TE Bvwg Beschluss 2019/1/15 W101 2184804-1

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Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W101 2184804-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch Österreichisches Rotes Kreuz, gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulates Istanbul vom 29.09.2017, GZ. Istanbul-GK/KONS/1263/2017, beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird bezüglich der o.a. Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und diese Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, geb. XXXX, StA. Syrien, stellte durch ihren Rechtsvertreter am 08.06.2017 beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul (in der Folge: "ÖGK Istanbul") einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005, (in der Folge AsylG). Begründend führte sie aus, ihr Ehemann, XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, sei seit 21.08.2015 in Österreich aufhältig und habe mit Bescheid vom 28.04.2017 (rechtskräftig seit 07.05.2017) in Österreich Asyl erhalten.

Gleichzeitig legte die Beschwerdeführerin folgende Unterlagen als Beweismittel vor:

-

Kopie des Reisepasses

-

Auszug aus dem Personenstandsregister (Übersetzung)

-

Heiratsurkunde (Übersetzung)

2. Daraufhin führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) in seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 26.07.2017 aus, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe (Anm: alte Rechtslage vor Inkrafttreten von BGBl. I Nr. 145/2017).

Begründend führte es in seiner Stellungnahme dazu Folgendes aus: Die Beschwerdeführerin sei am XXXX geboren. Laut Heiratsurkunde habe sie die Bezugsperson am XXXX geehelicht. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beschwerdeführerin erst 15 Jahre und 5 Monate alt gewesen. Es handle sich bei der Ehe somit um eine Kinderehe.

3. In der Folge war der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) innerhalb der Frist von einer Woche eingeräumt worden. Sie war davon in Kenntnis gesetzt worden, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten aufgrund der Mitteilung des BFA vom 26.07.2017 nicht wahrscheinlich sei. Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), iVm § 35 Abs. 4 AsylG abzulehnen sei. Die oben beschriebene Stellungnahme des BFA lag dem Schreiben bei.

4. Am 14.08.2017 brachte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ein, in welcher sie im Wesentlichen Folgendes ausführte: Sie und die Bezugsperson hätten in ihrer Heimat im Dorf Breka bei der Stadt Qunaitra geheiratet. Breka sei gleichzeitig eine Stadt in Lybien. Dies könne dazu geführt haben, dass angenommen worden sei, sie hätten in einem fremden Land geheiratet. Sie hätten aber in ihrem eigenen Land geheiratet. Dies könne auch aus der Übersetzung ihrer Heiratsurkunde entnommen werden. Ihre Kinder seien auch in demselben Dorf geboren. Sie seien auch bereit einen DNA-Test durchführen zu lassen. Anbei waren Hochzeits-und Familienfotos übermittelt worden.

Am 25.08.2017 brachte die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter nach gewährter Fristerstreckung eine weitere Stellungnahme ein. Darin war im Wesentlichen Folgendes ausgeführt worden: Es könne kein Verstoß gegen den ordre public wegen Kinderehe erkannt werden, da dieser Mangel mittlerweile geheilt sei, zumal die Eheleute über mehrere Jahre hinweg in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hätten und gemeinsam für zwei gemeinsame Kinder gesorgt hätten. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde der Ansicht sei, die Ehe würde dem Ehegesetz nicht entsprechen und habe im Herkunftsstaat nicht bestanden. Es werde daher beantragt der Beschwerdeführerin die Einreise gemäß § 35 AsylG zu gewähren.

5. Diese Stellungnahmen waren am 29.08.2017 dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung weitergeleitet worden. Nach deren Prüfung teilte das BFA am 11.09.2017 mit, dass es auch unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen an seiner negativen Prognoseentscheidung festhalte.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.09.2017 (dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 29.09.2017 zugestellt), GZ. Istanbul-GK/KONS/1263/2017, verweigerte das ÖGK Istanbul die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG.

Begründend führte das ÖGK Istanbul im Wesentlichen aus: Das BFA habe nach Prüfung der Stellungnahmen der Beschwerdeführerin abermals mitgeteilt, dass durch deren Vorbringen nicht unter Beweis gestellt werden hätte können, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich sei.

7. Gegen diesen Bescheid richtete sich die am 26.10.2017 beim ÖGK Istanbul eingelangte, fristgerechte Beschwerde, in welcher sich im Wesentlichen die Ausführungen der Stellungnahme vom 25.08.2017 wiederholten.

Zudem war ausgeführt worden, dass der bereits in der Stellungnahme gestellte Antrag, den Einreiseanträgen der mj. Kinder der Beschwerdeführerin stattzugeben, nicht beachtet worden sei. Ebenso habe sich die Behörde mit der Überprüfung des Bestehens des Familienlebens nicht mehr weiter auseinandergesetzt. Eine zeugenschaftliche Befragung sei ebenfalls ausgeblieben. Ein Ignorieren des Parteivorbringens und ein leichtfertiges Abgehen vom Inhalt der Akten oder Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes werde nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als willkürlich erachtet (VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 02.01.2018, GZ. Istanbul-GK/KONS/1263/2017 wies das ÖGK Istanbul die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

Am 12.01.2018 brachte der einschreitende Rechtsvertreter dagegen beim ÖGK Istanbul einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.

(Anmerkung der zuständigen Einzelrichterin: Da diese Beschwerdevorentscheidung nicht innerhalb der dafür vorgesehenen gesetzlichen Frist von zwei Monaten erlassen worden war, entfaltet sie keine Rechtswirkungen.)

9. Mit Schreiben vom 29.01.2018 legte das Bundesministerium für Inneres dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde hat es im vorliegenden Fall unterlassen, die einzelnen Rechtsakte, die nach syrischem Eherecht für eine staatlich anerkannte Eheschließung maßgeblich sind (Eheschließung nach islamischem Recht, Bestätigung der Eheschließung vor dem Scharia Gericht und Registrierung der Eheschließung), vollständig zu ermitteln und zu beurteilen, ob diese Ehe sämtliche im staatlichen syrischen Recht geregelten Formvorschriften erfüllt.

Die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde erweisen sich als gravierend mangelhaft, weil es anhand der bisherigen Ermittlungen nicht möglich ist zu überprüfen, ob zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson eine nach staatlichem syrischen Recht anerkannte Ehe besteht.

Es wurden keine Ermittlungen im gebotenen Ausmaß zur gegenständlich maßgebenden Frage des Vorliegens einer nach staatlichem syrischen Recht anerkannten Ehe durchgeführt. Der maßgebliche Sachverhalt wurde daher von der belangten Behörde bisher nicht festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat zur Beurteilung der vorgebrachten Eheschließung lediglich die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Heiratsurkunde heranzogen. Weitere maßgebliche Unterlagen zur Überprüfung einer nach staatlichem syrischen Recht anerkannten Eheschließung (Vertrag über die Eheschließung nach islamischem Recht, Bestätigung der Eheschließung vor dem Scharia Gericht) hat die Behörde ihrer Beurteilung nicht zu Grunde gelegt.

Da die belangte Behörde keinerlei Ausführungen bzw. Feststellungen über die maßgeblichen Rechtsakte der Eheschließung, die sich aus dem syrischen Eherecht ergeben (Eheschließung nach islamischem Recht, Bestätigung der Eheschließung vor dem Scharia Gericht und Registrierung der Eheschließung) getroffen hat, ist es dem Bundesverwaltungsgericht nicht möglich zu überprüfen, ob zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson eine nach staatlichem syrischen Recht anerkannte Ehe besteht.

Dies stellt eine besonders gravierende Ermittlungslücke dar, die einer gänzlichen Unterlassung von Ermittlungen gleichzuhalten ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.2. Zu A) Aufhebung und Zurückverweisung:

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

3.2.2. § 2 Abs. 1 Z 22 Asylgesetz 2005 (AsylG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat;

dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat;

§ 34 AsylG idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

"§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

§ 11 Abs. 1 bis 3 und § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen."

"Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

"§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034, unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.

Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (vgl. BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1 u.a.).

Da es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), ergibt sich nach Ansicht der zuständigen Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes im Fall der Beschwerdeführerin folgende Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens:

Der im gegenständlichen Verfahren anwendbare § 35 Abs. 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 bestimmt, dass der Ehegatte als Familienangehöriger eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Sinne des Abs. 1 leg. cit. zu betrachten ist, sofern die Ehe bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat. Der Nachweis, dass die Ehe zwischen einem Antragsteller und seiner Bezugsperson bereits vor der Einreise bestanden hat, ist daher zwingend geboten.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig. (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia Gericht durchgeführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kommt bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken in Betracht, insbesondere dann, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Zur Beurteilung, ob zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson eine nach staatlichem syrischen Recht anerkannte Ehe besteht, sind laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Feststellungen darüber zu treffen, ob die Ehe sämtliche im staatlichen syrischen Recht geregelten Formvorschriften erfüllt und die staatliche Anerkennung der Ehe mit einer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung wirkt (VwGH 25.10.2018, Ra 2017/20/0513; 06.09.2018, Ra 2018/18/0094-8).

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde keinerlei Ausführungen bzw. Feststellungen über die maßgeblichen Rechtsakte der Eheschließung, die sich aus dem syrischen Eherecht ergeben (Eheschließung nach islamischem Recht, Bestätigung der Eheschließung vor dem Scharia Gericht und Registrierung der Eheschließung) getroffen.

Wie oben festgestellt und in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist der belangten Behörde dadurch eine besonders gravierende Ermittlungslücke unterlaufen, die mit einer gänzlichen Unterlassung eines Ermittlungsschrittes gleichzusetzen ist.

Es kann nicht gesagt werden, dass die unmittelbare Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht bei einer Gesamtbetrachtung zu einer Ersparnis an Zeit und Kosten führen würde. Im Fall der in Syrien befindlichen Beschwerdeführerin wäre es für das Bundesverwaltungsgericht aller Wahrscheinlichkeit nach mit erheblich höheren Kosten und Zeitaufwand verbunden, ein neues Ermittlungsverfahren durchzuführen. Vor dem Hintergrund verwaltungsökonomischer Überlegungen und der Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG ist daher hier von der Möglichkeit des Vorgehens nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG Gebrauch zu machen und der o.a. Bescheid bezüglich der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde zur Durchführung der genannten Ermittlungen und Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsbehörde an die rechtliche Beurteilung des gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufhebenden und zurückverweisenden Beschlusses des Verwaltungsgerichtes gebunden ist (s. § 28 Abs. 3 dritter Satz VwGVG, vgl. VwGH 22.12.2005, Zl. 2004/07/0010; 08.07.2004, Zl. 2003/07/0141 zu § 66 Abs. 2 AVG), auch wenn durch eine Zurückverweisung das Verfahren in die Lage zurücktritt, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hatte (Wirkung der Aufhebung ex tunc, s. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) Anm. 14 zu § 28 VwGVG; vgl. VwGH 22.05.1984, Zl. 84/07/0012).

Das Bundesverwaltungsgericht hält daher fest, dass dem angefochtenen Bescheid aus den dargelegten Gründen eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anlastet und dieser samt der Beschwerdevorentscheidung bezüglich der Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und diese Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen ist.

3.2.3. Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe oben unter 3.2.2. zit. Judikatur), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W101.2184804.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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