TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/17 99/05/0031

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Veröffentlicht am 17.05.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Erich Glanzer in Seeboden, vertreten durch Dr. Gerhard Fink, Dr. Peter Bernhart und Mag. Dr. Bernhard Fink, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Bahnhofstraße 5, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 23. Dezember 1998, Zl. 8 B-BRM-282/3/1998, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Malta, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. November 1996 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Stallgebäudes und eines Imkerblockhauses wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 17. Juni 1998 als unbegründet abgewiesen. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass die Vorstellung innerhalb von zwei Wochen, gerechnet vom Tag der Zustellung des Bescheides, im Wege des Gemeindeamtes Malta schriftlich oder telegrafisch einzubringen sei.

Nach dem im Akt einliegenden Rückschein wurde die Zustellung des Berufungsbescheides durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 6. Juli 1998 an diesem Tag bewirkt. In seiner Vorstellung vom 1. August 1998, eingelangt bei der Gemeinde Malta am 4. August 1998, führte der Beschwerdeführer aus, er habe den Bescheid des Gemeindevorstandes infolge seiner Erkrankung erst am 22. Juli 1998 zugestellt bekommen.

Mit Schreiben vom 18. November 1998 hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, dass ihm der Berufungsbescheid durch Hinterlegung am 6. Juli 1998 zugestellt worden sei und er in seiner Vorstellung ausführe, dass ihm der Bescheid des Gemeindevorstandes infolge seiner Erkrankung erst am 22. Juli 1998 zugestellt worden sei. Von Gesetzes wegen habe die ordnungsgemäße Hinterlegung die Wirkung der Zustellung. Da die Frist für die Erbringung der Vorstellung zwei Wochen betrage, hätte die Vorstellung spätestens am Montag, dem 20. Juli 1998, entweder zur Post gebracht oder direkt beim Gemeindeamt abgegeben werden müssen. Eine Vorstellung vom 4. August 1998 erweise sich somit als verspätet. Es werde dem Beschwerdeführer gemäß § 37 Abs. 1 AVG die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens, Stellung zu nehmen und einen Nachweis über seine Krankheit während der Zeit des Zustellvorganges vorzulegen sowie bekannt zu geben, weshalb die Entgegennahme des Schriftstückes nicht möglich gewesen sei, und einen Nachweis über einen allfälligen Krankenhausaufenthalt beizubringen.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1998 übermittelte der Beschwerdeführer einen fachärztlichen Befundbericht, ausgestellt vom Facharzt für Innere Medizin, Dr. A.F. sowie eine ärztliche Bescheinigung, ausgestellt von seinem Hausarzt Dr. H.L. und Bestätigungen über Krankenhausaufenthalte, und zwar vom 6. bis 7. Juni 1998 und vom 8. bis 12. Juni 1998, jeweils im Krankenhaus Spittal an der Drau, vom 28. bis 29. Juli 1998 im Landeskrankenhaus Klagenfurt, vom 11. bis 21. August 1998 sowie vom 1. bis 4. Oktober 1998 im Krankenhaus Spittal an der Drau. Der Hausarzt des Beschwerdeführers (in Seeboden) bestätigte mit Schreiben vom 23. November 1998, dass der Beschwerdeführer bei ihm vom 6. bis 30. Juni 1998 in Behandlung gewesen sei. Anschließend sei ab 4. Juli 1998 eine weitere Abklärung beim Urologen erfolgt, "aus der konsekutiv eine Operation in der zweiten Augustwoche durchgeführt" werden musste. Bedingt durch die urologische Abklärung habe ein dringendes Schriftstück erst zu einem späteren Zeitpunkt in Empfang genommen werden können. Der Facharzt für Innere Medizin, Dr. A.F. (in Spittal an der Drau), bestätigte (mit Schreiben vom 1. Dezember 1998), dass der Beschwerdeführer vom 3. bis 16. Juli 1998 wiederholt in seiner Kontrolle und Therapie gestanden habe. Am 5. Juni 1998 sei eine unklare Bewusstlosigkeit (Synkope) aufgetreten. Dieselbe habe sich mehrmals wiederholt. Im Rahmen der eingehenden internen Abklärung habe sich eine wesentliche psychische Überlagerung herausgestellt. Es sei dem Beschwerdeführer zu bestätigen, dass er zum Zeitpunkt der Hinterlegung des für die Eingabe gegenständlichen Briefes am 6. Juli 1998 und in den folgenden Wochen unter schwerer psychischer Belastung gestanden sei. Der Beschwerdeführer erklärte, wenn erforderlich, könne er auch noch einen weiteren fachärztlichen Befundbericht vorlegen. Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes habe ihm die Verständigung vor der Hinterlegung von seiner Ehefrau vorenthalten werden müssen.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 1998 hat die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde als verspätet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen ausgeführt, auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den von ihm vorgelegten Aufenthaltsbestätigungen stehe fest, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung nicht in einem Krankenhaus befunden habe; auch dass er aus irgend einem anderen Grund zum Zeitpunkt der Zustellung vom Wohnort abwesend gewesen sei, sei seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Ebenso wenig erweise sich der Hinweis, dass ihm die Verständigung der Hinterlegung wegen seines äußerst schlechten Gesundheitszustandes habe vorenthalten werden müssen, als zielführend, da nach dem Wortlaut des Gesetzes eine "Ersatzzustellung" nur dann nicht als bewirkt gelte, wenn der Empfänger oder dessen Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang habe Kenntnis erlangen können. Nach einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 1987 stelle selbst eine mit Bettlägerigkeit verbundene Anwesenheit an der Abgabestelle keinen Grund dar, demzufolge die Annahme des Zustellers ausgeschlossen wäre, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Es sei daher die Vorstellung als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer legte seiner Beschwerde einen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1999 bei, mit welchem sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, dies mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe mit seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 12. Jänner 1999 die Bestätigung seiner Schwiegermutter über seinen Aufenthalt bei ihr (in Spittal an der Drau) vom 4. bis 22. Juli 1998 vorgelegt. Daraus ergebe sich, dass er während dieser Zeit, also auch am Tag der Hinterlegung (6. Juli 1998), von der Abgabestelle abwesend gewesen sei. Da nun die Zustellung erst mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam geworden sei, liege eine Versäumung der Vorstellungsfrist nicht vor, weshalb eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich sei.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

     § 17 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982 in der Fassung

BGBl. Nr. 357/1990, lautet wie folgt:

     "§ 17

(1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangte Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen. Ein neues Sachverhaltsvorbringen ist auf Grund des aus dieser Bestimmung ableitbaren Neuerungsverbotes unbeachtlich.

Im Beschwerdefall hatte daher der Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung auf Grund jenes Sachverhaltes vorzunehmen, der der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über die Frage, ob die Vorstellung verspätet eingebracht war oder nicht, vorlag. Der erst mit dem Wiedereinsetzungantrag behauptete Sachverhalt stellt sich in Bezug auf das beschwerdegegenständliche Verfahren somit als unbeachtliche Neuerung dar. Der Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1999 ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers zu der ihm vorgehaltenen Verspätung seiner Vorstellung und den von ihm vorgelegten Aufenthaltsbestätigungen bzw. ärztlichen Bestätigungen musste die belangte Behörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Frage, ob die Vorstellung verspätet eingebracht oder rechtzeitig war, davon ausgehen, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Bescheides des Gemeindevorstandes (6. Juli 1998) weder in einem Krankenhaus in stationärer Behandlung befunden habe, noch dass er aus einem anderen Grund zum Zeitpunkt der Hinterlegung von der Abgabestelle abwesend gewesen sei. Auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigungen hat sich im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis habe erlangen können. Auch der Hinweis im Schreiben des Beschwerdeführers vom 1. Dezember 1998, wonach ihm die Verständigung von der Hinterlegung wegen seines äußerst schlechten Gesundheitszustandes von seiner Ehefrau habe vorenthalten werden müssen, konnte die Rechtswirksamkeit der Hinterlegung nicht in Frage stellen; derartige Umstände könnten allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund nach § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG bilden. Einen Wiedereinsetzungsantrag (§ 71 Abs. 2 AVG) binnen zwei Wochen nach dem Wegfall dieses Hindernisses hat der Beschwerdeführer nicht eingebracht. Dass er zum Zeitpunkt der Hinterlegung prozessual nicht handlungsfähig gewesen wäre (§ 9 AVG), hat der Beschwerdeführer weder im Verfahren behauptet, noch geht dies aus dem von ihm vorgelegten Beweismittel hervor.

Bei diesem Verfahrensstand durfte die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen, dass die Hinterlegung des Schriftstückes rechtswirksam erfolgt war und die Rechtsfolgen des § 17 Abs. 3 zweiter und dritter Satz des Zustellgesetzes eingetreten sind.

In der Verfahrensrüge trägt der Beschwerdeführer vor, er habe die Formulierungen im Schreiben der belangten Behörde vom 18. November 1998 nur so verstehen können, dass von ihm die Art der Erkrankung und ein eventueller Krankenhausaufenthalt nachzuweisen gewesen seien. In seinem Schreiben vom 1. Dezember 1998 an die belangte Behörde habe er sich genau an die von ihm so verstandenen zwei Fragen, nämlich die des Krankenhausaufenthaltes und die der ärztlichen Bestätigung über die Erkrankung, gehalten. Schließlich sei die ärztliche Bestätigung so eindeutig gewesen, dass er keinen Zweifel gehabt habe, die an ihn gerichteten Fragen genügend beantwortet zu haben. Er habe auch darauf hingewiesen, dass er noch eine weitere ärztliche Bestätigung beibringen könnte, falls dies erforderlich sei. Die belangte Behörde habe es - obwohl die Fragen für Rechtsunkundige nur in dem vom Beschwerdeführer wiedergegebenen Sinn verstanden werden konnten - im Zuge eines mangelhaften Verfahrens unterlassen, ihm aufzutragen, eine Bestätigung darüber beizubringen, wo er sich bis zur Abholung des Bescheides des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde (insbesondere in der Zeit vom 4. bis 27. Juli 1998) befunden habe. Hätte die belangte Behörde vom Beschwerdeführer einen diesbezüglichen Nachweis verlangt, so hätte er einen solchen auch fristgerecht beibringen können.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass er von der belangten Behörde aufgefordert wurde, bekannt zu geben, weshalb die Entgegennahme des Schriftstückes nicht möglich gewesen sei. Dafür, weshalb der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 1. Dezember 1998 an die belangte Behörde daran gehindert gewesen wäre, darauf hinzuweisen, dass er das Schriftstück wegen Abwesenheit von der Abgabestelle für die Dauer vom 4. bis 22. Juli 1998 nicht entgegen nehmen konnte, findet sich auch in der Beschwerde keine plausible Begründung. Zum Verständnis der Frage, weshalb die Entgegennahme eines Schriftstückes nicht möglich gewesen sei, bedarf es keiner Rechtskundigkeit. Diese Frage hat der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 1. Dezember 1998 im Übrigen ja auch beantwortet und damals die Unmöglichkeit der Entgegennahme des hinterlegten Schriftstückes damit begründet, dass ihm seine Ehefrau wegen seines äußerst schlechten Gesundheitszustandes die Verständigung von der Hinterlegung vorenthalten musste.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Mai 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999050031.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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