Gastland festzustellen.

Für die Beschwerdeführer ergibt sich Folgendes:

Durch die Zurückziehung der Beschwerden gegen die Nichtzuerkennung des Status der internationalen Schutzberechtigten als auch der subsidiär Schutzberechtigten sind diese Anträge rechtskräftig abgewiesen und wurde von Amts wegen kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt.

Die Erstbeschwerdeführerin befindet sich seit fünf Jahren durchgehend im Bundesgebiet und hat perfekte Kenntnisse der deutschen Sprache des Niveaus C 1, was im gegenständlichen Verfahren mittels Vorlage eines ÖSD Diplomes belegt wurde. Der Zweitbeschwerdeführer befindet sich seit sieben Jahren in Österreich, ist der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Dritt und des Viertbeschwerdeführers. Die Erstbeschwerdeführerin ist deren gesetzliche Vertreterin. Sie führen ein Familienleben.

Die Beschwerdeführer verfügen über ausgeprägte soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Das Privat- und Familienleben aller Beschwerdeführer entstand zwar zu einem Zeitpunkt, in dem sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein mussten, jedoch sind alle Beschwerdeführerin sprachlich und sozial integriert.

Berücksichtigt man in der speziellen Konstellation alle genannten Aspekte, so überwiegen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im konkreten Fall letztlich die aus den erwähnten Umständen in ihrer Gesamtheit erwachsenden privaten Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet - insbesondere im Hinblick auf ihre Unbescholtenheit - dauerhaft die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens (vgl. dazu auch VwGH 28.01.2015, Zl. Ra 2014/20/0121), weshalb eine Rückkehrentscheidung/Ausweisung - insbesondere im Hinblick auf die lange und seitens der Beschwerdeführer nicht verschuldete Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet - einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht darstellen würde.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

§ 81 Abs. 36 NAG:

"(36) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren."

§ 14a NAG lautete:

"§ 14a. (1) ...

(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1.-einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2.-einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 vorlegt,

3.-über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht oder

4.-einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 besitzt.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 14b) beinhaltet das Modul 1."

..."

§ 14b Abs. 2 NAG lautete auszugsweise:

"(2) Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 2 vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 2 vorlegt,

3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,

4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 des Schulorganisationsgesetzes) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,

5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach "Deutsch" positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach "Deutsch" auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat,

[...]."

§ 9 IV-V (Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse) lautete:

"§ 9. (1) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne

des § 14a Abs. 4 Z 2 und § 14b Abs. 2 Z 2 NAG gelten allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, insbesondere von folgenden Einrichtungen:

1. Österreichisches Sprachdiplom Deutsch;

2. Goethe-Institut e.V.;

3. Telc GmbH

(2) Jede Einrichtung hat in dem von ihr auszustellenden Sprachdiplom oder Kurszeugnis gemäß Abs. 1 schriftlich zu bestätigen, dass der betreffende Fremde über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest auf A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt.

(3) Fehlt eine Bestätigung nach Abs. 2, dann gilt der Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse als nicht erbracht.

(4) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §§ 14a Abs. 4 Z 2 oder 14b Abs. 2 Z 1 gelten Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Das Zeugnis hat dem Muster der Anlage B zu entsprechen."

Bei allen vier Beschwerdeführern ist die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung zur Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens im Sinne des Art.8 EMRK geboten. Die Erstbeschwerdeführerin verfügt über ein ÖSD Zertifikat C1 Deutsch (ausgestellt am 02.07.2007) sowie über 2 Prüfungszeugnisse der Universität Wien Deutschkurse, über das Niveau B2/2 vom 18.03.2010, und über das Niveau C1/1 vom 17.06.2010, weshalb sie das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG ist ihr somit gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen.

Der Zweitbeschwerdeführer verfügt über eine Prüfungsbestätigung für das Niveau A2+ (ausgestellt am 30.01.2013), weshalb auch er das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG ist ihm somit gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen.

Im Falle der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" nicht als erfüllt anzusehen. Zwar besucht die Drittbeschwerdeführerin den Kindergarten jedoch konnte, nicht belegt werden dass die minderjährige Drittbeschwerdeführerin das Modul 2 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14b Abs. 2 Z 4 NAG (welches die Erfüllung von Modul 1 gemäß § 14a Absatz 4 NAG beinhaltet) und sohin die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Absatz 1 AsylG 2005 erfüllt. Der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Der Viertbeschwerdeführer ist ein Kleinkind und daher noch nicht schulpflichtig und erfüllt somit ebenfalls nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus". Dem Viertbeschwerdeführer ist eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 zu erteilen.

Das Bundesamt hat der Erst-, dem Zwei.- Dritt- und Viertbeschwerdeführern die Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen, diese haben hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Die Aufenthaltstitel gelten gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung, Deutschkenntnisse, Integration,
Interessenabwägung, Privat- und Familienleben, Rückkehrentscheidung
auf Dauer unzulässig, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W196.2185929.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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